Anna
Re: Anna
So, nun ist die Sommerpause doch etwas länger geworden als ursprünglich einmal gedacht, aber irgendwie hatte ich mal wieder etwas Bock weiterzuschreiben. Auch wenn ich nach wie vor nicht weiß, ob eine Fortsetzung gewünscht ist. Helft mir doch mal etwas auf die Sprünge und schreibt hier mal, was ihr so denkt. Und nein, es soll kein „Phishing for Compliments“ werden – wenn’s Euch langweilt und ihr in all der Zeit nichts vermisst habt, so würde ich auch das gerne wissen. Denn nichts wäre schlimmer als etwas zu schreiben, was dann im Endeffekt doch niemanden mehr interessiert.
„Wir sind übrigens heute Mittag direkt nach der Schule wieder zum Essen bei Tante Melanie und Lena“ erinnerte Emmas Mama sie beim Aufstehen. Emmas Laune sank schlagartig. War sie sonst doch gerne bei den beiden zu Mittag, wo Tante Melanie immer ihr Lieblingsessen „Spaghetti Bolognese“ kochte, war sie in letzter Zeit einfach nur genervt, denn Mama bestand darauf, dass sie irgendwas von Lenas alten Sachen anziehen solle. Tante Melanie fand das dann immer total süß und niedlich, was sie auch lautstark betonte und artikulierte, aber Emma war das in dem Moment einfach nur noch peinlich, denn die Sachen von ihr sahen doch spürbar abgetragen aus. Aber um des lieben Friedens willen zog sie auch dieses Mal wieder die gleichen alten Sachen von Lena an, die ihr kaum noch passten und in denen sie sich selber alles andere als süß und niedlich fand. Sie schämte sich, ließ sich aber dennoch nicht anmerken aus Angst vor etwaigem Ärger. Gegenüber Mama durchsetzen war an solch einem Tag eben einfach nicht drin.
„Hoffentlich gibt’s in der Schule keine blöden Kommentare“ dachte sie beim Frühstückstisch, als ihre große Schwester schon wieder lästerte. Emma schwieg, wehrte sich nicht, fraß den Ärger in sich hinein, schaute zur Pinnwand, wo der Zettel für die kommende Altkleidersammlung wie zur Erinnerung und Mahnung aufgehängt war. Insgeheim hoffte sie, dass Mama endlich ein Einsehen haben würde, dass sie aus den einst doch so geliebten und gerne getragenen Anziehsachen von Lena doch langsam aber sicher herausgewachsen war, was Mama und Tante Melanie aber bislang geflissentlich ignoriert hatten. Ja, die Sachen von Lena waren stets grenzwertig, was auch daran lag, dass Lena sie entweder schon gebraucht bekommen hatte, oder sie so dermaßen oft angezogen hatte, dass sie eben deutlich verwaschen und abgetragen aussahen.
Sie traute sich aber auch noch nicht, Mami auf die kommende Altkleidersammlung anzusprechen – nein, wenn sie das machen würde, käme Mama doch wieder nur auf krumme Gedanken. Denn dann würde – und dafür kannte sie Mama gut genug – wieder das im Müllsack landen, was Mama loswerden will und was sie liebend gerne weitertragen würde und eben nicht umgekehrt. Und Lenas Sachen kamen eigentlich immer erst dann mit weg, wenn sie wirklich hinüber waren: wenn die Hosen an den Knien durch oder die Pullis so eng waren, dass sie beim besten Willen nicht mehr mit dem Kopf durch passte. Zu knapp, zu kurz oder zu eng war solange egal, wie Emma auch nur so gerade eben noch hineinpasste – ob sie sich darin noch wohl fühlte war Mama doch egal.
So zog Emma dann grummelnd ab, zog ihre rote Adidas Regenjacke drüber, die auch irgendwann mal in einem Geschenkpäckchen dabei war und zumindest noch so einigermaßen passte und aussah. Sie fühlte sich unwohl, denn liebend gerne hätte sie auch bei Tante Melanie mal was von ihren neuen Sachen angezogen, ihre neue Levis Latzjeans zum Beispiel, in der sie sich tausendmal wohler fühlte. Aber nein, das wollte Mama nicht, warum konnte sie ihr auch nicht sagen. Auf der anderen Seite war ihr aber auch völlig klar, dass Lenas Sachen es einfach hinter sich hatten: Nichts, aber auch rein gar nichts hätte die Chance auf Weiterverwertung bei ihrer kleinen Schwester. Nein, komischerweise schaffte sie es von Anfang an, sich gegen jedwedes gebrauchte zu wehren. Die Jüngste war halt Mamas Liebling und ihr kann man ja nichts Gebrauchtes zumuten. Aber zumindest in letzter Zeit bekam Emma auch immer mehr Neues, wenn gleich sie davon bislang nichts zu Tante Melanie und Lena anziehen durfte.
Emmas einziger Trost an diesem Morgen war Kevin, der kleine knuddelige süße Typ, mit dem sie nun schon eine Zeit lang zusammen war. Und der genau diese Klamotten, die sie inzwischen alles andere als gerne trug, doch so sehr an ihr mochte. In letzter Zeit sagte er zwar nicht viel, aber sie spürte genau, dass er es mochte – mehr, viel mehr als die Klamotten, die sie sonst trug. Aber sie schämte sich ihm gegenüber zu sehr, als dass sie ihm gerne den Gefallen tat. Wenn Mama sie nicht regelmäßig dazu zwingen würde, nein, dann wären die Sachen die sie heute auch Tante Melanie und Lena zur Freude nochmal anziehen musste, bestimmt schon längst mit weg – auch in der Gewissheit, dass sie niemand anders mehr tragen würde: Keine kleine Schwester, keine Freundin (von denen eh alle größer waren als sie, und ihre Sachen somit nicht mehr passen würden), kein sonst wer. Das Gefühl, dass die Sachen die sie heute noch einmal trug, einfach so in die Altkleidersammlung wandern würden (wie schon um ein Haar bei Tante Melanie) und dort ohne große Beachtung auf dem Recyclinghaufen für den Reißwolf enden würden, ließ sie kalt. Was einst ja Notlösung diente und dafür gut genug war, hatte seine Schuldigkeit getan – schließlich hatte sie ja inzwischen was anderes, nagelneues, passenderes, was sie viel lieber getragen hätte, aber heute mal wieder nicht durfte.
Emma trödelte den ganzen Morgen, hatte keinen Bock in dem Outfit zur Schule zu müssen und verpasste daher natürlich den Bus und kam dadurch zu spät zum Unterricht. Sie hatte Angst, in den Klassenraum zu gehen, schämte sich ob der alten, abgetragen Sachen, die sie heute anziehen musste und setzte sich leise „Guten Morgen“ grummelnd neben Kevin, der sein Glück nicht fassen konnte – ihr freundlich zulächelte und es kaum abwarten konnte, dass es endlich Pause würde. War es doch heute schon wieder 14 Tage her, dass er Emma in ihrer inzwischen doch viel zu eng sitzende, schwarze Jinglers Moonwashed-Latzhose erleben durfte. Dazu natürlich den geilen Ringelnicki, der die besten Zeiten lange hinter sich hatte und an den Ärmeln auch schon wieder ein Stückchen kürzer war. Insgeheim hatte er nicht mehr damit gerechnet, hatte eher im Gegenteil befürchtet, dass beides schon irgendwo in den Müllsack geknubbelt auf den nächsten Altkleidertermin warten würde. Oder vielleicht auch einfach nur in der Mülltonne gelandet wäre, aber dafür kannte er Emmas Mama noch nicht gut genug. Genauso wie bei Anna, wo er auch nicht im Leben mehr damit gerechnet hatte, dass sie ihre kurze, enge Lederhose mit den süßen Trägerchen noch einmal zu Schule anziehen würde. Kevin war so glücklich.
Ich hatte mal wieder meine alte Rocky-Latzhose vorgekramt, die ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr zu Arbeit angezogen hatte. Aber irgendwie war mir heute danach zumal das Wetter es mal wieder zuließ, ohne Jacke aus dem Haus gehen zu können. Das Gefühl beim Anziehen war immer noch einmalig – ich könnte Anna durchaus verstehen, dass sie sich doch ihre Latzhosen, die schon in der Altkleidersammlung waren und um ein Haar im Schredder geendet wären, noch einmal zurückgeholt hat, auch wenn ich mir so eine Aktion nicht zugetraut hätte. Aber da ist Anna halt anders als ich, hartnäckiger, aber auch schmerzfreier. Was hätte denn auch passieren können? Erwischt werden? Na und …
Noch gingen ihre Latzhosen so einigermaßen, grenzwertig – aber ja durchaus: finales Endstadium halt. Eng ja, aber noch nicht so eng, dass die Knöpfe nicht mehr zu gehen. Und von der Länge her knapp, ja die Hosenträgerchen saßen im letzten Loch und durchaus stramm, aber solange die Knöpfe noch nicht nachgaben und abrissen oder die Hosennaht bei jeder kleinsten Bewegung aufzuplatzen drohte, war es mit eigentlich egal: Ich konnte und wollte Anna eh keine Vorschriften mehr machen, wie sie herum zu laufen hat. Und wenn sie doch mal wieder in kurzer, enger Lederhose zur Schule will, was soll‘s? Was wird schon groß passieren? Kevin wird’s mögen – der war ja schon tot traurig, als seine in die Altkleidersammlung ging, und Emma wird vielleicht ein wenig eifersüchtig sein, was der ganzen Sachen vielleicht sogar ein wenig gut tun wird.
Anna saß inzwischen ein paar Reihen vor Kevin, saß auf ihrem Stuhl nach vorne vorgebeugt über den Tisch, so dass ihre Hosenträgerchen so richtig schön spannten und Kevin freien Blick auf ihren knackig süßen Lederpopo hatten. Au man, was war die Hose abgewetzt am Hintern, deutliche Kratzspuren vom Fußball spielen am Ascheplatz, wo Anna keine Rücksicht walten ließ und es geradezu liebte, mit dem Hosenboden über den Platz zu rutschen. Dafür beneidete Kevin sie immer noch, sie durfte, er schon eine ganze Weile nicht mehr – auch wenn er selbst immer noch lieben gern gemocht hätte. Aber das war seiner Mama nicht beizubringen und er wusste genau, selbst wenn er von irgendwo eine Lederhose geschenkt bekäme, das gäbe nur Ärger und er dürfte die Hose sowieso nicht anziehen. Nein, das Thema war durch – wobei er durchaus das Verlangen in sich spürte, aber noch ein weiteres Mal würde er sich nicht an Annas Lederhose vergreifen, jedenfalls nicht ungefragt. Wenn sie es ihm allerdings mal anbieten würde, dann würde er vermutlich schwach werden und nicht widerstehen, dann wäre es ihm auch egal, was Emma sagen würde.
Emma saß die ganze Zeit wie bedrückt neben ihm, sagte nichts, schwieg – lächelte noch nicht einmal. Kevin legte sich die ganze Zeit die Worte zu recht, mit denen er auf Emma in der Pause zugehen wollte, sie doch endlich mal fragen wollte, warum sie so aus heiterem Himmel und ausgerechnet heute dann doch nochmal ihre alte Latzhose und den dazu passenden Ringelnicki an hatte. Wollte sie unbedingt noch einmal – bevor die Sachen dann doch unweigerlich in die Entsorgung gehen? Wollte sie ihm gar bewusst eine Freude damit machen? Aber warum dann ausgerechnet heute, und warum ausgerechnet immer donnerstags – denn in der Tat, wenn sie Latzjeans und Nicki trug, dann donnerstags. Oder musste sie etwa? Lies sie sich immer noch von ihrer Mama vorschreiben, was sie anziehen sollte? Nein, das konnte Kevin sich nicht vorstellen. Ihm war schon bewusst, dies hier und heute könnte durchaus das letzte Mal sein, so wie eng wie die Sachen inzwischen saßen. Und ihm war auch klar – dafür kannte er Emmas Mama auch schon gut genug – dass die Klamotten, die schon fast bei Tante Melanie im Müllsack für die Altkleidersammlung geendet wären, nicht mehr für die kleine Schwester aufgehoben würden, und auch nicht anderweitig verschenkt. Da war Emmas Mama kein Typ für …
Kevin zögerte noch, als es zur ersten kleinen Pause klingelte und eh er sich versehen hatte, war Emma auch schon außer Sichtweite. Sie wich ihm irgendwie aus, vermied seine Nähe, war komisch drauf und fühlte sich unwohl. Aber er wollte nun endlich wissen, warum, weshalb und wieso? Ja, es war nun mal sein Lieblingsoutfit an ihr, das was ihn so richtig wuschig machte und wo er doch so wunderschöne, aber gleichzeitig auch traurige Erinnerungen mit verband. Und ja, ihre neue Levis Latzjeans war irgendwie auch total schön, aber völlig halt völlig anders, nämlich eben nicht die, die schon Geschichten erzählen konnte, die bei Lena ein kurzes, fast schon langweiliges Vorleben hatte. Eine Geschichte, die er faszinierend fand, die alle anderen außer ihm jedoch überhaupt nicht wahrnehmen würden. Für die ist das doch nur ein Stück Stoff, genauso wie der Nicki – der in den Augen der meisten eher ein brauchbarer, weil flauschig weicher Putzlappen ist, als denn ein super-cooler Pullover, den er doch damals in Form seines roten Kapuzennickis doch so sehr geliebt hat.
Anna hingegen nutze die kleine Pause, um doch mal wieder mit Kevin zu flirten. Immer wieder schaute sie zu ihm herüber und war insgeheim etwas angefressen, dass ausgerechnet heute Emma nochmal in ihrer alten Latzjeans auftauchte. Denn Anna wusste ganz genau, dass es das war, wo Kevin drauf abfuhr – aber für ihre schokobraune Lederlatzhose war es heute einfach viel zu warm. Anna mochte das Teil irgendwie immer noch, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie jemals noch einmal die Gelegenheit bekäme, sie zu tragen. Denn kaputt machen wollte sie die ja nun schließlich auch nicht.
„Wir sind übrigens heute Mittag direkt nach der Schule wieder zum Essen bei Tante Melanie und Lena“ erinnerte Emmas Mama sie beim Aufstehen. Emmas Laune sank schlagartig. War sie sonst doch gerne bei den beiden zu Mittag, wo Tante Melanie immer ihr Lieblingsessen „Spaghetti Bolognese“ kochte, war sie in letzter Zeit einfach nur genervt, denn Mama bestand darauf, dass sie irgendwas von Lenas alten Sachen anziehen solle. Tante Melanie fand das dann immer total süß und niedlich, was sie auch lautstark betonte und artikulierte, aber Emma war das in dem Moment einfach nur noch peinlich, denn die Sachen von ihr sahen doch spürbar abgetragen aus. Aber um des lieben Friedens willen zog sie auch dieses Mal wieder die gleichen alten Sachen von Lena an, die ihr kaum noch passten und in denen sie sich selber alles andere als süß und niedlich fand. Sie schämte sich, ließ sich aber dennoch nicht anmerken aus Angst vor etwaigem Ärger. Gegenüber Mama durchsetzen war an solch einem Tag eben einfach nicht drin.
„Hoffentlich gibt’s in der Schule keine blöden Kommentare“ dachte sie beim Frühstückstisch, als ihre große Schwester schon wieder lästerte. Emma schwieg, wehrte sich nicht, fraß den Ärger in sich hinein, schaute zur Pinnwand, wo der Zettel für die kommende Altkleidersammlung wie zur Erinnerung und Mahnung aufgehängt war. Insgeheim hoffte sie, dass Mama endlich ein Einsehen haben würde, dass sie aus den einst doch so geliebten und gerne getragenen Anziehsachen von Lena doch langsam aber sicher herausgewachsen war, was Mama und Tante Melanie aber bislang geflissentlich ignoriert hatten. Ja, die Sachen von Lena waren stets grenzwertig, was auch daran lag, dass Lena sie entweder schon gebraucht bekommen hatte, oder sie so dermaßen oft angezogen hatte, dass sie eben deutlich verwaschen und abgetragen aussahen.
Sie traute sich aber auch noch nicht, Mami auf die kommende Altkleidersammlung anzusprechen – nein, wenn sie das machen würde, käme Mama doch wieder nur auf krumme Gedanken. Denn dann würde – und dafür kannte sie Mama gut genug – wieder das im Müllsack landen, was Mama loswerden will und was sie liebend gerne weitertragen würde und eben nicht umgekehrt. Und Lenas Sachen kamen eigentlich immer erst dann mit weg, wenn sie wirklich hinüber waren: wenn die Hosen an den Knien durch oder die Pullis so eng waren, dass sie beim besten Willen nicht mehr mit dem Kopf durch passte. Zu knapp, zu kurz oder zu eng war solange egal, wie Emma auch nur so gerade eben noch hineinpasste – ob sie sich darin noch wohl fühlte war Mama doch egal.
So zog Emma dann grummelnd ab, zog ihre rote Adidas Regenjacke drüber, die auch irgendwann mal in einem Geschenkpäckchen dabei war und zumindest noch so einigermaßen passte und aussah. Sie fühlte sich unwohl, denn liebend gerne hätte sie auch bei Tante Melanie mal was von ihren neuen Sachen angezogen, ihre neue Levis Latzjeans zum Beispiel, in der sie sich tausendmal wohler fühlte. Aber nein, das wollte Mama nicht, warum konnte sie ihr auch nicht sagen. Auf der anderen Seite war ihr aber auch völlig klar, dass Lenas Sachen es einfach hinter sich hatten: Nichts, aber auch rein gar nichts hätte die Chance auf Weiterverwertung bei ihrer kleinen Schwester. Nein, komischerweise schaffte sie es von Anfang an, sich gegen jedwedes gebrauchte zu wehren. Die Jüngste war halt Mamas Liebling und ihr kann man ja nichts Gebrauchtes zumuten. Aber zumindest in letzter Zeit bekam Emma auch immer mehr Neues, wenn gleich sie davon bislang nichts zu Tante Melanie und Lena anziehen durfte.
Emmas einziger Trost an diesem Morgen war Kevin, der kleine knuddelige süße Typ, mit dem sie nun schon eine Zeit lang zusammen war. Und der genau diese Klamotten, die sie inzwischen alles andere als gerne trug, doch so sehr an ihr mochte. In letzter Zeit sagte er zwar nicht viel, aber sie spürte genau, dass er es mochte – mehr, viel mehr als die Klamotten, die sie sonst trug. Aber sie schämte sich ihm gegenüber zu sehr, als dass sie ihm gerne den Gefallen tat. Wenn Mama sie nicht regelmäßig dazu zwingen würde, nein, dann wären die Sachen die sie heute auch Tante Melanie und Lena zur Freude nochmal anziehen musste, bestimmt schon längst mit weg – auch in der Gewissheit, dass sie niemand anders mehr tragen würde: Keine kleine Schwester, keine Freundin (von denen eh alle größer waren als sie, und ihre Sachen somit nicht mehr passen würden), kein sonst wer. Das Gefühl, dass die Sachen die sie heute noch einmal trug, einfach so in die Altkleidersammlung wandern würden (wie schon um ein Haar bei Tante Melanie) und dort ohne große Beachtung auf dem Recyclinghaufen für den Reißwolf enden würden, ließ sie kalt. Was einst ja Notlösung diente und dafür gut genug war, hatte seine Schuldigkeit getan – schließlich hatte sie ja inzwischen was anderes, nagelneues, passenderes, was sie viel lieber getragen hätte, aber heute mal wieder nicht durfte.
Emma trödelte den ganzen Morgen, hatte keinen Bock in dem Outfit zur Schule zu müssen und verpasste daher natürlich den Bus und kam dadurch zu spät zum Unterricht. Sie hatte Angst, in den Klassenraum zu gehen, schämte sich ob der alten, abgetragen Sachen, die sie heute anziehen musste und setzte sich leise „Guten Morgen“ grummelnd neben Kevin, der sein Glück nicht fassen konnte – ihr freundlich zulächelte und es kaum abwarten konnte, dass es endlich Pause würde. War es doch heute schon wieder 14 Tage her, dass er Emma in ihrer inzwischen doch viel zu eng sitzende, schwarze Jinglers Moonwashed-Latzhose erleben durfte. Dazu natürlich den geilen Ringelnicki, der die besten Zeiten lange hinter sich hatte und an den Ärmeln auch schon wieder ein Stückchen kürzer war. Insgeheim hatte er nicht mehr damit gerechnet, hatte eher im Gegenteil befürchtet, dass beides schon irgendwo in den Müllsack geknubbelt auf den nächsten Altkleidertermin warten würde. Oder vielleicht auch einfach nur in der Mülltonne gelandet wäre, aber dafür kannte er Emmas Mama noch nicht gut genug. Genauso wie bei Anna, wo er auch nicht im Leben mehr damit gerechnet hatte, dass sie ihre kurze, enge Lederhose mit den süßen Trägerchen noch einmal zu Schule anziehen würde. Kevin war so glücklich.
Ich hatte mal wieder meine alte Rocky-Latzhose vorgekramt, die ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr zu Arbeit angezogen hatte. Aber irgendwie war mir heute danach zumal das Wetter es mal wieder zuließ, ohne Jacke aus dem Haus gehen zu können. Das Gefühl beim Anziehen war immer noch einmalig – ich könnte Anna durchaus verstehen, dass sie sich doch ihre Latzhosen, die schon in der Altkleidersammlung waren und um ein Haar im Schredder geendet wären, noch einmal zurückgeholt hat, auch wenn ich mir so eine Aktion nicht zugetraut hätte. Aber da ist Anna halt anders als ich, hartnäckiger, aber auch schmerzfreier. Was hätte denn auch passieren können? Erwischt werden? Na und …
Noch gingen ihre Latzhosen so einigermaßen, grenzwertig – aber ja durchaus: finales Endstadium halt. Eng ja, aber noch nicht so eng, dass die Knöpfe nicht mehr zu gehen. Und von der Länge her knapp, ja die Hosenträgerchen saßen im letzten Loch und durchaus stramm, aber solange die Knöpfe noch nicht nachgaben und abrissen oder die Hosennaht bei jeder kleinsten Bewegung aufzuplatzen drohte, war es mit eigentlich egal: Ich konnte und wollte Anna eh keine Vorschriften mehr machen, wie sie herum zu laufen hat. Und wenn sie doch mal wieder in kurzer, enger Lederhose zur Schule will, was soll‘s? Was wird schon groß passieren? Kevin wird’s mögen – der war ja schon tot traurig, als seine in die Altkleidersammlung ging, und Emma wird vielleicht ein wenig eifersüchtig sein, was der ganzen Sachen vielleicht sogar ein wenig gut tun wird.
Anna saß inzwischen ein paar Reihen vor Kevin, saß auf ihrem Stuhl nach vorne vorgebeugt über den Tisch, so dass ihre Hosenträgerchen so richtig schön spannten und Kevin freien Blick auf ihren knackig süßen Lederpopo hatten. Au man, was war die Hose abgewetzt am Hintern, deutliche Kratzspuren vom Fußball spielen am Ascheplatz, wo Anna keine Rücksicht walten ließ und es geradezu liebte, mit dem Hosenboden über den Platz zu rutschen. Dafür beneidete Kevin sie immer noch, sie durfte, er schon eine ganze Weile nicht mehr – auch wenn er selbst immer noch lieben gern gemocht hätte. Aber das war seiner Mama nicht beizubringen und er wusste genau, selbst wenn er von irgendwo eine Lederhose geschenkt bekäme, das gäbe nur Ärger und er dürfte die Hose sowieso nicht anziehen. Nein, das Thema war durch – wobei er durchaus das Verlangen in sich spürte, aber noch ein weiteres Mal würde er sich nicht an Annas Lederhose vergreifen, jedenfalls nicht ungefragt. Wenn sie es ihm allerdings mal anbieten würde, dann würde er vermutlich schwach werden und nicht widerstehen, dann wäre es ihm auch egal, was Emma sagen würde.
Emma saß die ganze Zeit wie bedrückt neben ihm, sagte nichts, schwieg – lächelte noch nicht einmal. Kevin legte sich die ganze Zeit die Worte zu recht, mit denen er auf Emma in der Pause zugehen wollte, sie doch endlich mal fragen wollte, warum sie so aus heiterem Himmel und ausgerechnet heute dann doch nochmal ihre alte Latzhose und den dazu passenden Ringelnicki an hatte. Wollte sie unbedingt noch einmal – bevor die Sachen dann doch unweigerlich in die Entsorgung gehen? Wollte sie ihm gar bewusst eine Freude damit machen? Aber warum dann ausgerechnet heute, und warum ausgerechnet immer donnerstags – denn in der Tat, wenn sie Latzjeans und Nicki trug, dann donnerstags. Oder musste sie etwa? Lies sie sich immer noch von ihrer Mama vorschreiben, was sie anziehen sollte? Nein, das konnte Kevin sich nicht vorstellen. Ihm war schon bewusst, dies hier und heute könnte durchaus das letzte Mal sein, so wie eng wie die Sachen inzwischen saßen. Und ihm war auch klar – dafür kannte er Emmas Mama auch schon gut genug – dass die Klamotten, die schon fast bei Tante Melanie im Müllsack für die Altkleidersammlung geendet wären, nicht mehr für die kleine Schwester aufgehoben würden, und auch nicht anderweitig verschenkt. Da war Emmas Mama kein Typ für …
Kevin zögerte noch, als es zur ersten kleinen Pause klingelte und eh er sich versehen hatte, war Emma auch schon außer Sichtweite. Sie wich ihm irgendwie aus, vermied seine Nähe, war komisch drauf und fühlte sich unwohl. Aber er wollte nun endlich wissen, warum, weshalb und wieso? Ja, es war nun mal sein Lieblingsoutfit an ihr, das was ihn so richtig wuschig machte und wo er doch so wunderschöne, aber gleichzeitig auch traurige Erinnerungen mit verband. Und ja, ihre neue Levis Latzjeans war irgendwie auch total schön, aber völlig halt völlig anders, nämlich eben nicht die, die schon Geschichten erzählen konnte, die bei Lena ein kurzes, fast schon langweiliges Vorleben hatte. Eine Geschichte, die er faszinierend fand, die alle anderen außer ihm jedoch überhaupt nicht wahrnehmen würden. Für die ist das doch nur ein Stück Stoff, genauso wie der Nicki – der in den Augen der meisten eher ein brauchbarer, weil flauschig weicher Putzlappen ist, als denn ein super-cooler Pullover, den er doch damals in Form seines roten Kapuzennickis doch so sehr geliebt hat.
Anna hingegen nutze die kleine Pause, um doch mal wieder mit Kevin zu flirten. Immer wieder schaute sie zu ihm herüber und war insgeheim etwas angefressen, dass ausgerechnet heute Emma nochmal in ihrer alten Latzjeans auftauchte. Denn Anna wusste ganz genau, dass es das war, wo Kevin drauf abfuhr – aber für ihre schokobraune Lederlatzhose war es heute einfach viel zu warm. Anna mochte das Teil irgendwie immer noch, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie jemals noch einmal die Gelegenheit bekäme, sie zu tragen. Denn kaputt machen wollte sie die ja nun schließlich auch nicht.
Re: Anna
Diesmal kommen auch die Schuhfestis mal wieder ein wenig auf ihre Kosten, ich hoffe, es gefällt Euch
Anna freute sich des schönen Wetters, es war angenehm warm geworden – noch nicht zu brüllend heiß wie im Hochsommer, aber schon so, dass T-Shirt und kurze Lederhose ausreichten. Sie fühlte sich außergewöhnlich wohl, genoss sichtlich die Enge ihrer Hose und die strammen Hosenträgerchen, die inzwischen so stramm saßen, dass beim Sitzen tiefe Furchen am Rücken entstanden. Eigentlich wäre es Zeit, die Dinger endlich mal abzumachen, aber irgendwie gehörten sie für Anna einfach dazu. Eine Lederhose ohne Trägerchen war für sie nur eine halbe Lederhose, und da sie schon im letzten Loch saßen blieb ihr eigentlich keine andere Chance als Augen zu und durch. Auch an den Oberschenkeln saß die Hose mittlerweile mehr als nur hauteng – was aber bei dem weichen und durchaus bequemen Leder ihr nichts ausmachte. Sie war froh und glücklich darüber, das Teil vor dem sicheren Tod im Reißwolf bewahrt zu haben – hatte mit der Rettungsaktion zusammen mit Tia alles richtig gemacht und nutzte den Augenblick, denn eines war ihr absolut klar: Wenn sie weiter zunehmen würde (was in ihrem Alter und bei ihrer Größe durchaus noch zu erwarten war), würde sie eines Tages definitiv nicht mehr hineinpassen.
Kevin indes war noch viel zu sehr mit sich selbst und mit Emma beschäftigt, um Annas Flirtversuche wahrnehmen zu können. Emma machte einen sichtlich genervten, fast schon frustrierten Eindruck und Kevin bildete sich ein, dass Latzhose und Ringelnicki im Vergleich zum letzten Mal wieder ein kleines Stückchen enger geworden waren. Er war sich sicher, die Tage für beide Sachen sind längst gezählt und bei Emma befürchtete er ein leises, schnelles Ende – zumal Emma in letzter Zeit eigentlich viel öfters und lieber in ihrer Levis Latzhose zur Schule kam. Sollte es also heute wirklich das letzte Mal gewesen sein, wo er Emma in der knackig engen Jinglers Moonwashed Latzhose und dem süßen Ringelnicki zu sehen bekommt? Vielleicht sollte er sich für heute Nachmittag mit ihr verabreden, den Tag und den Abend mit ihr zusammen verbringen, um endlich hinter das Geheimnis zu kommen, warum sie ausgerechnet heute wieder in den alten Klamotten zur Schule kam. Denn wenn Emma in letzter Zeit die Jinglers zur Schule an hatte, dann immer donnerstags und dann auch immer nur für einen Tag. An allen anderen Wochentagen hätte er sich das durchaus vorstellen können, montags zum Beispiel, wenn sie ganz in Gedanken morgens die Hose wieder anziehen würde, die sie sonntags (so vermutete er jedenfalls) für zu Hause zum Auftragen an hatte.
Nein, so sehr er auch darüber nachdachte und grübelte, ihm fiel keine Lösung ein. Emma hatte auch mittwochs nachmittags nichts, wo die alte Latzhose und der Nicki passend gewesen wären. Keine Gruppenstunde, kein Sportverein, kein nichts – und schließlich war er auch mittwochs schon oft genug bei ihr gewesen. Manchmal trug sie noch genau die Sachen, die sie morgens schon zur Schule an hatte – wobei sie sich auch ab und zu noch umgezogen hatte und für zu Hause alte Klamotten trug. Aber auch da in letzter Zeit nur sehr selten die alte Latzhose – Kevin war mehr als nur irritiert. Eines war ihm jedoch klar, die Zeit läuft langsam aber sicher davon und obwohl Hose und Nicki äußerlich noch nicht kaputt oder durchgeschlissen waren, waren die Gebrauchsspuren mehr als deutlich sichtbar. Aus dem einst kräftigen Schwarz war ein verwaschenes Dunkelgrau geworden, der Nicki war ausgeleiert und schlabberig geworden, auch wenn er bei Emma ziemlich knapp saß. Kevin ahnte, was den Sachen bevorstand, hatte aber auch keine Idee, wie er eingreifen könnte: Für Saskia wäre beides wohl nichts, er konnte sich nicht vorstellen, dass sie an den Sachen Gefallen finden könnte. Aber für wen dann? Und was würde Heike sagen, wenn er mit Emmas Altkleidern zu Hause ankäme? Das Risiko Ärger zu bekommen war einfach zu groß.
Und überhaupt war es heute noch nicht einmal einfach, mir Emma ins Gespräch zu kommen. In der kleinen Pause war sie überhaupt nicht zu sehen und in der ersten großen zog sie demonstrativ ihre glänzend-rote Adidas Regenjacke an, als wolle sie unbedingt ihre alte Latzhose und den Nicki verstecken. Emma zog sich zurück, und Kevin war sich auf einmal überhaupt nicht mehr sicher, ob er sie auf ihre Klamotten ansprechen solle oder nicht. Doch instinktiv spürte er, dass etwas nicht richtig war und dass er – wenn er das Geheimnis lüften wollte – er sie ansprechen muss, und nicht darauf warten sollte, dass sie ihn anspricht. Au man, was kann das Leben kompliziert sein – aber irgendwie ergab sich auch in der ersten großen Pause keine Gelegenheit, mit Emma in Ruhe ins Gespräch zu kommen. Denn es war Anna, die irgendwie immer in Kevins Nähe sein wollte, mit ihm flirtete, was das Zeugs hielt und ihn durchaus in Versuchung brachte, so wie sie vor ihm stand.
Ja, es lief ihm das Wasser im Munde zusammen und er wunderte sich sehr über Annas Aktivitäten, die doch lange Zeit gar nichts mit ihm zu tun haben wollte, nachdem er beim Sportunterricht unerlaubterweise ihre Latzhose aus schokoladenbraunem Kunstleder anprobieren musste, wobei prompt am Latz ein Knopf abreißen musste. Er versuchte sich zu beherrschen, denn heute stand natürlich auch wieder Sport auf dem Programm – und nein, ein zweites Mal den gleichen Fehler machen würde er sicherlich nicht. Auch wenn er es aus durchaus reizvoll empfunden hätte, Emma Latzjeans ein vermutlich letztes Mal in den Finger halten zu dürfen oder gar der Versuchung zu erliegen, in Annas kurze Lederhose reinzuschlüpfen, nein die Erfahrung hatte gereicht und die Konsequenzen waren immer noch hart für ihn zu spüren. Denn auch wenn Emmas Latzhose gefühlt am Ende war und die nächsten Tage oder Wochen vermutlich nicht überleben würde, nein nochmal – nein, nicht. Oder etwa doch? Wenn nicht heute, wann dann? Warum bricht Emma nicht endlich ihr Schweigen und warum lässt Anna nicht zu, dass Kevin endlich mal ungestört mit ihr quatschen kann.
Zur vierten Stunde stand Sport auf dem Stundenplan – bei dem schönen Wetter natürlich Fußball auf dem Aschenplatz. Mit einen breiten Grinsen hatte Anna ruckzuck mit dem Sportlehrer klar gemacht, dass sie natürlich und selbstverständlich in kurzer Lederhose spielen würde (denn leider und bedauerlicherweise hatte sie keine extra Sporthose dabei). „Ausnahmsweise und auch nur heute“ grinste der Sportlehrer zurück und man hätte durchaus den Eindruck haben können, dass Annas Outfit nochmals zur Verbesserung der schon durchaus guten Sportnote hätte beitragen können. Unter Emmas alter Latzhose kam ein ebenso alter und enger Adidas Sprintershorts zum Vorschein, den sie in letzter Zeit ab und zu mal unregelmäßig zum Sport angezogen hatte. Die besten Tage hatte der auch schon lange hinter sich und Kevin war natürlich sofort scharf auf sie. Latzhose und Nicki hatte sie lustlos in der Umkleidekabine über die Bank geworfen, dass die Latzhose runtergerutscht und nun mehr auf dem Fußboden im Dreck lag, war ihr eh egal. „Je dreckiger desto besser“ dachte sich Emma. Denn dann hätte Mama vielleicht endlich ein Einsehen und würde die Latzhose endlich mit in die Verwertung geben und sie bräuchte sie nicht mehr zur Schule und zu Tante Melanie anziehen. Doch bislang wanderte die Hose tags drauf immer wieder in die Waschmaschine, zusammen mit dem Nicki, und beides frisch gewaschen zurück in ihren Kleiderschrank, anstatt in den Altkleidersack. Aber sie war durchaus voller Hoffnung, dass sich das Thema in Kürze endlich erledigen würde.
Die Schulstunde Sport verging wie im Fluge – Emma war lustlos und unmotiviert. Neben Kevin war sie die einzige in engen Sprintershorts, und vor allem war sie offenbar auch die einzige, die auch zum Schulsport gebrauchtes Zeugs tragen musste. Jedenfalls sahen die anderen Sachen viel neuer aus, gepflegter und es war auch keinesfalls so, dass die anderen Jungen und Mädchen in ihrer Klasse immer nur in den gleichen Sachen erschienen. Selbst Kevin, der noch an seinem schwarz-/weißen Shorts festhielt hatte zumindest immer verschiedene, dazu passende Adidas T-Shirts an, wohin gegen sie nur No-Name Shirts hatte. Bei den Turnschuhen war’s übrigens ähnlich – hier musste sie zwar nichts Gebrauchtes tragen, dafür umso mehr das, was billig war und nicht gerade schön und in. Kevins Sambas hätte sie auch gerne gehabt, oder die geilen Air Force 1 von Nike, so wie Anna sie von Tia geschenkt bekommen hatte, oder wie sie Lena seit etwas mehr als einem Jahr immer mal wieder trug. Aber seit dem sie ihre weiß-/blauen Superstars bekommen hatte, in die sie sich extra dazu passend blaue Schnürsenkel eingezogen hatte, trug sie die Nikes immer seltener. Im Winter sowieso viel lieber Stiefel, UGGs natürlich, die regelmäßig im Oktober/November gekauft wurden und egal, wie sie vom Zustand her waren oder ob sie noch passten, im März/April spätestens wieder verschwunden waren. Lena fragte nie groß nach, denn sie konnte sich ja sicher sein, zur nächsten Saison wieder problemlos mit den neuesten Modellen beschenkt zu werden.
Lena hatte heute schon nach der vierten Stunde Schluss, und „parkte“ wie gewohnt ihre Superstars draußen vor der Wohnungstür, direkt neben den Air Force 1, die sie gestern Nachmittags nach langer Zeit mal wieder angezogen und für etwas zu eng befunden hatte. „Wenn die zu eng sind, dann wirf sie gefälligst in die Mülltonne!“ hatte Tante Melanie abends gemahnt und war sichtlich genervt, dass der Müll immer noch im Hausflur stand, als sie von der Schule zurückkam. „Was stehen die denn immer noch hier?“ fragte sie genervt. „Ich hab‘ doch gestern Abend was dazu gesagt …“ – „Mach ich nachher …“ grummelte Lena und verzog sich in ihr Zimmer. „Denk dran, Emma kommt nachher zum Mittagessen. Und zieh bitte was Altes an für zu Hause, Dein Jogginganzug liegt über’m Stuhl!“ – „Die Hose ist durch Mama, hab‘ ich doch gestern schon gesagt, dass die weg kann! Die zieh ich jedenfalls nicht mehr an, auch nicht für zu Hause!“ – „Dann zieh die hier an!“ meinte Tante Melanie genervt und drückte ihr eine, alte gebrauchte Jeans in die Hand, die sie letzten geschenkt bekommen hatte. „Für zu Hause ist die noch gut …“ – „Ihhhhh, das ist ja ‘ne Latzhose! Die kannst’e direkt in mit in die Tonne werden - oder notfalls noch Emma andrehen – aber ich zieh die bestimmt nicht an! Aus dem Alter bin ich raus, Mama!“
„Du willst doch demnächst bestimmt nochmal wieder neue Turnschuhe haben, oder?“ Mist – das war ihr Totschlagargument, wo sie Lena jedes Mal wieder mit packen konnte. Klar wollte sie, denn die Air Force 1 waren zwar nicht wirklich zu eng, aber wenn man Mama glaubhaft was vorknatscht und immer wieder stock und steif behauptet, dass dem so wäre, irgendwann ist sie halt überzeugt. Und dass sie die alten Schuhe noch nicht wie erwartet entsorgt hatte, lag einzig und allein an Lenas Faulheit und Bequemlichkeit. Mit so profanen Dingen wie Müll runter bringen können sich andere drum kümmern, recht machen kann sie es Mama doch sowieso nicht. Und so zog sie mehr als widerwillig zum alten Joggingoberteil die von Tante Melanie gereichte Latzhose – immerhin ein noch recht aktuelle, blaue von H&M aus der Vorsaison – oder vielleicht doch schon eher zwei, drei Jahre alt und durchaus oft getragen – egal, für einmal wird’s gehen, und wenn sie erstmal ihre neuen Turnschuhe hat, wird sie die Latzhose sicherlich nicht mehr anziehen, auch nicht für zu Hause, und erst recht nicht, wenn Emma kommt. „Die wird‘ ich Emma schon schmackhaft machen“, dachte sie und wenn nicht, im Altkleidersack ist diesmal noch viel Platz, da wird es wohl kaum auffallen, wenn sie die bei Gelegenheit dort verschwinden lässt.
Anna freute sich des schönen Wetters, es war angenehm warm geworden – noch nicht zu brüllend heiß wie im Hochsommer, aber schon so, dass T-Shirt und kurze Lederhose ausreichten. Sie fühlte sich außergewöhnlich wohl, genoss sichtlich die Enge ihrer Hose und die strammen Hosenträgerchen, die inzwischen so stramm saßen, dass beim Sitzen tiefe Furchen am Rücken entstanden. Eigentlich wäre es Zeit, die Dinger endlich mal abzumachen, aber irgendwie gehörten sie für Anna einfach dazu. Eine Lederhose ohne Trägerchen war für sie nur eine halbe Lederhose, und da sie schon im letzten Loch saßen blieb ihr eigentlich keine andere Chance als Augen zu und durch. Auch an den Oberschenkeln saß die Hose mittlerweile mehr als nur hauteng – was aber bei dem weichen und durchaus bequemen Leder ihr nichts ausmachte. Sie war froh und glücklich darüber, das Teil vor dem sicheren Tod im Reißwolf bewahrt zu haben – hatte mit der Rettungsaktion zusammen mit Tia alles richtig gemacht und nutzte den Augenblick, denn eines war ihr absolut klar: Wenn sie weiter zunehmen würde (was in ihrem Alter und bei ihrer Größe durchaus noch zu erwarten war), würde sie eines Tages definitiv nicht mehr hineinpassen.
Kevin indes war noch viel zu sehr mit sich selbst und mit Emma beschäftigt, um Annas Flirtversuche wahrnehmen zu können. Emma machte einen sichtlich genervten, fast schon frustrierten Eindruck und Kevin bildete sich ein, dass Latzhose und Ringelnicki im Vergleich zum letzten Mal wieder ein kleines Stückchen enger geworden waren. Er war sich sicher, die Tage für beide Sachen sind längst gezählt und bei Emma befürchtete er ein leises, schnelles Ende – zumal Emma in letzter Zeit eigentlich viel öfters und lieber in ihrer Levis Latzhose zur Schule kam. Sollte es also heute wirklich das letzte Mal gewesen sein, wo er Emma in der knackig engen Jinglers Moonwashed Latzhose und dem süßen Ringelnicki zu sehen bekommt? Vielleicht sollte er sich für heute Nachmittag mit ihr verabreden, den Tag und den Abend mit ihr zusammen verbringen, um endlich hinter das Geheimnis zu kommen, warum sie ausgerechnet heute wieder in den alten Klamotten zur Schule kam. Denn wenn Emma in letzter Zeit die Jinglers zur Schule an hatte, dann immer donnerstags und dann auch immer nur für einen Tag. An allen anderen Wochentagen hätte er sich das durchaus vorstellen können, montags zum Beispiel, wenn sie ganz in Gedanken morgens die Hose wieder anziehen würde, die sie sonntags (so vermutete er jedenfalls) für zu Hause zum Auftragen an hatte.
Nein, so sehr er auch darüber nachdachte und grübelte, ihm fiel keine Lösung ein. Emma hatte auch mittwochs nachmittags nichts, wo die alte Latzhose und der Nicki passend gewesen wären. Keine Gruppenstunde, kein Sportverein, kein nichts – und schließlich war er auch mittwochs schon oft genug bei ihr gewesen. Manchmal trug sie noch genau die Sachen, die sie morgens schon zur Schule an hatte – wobei sie sich auch ab und zu noch umgezogen hatte und für zu Hause alte Klamotten trug. Aber auch da in letzter Zeit nur sehr selten die alte Latzhose – Kevin war mehr als nur irritiert. Eines war ihm jedoch klar, die Zeit läuft langsam aber sicher davon und obwohl Hose und Nicki äußerlich noch nicht kaputt oder durchgeschlissen waren, waren die Gebrauchsspuren mehr als deutlich sichtbar. Aus dem einst kräftigen Schwarz war ein verwaschenes Dunkelgrau geworden, der Nicki war ausgeleiert und schlabberig geworden, auch wenn er bei Emma ziemlich knapp saß. Kevin ahnte, was den Sachen bevorstand, hatte aber auch keine Idee, wie er eingreifen könnte: Für Saskia wäre beides wohl nichts, er konnte sich nicht vorstellen, dass sie an den Sachen Gefallen finden könnte. Aber für wen dann? Und was würde Heike sagen, wenn er mit Emmas Altkleidern zu Hause ankäme? Das Risiko Ärger zu bekommen war einfach zu groß.
Und überhaupt war es heute noch nicht einmal einfach, mir Emma ins Gespräch zu kommen. In der kleinen Pause war sie überhaupt nicht zu sehen und in der ersten großen zog sie demonstrativ ihre glänzend-rote Adidas Regenjacke an, als wolle sie unbedingt ihre alte Latzhose und den Nicki verstecken. Emma zog sich zurück, und Kevin war sich auf einmal überhaupt nicht mehr sicher, ob er sie auf ihre Klamotten ansprechen solle oder nicht. Doch instinktiv spürte er, dass etwas nicht richtig war und dass er – wenn er das Geheimnis lüften wollte – er sie ansprechen muss, und nicht darauf warten sollte, dass sie ihn anspricht. Au man, was kann das Leben kompliziert sein – aber irgendwie ergab sich auch in der ersten großen Pause keine Gelegenheit, mit Emma in Ruhe ins Gespräch zu kommen. Denn es war Anna, die irgendwie immer in Kevins Nähe sein wollte, mit ihm flirtete, was das Zeugs hielt und ihn durchaus in Versuchung brachte, so wie sie vor ihm stand.
Ja, es lief ihm das Wasser im Munde zusammen und er wunderte sich sehr über Annas Aktivitäten, die doch lange Zeit gar nichts mit ihm zu tun haben wollte, nachdem er beim Sportunterricht unerlaubterweise ihre Latzhose aus schokoladenbraunem Kunstleder anprobieren musste, wobei prompt am Latz ein Knopf abreißen musste. Er versuchte sich zu beherrschen, denn heute stand natürlich auch wieder Sport auf dem Programm – und nein, ein zweites Mal den gleichen Fehler machen würde er sicherlich nicht. Auch wenn er es aus durchaus reizvoll empfunden hätte, Emma Latzjeans ein vermutlich letztes Mal in den Finger halten zu dürfen oder gar der Versuchung zu erliegen, in Annas kurze Lederhose reinzuschlüpfen, nein die Erfahrung hatte gereicht und die Konsequenzen waren immer noch hart für ihn zu spüren. Denn auch wenn Emmas Latzhose gefühlt am Ende war und die nächsten Tage oder Wochen vermutlich nicht überleben würde, nein nochmal – nein, nicht. Oder etwa doch? Wenn nicht heute, wann dann? Warum bricht Emma nicht endlich ihr Schweigen und warum lässt Anna nicht zu, dass Kevin endlich mal ungestört mit ihr quatschen kann.
Zur vierten Stunde stand Sport auf dem Stundenplan – bei dem schönen Wetter natürlich Fußball auf dem Aschenplatz. Mit einen breiten Grinsen hatte Anna ruckzuck mit dem Sportlehrer klar gemacht, dass sie natürlich und selbstverständlich in kurzer Lederhose spielen würde (denn leider und bedauerlicherweise hatte sie keine extra Sporthose dabei). „Ausnahmsweise und auch nur heute“ grinste der Sportlehrer zurück und man hätte durchaus den Eindruck haben können, dass Annas Outfit nochmals zur Verbesserung der schon durchaus guten Sportnote hätte beitragen können. Unter Emmas alter Latzhose kam ein ebenso alter und enger Adidas Sprintershorts zum Vorschein, den sie in letzter Zeit ab und zu mal unregelmäßig zum Sport angezogen hatte. Die besten Tage hatte der auch schon lange hinter sich und Kevin war natürlich sofort scharf auf sie. Latzhose und Nicki hatte sie lustlos in der Umkleidekabine über die Bank geworfen, dass die Latzhose runtergerutscht und nun mehr auf dem Fußboden im Dreck lag, war ihr eh egal. „Je dreckiger desto besser“ dachte sich Emma. Denn dann hätte Mama vielleicht endlich ein Einsehen und würde die Latzhose endlich mit in die Verwertung geben und sie bräuchte sie nicht mehr zur Schule und zu Tante Melanie anziehen. Doch bislang wanderte die Hose tags drauf immer wieder in die Waschmaschine, zusammen mit dem Nicki, und beides frisch gewaschen zurück in ihren Kleiderschrank, anstatt in den Altkleidersack. Aber sie war durchaus voller Hoffnung, dass sich das Thema in Kürze endlich erledigen würde.
Die Schulstunde Sport verging wie im Fluge – Emma war lustlos und unmotiviert. Neben Kevin war sie die einzige in engen Sprintershorts, und vor allem war sie offenbar auch die einzige, die auch zum Schulsport gebrauchtes Zeugs tragen musste. Jedenfalls sahen die anderen Sachen viel neuer aus, gepflegter und es war auch keinesfalls so, dass die anderen Jungen und Mädchen in ihrer Klasse immer nur in den gleichen Sachen erschienen. Selbst Kevin, der noch an seinem schwarz-/weißen Shorts festhielt hatte zumindest immer verschiedene, dazu passende Adidas T-Shirts an, wohin gegen sie nur No-Name Shirts hatte. Bei den Turnschuhen war’s übrigens ähnlich – hier musste sie zwar nichts Gebrauchtes tragen, dafür umso mehr das, was billig war und nicht gerade schön und in. Kevins Sambas hätte sie auch gerne gehabt, oder die geilen Air Force 1 von Nike, so wie Anna sie von Tia geschenkt bekommen hatte, oder wie sie Lena seit etwas mehr als einem Jahr immer mal wieder trug. Aber seit dem sie ihre weiß-/blauen Superstars bekommen hatte, in die sie sich extra dazu passend blaue Schnürsenkel eingezogen hatte, trug sie die Nikes immer seltener. Im Winter sowieso viel lieber Stiefel, UGGs natürlich, die regelmäßig im Oktober/November gekauft wurden und egal, wie sie vom Zustand her waren oder ob sie noch passten, im März/April spätestens wieder verschwunden waren. Lena fragte nie groß nach, denn sie konnte sich ja sicher sein, zur nächsten Saison wieder problemlos mit den neuesten Modellen beschenkt zu werden.
Lena hatte heute schon nach der vierten Stunde Schluss, und „parkte“ wie gewohnt ihre Superstars draußen vor der Wohnungstür, direkt neben den Air Force 1, die sie gestern Nachmittags nach langer Zeit mal wieder angezogen und für etwas zu eng befunden hatte. „Wenn die zu eng sind, dann wirf sie gefälligst in die Mülltonne!“ hatte Tante Melanie abends gemahnt und war sichtlich genervt, dass der Müll immer noch im Hausflur stand, als sie von der Schule zurückkam. „Was stehen die denn immer noch hier?“ fragte sie genervt. „Ich hab‘ doch gestern Abend was dazu gesagt …“ – „Mach ich nachher …“ grummelte Lena und verzog sich in ihr Zimmer. „Denk dran, Emma kommt nachher zum Mittagessen. Und zieh bitte was Altes an für zu Hause, Dein Jogginganzug liegt über’m Stuhl!“ – „Die Hose ist durch Mama, hab‘ ich doch gestern schon gesagt, dass die weg kann! Die zieh ich jedenfalls nicht mehr an, auch nicht für zu Hause!“ – „Dann zieh die hier an!“ meinte Tante Melanie genervt und drückte ihr eine, alte gebrauchte Jeans in die Hand, die sie letzten geschenkt bekommen hatte. „Für zu Hause ist die noch gut …“ – „Ihhhhh, das ist ja ‘ne Latzhose! Die kannst’e direkt in mit in die Tonne werden - oder notfalls noch Emma andrehen – aber ich zieh die bestimmt nicht an! Aus dem Alter bin ich raus, Mama!“
„Du willst doch demnächst bestimmt nochmal wieder neue Turnschuhe haben, oder?“ Mist – das war ihr Totschlagargument, wo sie Lena jedes Mal wieder mit packen konnte. Klar wollte sie, denn die Air Force 1 waren zwar nicht wirklich zu eng, aber wenn man Mama glaubhaft was vorknatscht und immer wieder stock und steif behauptet, dass dem so wäre, irgendwann ist sie halt überzeugt. Und dass sie die alten Schuhe noch nicht wie erwartet entsorgt hatte, lag einzig und allein an Lenas Faulheit und Bequemlichkeit. Mit so profanen Dingen wie Müll runter bringen können sich andere drum kümmern, recht machen kann sie es Mama doch sowieso nicht. Und so zog sie mehr als widerwillig zum alten Joggingoberteil die von Tante Melanie gereichte Latzhose – immerhin ein noch recht aktuelle, blaue von H&M aus der Vorsaison – oder vielleicht doch schon eher zwei, drei Jahre alt und durchaus oft getragen – egal, für einmal wird’s gehen, und wenn sie erstmal ihre neuen Turnschuhe hat, wird sie die Latzhose sicherlich nicht mehr anziehen, auch nicht für zu Hause, und erst recht nicht, wenn Emma kommt. „Die wird‘ ich Emma schon schmackhaft machen“, dachte sie und wenn nicht, im Altkleidersack ist diesmal noch viel Platz, da wird es wohl kaum auffallen, wenn sie die bei Gelegenheit dort verschwinden lässt.
Re: Anna
Nach dem Sportunterricht zog Emma nur rasch ihren Ringelnicki drüber und verschwand in roten, engen Sprintershorts in die Pause. Die alte Jinglers Latzjeans schnell mit dem verschwitzten T-Shirt zusammen in den Rucksack geknubbelt, am liebsten hätte sie die einfach im Umkleideraum zurückgelassen, einfach vergessen, nicht mehr dran gedacht und insgeheim gehofft, dass wenn Mama sie nach der Schule drauf aufmerksam gemacht hätte, sie inzwischen von den Putzfrauen, die nach der 6. Stunde die Räume putzen achtlos mit im Müll entsorgt worden wäre. Dann wäre sie das olle Ding endlich los – aber das würde bestimmt mordsmäßigen Ärger geben – wie beim letzten Mal, als sie ein nagelneues T-Shirt vergessen hatte, was danach auch nie wieder aufgetaucht ist. Von daher hatte sie – nach einem Moment des Zögerns – die Jeans dann doch nicht ihrem Schicksal überlassen. Und prompt lief sie natürlich auch Kevin in die Arme, der – weil Anna zum Glück weit genug weg war – die Initiative ergriff und Emma endlich drauf ansprach:
„Hey, wo hast Du denn Deine coole Latzi? Du gehst doch sonst auch nicht in Sportzeugs nach Hause?“ – „Cool?“ fragte Emma erstaunt. „Du findest das olle Ding echt noch cool? Die ist doch inzwischen sowas von eng und unbequem geworden – so richtig uncool. Ich wäre froh, wenn die endlich mit weg könnte …“ Kevin war erstaunt, damit hätte er nicht gerechnet und fragte nochmal nach: „Und warum trägst Du die dann überhaupt noch?“ – „Nur Mama zu Liebe. Wir sind heute Mittag bei meiner Cousine zum Mittagessen, Du weißt doch, von der hab‘ ich die Latzhose doch geschenkt bekommen. Und Mama meint immer, ich solle die dann halt anziehen – obwohl die so eng und unbequem geworden ist …“ Kevin grinste, unbequem war in der Tat uncool, aber gerade das eng sitzende mochte er so sehr an Emmas schwarzer Jinglers.
So, so – wenn es also nach Emma ginge, hätte die Jinglers nun ihr finales Endstadium erreicht. Gut, sie saß in der Tat ziemlich eng, was Kevin total begeisterte, aber leider sah er auch keine Chance zum Eingreifen. Saskia, die sonst immer seine alten Klamotten aufbrauchen durfte, hatte längst kein Interesse mehr an Latzhosen, Anna – so war er sich sicher – würde gar nicht erst hineinpassen und sonst fiel ihm auch niemand mehr ein, dem er mit dem Teil hätte eine Freude machen können. Außerdem wäre Heike, seine Mama, vermutlich total ausgerastet, wenn er Altkleider von seinen Klassenkameradinnen angeschleppt hätte - vermutlich hätte es sofort mordmäßigen Ärger gegeben und die Hose wäre zusammen mit weiß der Geier was Mama dann in dem Moment noch in die Finger bekommen hätte geradewegs in den Müll gegangen, inklusive Stubenarrest (den er zum Glück schon lange nicht mehr hatte).
Dennoch war Kevin neugierig und fragte „Und was wird nun aus Deiner süßen Jinglers?“ – „Keine Ahnung – interessiert mich auch nicht“ erwiderte Emma patzig. „Ich hoffe nicht, dass ich die nochmal anziehen muss, alles andere ist mir echt total egal …“ Kevin war schockiert über Emmas Gleichgültigkeit. Er hätte jetzt schon erwartet, nein viel mehr gewünscht, dass Emma sie ihrer kleinen Schwester zumindest mal schmackhaft machen würde – aber so? Kevins Kribbeln wurde intensiver, stellte er sich doch gerade vor seinem geistigen Auge vor, wie lieblos Emma ihre Latzhose ihrem weiteren Schicksal überlassen würde und fürchtete das Schlimmste, denn immerhin hatte sie ihre besten Zeiten lange hinter sich. Kevin ahnte, was ihr bevor stand: lieblos würde sie in den nächsten Altkleidersack geknubbelt, ungewaschen, so dreckig, verschwitzt und getragen wie sie halt war, denn wozu noch verbrauchte Klamotten im finalen Endstadium nochmal frisch durchwaschen und liebevoll zusammenfalten, wenn sie sowieso unbeachtet direkt den Weg in Richtung Reißwolf gehen. Denn das war Kevin klar, die Überlebenschancen dort sind für solch abgetragenen Sachen gleich Null. Er mochte Emma und ihre Latzjeans immer noch gerne und etwas enttäuscht war, dass er sie nun vermutlich nicht mehr darin wiedersehen würde. Wobei der Anblick in engen, roten Sprintershorts in Tateinheit mit dem abgeliebten Ringelnicki durchaus auch ihren Reiz hatte. „Pass nur auf, dass Du keinen Ärger bekommst, wenn Deine Mama dich in der engen Turnhose sieht!“ grinste Kevin zu ihr rüber und Emma erschrak: „Meinst Du?“
Kevin hatte vermutlich Recht – wenn Mama sie so sehen würde, wäre das vermutlich nicht nur mit Riesenärger verbunden, sondern auch mit einem ganz schnellen Ende der inzwischen doch eng gewordenen und durchaus geliebten (weil eben echte Adidas) glänzenden, roten Sprintershorts, die natürlich diejenigen waren, die ohne Innenslip auskamen und von Emma auf nackter Haut ohne etwas drunter getragen wurden. Emma war in der Zwickmühle: Auf der einen Seite hatte sie keinen Bock mehr auf die schwarze Jinglers und wäre am liebsten in den Glanzshorts bei Tante Melanie und Lena erschienen – auf der anderen Seite wollte sie hierfür natürlich auch nicht in Glanzshorts opfern, die sie in letzter Zeit mehr oder weniger heimlich zum Sportunterricht angezogen hatte. Aber sie genoss die letzten beiden Schulstunden in kurzen Hosen, der Ringelnicki wirkte etwas komisch, hatte aber insbesondere für Kevin durchaus seinen Reiz. Und ja, Nickis liebte er immer noch sehr und dieses Exemplar, was Emma heute trug würde er wohl auch so schnell nicht mehr wieder sehen fürchtete er jedenfalls. Denn den hatte Emma bislang jedenfalls immer nur zur alten Latzhose getragen.
Sichtlich genervt wartete Emma nach dem Ende der 6. Stunde, dass alle anderen den Klassenraum verlassen hatten um dann doch wieder die Latzhose anzuziehen. Die offene Konfrontation mit Mama wollte sie dann doch lieber aus dem Weg gehen. Anna hatte Kevin abgepasst und so gingen beide den Weg zusammen nach Hause. Und ja, auch Anna sah immer noch zum Anbeißen süß aus und flirtete die ganze Zeit mit Kevin, der sich jedoch nichts anmerken ließ. „Hast Du eigentlich inzwischen mal wieder ‘ne Lederhose bekommen?“ fragte Anna neugierig. „Neee, leider nicht“ erwiderte Kevin. „Lässt Mama nicht zu – hab‘ aber auch schon lange keine mehr irgendwo gesehen. Find’s aber geil, dass Du Deine noch tragen darfst. Steht Dir gut!“ – „Die Latzhose gefällt mir aber auch gut an Dir!“ lächelte Anna verlegen und es schien, als wäre das erste Eis wieder gebrochen. „Bist Du mir eigentlich noch böse wegen der Sache damals mit Deiner Lederhose?“ Anna grinste, fing laut an zu lachen und gab‘ ihm einen dicken, fetten Schmatzer auf die Wange „Ach Kevin, ist doch nicht wirklich was passiert – längst vergessen!“ Kevin fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen, war erleichtert und bemerkte gar nicht, wie Anna dabei war, ihn zu verführen. Dabei war er doch inzwischen glücklich mit Emma zusammen.
Aber Anna hatte für Kevin auch was, was Emma nicht hatte – und vermutlich nach der Aktion von heute Morgen auch niemals haben wird: Leidenschaft. Emma in kurzer Lederhose: undenkbar, in weicher Kunstlederjeans: nie und nimmer, in ihrer Jinglers: vermutlich nie wieder. In der neuen Levis Latzjeans, die sie auch in letzter Zeit kaum noch trug sah sie so brav aus. Klar, die Hose war noch relativ neu, noch nicht oft gewaschen und passte mehr als gut und reichlich, um nicht zu sagen, sie war aus Kevins Perspektive eindeutig noch zu groß. Viel zu lange weg vom doch so geliebte finalen Endstadium, obwohl wenn Emma keinen Bock mehr hatte, was dieses auch ruckzuck erreicht, auch wenn die Klamotten selbst noch meilenweit davon entfernt waren, aufgebraucht zu wirken. Anna hingegen sah man schon von weitem an, dass sie Leder liebt und aus Leidenschaft trägt, auch wenn ihr die Sachen, die sie vor dem Reißwolf gerettet hat eigentlich schon nicht mehr passen. Jedoch genau das macht es aus, das ist das besondere an ihr, das, was Kevin so sehr mag: Klamotten, im finalen Endstadium, die noch mit viel Liebe gehegt und gepflegt werden, wobei eigentlich schon lange feststeht, dass ihr Ende näht und sie irgendwann nicht mehr da sein werden, im Müll enden, oder im unbarmherzigen Reißwolf beim Textilverwerter um die Ecke. All das war Kevin durchaus bewusst, und genau das war es, was ihn so sehr faszinierte, dass er beim Gedanken daran Erregung verspürte.
„Trägst Du denn Deine Lederlatzhose noch?“ fragte Kevin neugierig. „Natürlich“ entgegnete Anna voller Stolz. „Die mag ich immer noch am liebsten. Die ist so wunderschön weich und eng – nur bei dem Wetter viel zu warm! Dann trag ich lieber noch die kurze hier, so lange es noch geht!“ – „Die ist ja auch cool, genauso cool wie meine damals – schade, dass meine Mama die in die Altkleidersammlung gegeben hat – da hast Du mit Deiner Mama echt Glück!“ – „Da hast Du recht Kevin“ meinte Anna daraufhin. „Zum Glück schmeißt meine Mama nichts mehr ohne meine Zustimmung weg – und sie zwingt mich auch nicht was wegzuschmeißen, obwohl sie manchmal hartnäckig sein kann und dann nur noch nervt. Von daher lässt mich meine Mama auch so zur Schule – wo ich echt happy drüber bin.“ – „Und ich bin froh, dass ich wenigstens die Levis Latzhose anziehen darf …“ lächelte Kevin. „Wobei: Wer weiß wie lange noch …“ – „Mensch Kevin, bist doch alt genug – musst Dich auch mal gegen Heike durchsetzen und selbst bestimmen, was Du anziehen möchtest!“ – „Ach, das ist leichter gesagt als getan“ schaute Kevin frustriert rein.
„Da bist Du ja endlich – drömel nicht so rum und komm schnell. Wir wollen doch zu Lena und Tante Melanie …“ – Emma machte einen genervten Eindruck, hatte ihre Latzhose wieder anzogen und trug den alten Ringelnicki wie von Mama erwartet unterm Latz. „Was ist denn nur los mit Dir, Emma? Ziehst ‘ne Fleppe wie 10 Tage Regenwetter – nu mach‘ schön …“ – „Ach nichts“ erwiderte Emma genervt. Jetzt Mama zu erklären, warum sie keinen Bock mehr auf die alte Latzhose und den abgetragenen Ringelnicki hatte und sie – wenn überhaupt heute – viel lieber die neue Levis Latzjeans und ein passendes T-Shirt zu Tante Melanie angezogen hätte. Sie fühlte sich sichtlich unwohl, hätte am liebsten gekniffen und wäre nach Hause gegangen, aber bei Tante Melanie bestand durchaus die Hoffnung, doch mal was cooles von Lena abgreifen zu können, was Mama ihr nie im Leben gekauft hätte und sonst (weil Tante Melanie keine anderen Abnehmer für Lenas Anziehsachen hat) in die Altkleidersammlung gegangen wäre. Emma freute sich zwar immer noch, dass Tante Melanie ihr die alte Latzhose extra noch vorbeigebracht hatte, nachdem ihre Telefonaktion in Querverweisen statt Lösungen zu enden drohte. Sie hatte schönes damit erlebt, aber nun war – zumindest für Emma – die Zeit gekommen, wo das von Kevin so geliebte „finale Endstadium“ kurz bevorstand. Auch wenn Mama und bestimmt auch Tante Melanie es anders sehen würden.
Emma klingelte an der Haustüre, Tante Melanie machte auf und beide stiefelten das Treppenhaus hinauf, wo sie in der zweiten Etage bereits erwartet wurden. „Cool – die möchte ich auch gerne mal haben …“ – „Was denn?“ – „Sind das echte Nike Air Force One?“ fragte Emma und zeigte auf die Turnschuhe, die neben den weißen Adidas Superstars vor der Tür standen. „Emmaaaa“ sah Mama sie an, als wollte sie sagen, fang jetzt bloß nicht wieder an zu quengeln. Und Tante Melanie wurde ebenfalls böse und rief zu Lena „Die Nikes sollten doch mit in die Tonne, wenn sie Dir nicht mehr passen! Warum liegen die hier immer noch im Weg vor der Tür? Muss ich eigentlich immer selbst den Müll runterbringen?“
„Hey, wo hast Du denn Deine coole Latzi? Du gehst doch sonst auch nicht in Sportzeugs nach Hause?“ – „Cool?“ fragte Emma erstaunt. „Du findest das olle Ding echt noch cool? Die ist doch inzwischen sowas von eng und unbequem geworden – so richtig uncool. Ich wäre froh, wenn die endlich mit weg könnte …“ Kevin war erstaunt, damit hätte er nicht gerechnet und fragte nochmal nach: „Und warum trägst Du die dann überhaupt noch?“ – „Nur Mama zu Liebe. Wir sind heute Mittag bei meiner Cousine zum Mittagessen, Du weißt doch, von der hab‘ ich die Latzhose doch geschenkt bekommen. Und Mama meint immer, ich solle die dann halt anziehen – obwohl die so eng und unbequem geworden ist …“ Kevin grinste, unbequem war in der Tat uncool, aber gerade das eng sitzende mochte er so sehr an Emmas schwarzer Jinglers.
So, so – wenn es also nach Emma ginge, hätte die Jinglers nun ihr finales Endstadium erreicht. Gut, sie saß in der Tat ziemlich eng, was Kevin total begeisterte, aber leider sah er auch keine Chance zum Eingreifen. Saskia, die sonst immer seine alten Klamotten aufbrauchen durfte, hatte längst kein Interesse mehr an Latzhosen, Anna – so war er sich sicher – würde gar nicht erst hineinpassen und sonst fiel ihm auch niemand mehr ein, dem er mit dem Teil hätte eine Freude machen können. Außerdem wäre Heike, seine Mama, vermutlich total ausgerastet, wenn er Altkleider von seinen Klassenkameradinnen angeschleppt hätte - vermutlich hätte es sofort mordmäßigen Ärger gegeben und die Hose wäre zusammen mit weiß der Geier was Mama dann in dem Moment noch in die Finger bekommen hätte geradewegs in den Müll gegangen, inklusive Stubenarrest (den er zum Glück schon lange nicht mehr hatte).
Dennoch war Kevin neugierig und fragte „Und was wird nun aus Deiner süßen Jinglers?“ – „Keine Ahnung – interessiert mich auch nicht“ erwiderte Emma patzig. „Ich hoffe nicht, dass ich die nochmal anziehen muss, alles andere ist mir echt total egal …“ Kevin war schockiert über Emmas Gleichgültigkeit. Er hätte jetzt schon erwartet, nein viel mehr gewünscht, dass Emma sie ihrer kleinen Schwester zumindest mal schmackhaft machen würde – aber so? Kevins Kribbeln wurde intensiver, stellte er sich doch gerade vor seinem geistigen Auge vor, wie lieblos Emma ihre Latzhose ihrem weiteren Schicksal überlassen würde und fürchtete das Schlimmste, denn immerhin hatte sie ihre besten Zeiten lange hinter sich. Kevin ahnte, was ihr bevor stand: lieblos würde sie in den nächsten Altkleidersack geknubbelt, ungewaschen, so dreckig, verschwitzt und getragen wie sie halt war, denn wozu noch verbrauchte Klamotten im finalen Endstadium nochmal frisch durchwaschen und liebevoll zusammenfalten, wenn sie sowieso unbeachtet direkt den Weg in Richtung Reißwolf gehen. Denn das war Kevin klar, die Überlebenschancen dort sind für solch abgetragenen Sachen gleich Null. Er mochte Emma und ihre Latzjeans immer noch gerne und etwas enttäuscht war, dass er sie nun vermutlich nicht mehr darin wiedersehen würde. Wobei der Anblick in engen, roten Sprintershorts in Tateinheit mit dem abgeliebten Ringelnicki durchaus auch ihren Reiz hatte. „Pass nur auf, dass Du keinen Ärger bekommst, wenn Deine Mama dich in der engen Turnhose sieht!“ grinste Kevin zu ihr rüber und Emma erschrak: „Meinst Du?“
Kevin hatte vermutlich Recht – wenn Mama sie so sehen würde, wäre das vermutlich nicht nur mit Riesenärger verbunden, sondern auch mit einem ganz schnellen Ende der inzwischen doch eng gewordenen und durchaus geliebten (weil eben echte Adidas) glänzenden, roten Sprintershorts, die natürlich diejenigen waren, die ohne Innenslip auskamen und von Emma auf nackter Haut ohne etwas drunter getragen wurden. Emma war in der Zwickmühle: Auf der einen Seite hatte sie keinen Bock mehr auf die schwarze Jinglers und wäre am liebsten in den Glanzshorts bei Tante Melanie und Lena erschienen – auf der anderen Seite wollte sie hierfür natürlich auch nicht in Glanzshorts opfern, die sie in letzter Zeit mehr oder weniger heimlich zum Sportunterricht angezogen hatte. Aber sie genoss die letzten beiden Schulstunden in kurzen Hosen, der Ringelnicki wirkte etwas komisch, hatte aber insbesondere für Kevin durchaus seinen Reiz. Und ja, Nickis liebte er immer noch sehr und dieses Exemplar, was Emma heute trug würde er wohl auch so schnell nicht mehr wieder sehen fürchtete er jedenfalls. Denn den hatte Emma bislang jedenfalls immer nur zur alten Latzhose getragen.
Sichtlich genervt wartete Emma nach dem Ende der 6. Stunde, dass alle anderen den Klassenraum verlassen hatten um dann doch wieder die Latzhose anzuziehen. Die offene Konfrontation mit Mama wollte sie dann doch lieber aus dem Weg gehen. Anna hatte Kevin abgepasst und so gingen beide den Weg zusammen nach Hause. Und ja, auch Anna sah immer noch zum Anbeißen süß aus und flirtete die ganze Zeit mit Kevin, der sich jedoch nichts anmerken ließ. „Hast Du eigentlich inzwischen mal wieder ‘ne Lederhose bekommen?“ fragte Anna neugierig. „Neee, leider nicht“ erwiderte Kevin. „Lässt Mama nicht zu – hab‘ aber auch schon lange keine mehr irgendwo gesehen. Find’s aber geil, dass Du Deine noch tragen darfst. Steht Dir gut!“ – „Die Latzhose gefällt mir aber auch gut an Dir!“ lächelte Anna verlegen und es schien, als wäre das erste Eis wieder gebrochen. „Bist Du mir eigentlich noch böse wegen der Sache damals mit Deiner Lederhose?“ Anna grinste, fing laut an zu lachen und gab‘ ihm einen dicken, fetten Schmatzer auf die Wange „Ach Kevin, ist doch nicht wirklich was passiert – längst vergessen!“ Kevin fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen, war erleichtert und bemerkte gar nicht, wie Anna dabei war, ihn zu verführen. Dabei war er doch inzwischen glücklich mit Emma zusammen.
Aber Anna hatte für Kevin auch was, was Emma nicht hatte – und vermutlich nach der Aktion von heute Morgen auch niemals haben wird: Leidenschaft. Emma in kurzer Lederhose: undenkbar, in weicher Kunstlederjeans: nie und nimmer, in ihrer Jinglers: vermutlich nie wieder. In der neuen Levis Latzjeans, die sie auch in letzter Zeit kaum noch trug sah sie so brav aus. Klar, die Hose war noch relativ neu, noch nicht oft gewaschen und passte mehr als gut und reichlich, um nicht zu sagen, sie war aus Kevins Perspektive eindeutig noch zu groß. Viel zu lange weg vom doch so geliebte finalen Endstadium, obwohl wenn Emma keinen Bock mehr hatte, was dieses auch ruckzuck erreicht, auch wenn die Klamotten selbst noch meilenweit davon entfernt waren, aufgebraucht zu wirken. Anna hingegen sah man schon von weitem an, dass sie Leder liebt und aus Leidenschaft trägt, auch wenn ihr die Sachen, die sie vor dem Reißwolf gerettet hat eigentlich schon nicht mehr passen. Jedoch genau das macht es aus, das ist das besondere an ihr, das, was Kevin so sehr mag: Klamotten, im finalen Endstadium, die noch mit viel Liebe gehegt und gepflegt werden, wobei eigentlich schon lange feststeht, dass ihr Ende näht und sie irgendwann nicht mehr da sein werden, im Müll enden, oder im unbarmherzigen Reißwolf beim Textilverwerter um die Ecke. All das war Kevin durchaus bewusst, und genau das war es, was ihn so sehr faszinierte, dass er beim Gedanken daran Erregung verspürte.
„Trägst Du denn Deine Lederlatzhose noch?“ fragte Kevin neugierig. „Natürlich“ entgegnete Anna voller Stolz. „Die mag ich immer noch am liebsten. Die ist so wunderschön weich und eng – nur bei dem Wetter viel zu warm! Dann trag ich lieber noch die kurze hier, so lange es noch geht!“ – „Die ist ja auch cool, genauso cool wie meine damals – schade, dass meine Mama die in die Altkleidersammlung gegeben hat – da hast Du mit Deiner Mama echt Glück!“ – „Da hast Du recht Kevin“ meinte Anna daraufhin. „Zum Glück schmeißt meine Mama nichts mehr ohne meine Zustimmung weg – und sie zwingt mich auch nicht was wegzuschmeißen, obwohl sie manchmal hartnäckig sein kann und dann nur noch nervt. Von daher lässt mich meine Mama auch so zur Schule – wo ich echt happy drüber bin.“ – „Und ich bin froh, dass ich wenigstens die Levis Latzhose anziehen darf …“ lächelte Kevin. „Wobei: Wer weiß wie lange noch …“ – „Mensch Kevin, bist doch alt genug – musst Dich auch mal gegen Heike durchsetzen und selbst bestimmen, was Du anziehen möchtest!“ – „Ach, das ist leichter gesagt als getan“ schaute Kevin frustriert rein.
„Da bist Du ja endlich – drömel nicht so rum und komm schnell. Wir wollen doch zu Lena und Tante Melanie …“ – Emma machte einen genervten Eindruck, hatte ihre Latzhose wieder anzogen und trug den alten Ringelnicki wie von Mama erwartet unterm Latz. „Was ist denn nur los mit Dir, Emma? Ziehst ‘ne Fleppe wie 10 Tage Regenwetter – nu mach‘ schön …“ – „Ach nichts“ erwiderte Emma genervt. Jetzt Mama zu erklären, warum sie keinen Bock mehr auf die alte Latzhose und den abgetragenen Ringelnicki hatte und sie – wenn überhaupt heute – viel lieber die neue Levis Latzjeans und ein passendes T-Shirt zu Tante Melanie angezogen hätte. Sie fühlte sich sichtlich unwohl, hätte am liebsten gekniffen und wäre nach Hause gegangen, aber bei Tante Melanie bestand durchaus die Hoffnung, doch mal was cooles von Lena abgreifen zu können, was Mama ihr nie im Leben gekauft hätte und sonst (weil Tante Melanie keine anderen Abnehmer für Lenas Anziehsachen hat) in die Altkleidersammlung gegangen wäre. Emma freute sich zwar immer noch, dass Tante Melanie ihr die alte Latzhose extra noch vorbeigebracht hatte, nachdem ihre Telefonaktion in Querverweisen statt Lösungen zu enden drohte. Sie hatte schönes damit erlebt, aber nun war – zumindest für Emma – die Zeit gekommen, wo das von Kevin so geliebte „finale Endstadium“ kurz bevorstand. Auch wenn Mama und bestimmt auch Tante Melanie es anders sehen würden.
Emma klingelte an der Haustüre, Tante Melanie machte auf und beide stiefelten das Treppenhaus hinauf, wo sie in der zweiten Etage bereits erwartet wurden. „Cool – die möchte ich auch gerne mal haben …“ – „Was denn?“ – „Sind das echte Nike Air Force One?“ fragte Emma und zeigte auf die Turnschuhe, die neben den weißen Adidas Superstars vor der Tür standen. „Emmaaaa“ sah Mama sie an, als wollte sie sagen, fang jetzt bloß nicht wieder an zu quengeln. Und Tante Melanie wurde ebenfalls böse und rief zu Lena „Die Nikes sollten doch mit in die Tonne, wenn sie Dir nicht mehr passen! Warum liegen die hier immer noch im Weg vor der Tür? Muss ich eigentlich immer selbst den Müll runterbringen?“
Re: Anna
Welch eine Begrüßung – Mama bockig, weil Emma auf die Nike Air Force 1 zeigte, die schon lange auf ihrem Wunschzettel standen und Tante Melanie stinkig, weil Lena ihren Müll nicht alleine runterbringen konnte. Denn eigentlich sollte Lena die Turnschuhe gar nicht mehr zu Gesicht bekommen haben, um unnötige Diskussionen zu vermeiden. Denn Emmas Mama und auch Tante Melanie war sonnenklar, dass Emma – wenn sie die Air Force 1 vor der Tür oder bei Lena im Zimmer sehen würde, natürlich auf dumme Gedanken kommen würde. Und Tante Melanie war ja durchaus großzügig im Verschenken, aber bei getragenen Schuhen und Lenas Schweißfüßen hörte der Spaß auf. Obwohl man den Schuhen oft von außen nichts ansehen konnte und Lena fast immer Einlagen trug, mochte Tante Melanie sie keinesfalls mehr weiterverschenken. Nein, sowas ging bei ihr immer und grundsätzlich in die Mülltonne und nicht mehr – wie man durchaus meinen könnte – in die Altkleidersammlung oder in den Schuhcontainer.
„Mama, jetzt beruhige Dich bitte mal wieder – ich bring‘ die gleich schon runter …“ versprach Lena. worauf hin Tante Melanie die Schuhe wieder los ließ und sie auf den Treppenhausboden aufschlugen. Emma blieb hingegen das Herz stehen – die konnte und wollte nicht verstehen, was da gerade abging – aber offenbar hatte sie auch keine große Chance einzugreifen ohne sich Ärger von Mama oder Tante Melanie einzufangen. Da stand also ihr Traum von Turnschuh zum Greifen nahe, und dann auch noch durchaus sauber und gepflegt und warteten lieblos fallengelassen darauf, dass sie in Kürze erbarmungslos in die Mülltonne wandern würden. Emmas Laune war noch mieser als sie jetzt schon war.
„So, nun kommt erstmal rein – zieh die Jacke aus, ist doch eh schon so warm geworden heute“ Emma öffnete, leise und fast schon in Zeitlupe den Reißverschluss ihrer Regenjacke und wusste ganz genau, was ihr bevor stand- „Wie süß – jetzt sag bloß, Lenas alte Latzhose passt Dir immer noch? Dass Du die immer noch anziehst – da hab‘ ich Dir doch bestimmt ‘ne Riesenfreude mit gemacht, oder? Und der Ringelnicki passt auch ganz toll dazu – sieht richtig gut aus!“ Emma ließ – wie jedes Mal – den Komplimenteregen über sich ergehen und wagte sich nicht, zu widersprechen. „Lenas Latzhose sieht auch total cool aus, ist die neu?“ – „Nee gebraucht“ warf Lena direkt ein. „hat Mama von ‘ner Freundin geschenkt bekommen – und wär‘ meine Jogginghose nicht an den Knien durch, wäre die jetzt schon im Altkleidersack, wo sie auch hingehört. Mag keine Latzhosen mehr, Du etwa?“ fragte Lena provozierend und wunderte sich zum einen darüber, dass Emma immer noch in ihrer alten, abgetragenen Latzhose – deren Tragespuren von Mal zu Mal deutlich sichtbaren wurden – rumlief und zum anderen, dass beide Mamas ihre Mädchen in alten Latzhosen total süß fanden. „Och, als Rutschhose geht Deine doch noch – die ist wenigstens noch nicht ganz so eng“ versuchte Emma die Situation noch einigermaßen zu retten. „Denn eigentlich zieh‘ ich immer noch ganz gerne Latzhosen an …“ sagte Emma.
Auf dem Weg in die Küche – wo das Mittagessen schon bereit stand – entdeckte Emma den großen, gut gefüllten blauen Müllsack in der Diele, der offenbar schon für die kommende Altkleidersammlung bereitstand. „Brauchst gar nicht so neugierig zu gucken …“ mahnte Tante Melanie Emma, die sichtlich neugierig in Richtung Altkleidersack schaute. „Ist nichts Besonderes drin … - nicht, was für Dich interessant sein könnte“ beruhigte sie. „Mama – mir ist warm! Darf ich nach dem Essen meine Latzhose ausziehen und endlich mit in den Müllsack werfen?“ fragte Lena beim Mittagessen – wobei ihrer Mama fast der Löffel aus der Hand fiel. „Lass die ruhig mal an – als Rutschhose ist die für Dich gut, und wenn Du jetzt nicht bald Ruhe gibst, dann gucke ich nochmal bei Dir, was noch so alles mit weg kann. Und untersteh‘ Dich, die Latzhose in den Sack zu schmuggeln, das gibt Ärger!“ – „Mir ist auch warm …“ ergänzte Emma, die sich jedoch nicht zu fragen traute, ob sie ihre Latzhose ausziehen dürfte. „Wenn Lena ihre Latzhose anlässt, dann Du bitte auch – kannst von mir aus demnächst die Levis zum Rumrutschen nehmen, aber solange ziehst Du die hier noch an. „Die gute Levis als Rutschhose? Nein Mami, dafür ist sie noch zu schade. Dann wirklich die hier, bis es gar nicht mehr geht“ dachte sich Emma und schwieg, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu werfen. Und obwohl sie auch Lenas Latzjeans, die sie zum Aufbrauchen bekommen hatte ganz gut leiden könnte, wagte sie sich nicht danach zu fragen. Wenn Lena sie zum Rutschen bekommt, ist die eh meist ganz schnell an den Knien durch – Schade eigentlich, aber es gibt nichts Schlimmeres als Kaputtes oder Geflicktes.
Währenddessen waren auch Anna und Kevin zu Hause angekommen. Anna strahlte wie ein Honigkuchenpferd – hatte sie zwar Kevin noch nicht zurückerobert, jedoch beiden einen großen Schritt nach vorne gemacht. Sie hatte die ganze Zeit ihren Kevin vor Augen, das kleine knuffige Kerlchen, was auch lange in kurzer Lederhose rumlief. Wie gerne würde sie ihn nochmal darin sehen, erleben dürfen, mit ihm kuscheln oder gerne auch mehr. Doch dazwischen stand Heike – die auf so unbarmherzliche Art und Weise seine Lederhose in die Altkleidersammlung gegeben hat. Und es schien fast aussichtslos, Heike auf eine neue Lederhose für Kevin anzusprechen – wobei: Warum eigentlich nicht mal probieren? Mehr als „Nein“ sagen wird sie bestimmt nicht – schließlich lässt sie es ja auch zu, dass Kevin in Latzhosen rumläuft. Vielleicht sollte sie demnächst einfach mal wieder bei Kevin vorbeischauen, wenn sie ihre kurze Lederhose trägt. Mal sehen, was Heike dann sagen wird.
„Du Mama?“ fragte Anna neugierig und mir war klar, dass wenn sie so fragte, sie irgendetwas auf dem Herzen hat. „Hast Du eigentlich inzwischen für Peter ‘ne kurze Lederhose gefunden?“ Stimmt, da war was. „Nein, hab‘ ich noch nicht. Beim Second-Hand-Shop und beim Textilverwerter beides Fehlanzeige – die verwahren auch nichts mehr, sondern schreddern die direkt zusammen mit den anderen Ledersachen. Da bleibt im Moment nichts übrig! Leider!“ – „Schade, Mama – ich suche nämlich auch noch eine …“ – „Für Dich? Willst Du nochmal eine haben, die Dir nicht ganz so eng passt?“ – „Nee, ich würd‘ gern Kevin mit einer überraschen – aber die darf auch nicht ganz so teuer sein, für den Fall das er die dann doch nicht anziehen darf …“ – „Kann ich verstehen, kannst ja selber mal durch die Läden bummeln und wenn Du eine findest, bringst Du die halt mal mit. Vielleicht hast Du ja mehr Glück und es kommt gerade eine rein. Leder schreddern die ja auch nicht jeden Tag – so viel bekommen die ja auch nicht …“
„Wann ziehst Du Deine eigentlich mal wieder an, Mama?“ wollte Anna dann noch von mir wissen. Vielleicht spekulierte sie auch darauf, dass sie die für Kevin abgreifen könnte. „Stimmt, die könnte ich eigentlich heute Abend mal wieder anziehen, wenn wir in den Biergarten gehen. Dann ziehen wir beide mal wieder das gleiche an ist bestimmt auch cool. Ich frag mal Frankie, ob er und Peter auch mitkommen wollen.“ – „Tolle Idee, ich freu mich und fahr gleich nochmal los, nach den Lederhosen zu schauen. Bis später dann, Mami …“ Und schon war Anna wieder angezwitschert, nun, Hausaufgaben hatte sie wenig auf, und das Wenige war schnell erledigt. Ich wünschte ihr noch viel Glück und hoffte, dass sie etwas erfolgreicher wäre als ich. Wenn nicht, dann ist halt am Wochenende nochmal wieder Flohmarkt angesagt, mit ein wenig Glück werden wir da auch fündig. Und wenn nicht, dann bekommt Peter halt zum Fußballspielen was anderes, trägt ja eh kaum noch jemand Lederhosen im Alltag, was ich durchaus schade finde. Dabei sind die Dinger doch so wunderbar robust und pflegeleicht. Ich jedenfalls trage meine immer noch gerne und mit viel Leidenschaft, was sich natürlich auch zu Anna hin übertragen hat. Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Wobei ich ja eigentlich erst wieder durch Anna auf den Geschmack gekommen bin.
So, so, Anna meinte also, ich solle doch auch mal wieder meine kurze Lederhose anziehen. Warum eigentlich nicht, sieht bestimmt süß aus und Frankie wird’s mit Sicherheit auch gefallen. Zumal das Wetter geradezu ideal dafür scheint, herrlichster Sonnenschein schon den ganzen Tag über. Für lange Lederhosen definitiv viel zu warm – meine alte Rocky-Latzjeans wäre in der Tat noch eine Alternative für heute Abend, die hatte ich auch schon eine Weile lang nicht mehr an. Latzhosen mag Frankie ja schließlich auch – je älter und verwaschener, desto geiler. Hauptsache noch nirgends durch, aber das ist bei der Qualität gar kein Thema. Die alten Dinger halten immer noch viel länger als diese dünnen Fuddelsdinger, die man heute ab und zu wieder in den Geschäften findet. Ja, Latzhosen scheinen seit einiger Zeit wohl wieder im Kommen zu sein, hatte ich doch letztens sogar wieder in meinem Lieblings-H&M welche gesehen. Die waren preislich sogar einigermaßen ok. Mal gespannt, ob und wann man die mal draußen in freier Wildbahn sieht und wann die ersten davon den Weg in die Altkleidersäcke antreten. Lange kann das auch nicht mehr dauern.
Vielleicht finde ich ja auf die Art mal ‘ne Gebrauchte für Anna, dann fällt es ihr hoffentlich doch etwas leichter, sich von ihren Latzhosen zu trennen. Und schließlich hatte ich ja auch immer noch eine Überraschung für sie: Katrins alte, gut eingetragene antikbraune Lederlatzhose lag bei mir im Schrank und wartete formlich darauf, von Anna endlich getragen zu werden. Ich fand sie durchaus als würdiger Ersatz für die schokobraune Kunstleder-Latzhose, die eigentlich schon lange das finale Endstadium erreicht hatte. Nach der Rettungsaktion hatte sich Anna noch ein paar Mal hineingezwängt, aber so richtig passte sie ihr schon lange nicht mehr. Ich fürchte, wenn sie die das nächste Mal anziehen will, war’s das dann endgültig, dann wird sie wohl nicht mehr passen und ich bin gespannt, was sie zu Katrins Lederhose sagen wird. Wobei so wie ich sie kenne, wird sie durchaus glücklich darüber sein noch einen adäquaten Ersatz zu bekommen, auch wenn Katrins Exemplar auch schon mehr als deutliche Tragespuren aufweist.
Annas Weg führte sie direkt nach UsedTex, dem großen Textilverwerter bei uns im Ort. In kurzer, enger Lederhose fiel sie sofort den Sortiererinnen auf und eine von ihnen sprach Anna auch direkt an: „Ah, Du musst Anna sein, Deine Mama kenn ich – die war letztens hier und hat nach Lederhosen gesucht …“ – „Stimmt“ nickte sie und war überwältigt von der Größe des Ladens. „Ich hab‘ da was für Dich, schau mal hier um die Ecke in dem Metallbehälter, bei den Ledersachen. Wenn Du davon was haben möchtest, such Dir was aus – der Rest geht demnächst eh mit in den Schredder und auf eine mehr oder weniger kommt es auch nicht drauf an …“. Annas Augen strahlten, vielleicht würde sie ja was finden – eine kurze Lederhose für Peter, so wie Mama sie gerne hätte. Oder vielleicht eine für Kevin, wenn sie die schon geschenkt bekäme wäre das Risiko ja fast gleich Null. Selbst wenn Heike die dann umgehend mit in den nächsten Altkleidersack stopft hätte sie zumindest kein Geld zum Fenster hinaus geworfen. Aber erstmal in aller Seelenruhe schauen, was da neu reingekommen ist und ob da überhaupt was brauchbares bei sein könnte. Denn auch Anna hatte genaueste Vorstellungen, wie eine solche Lederhose auszusehen hätte.
„Mama, jetzt beruhige Dich bitte mal wieder – ich bring‘ die gleich schon runter …“ versprach Lena. worauf hin Tante Melanie die Schuhe wieder los ließ und sie auf den Treppenhausboden aufschlugen. Emma blieb hingegen das Herz stehen – die konnte und wollte nicht verstehen, was da gerade abging – aber offenbar hatte sie auch keine große Chance einzugreifen ohne sich Ärger von Mama oder Tante Melanie einzufangen. Da stand also ihr Traum von Turnschuh zum Greifen nahe, und dann auch noch durchaus sauber und gepflegt und warteten lieblos fallengelassen darauf, dass sie in Kürze erbarmungslos in die Mülltonne wandern würden. Emmas Laune war noch mieser als sie jetzt schon war.
„So, nun kommt erstmal rein – zieh die Jacke aus, ist doch eh schon so warm geworden heute“ Emma öffnete, leise und fast schon in Zeitlupe den Reißverschluss ihrer Regenjacke und wusste ganz genau, was ihr bevor stand- „Wie süß – jetzt sag bloß, Lenas alte Latzhose passt Dir immer noch? Dass Du die immer noch anziehst – da hab‘ ich Dir doch bestimmt ‘ne Riesenfreude mit gemacht, oder? Und der Ringelnicki passt auch ganz toll dazu – sieht richtig gut aus!“ Emma ließ – wie jedes Mal – den Komplimenteregen über sich ergehen und wagte sich nicht, zu widersprechen. „Lenas Latzhose sieht auch total cool aus, ist die neu?“ – „Nee gebraucht“ warf Lena direkt ein. „hat Mama von ‘ner Freundin geschenkt bekommen – und wär‘ meine Jogginghose nicht an den Knien durch, wäre die jetzt schon im Altkleidersack, wo sie auch hingehört. Mag keine Latzhosen mehr, Du etwa?“ fragte Lena provozierend und wunderte sich zum einen darüber, dass Emma immer noch in ihrer alten, abgetragenen Latzhose – deren Tragespuren von Mal zu Mal deutlich sichtbaren wurden – rumlief und zum anderen, dass beide Mamas ihre Mädchen in alten Latzhosen total süß fanden. „Och, als Rutschhose geht Deine doch noch – die ist wenigstens noch nicht ganz so eng“ versuchte Emma die Situation noch einigermaßen zu retten. „Denn eigentlich zieh‘ ich immer noch ganz gerne Latzhosen an …“ sagte Emma.
Auf dem Weg in die Küche – wo das Mittagessen schon bereit stand – entdeckte Emma den großen, gut gefüllten blauen Müllsack in der Diele, der offenbar schon für die kommende Altkleidersammlung bereitstand. „Brauchst gar nicht so neugierig zu gucken …“ mahnte Tante Melanie Emma, die sichtlich neugierig in Richtung Altkleidersack schaute. „Ist nichts Besonderes drin … - nicht, was für Dich interessant sein könnte“ beruhigte sie. „Mama – mir ist warm! Darf ich nach dem Essen meine Latzhose ausziehen und endlich mit in den Müllsack werfen?“ fragte Lena beim Mittagessen – wobei ihrer Mama fast der Löffel aus der Hand fiel. „Lass die ruhig mal an – als Rutschhose ist die für Dich gut, und wenn Du jetzt nicht bald Ruhe gibst, dann gucke ich nochmal bei Dir, was noch so alles mit weg kann. Und untersteh‘ Dich, die Latzhose in den Sack zu schmuggeln, das gibt Ärger!“ – „Mir ist auch warm …“ ergänzte Emma, die sich jedoch nicht zu fragen traute, ob sie ihre Latzhose ausziehen dürfte. „Wenn Lena ihre Latzhose anlässt, dann Du bitte auch – kannst von mir aus demnächst die Levis zum Rumrutschen nehmen, aber solange ziehst Du die hier noch an. „Die gute Levis als Rutschhose? Nein Mami, dafür ist sie noch zu schade. Dann wirklich die hier, bis es gar nicht mehr geht“ dachte sich Emma und schwieg, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu werfen. Und obwohl sie auch Lenas Latzjeans, die sie zum Aufbrauchen bekommen hatte ganz gut leiden könnte, wagte sie sich nicht danach zu fragen. Wenn Lena sie zum Rutschen bekommt, ist die eh meist ganz schnell an den Knien durch – Schade eigentlich, aber es gibt nichts Schlimmeres als Kaputtes oder Geflicktes.
Währenddessen waren auch Anna und Kevin zu Hause angekommen. Anna strahlte wie ein Honigkuchenpferd – hatte sie zwar Kevin noch nicht zurückerobert, jedoch beiden einen großen Schritt nach vorne gemacht. Sie hatte die ganze Zeit ihren Kevin vor Augen, das kleine knuffige Kerlchen, was auch lange in kurzer Lederhose rumlief. Wie gerne würde sie ihn nochmal darin sehen, erleben dürfen, mit ihm kuscheln oder gerne auch mehr. Doch dazwischen stand Heike – die auf so unbarmherzliche Art und Weise seine Lederhose in die Altkleidersammlung gegeben hat. Und es schien fast aussichtslos, Heike auf eine neue Lederhose für Kevin anzusprechen – wobei: Warum eigentlich nicht mal probieren? Mehr als „Nein“ sagen wird sie bestimmt nicht – schließlich lässt sie es ja auch zu, dass Kevin in Latzhosen rumläuft. Vielleicht sollte sie demnächst einfach mal wieder bei Kevin vorbeischauen, wenn sie ihre kurze Lederhose trägt. Mal sehen, was Heike dann sagen wird.
„Du Mama?“ fragte Anna neugierig und mir war klar, dass wenn sie so fragte, sie irgendetwas auf dem Herzen hat. „Hast Du eigentlich inzwischen für Peter ‘ne kurze Lederhose gefunden?“ Stimmt, da war was. „Nein, hab‘ ich noch nicht. Beim Second-Hand-Shop und beim Textilverwerter beides Fehlanzeige – die verwahren auch nichts mehr, sondern schreddern die direkt zusammen mit den anderen Ledersachen. Da bleibt im Moment nichts übrig! Leider!“ – „Schade, Mama – ich suche nämlich auch noch eine …“ – „Für Dich? Willst Du nochmal eine haben, die Dir nicht ganz so eng passt?“ – „Nee, ich würd‘ gern Kevin mit einer überraschen – aber die darf auch nicht ganz so teuer sein, für den Fall das er die dann doch nicht anziehen darf …“ – „Kann ich verstehen, kannst ja selber mal durch die Läden bummeln und wenn Du eine findest, bringst Du die halt mal mit. Vielleicht hast Du ja mehr Glück und es kommt gerade eine rein. Leder schreddern die ja auch nicht jeden Tag – so viel bekommen die ja auch nicht …“
„Wann ziehst Du Deine eigentlich mal wieder an, Mama?“ wollte Anna dann noch von mir wissen. Vielleicht spekulierte sie auch darauf, dass sie die für Kevin abgreifen könnte. „Stimmt, die könnte ich eigentlich heute Abend mal wieder anziehen, wenn wir in den Biergarten gehen. Dann ziehen wir beide mal wieder das gleiche an ist bestimmt auch cool. Ich frag mal Frankie, ob er und Peter auch mitkommen wollen.“ – „Tolle Idee, ich freu mich und fahr gleich nochmal los, nach den Lederhosen zu schauen. Bis später dann, Mami …“ Und schon war Anna wieder angezwitschert, nun, Hausaufgaben hatte sie wenig auf, und das Wenige war schnell erledigt. Ich wünschte ihr noch viel Glück und hoffte, dass sie etwas erfolgreicher wäre als ich. Wenn nicht, dann ist halt am Wochenende nochmal wieder Flohmarkt angesagt, mit ein wenig Glück werden wir da auch fündig. Und wenn nicht, dann bekommt Peter halt zum Fußballspielen was anderes, trägt ja eh kaum noch jemand Lederhosen im Alltag, was ich durchaus schade finde. Dabei sind die Dinger doch so wunderbar robust und pflegeleicht. Ich jedenfalls trage meine immer noch gerne und mit viel Leidenschaft, was sich natürlich auch zu Anna hin übertragen hat. Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Wobei ich ja eigentlich erst wieder durch Anna auf den Geschmack gekommen bin.
So, so, Anna meinte also, ich solle doch auch mal wieder meine kurze Lederhose anziehen. Warum eigentlich nicht, sieht bestimmt süß aus und Frankie wird’s mit Sicherheit auch gefallen. Zumal das Wetter geradezu ideal dafür scheint, herrlichster Sonnenschein schon den ganzen Tag über. Für lange Lederhosen definitiv viel zu warm – meine alte Rocky-Latzjeans wäre in der Tat noch eine Alternative für heute Abend, die hatte ich auch schon eine Weile lang nicht mehr an. Latzhosen mag Frankie ja schließlich auch – je älter und verwaschener, desto geiler. Hauptsache noch nirgends durch, aber das ist bei der Qualität gar kein Thema. Die alten Dinger halten immer noch viel länger als diese dünnen Fuddelsdinger, die man heute ab und zu wieder in den Geschäften findet. Ja, Latzhosen scheinen seit einiger Zeit wohl wieder im Kommen zu sein, hatte ich doch letztens sogar wieder in meinem Lieblings-H&M welche gesehen. Die waren preislich sogar einigermaßen ok. Mal gespannt, ob und wann man die mal draußen in freier Wildbahn sieht und wann die ersten davon den Weg in die Altkleidersäcke antreten. Lange kann das auch nicht mehr dauern.
Vielleicht finde ich ja auf die Art mal ‘ne Gebrauchte für Anna, dann fällt es ihr hoffentlich doch etwas leichter, sich von ihren Latzhosen zu trennen. Und schließlich hatte ich ja auch immer noch eine Überraschung für sie: Katrins alte, gut eingetragene antikbraune Lederlatzhose lag bei mir im Schrank und wartete formlich darauf, von Anna endlich getragen zu werden. Ich fand sie durchaus als würdiger Ersatz für die schokobraune Kunstleder-Latzhose, die eigentlich schon lange das finale Endstadium erreicht hatte. Nach der Rettungsaktion hatte sich Anna noch ein paar Mal hineingezwängt, aber so richtig passte sie ihr schon lange nicht mehr. Ich fürchte, wenn sie die das nächste Mal anziehen will, war’s das dann endgültig, dann wird sie wohl nicht mehr passen und ich bin gespannt, was sie zu Katrins Lederhose sagen wird. Wobei so wie ich sie kenne, wird sie durchaus glücklich darüber sein noch einen adäquaten Ersatz zu bekommen, auch wenn Katrins Exemplar auch schon mehr als deutliche Tragespuren aufweist.
Annas Weg führte sie direkt nach UsedTex, dem großen Textilverwerter bei uns im Ort. In kurzer, enger Lederhose fiel sie sofort den Sortiererinnen auf und eine von ihnen sprach Anna auch direkt an: „Ah, Du musst Anna sein, Deine Mama kenn ich – die war letztens hier und hat nach Lederhosen gesucht …“ – „Stimmt“ nickte sie und war überwältigt von der Größe des Ladens. „Ich hab‘ da was für Dich, schau mal hier um die Ecke in dem Metallbehälter, bei den Ledersachen. Wenn Du davon was haben möchtest, such Dir was aus – der Rest geht demnächst eh mit in den Schredder und auf eine mehr oder weniger kommt es auch nicht drauf an …“. Annas Augen strahlten, vielleicht würde sie ja was finden – eine kurze Lederhose für Peter, so wie Mama sie gerne hätte. Oder vielleicht eine für Kevin, wenn sie die schon geschenkt bekäme wäre das Risiko ja fast gleich Null. Selbst wenn Heike die dann umgehend mit in den nächsten Altkleidersack stopft hätte sie zumindest kein Geld zum Fenster hinaus geworfen. Aber erstmal in aller Seelenruhe schauen, was da neu reingekommen ist und ob da überhaupt was brauchbares bei sein könnte. Denn auch Anna hatte genaueste Vorstellungen, wie eine solche Lederhose auszusehen hätte.
Re: Anna
Hi Anas Mama ,wenn du mal jacken aussortierst denkst du an mich hab nen guten ofen
lg Mikel
lg Mikel
Re: Anna
So, ich hatte da noch was „im Petto“ wie man bei uns so schön sagt, etwas, was ich angefangen hatte zu schreiben und dann doch mehr oder weniger unvollendet auf dem Rechner lag kurz bevor das Vernichterforum den Geist aufgab. Vor ein paar Tagen bekam ich dann die Nachricht, dass das Forum wieder online sei. Und siehe da, Anna war noch komplett da, einschließlich der Kommentare dazu. Wenn sich jetzt über lang oder kurz die üblichen Verdächtigen hier wieder tummeln und fleißig kommentieren, könnte es sogar noch ein paar Fortsetzungen geben. Spaß zu schreiben habe ich weiterhin, wenn das geneigte Publikum sich nicht langweilt und mit immer wieder was Neues, spannendes einfällt. Ein paar Sachen sind ja noch da, ein paar Ideen auch.
Zunächst geht’s also erstmal bei Emma weiter, die zum Besuch bei Tante Melanie und ihrer Cousine Lena deren alte, schwarze monnwashed Jinglers Latzjeans und den alten Ringelnicki von ihr, den sie dazu anziehen musste. Sie liebäugelte mit Lenas alten Nike Air Force 1, die ihr inzwischen nicht mehr passten – wurde dabei aber heftigst ausgebremst.
Ich bin immer noch auf der Suche nach einer kurzen Lederhose für Peter, den Sohn von Frankie, mit dem ich seit einiger Zeit zusammen bin. Und Anna liebt immer noch ihre Lederhosen, trägt sie und die Latzhosen, solange sie noch passen, und würde am liebsten Kevin zurückerobern, der inzwischen mit Emma geht. Warten wir also ab, was noch so alles passiert. Kommentare zu Anna wie immer hier.
Emma war total fasziniert von Lenas „neuer“ Latzhose und konnte so gar nicht verstehen, dass sie die nicht leiden mochte und am liebsten gleich in den Altkleidersack gesteckt hätte. Gut, sie war gebraucht, dass sah auch Emma deutlich – obwohl sie schon von Hause aus einen verwaschenen Look hatte. Aber dass Lena sie jetzt als Rutschhose für zu Hause aufbrauchen wollte und am liebsten so lange mit dem Knien über den Teppichboden in ihrem Zimmer gerutscht wäre, bis sie durch sind nur um sie möglichst schnell entsorgen zu können, ging Emma dann doch zu weit. Lena war ein Stückchen größer als Emma, und ihr saß die Hose auch schon etwas knapp – so dass sie Emma eigentlich perfekt passen müsste. Aber Lena die Latzhose jetzt abzuschwatzen, nein das traute sie sich dann doch nicht. Aber vielleicht würde Lena ja einen Wink mit dem Zaunpfahl machen und sie könnte entsprechend reagieren, wenn jedoch nicht sah Emma die Latzhose schneller mit durchgerutschten Knien im Altkleidersack verschwinden, als sie es sich jemals erträumt hätte. Denn es war ihr klar, große Rücksicht war von Lena nicht zu erwarten.
Lena und Emma hatten sich in Lenas Zimmer zurückgezogen und waren somit unter sich. „Ziehst Du Deine Latzhosen etwa noch zur Schule an?“ fragte Lena neugierig. „Na klar, warum auch nicht“ antwortete Emma wie aus der Pistole geschossen. „Du etwa nicht?“ – „Neee, aus dem Alter bin ich schon lange raus“ grinste Lena. „Selbst Deine hatte ich nur zur Schule an als die noch neu war. Nachdem Mama die gewaschen hatte, hatte ich die ‘ne ganze Zeit lang gar nicht mehr an. Irgendwann hatten wir die beim Aussortieren wiedergefunden und da sie noch passte, musste ich die für zu Hause anziehen. Für draußen hab‘ ich dann immer ‘nen Hoodie drübergezogen. Gerne getragen hab‘ ich die aber nicht mehr. Ich mag einfach keine Latzhosen.“ Emma schaute etwas traurig und überrascht drein, worauf hin Lena nachhakte: „Sag bloß etwa, Du würdest die hier anziehen?“ Emma grinste und nickte bescheiden – nur jetzt nichts Falsches sagen. „Ich kann ja Mama mal fragen, ob Du die haben kannst. Freiwillig zieh‘ ich die sowieso nicht noch einmal an!“ erwiderte Lena, worauf hin Emma ein weiteres Mal zustimmend nickte.
Ja, das wär’s, ‘ne coole H&M Latzjeans im verwaschenen Look als Nachfolger für die doch inzwischen fertige Moonwashed-Latzie, am liebsten würde Emma gleich anprobieren und die alte dort lassen, auch wenn sie dann umgehend im blauen Müllsack enden würde. Aber besser ihre als die von Lena, denn bei Tante Melanie weiß man ja auch nicht immer. Die kann manchmal auch ganz schon pingelig sein und dann gehen brauchbare Klamotten dennoch in die Tonne, nur weil irgendwo ein klitzekleiner Fleck zu erkennen ist. Nein, Lenas Latzjeans gefiel ihr wirklich, die kleine Knopftasche am Latz war das besondere etwas. Nur machte Lena keine Anstalten die Jeans auszuziehen, damit Emma sie probieren könnte. So verging der Nachmittag ohne weitere Vorkommnisse. Als Emma und ihre Mama sich auf den Nachhauseweg machten, stellte Tante Melanie noch demonstrativ den Müllsack mit Küchenabfällen, den sie bereits zugeknotet hatte in den Flur, ergriff Lenas Air Force 1 und drückte sie auf den Sack: „Kannst Du beides gleich mit runterbringen, Lena – und bitte keine Widerrede. Schuhbänder kannst Du drin lassen, die Einlagen auch …“
„Ich kann die Sachen auch mit runter bringen, Tante Melanie“ bot Emma sich an. „Nein, lass mal – Lena wo bleibst Du denn? Muss ich denn alles selber machen?“ meckerte ihre Mama und Lena war in ihr Zimmer verschwunden. „Ich geh‘ schon selber – dann kann ich auch sicher sein, dass die in die Tonne gehen …“ und schon war Tante Melanie zusammen mit Emma und ihrer Mama auf dem Weg nach unten, den Müllsack in der linken und die Schuhe in der rechten Hand. „Wag Dich ja nicht, Emma“ schaute ihre Ma böse zu ihr hin. Emma war ruhig, verschüchtert und ängstig – hätte sie doch nur allzu gerne die Air Force 1 von Lena geerbt. Statt dessen ging auf einmal alles sehr schnell: Mülltonne auf, zweimal ein kurzes Plong-Plong als die Turnschuhe auf den Boden der frisch geleerten Mülltonne aufprallten und direkt da drauf die durchsichtige Mülltüte mit den Küchenabfällen, die zwar nicht zerplatzte, aber beide Schuhe fast vollständig bedeckten. Emma war den Tränen nahe. „Die waren doch noch gut, die sahen doch noch fast neu aus …“ – „Schuhe kommen bei uns in den Müll, Emma, egal wie die aussehen. Gebrauchte Schuhe sind nicht gut für Deine Füße!“ grinste Tante Melanie und machte mit einem Schwung den Deckel der Mülltonne wieder zu, bevor auch schon die nächste Nachbarin ihren Hausmüll in die Tonne werfen konnte.
Emma fing bitterlich an zu weinen – bis zum Schluss hatte sie noch gehofft, die geilen Air Force 1 ihrer Cousine irgendwie retten zu können, aber nur war es definitiv zu spät: Nein mit Küchenmüll vollgesiffte Turnschuhe mochte auch Emma nicht mehr anziehen. Als sie sich verabschiedeten, meinte Tante Melanie noch: „Deine Latzjeans ist ja doch schon ganz schön eng, soll ich Dir denn die von Lena verwahren?“ – „Brauchst Du nicht, Emma hat doch noch eine“ lehnte ihre Mama dankend ab während Emmas Tränen die Wange runterkullerten. „Gerne“ stammelte sie, wohl wissend, dass sie ihrer Mama eigentlich nicht widersprechen sollte. „Und hör jetzt endlich auf zu heulen, sonst kriegste gleich eine gescheuert!“ – Emma versuchte sich vor lauter Angst wieder zu beruhigen, was ihr nicht wirklich gelang. „Ich guck dann mal …“ lächelte Tante Melanie als wenn nichts gewesen wäre. Und Emma machte sich plötzlich wieder Hoffnung auf Lenas H&M Latzhose, die zum kaputt machen eigentlich noch viel zu schade war.
Eine der Altkleidersortierinnen hatte Anna sofort in ihr Herz eingeschlossen. Sie hatte selber auch Kinder und fand Anna in ihrer kurzen, dunkelgrünen Glattlederhose einfach nur zum Anbeißen süß. Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass sich Anna oder ich mal wieder blicken lassen würden, von daher hatte sie es immer wieder herausgezögert, die alten und unbrauchbaren Ledersachen direkt in den Schredder zu werfen. Und in der Tat, es hatte sich doch wieder eine nicht unerhebliche Anzahl an Lederhosen ergeben, die nun allesamt auf die Vernichtung warteten und Anna hatte Glück, dass sie durchschauen durfte.
Und diesmal waren es geradezu Berge von Lederhosen, die nach brauchbarem durchsucht werden wollten. Aber auch wie üblich viel Müll dabei, einfache, billige Raulederhosen für Kleinkinder im Kindergartenalter. Knochig harte Exemplare, meist mit Knopflatz und Hosenträgerchen, keine guten Qualitäten, wenig getragen – vielleicht auch nur extra zum Oktoberfest gekauft, ein vielleicht zweimal getragen und dann lieblos im Altkleidersack entsorgt, wie so vielen andere, was aufgrund der Qualität nach kürzester Zeit reif für die Entsorgung ist. Aber das war auch nicht das, wonach Anna suchte. Nein, für Peter sollte es etwas Besseres sein, so eine schöne weiche Glattlederhose, so wie sie und ich sie trugen und wie Kevin sie einst hatte, bevor Heike sie in der Altkleidersammlung entsorgt hatte. Und vielleicht würde sie ja bei der Gelegenheit auch für Kevin eine finden.
Anna suchte und suchte, wollte aber nicht fündig werden, als die Sortiererin sie plötzlich mit gebrochenem Akzent ansprach: „Ich glaube, ich habe da noch was für Dich! Die Lederhose war mir gleich aufgefallen, weil es so eine ist, wie Du und Deine Mama haben! Die hatte ich extra schon zur Seite gelegt, damit da ja nichts mit passiert!“ Annas Spannung wuchs ins Unermessliche, was wurde die Verwerterin, die sonst normalerweise ohne langes Zögern alles was an Lederhosen ankommt, ohne große Beachtung schreddert, da keine Nachfrage danach besteht. „Hier, kannst Du geschenkt haben – selbst die kauft hier niemand mehr. Wäre echt schade, wenn die auch im Reißwolf enden würde – die sieht nämlich noch nagelneu aus.“
Und schon hielt Anna eine in der Tat funkelnagelneue, kurze, dunkelgrüne Glattlederhose mit Doppel-Zip-Reißverschluss und Hosenträgern in den Händen, genauso eine wie sie selbst trug. Nur halt nicht abgetragen und am Hintern völlig zerkratzt, so wie ihre und auch die von Mama inzwischen war, sondern halt ungetragen. Sogar noch mit dem Original-Etikett auf dem „Frankenwald Lederhosen“ und auf der Rückseite Größe und Preis standen. Vorsichtig – ja geradezu den heiligen Gral in den Händen haltend – faltete sie die Lederhose auseinander und kam aus dem Staunen nicht heraus, die war wirklich nagelneu und ungetragen. Sie fühlte in die linke Hosentasche, anschließend in die rechte und holte ein kleines, kaum mehr lesbares Stückchen Papier hervor: Den Kassenbon. Das Teil war also inzwischen über 40 Jahre alt und muss wohl damals von Preis her ein Sonderangebot gewesen sein.
Doch warum wirft man so etwas, was offensichtlich die ganze Zeit irgendwo sauber und trocken im Schrank gelegen hat, nach so langer Zeit einfach in die Altkleidersammlung, legt sie fein säuberlich gefaltet in den Müllsack, so wie man sie vermutlich geradezu frisch aus dem Schrank geholt hatte? Nicht mal die Taschen hatte man vorher kontrolliert – sonst wäre einem bestimmt der Kassenbon in die Hände gefallen. Aber wer macht sich schon bei Altkleidern Mühe? Anna wurde nachdenklich, betrachtete die Hose in allen Einzelheiten und war sich sicher: Für Peter ist die noch viel zu groß …
Ihr selbst würde sie durchaus passen, vermutlich sogar etwas besser als die, die sie gerade anhatte. Mama würde sie bestimmt auch passen, aber die hatte ja auch schon eine, die richtig gut saß. Schon die ganze Zeit ging ihr Kevin nicht aus dem Kopf, das kleine knuddelige Kerlchen in den sie immer noch verknallt war, auch wenn er inzwischen schon eine Zeit lang mit Emma ging und ihre alte, schwarze moonwashed Latzjeans von Jinglers und den Ringelnicki, den sie immer dazu angezogen hatte, abgöttisch liebte. Der immer einen mordsmäßigen Ständer hatte, wenn er sie in der Schule darin sah. Ja, Kevin würde sie am liebsten zurückerobern, ihm mit der Lederhose eine Riesenüberraschung machen, denn sie war sich mehr als sicher, dass sie ihm gefallen und vor allem auch passen würde. Das wäre was richtig Geiles für den Sommer, sie beide in kurzer, enger Lederhose – bei dem Gedanken daran wurde Anna feucht, aber ihre Hose saß so dermaßen eng, dass nichts rauslaufen konnte. Und dem Leder war es letztlich auch völlig egal, ob es innen ein wenig feucht wurde, zum Glück sah man nichts – das wäre jetzt hier echt peinlich gewesen.
Das einzige Problem war in der Tat Heike, Kevins Mama. Denn sie kann Lederhosen nach wie vor überhaupt nicht ab, und Anna hatte Angst, dass Kevin, wenn sie ihm die Lederhose tatsächlich hübsch verpackt schenken würde, tierischen Ärger bekommen würde und er die Hose dann doch nicht anziehen dürfte. Sie fürchtete, dass er sie nicht einmal anprobieren dürfe, aber wieso eigentlich miss Heike von der ganzen Aktion überhaupt etwas mitbekommen? Wobei, irgendwann würde sie es vermutlich mitbekommen und dann ist der ganz große Ärger da. Was also tun?
Zunächst geht’s also erstmal bei Emma weiter, die zum Besuch bei Tante Melanie und ihrer Cousine Lena deren alte, schwarze monnwashed Jinglers Latzjeans und den alten Ringelnicki von ihr, den sie dazu anziehen musste. Sie liebäugelte mit Lenas alten Nike Air Force 1, die ihr inzwischen nicht mehr passten – wurde dabei aber heftigst ausgebremst.
Ich bin immer noch auf der Suche nach einer kurzen Lederhose für Peter, den Sohn von Frankie, mit dem ich seit einiger Zeit zusammen bin. Und Anna liebt immer noch ihre Lederhosen, trägt sie und die Latzhosen, solange sie noch passen, und würde am liebsten Kevin zurückerobern, der inzwischen mit Emma geht. Warten wir also ab, was noch so alles passiert. Kommentare zu Anna wie immer hier.
Emma war total fasziniert von Lenas „neuer“ Latzhose und konnte so gar nicht verstehen, dass sie die nicht leiden mochte und am liebsten gleich in den Altkleidersack gesteckt hätte. Gut, sie war gebraucht, dass sah auch Emma deutlich – obwohl sie schon von Hause aus einen verwaschenen Look hatte. Aber dass Lena sie jetzt als Rutschhose für zu Hause aufbrauchen wollte und am liebsten so lange mit dem Knien über den Teppichboden in ihrem Zimmer gerutscht wäre, bis sie durch sind nur um sie möglichst schnell entsorgen zu können, ging Emma dann doch zu weit. Lena war ein Stückchen größer als Emma, und ihr saß die Hose auch schon etwas knapp – so dass sie Emma eigentlich perfekt passen müsste. Aber Lena die Latzhose jetzt abzuschwatzen, nein das traute sie sich dann doch nicht. Aber vielleicht würde Lena ja einen Wink mit dem Zaunpfahl machen und sie könnte entsprechend reagieren, wenn jedoch nicht sah Emma die Latzhose schneller mit durchgerutschten Knien im Altkleidersack verschwinden, als sie es sich jemals erträumt hätte. Denn es war ihr klar, große Rücksicht war von Lena nicht zu erwarten.
Lena und Emma hatten sich in Lenas Zimmer zurückgezogen und waren somit unter sich. „Ziehst Du Deine Latzhosen etwa noch zur Schule an?“ fragte Lena neugierig. „Na klar, warum auch nicht“ antwortete Emma wie aus der Pistole geschossen. „Du etwa nicht?“ – „Neee, aus dem Alter bin ich schon lange raus“ grinste Lena. „Selbst Deine hatte ich nur zur Schule an als die noch neu war. Nachdem Mama die gewaschen hatte, hatte ich die ‘ne ganze Zeit lang gar nicht mehr an. Irgendwann hatten wir die beim Aussortieren wiedergefunden und da sie noch passte, musste ich die für zu Hause anziehen. Für draußen hab‘ ich dann immer ‘nen Hoodie drübergezogen. Gerne getragen hab‘ ich die aber nicht mehr. Ich mag einfach keine Latzhosen.“ Emma schaute etwas traurig und überrascht drein, worauf hin Lena nachhakte: „Sag bloß etwa, Du würdest die hier anziehen?“ Emma grinste und nickte bescheiden – nur jetzt nichts Falsches sagen. „Ich kann ja Mama mal fragen, ob Du die haben kannst. Freiwillig zieh‘ ich die sowieso nicht noch einmal an!“ erwiderte Lena, worauf hin Emma ein weiteres Mal zustimmend nickte.
Ja, das wär’s, ‘ne coole H&M Latzjeans im verwaschenen Look als Nachfolger für die doch inzwischen fertige Moonwashed-Latzie, am liebsten würde Emma gleich anprobieren und die alte dort lassen, auch wenn sie dann umgehend im blauen Müllsack enden würde. Aber besser ihre als die von Lena, denn bei Tante Melanie weiß man ja auch nicht immer. Die kann manchmal auch ganz schon pingelig sein und dann gehen brauchbare Klamotten dennoch in die Tonne, nur weil irgendwo ein klitzekleiner Fleck zu erkennen ist. Nein, Lenas Latzjeans gefiel ihr wirklich, die kleine Knopftasche am Latz war das besondere etwas. Nur machte Lena keine Anstalten die Jeans auszuziehen, damit Emma sie probieren könnte. So verging der Nachmittag ohne weitere Vorkommnisse. Als Emma und ihre Mama sich auf den Nachhauseweg machten, stellte Tante Melanie noch demonstrativ den Müllsack mit Küchenabfällen, den sie bereits zugeknotet hatte in den Flur, ergriff Lenas Air Force 1 und drückte sie auf den Sack: „Kannst Du beides gleich mit runterbringen, Lena – und bitte keine Widerrede. Schuhbänder kannst Du drin lassen, die Einlagen auch …“
„Ich kann die Sachen auch mit runter bringen, Tante Melanie“ bot Emma sich an. „Nein, lass mal – Lena wo bleibst Du denn? Muss ich denn alles selber machen?“ meckerte ihre Mama und Lena war in ihr Zimmer verschwunden. „Ich geh‘ schon selber – dann kann ich auch sicher sein, dass die in die Tonne gehen …“ und schon war Tante Melanie zusammen mit Emma und ihrer Mama auf dem Weg nach unten, den Müllsack in der linken und die Schuhe in der rechten Hand. „Wag Dich ja nicht, Emma“ schaute ihre Ma böse zu ihr hin. Emma war ruhig, verschüchtert und ängstig – hätte sie doch nur allzu gerne die Air Force 1 von Lena geerbt. Statt dessen ging auf einmal alles sehr schnell: Mülltonne auf, zweimal ein kurzes Plong-Plong als die Turnschuhe auf den Boden der frisch geleerten Mülltonne aufprallten und direkt da drauf die durchsichtige Mülltüte mit den Küchenabfällen, die zwar nicht zerplatzte, aber beide Schuhe fast vollständig bedeckten. Emma war den Tränen nahe. „Die waren doch noch gut, die sahen doch noch fast neu aus …“ – „Schuhe kommen bei uns in den Müll, Emma, egal wie die aussehen. Gebrauchte Schuhe sind nicht gut für Deine Füße!“ grinste Tante Melanie und machte mit einem Schwung den Deckel der Mülltonne wieder zu, bevor auch schon die nächste Nachbarin ihren Hausmüll in die Tonne werfen konnte.
Emma fing bitterlich an zu weinen – bis zum Schluss hatte sie noch gehofft, die geilen Air Force 1 ihrer Cousine irgendwie retten zu können, aber nur war es definitiv zu spät: Nein mit Küchenmüll vollgesiffte Turnschuhe mochte auch Emma nicht mehr anziehen. Als sie sich verabschiedeten, meinte Tante Melanie noch: „Deine Latzjeans ist ja doch schon ganz schön eng, soll ich Dir denn die von Lena verwahren?“ – „Brauchst Du nicht, Emma hat doch noch eine“ lehnte ihre Mama dankend ab während Emmas Tränen die Wange runterkullerten. „Gerne“ stammelte sie, wohl wissend, dass sie ihrer Mama eigentlich nicht widersprechen sollte. „Und hör jetzt endlich auf zu heulen, sonst kriegste gleich eine gescheuert!“ – Emma versuchte sich vor lauter Angst wieder zu beruhigen, was ihr nicht wirklich gelang. „Ich guck dann mal …“ lächelte Tante Melanie als wenn nichts gewesen wäre. Und Emma machte sich plötzlich wieder Hoffnung auf Lenas H&M Latzhose, die zum kaputt machen eigentlich noch viel zu schade war.
Eine der Altkleidersortierinnen hatte Anna sofort in ihr Herz eingeschlossen. Sie hatte selber auch Kinder und fand Anna in ihrer kurzen, dunkelgrünen Glattlederhose einfach nur zum Anbeißen süß. Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass sich Anna oder ich mal wieder blicken lassen würden, von daher hatte sie es immer wieder herausgezögert, die alten und unbrauchbaren Ledersachen direkt in den Schredder zu werfen. Und in der Tat, es hatte sich doch wieder eine nicht unerhebliche Anzahl an Lederhosen ergeben, die nun allesamt auf die Vernichtung warteten und Anna hatte Glück, dass sie durchschauen durfte.
Und diesmal waren es geradezu Berge von Lederhosen, die nach brauchbarem durchsucht werden wollten. Aber auch wie üblich viel Müll dabei, einfache, billige Raulederhosen für Kleinkinder im Kindergartenalter. Knochig harte Exemplare, meist mit Knopflatz und Hosenträgerchen, keine guten Qualitäten, wenig getragen – vielleicht auch nur extra zum Oktoberfest gekauft, ein vielleicht zweimal getragen und dann lieblos im Altkleidersack entsorgt, wie so vielen andere, was aufgrund der Qualität nach kürzester Zeit reif für die Entsorgung ist. Aber das war auch nicht das, wonach Anna suchte. Nein, für Peter sollte es etwas Besseres sein, so eine schöne weiche Glattlederhose, so wie sie und ich sie trugen und wie Kevin sie einst hatte, bevor Heike sie in der Altkleidersammlung entsorgt hatte. Und vielleicht würde sie ja bei der Gelegenheit auch für Kevin eine finden.
Anna suchte und suchte, wollte aber nicht fündig werden, als die Sortiererin sie plötzlich mit gebrochenem Akzent ansprach: „Ich glaube, ich habe da noch was für Dich! Die Lederhose war mir gleich aufgefallen, weil es so eine ist, wie Du und Deine Mama haben! Die hatte ich extra schon zur Seite gelegt, damit da ja nichts mit passiert!“ Annas Spannung wuchs ins Unermessliche, was wurde die Verwerterin, die sonst normalerweise ohne langes Zögern alles was an Lederhosen ankommt, ohne große Beachtung schreddert, da keine Nachfrage danach besteht. „Hier, kannst Du geschenkt haben – selbst die kauft hier niemand mehr. Wäre echt schade, wenn die auch im Reißwolf enden würde – die sieht nämlich noch nagelneu aus.“
Und schon hielt Anna eine in der Tat funkelnagelneue, kurze, dunkelgrüne Glattlederhose mit Doppel-Zip-Reißverschluss und Hosenträgern in den Händen, genauso eine wie sie selbst trug. Nur halt nicht abgetragen und am Hintern völlig zerkratzt, so wie ihre und auch die von Mama inzwischen war, sondern halt ungetragen. Sogar noch mit dem Original-Etikett auf dem „Frankenwald Lederhosen“ und auf der Rückseite Größe und Preis standen. Vorsichtig – ja geradezu den heiligen Gral in den Händen haltend – faltete sie die Lederhose auseinander und kam aus dem Staunen nicht heraus, die war wirklich nagelneu und ungetragen. Sie fühlte in die linke Hosentasche, anschließend in die rechte und holte ein kleines, kaum mehr lesbares Stückchen Papier hervor: Den Kassenbon. Das Teil war also inzwischen über 40 Jahre alt und muss wohl damals von Preis her ein Sonderangebot gewesen sein.
Doch warum wirft man so etwas, was offensichtlich die ganze Zeit irgendwo sauber und trocken im Schrank gelegen hat, nach so langer Zeit einfach in die Altkleidersammlung, legt sie fein säuberlich gefaltet in den Müllsack, so wie man sie vermutlich geradezu frisch aus dem Schrank geholt hatte? Nicht mal die Taschen hatte man vorher kontrolliert – sonst wäre einem bestimmt der Kassenbon in die Hände gefallen. Aber wer macht sich schon bei Altkleidern Mühe? Anna wurde nachdenklich, betrachtete die Hose in allen Einzelheiten und war sich sicher: Für Peter ist die noch viel zu groß …
Ihr selbst würde sie durchaus passen, vermutlich sogar etwas besser als die, die sie gerade anhatte. Mama würde sie bestimmt auch passen, aber die hatte ja auch schon eine, die richtig gut saß. Schon die ganze Zeit ging ihr Kevin nicht aus dem Kopf, das kleine knuddelige Kerlchen in den sie immer noch verknallt war, auch wenn er inzwischen schon eine Zeit lang mit Emma ging und ihre alte, schwarze moonwashed Latzjeans von Jinglers und den Ringelnicki, den sie immer dazu angezogen hatte, abgöttisch liebte. Der immer einen mordsmäßigen Ständer hatte, wenn er sie in der Schule darin sah. Ja, Kevin würde sie am liebsten zurückerobern, ihm mit der Lederhose eine Riesenüberraschung machen, denn sie war sich mehr als sicher, dass sie ihm gefallen und vor allem auch passen würde. Das wäre was richtig Geiles für den Sommer, sie beide in kurzer, enger Lederhose – bei dem Gedanken daran wurde Anna feucht, aber ihre Hose saß so dermaßen eng, dass nichts rauslaufen konnte. Und dem Leder war es letztlich auch völlig egal, ob es innen ein wenig feucht wurde, zum Glück sah man nichts – das wäre jetzt hier echt peinlich gewesen.
Das einzige Problem war in der Tat Heike, Kevins Mama. Denn sie kann Lederhosen nach wie vor überhaupt nicht ab, und Anna hatte Angst, dass Kevin, wenn sie ihm die Lederhose tatsächlich hübsch verpackt schenken würde, tierischen Ärger bekommen würde und er die Hose dann doch nicht anziehen dürfte. Sie fürchtete, dass er sie nicht einmal anprobieren dürfe, aber wieso eigentlich miss Heike von der ganzen Aktion überhaupt etwas mitbekommen? Wobei, irgendwann würde sie es vermutlich mitbekommen und dann ist der ganz große Ärger da. Was also tun?
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- Registriert: So 23. Nov 2014, 06:26
Re: Anna
Lass sie bitte geile Lederhosen in der Mülltonne entsorgen - das ist so unendlich geeeeeiiil wenn dann der komplette siff in das schöne Leder rein kriecht
- Lady Ashton
- Beiträge: 439
- Registriert: Di 15. Feb 2011, 22:22
- Wohnort: Bei Oldenburg
Re: Anna
Ist bestimmt interessant!
Eva - und die Anna
Ich möchte versuchen, euch zu erzählen, wie ich Anna kennengelernt habe. Das war keine alltägliche Begegnung. Sondern ein Moment, den ich nie vergesse: denn noch nie zuvor hat mich jemand SO erschreckt.
Nun erstmal von Anfang an:
Ich bin Eva und ich kannte Anna eigentlich schon immer, zumindest vom Ansehen her. Schließlich wohnten wir in der gleichen Siedlung. Manchmal hatten wir an der gleichen Schulbus-Haltestelle gestanden. Anna war geschätzt fünf Jahre jünger als ich, weshalb sie nicht zu meinem Bekanntenkreis gehörte und ich auch nicht ihren Namen kannte. In den letzten beiden Jahren hatte ich sie noch seltener gesehen, denn ich hatte mein Textildesign-Studium begonnen und war nur noch am Wochenende zuhause.
Das änderte sich erst in den Semesterferien, denn da wohnte ich zuhause und hatte einen Job bei UsedTex. Das war für mich ein sehr praktischer Arbeitsplatz, denn ich hatte nicht mal fünf Minuten Arbeitsweg.
Ich hatte den festen Vorsatz, dass sich aus vielen Kleidungsstücken mit wenig Mühe wieder attraktive Teile upcyclen ließen. Das hatte ich schon oft zuhause gemacht und konnte so mein Geld ein bisschen aufbessern. Leider musste ich bei UsedTex schnell einsehen, dass sich hier niemand dafür interessierte. Schließlich machte ich den Job nur, weil es eben Geld dafür gab.
Ich war jeden Tag an einer anderen der verschiedenen Arbeitsstationen eingeteilt. Dabei kamen mir immer wieder Kleidungsstücke zwischen die Finger, die so schön waren, dass ich sie sofort für mich beiseite legte. Sogar im sogenannen D-Bereich, in dem nur noch Kleidung zum Schreddern ankam, fand ich hin und wieder schöne Stücke. Ansonsten aber war die Arbeit monoton. Bloß wenn ich am Schredder arbeiten musste, tat es mir leid, den ganzen Tag zu sehen, wir Kleidungsstück um Kleidungsstück erbarmungslos zerkleinert wurde. Prinzipiell fand ich es gut, die nicht mehr tragbaren Stücke wenigstens als Dämmmaterial wiederzuverwenden. Aber schade fand ich es trotzdem. Wer am Schredder eingeteilt war, hatte die letzte Stunde vor Feierabend eine richtig anstengende Aufgabe: ein Rollwagen voller Lederklamotten musste für den Schredder vorbereitet werden. Große Metallknöpfe und Schnallen mussten entfernt werden, damit der Schredder nich zu schnell stumpf wird. Es war ziemlich anstrengend, mit Zange und Seitenschneider die größeren Metallteile aus dem Leder zu reißen. Zimperlich durfte man dabei nicht sein, und das Leder knarzte und ächzte, bevor es die Mantelknöpfe und Metallschnallen freigab. Auch an diesem Nachmittag schmerzten mir schon längst die Hände, nachdem ich zwei schmutzige, alte Ledermäntel von ihren Metallknöpfen befreit hatte.
Nun musste ich noch aus vier alten Lederjeans die Buttons herausreißen. Drei der Lederjeans waren aus schwerem, schwarzem Leder, und sie wehrten sich wehenent gegen mein Vorhaben, so dass ich mit dem Seitenschneider das Leder einschneiden musste. Die vierte Jeans aus feuerrotem Leder fühlte gab ihren Metall-Button schon nach dem ersten Ruck frei. Nun inspizierte ich noch einige Lederjacken und einen silbergrauen, langen Lederrock, die aber keine großen Metallteile hatten, die ich hätte entfernen müssen. Schließlich gab ich den Rock in den Schredder, wo er langsam aber unaufhaltsam zerbissen und zerkleidert wurde. Dann gab ich Lederjacke um Lederjacke in den Schreddertrichter und sah zu, wie sie für immer verschwanden. Nun legte ich auch die beiden Ledermäntel nacheinander in den Schredder. Es dauerte eine Weile, bis sie sichtbar kleiner wurden. Ich hörte am Geräusch, dass der Schredder an dem dicken Leder sehr zu kauen hatte, aber der fraß sie letztendlich komplett auf. Besonders leid tat es mir, die schwarzen Lederjeans durch den Schredder zu lassen. Aber ich tat meinen Job, wie schon so oft davor auch. Die rote Lederjeans hatte keine sichtbaren Makel und es tat mir unendlich leid, sie schreddern zu lassen. Ich ließ sie mit den Hosenbeinen zuerst in den Schreddertrichter gleiten. Sobald das Schneidwerk die Beinenden zu fassen bekam, wurde die schöne Lederjeans innerhalb weniger Sekunden hineingezogen und tausende Stückchen zerkleinert.
Zum Schluss lagen am Boden des Rollwagens nur noch zwei Lederhandschuhe, die ich ohne zu zögern in den Schredder warf - und eine braune Hose. Ich nahm die Hose heraus und bemerkte, dass sie leichter als die anderen war: aus Kunstleder eben. Auch von der Größe her war sie kleiner als die anderen. Zwar waren die Beine lang, doch hätte eine erwachsene Person sie nicht über die Hüften bekommen. Sie musste wohl einer Jugendlichen gehört haben. Ich schaute mir die Hose an, denn sie erinnerte mich an eine eigene Kunstlederhose, die ich lange Zeit sehr gern getragen hatte. Wie meine eigene damals hatte auch diese einen schönen Latz, an Buttons einhängbare Träger und einen Rückenlatz. Am Po und an den Knien war das Leder schon ziemlich abgetragen, da schaute teilweise der Unterstoff durch. Zwischen den Beinen waren die Nähte locker geworden und das Kunstleder war an der Schrittnaht abgerieben. Die Beinenden waren hinten abgetreten. Obwohl die Latzhose unter all den anderen Sachen im Rollwagen lag, konnte ich an ihren ausgeprägten Dehnfalten gut die Körperform ihrer Trägerin erahnen. Sie muss so gut gesessen haben, dass sie die Figur ihrer Trägerin perfekt nachformte. Wer mag diese süße Kunstlederlatzhose in die Altkleider gegeben haben? Wem mag sie einmal gehört haben? Ich konnte nicht anders, als mit der Hand über das leicht abgewetzte Kunstleder zu streichen und an meine eigene Kunstleder-Latzi von damals zu denken.
Plötzlich bemerkte ich, wie im Verkaufsbereich das Licht ausgemacht wurde und im ganzen Sortierbereich eine hektische Unruhe begann. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest: es war Arbeitsschluss. Ich hielt noch immer die braune Kunstlederlatzhose in der Hand. Ich wollte sie nicht als einziges Stück im Rollwagen übrig lassen. So sah ich sie mir genau an und stellte fest, dass ich die beinen Metallknöpfe am Latz, an denen die Träger eingehängt werden konnten, entfernen müsste. Ich fasste die Hose fest mit der einen Hand und griff mit der anderen Hand nach der Zange. Vermutlich wäre es nicht sehr schwer, die beiden Metallknöpfe aus dem Kunstlederlatz herauszureißen. Ich fasste einen der Knöpfe mit der Zange - doch plötzlich kam eine Person kreischend von hinten auf mich zu gerannt und fiel mir buchstäblich in den Rücken. Schreiend riss sie mir die Zange aus der einen Hand und die Lederhose aus der anderen. Ich erschrak so sehr, dass ich beides sofort los ließ und mir fürchterlich den Arm anstieß. Noch nie in meinem Leben war ich so erschrocken. Ich drehte mich um, um zu sehen, wer mich von hinten so „überfallen“ hatte - und wieso. Hinter mir stand mit rotem Gesicht, weit aufgerissenen Augen und zitternden Lippen: Anna.
Wir standen und einige Sekunden erschrocken und wortlos gegenüber. Ich hätte Anna fragen wollen, was diese Aktion bedeuten solle, aber ich war immer noch wie erstarrt und brachte kein Wort heraus. Anna brach als erste die Stille und sagte mit leiser, bebender Stimme: „Nicht diese! Das ist meine Hose. Bitte tu ihr nichts an, bitte!“
Ich konnte noch immer nichts sagen nach dem Schreck, aber ich steckte meinen Arm aus und überließ ihr die Hose. Anna drückte die Hose mit beiden Händen an ihren Körper, als wäre es ein Kuscheltier. „Danke“, stammelte Anna leise und ging, ohne meine Antwort abzuwarten, in den Pausenraum, in dem unsere privaten Rucksäcke und Taschen standen.
„Kein Problem“, rief ich ihr hinterher; aber vielleicht doch zu leise, als dass sie es hätte hören können.
Ich hatte ganz weiche Knie, von dem Schrecken, den Anna mir eingejagt hatte. Vielleicht kamen die weichen Knie auch von dieser besonderen Liebe, die Anna zu ihrer Latzlederhose wohl haben muss, dass sie fast in den Shredder gegriffen hätte, um sie zu retten.
Wenns euch gefällt, gehts bald weiter.
Nun erstmal von Anfang an:
Ich bin Eva und ich kannte Anna eigentlich schon immer, zumindest vom Ansehen her. Schließlich wohnten wir in der gleichen Siedlung. Manchmal hatten wir an der gleichen Schulbus-Haltestelle gestanden. Anna war geschätzt fünf Jahre jünger als ich, weshalb sie nicht zu meinem Bekanntenkreis gehörte und ich auch nicht ihren Namen kannte. In den letzten beiden Jahren hatte ich sie noch seltener gesehen, denn ich hatte mein Textildesign-Studium begonnen und war nur noch am Wochenende zuhause.
Das änderte sich erst in den Semesterferien, denn da wohnte ich zuhause und hatte einen Job bei UsedTex. Das war für mich ein sehr praktischer Arbeitsplatz, denn ich hatte nicht mal fünf Minuten Arbeitsweg.
Ich hatte den festen Vorsatz, dass sich aus vielen Kleidungsstücken mit wenig Mühe wieder attraktive Teile upcyclen ließen. Das hatte ich schon oft zuhause gemacht und konnte so mein Geld ein bisschen aufbessern. Leider musste ich bei UsedTex schnell einsehen, dass sich hier niemand dafür interessierte. Schließlich machte ich den Job nur, weil es eben Geld dafür gab.
Ich war jeden Tag an einer anderen der verschiedenen Arbeitsstationen eingeteilt. Dabei kamen mir immer wieder Kleidungsstücke zwischen die Finger, die so schön waren, dass ich sie sofort für mich beiseite legte. Sogar im sogenannen D-Bereich, in dem nur noch Kleidung zum Schreddern ankam, fand ich hin und wieder schöne Stücke. Ansonsten aber war die Arbeit monoton. Bloß wenn ich am Schredder arbeiten musste, tat es mir leid, den ganzen Tag zu sehen, wir Kleidungsstück um Kleidungsstück erbarmungslos zerkleinert wurde. Prinzipiell fand ich es gut, die nicht mehr tragbaren Stücke wenigstens als Dämmmaterial wiederzuverwenden. Aber schade fand ich es trotzdem. Wer am Schredder eingeteilt war, hatte die letzte Stunde vor Feierabend eine richtig anstengende Aufgabe: ein Rollwagen voller Lederklamotten musste für den Schredder vorbereitet werden. Große Metallknöpfe und Schnallen mussten entfernt werden, damit der Schredder nich zu schnell stumpf wird. Es war ziemlich anstrengend, mit Zange und Seitenschneider die größeren Metallteile aus dem Leder zu reißen. Zimperlich durfte man dabei nicht sein, und das Leder knarzte und ächzte, bevor es die Mantelknöpfe und Metallschnallen freigab. Auch an diesem Nachmittag schmerzten mir schon längst die Hände, nachdem ich zwei schmutzige, alte Ledermäntel von ihren Metallknöpfen befreit hatte.
Nun musste ich noch aus vier alten Lederjeans die Buttons herausreißen. Drei der Lederjeans waren aus schwerem, schwarzem Leder, und sie wehrten sich wehenent gegen mein Vorhaben, so dass ich mit dem Seitenschneider das Leder einschneiden musste. Die vierte Jeans aus feuerrotem Leder fühlte gab ihren Metall-Button schon nach dem ersten Ruck frei. Nun inspizierte ich noch einige Lederjacken und einen silbergrauen, langen Lederrock, die aber keine großen Metallteile hatten, die ich hätte entfernen müssen. Schließlich gab ich den Rock in den Schredder, wo er langsam aber unaufhaltsam zerbissen und zerkleidert wurde. Dann gab ich Lederjacke um Lederjacke in den Schreddertrichter und sah zu, wie sie für immer verschwanden. Nun legte ich auch die beiden Ledermäntel nacheinander in den Schredder. Es dauerte eine Weile, bis sie sichtbar kleiner wurden. Ich hörte am Geräusch, dass der Schredder an dem dicken Leder sehr zu kauen hatte, aber der fraß sie letztendlich komplett auf. Besonders leid tat es mir, die schwarzen Lederjeans durch den Schredder zu lassen. Aber ich tat meinen Job, wie schon so oft davor auch. Die rote Lederjeans hatte keine sichtbaren Makel und es tat mir unendlich leid, sie schreddern zu lassen. Ich ließ sie mit den Hosenbeinen zuerst in den Schreddertrichter gleiten. Sobald das Schneidwerk die Beinenden zu fassen bekam, wurde die schöne Lederjeans innerhalb weniger Sekunden hineingezogen und tausende Stückchen zerkleinert.
Zum Schluss lagen am Boden des Rollwagens nur noch zwei Lederhandschuhe, die ich ohne zu zögern in den Schredder warf - und eine braune Hose. Ich nahm die Hose heraus und bemerkte, dass sie leichter als die anderen war: aus Kunstleder eben. Auch von der Größe her war sie kleiner als die anderen. Zwar waren die Beine lang, doch hätte eine erwachsene Person sie nicht über die Hüften bekommen. Sie musste wohl einer Jugendlichen gehört haben. Ich schaute mir die Hose an, denn sie erinnerte mich an eine eigene Kunstlederhose, die ich lange Zeit sehr gern getragen hatte. Wie meine eigene damals hatte auch diese einen schönen Latz, an Buttons einhängbare Träger und einen Rückenlatz. Am Po und an den Knien war das Leder schon ziemlich abgetragen, da schaute teilweise der Unterstoff durch. Zwischen den Beinen waren die Nähte locker geworden und das Kunstleder war an der Schrittnaht abgerieben. Die Beinenden waren hinten abgetreten. Obwohl die Latzhose unter all den anderen Sachen im Rollwagen lag, konnte ich an ihren ausgeprägten Dehnfalten gut die Körperform ihrer Trägerin erahnen. Sie muss so gut gesessen haben, dass sie die Figur ihrer Trägerin perfekt nachformte. Wer mag diese süße Kunstlederlatzhose in die Altkleider gegeben haben? Wem mag sie einmal gehört haben? Ich konnte nicht anders, als mit der Hand über das leicht abgewetzte Kunstleder zu streichen und an meine eigene Kunstleder-Latzi von damals zu denken.
Plötzlich bemerkte ich, wie im Verkaufsbereich das Licht ausgemacht wurde und im ganzen Sortierbereich eine hektische Unruhe begann. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest: es war Arbeitsschluss. Ich hielt noch immer die braune Kunstlederlatzhose in der Hand. Ich wollte sie nicht als einziges Stück im Rollwagen übrig lassen. So sah ich sie mir genau an und stellte fest, dass ich die beinen Metallknöpfe am Latz, an denen die Träger eingehängt werden konnten, entfernen müsste. Ich fasste die Hose fest mit der einen Hand und griff mit der anderen Hand nach der Zange. Vermutlich wäre es nicht sehr schwer, die beiden Metallknöpfe aus dem Kunstlederlatz herauszureißen. Ich fasste einen der Knöpfe mit der Zange - doch plötzlich kam eine Person kreischend von hinten auf mich zu gerannt und fiel mir buchstäblich in den Rücken. Schreiend riss sie mir die Zange aus der einen Hand und die Lederhose aus der anderen. Ich erschrak so sehr, dass ich beides sofort los ließ und mir fürchterlich den Arm anstieß. Noch nie in meinem Leben war ich so erschrocken. Ich drehte mich um, um zu sehen, wer mich von hinten so „überfallen“ hatte - und wieso. Hinter mir stand mit rotem Gesicht, weit aufgerissenen Augen und zitternden Lippen: Anna.
Wir standen und einige Sekunden erschrocken und wortlos gegenüber. Ich hätte Anna fragen wollen, was diese Aktion bedeuten solle, aber ich war immer noch wie erstarrt und brachte kein Wort heraus. Anna brach als erste die Stille und sagte mit leiser, bebender Stimme: „Nicht diese! Das ist meine Hose. Bitte tu ihr nichts an, bitte!“
Ich konnte noch immer nichts sagen nach dem Schreck, aber ich steckte meinen Arm aus und überließ ihr die Hose. Anna drückte die Hose mit beiden Händen an ihren Körper, als wäre es ein Kuscheltier. „Danke“, stammelte Anna leise und ging, ohne meine Antwort abzuwarten, in den Pausenraum, in dem unsere privaten Rucksäcke und Taschen standen.
„Kein Problem“, rief ich ihr hinterher; aber vielleicht doch zu leise, als dass sie es hätte hören können.
Ich hatte ganz weiche Knie, von dem Schrecken, den Anna mir eingejagt hatte. Vielleicht kamen die weichen Knie auch von dieser besonderen Liebe, die Anna zu ihrer Latzlederhose wohl haben muss, dass sie fast in den Shredder gegriffen hätte, um sie zu retten.
Wenns euch gefällt, gehts bald weiter.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Fortsetzung
Ich hatte ganz weiche Knie, von dem Schrecken, den Anna mir eingejagt hatte. Vielleicht kamen die weichen Knie auch von dieser besonderen Liebe, die Anna zu ihrer Latzlederhose wohl haben muss, dass sie fast in den Shredder gegriffen hätte, um sie zu retten.
Für mich war nicht verständlich, wieso von Anna eine braune Kunstlederlatzhose hier in der Verwertung gelandet war, obwohl sie die offensichtlich gar nicht weggeben wollte. Und was machte Anna überhaupt hier im Arbeitsbereich von UsedTex? Ich hadde gar nicht gewusst, dass auch sie hier arbeitet. Und wie kam es, dass sie ihre braune Kunstlederlatzi ausgerechnet im letzten Moment erspähte und vor der Vernichtung retten konnte? Nur Augenblicke später hätte ich mit der Zange die Metallbuttons ausgerissen und die braune Kunstlederlatzhose, die mich so an meine eigene erinnerte, wäre auf Nimmer-Wiedersehn im Schredder verschwunden.
Noch immer sehr irritiert schaltete ich den Schredder aus, räumte den Arbeitsplatz auf und brachte den nun leeren Rollwagen zurück zum Sortierbereich. Der Behälter mit den kleinen Fetzen und Textilflocken, die der Schredder ausgespuckte hatte, war noch nicht voll. Also ließ ich ihn stehen, wie er war. Obenauf lagen viele unförmige Stückchen, die aus Leder waren. Graue, schwarze, rote. Die roten Stückchen ware einmal die schöne, rote Lederjeans, dachte ich mir mit etwas Traurigkeit. Und um Haaresbreite wären auch von Annas geliebter, brauner Kunstlederhose nicht mehr als kleine Fetzen auf dem Schredderhaufen übrig.
Nachdem ich den Schredder-Arbeitsplatz grob in Ordnung gebracht hatte, ging ich in den Pausenraum, um meine privaten Sachen zusammenzupacken.
Ich wollte gerade zur Tür gehen, die nach draußen zum Mitarbeiterparklatz führte, als direkt neben mir die Tür der Mitarbeitertoilette mit Schwung aufging und Anna herausgestürmt kam. Sie rannt mich beinahe um und stürmte zur Ausgangstür hinaus. „Tschuldigung! Bis morgen!“, rief sie mir zu und war auch schon zur Tür hinaus. Auf dem Rücken hatte sie einen kleinen Rucksack, sicher mit ihren persönlichen Sachen. Ob da jetzt auch die gerettete, braune Kunstlederlatzhose drin war, fragte ich mich. Als ich die Außentür öffnete und nach draußen ging, war Anna längst verschwunden. Schade, denn ich hätte sie gern gefragt, was es mit ihrer braunen Kunstlederlatzhose auf sich hatte.
Noch immer in den Gedanken kreisend ging ich zu meinem grünen, alten Polo, der auf einem der Mitarbeiterparkplätze stand. Ich musste dazu das ganze UsedTex Betriebsgelände entlanglaufen, mit einem Auge auf dem Handy, auf dem ich eine Kurznachricht schrieb, mit dem anderen Auge halbwegs auf dem Gehweg.
Kaum hatte ich mich ins Auto gesetzt, sah ich Anna die Straße entlangrennen, wieder zurück zu UsedTex. Ich ließ das Fenster herunter und rief ihr zu: „Hast du etwas vergessen?“. „Der Bus ist mir vor der Nase weggefahren!“, stammelte Anna, während sie nach Luft schnappte.
Ich bot ihr an, sie im Auto mitzunehmen und bei ihr zuhause abzusetzen. Schließlich wohnte sie ja ganz in meiner Nähe. Völlig außer Atem willigte Anna ein, öffnete die Autotür und stieg. Ihren kleinen Rucksack warf sie nach hinten auf die Rücksitzbank.
Ich blickte Anna an, die noch immer schnell atmete und fragte: „Nach Hause?“ Anna nickte und war sichtlich erleichtert über die Mitfahrgelegenheit. Ich startete das Auto, stieß rückwärts aus der Parklücke und bog auf die Straße. „Du musst mir dann aber zeigen, wo genau du wohnst.“, sagte ich zu Anna, während ich unser Wohngebiet ansteuerte. Anna nickte bloß, sie hatte ihren Kopf nach hinten gelehnt und die Augen geschlossen. Ihr Sprint von der Bushaltestelle musste sie wohl ziemlich beansprucht haben - oder vielleicht war sie auch einfach fertig nach dem Tag. Ich hätte sie gern gefragt, was es mit dieser braunen Kunstlederlatzi auf sich hatte, die sie mit ihrem waghalsigen Manöver gerettet hatte. Aber das hätte vorwurfsvoll rüberkommen können. Um das Eis zu brechen, fragte ich sie: „Machst du Praktikum bei UsedTex oder jobst du da?“
„Nee, Praktikum. Nur diese Woche.“, sagte Anna, und fügte hinzu: „Aber dafür kann ich mir aussuchen und mitnehmen, was ich will.“ „Hast du denn schon etwas schönes für dich gefunden?“, fragte ich zurück. „Ja, gleich am ersten Tag, einen wunderschönen Hoodie. Und eine Markenhose.“ Ich freute mich mit ihr und sah, dass Anna nun auch nicht mehr so abgehetzt aussah. Sie saß locker im Auto und lächelte sogar ein bisschen. „Eine Markenhose? Was für eine Markenhose hast du denn bei UsedTex entdeckt?“, nahm ich den Gesprächsfaden wieder auf. „Eine von Msgm, eine wunderschöne Jumperhose.“, antwortete Anna. Ich musste mir eingestehen, dass ich diese Marke nicht kannte. „Und, passt sie dir?“, fragte ich. „Ja, und wie! Ich habe keine Ahnung, warum die jemand zur Verwertung geben konnte. War noch fast wie neu, kein bisschen kaputt.“, antwortete Anna. Und bevor ich etwas sagen konnte, redete sie weiter: „Die Hose ist so toll mit ihren Bündchen oben und an den Beinenden. Die ist so weich und sieht so klasse aus! Ich hatte sie zuhause sofort angezogen und hab mich so in sie verliebt. Durfte nur meine Mama nicht wissen, denn eigentlich darf ich nichts mehr mit nach Hause mitbringen.“ Ich antwortete mit einem Lächeln: „Von mir erfährt niemand etwas.“ „Danke!“, antwortete Anna, während sie mit einem kleinen Lächeln zu mir herüber schaute. Und sofort erzählte sie weiter: „Die Hose sieht aus wie neu. Innen ist die Stoffschicht ein bisschen aufgeraut, ansonsten ist sie wie ungetragen. Auch kein bisschen schmutzig, die Außenseite habe ich nur einmal abgewischt.“ „Außen abgewischt?“, fragte ich Anna: „Aus welchem Material ist denn die Hose?“ Anna antwortete: „Sowas wie Kunstleder oder Knautschlack, nur nicht so glänzend. Und die Innenseite ist ganz weicher Stoff, ganz flauschig.“ Ich konnte sehen, wie sich Annas Gesicht vor Begeisterung aufhellte, während sie mir von ihrer Hose erzählte. Ich horchte auf, denn eine Jumper-Hose aus Knautschlack konnte ich mir gar nicht recht vorstellen. „Welche Farbe hat deine neue Hose denn?“, fragte ich weiter. „Rot!“, rief Anna: „Zwei verschiedene Rottöne. Die sieht wirklich wirklich schön aus!“ Und als hätte sie meine Gedanken lesen können, fügte Anna hinzu: „Kannst du dir nicht so richtig vorstellen, die Hose? Ist halt wie eine Jumper, lang, mit Knatuschbündchen und mit Bändchen zum Zubinden oben. Sitzt ganz bequem, so dass man sich gut bewegen kann. Innen ist sie total soft und außen aus ganz weichem, knautschigem Kunstlederlackstoff. Wie bei … so ähnlich wie bei Lacklederstiefeln. Innen ist der Stoff weiß und außen ist der Lack weinrot. Mit hellroten Einsätzen. Und wirklich mega bequem geschnitten. Kannst du sie dir jetzt vorstellen?“, fragte mich Anna, während ich ihre Begeisterung aus ihren Augen ablesen konnte. Ich lächelte, weil ich mich wirklich mit ihr freute, und sagte schließlich: „So gut, wie du mir die Hose beschrieben hast, kann ich sie mir gut vorstellen. Aber ich habe so eine noch nie selbst gesehen.“
Dabei musste ich plötzlich an meine eigene Knautschlederhose denken, die ich einmal besessen hatte: Denn auch die war weinrot gewesen. Auch meine Knautschlederhose war innen weiß und soft. Sie hatte ein knautschiges Kunstlackleder außen, das sich einfach abwischen ließ, wenn nötig. Zwar war sie eine Latzhose gewesen und nicht - wie bei Anna - eine Jumperhose. Aber geliebt hatte ich meine rote Knautschlederlatzi damals auch sehr.
„Ich kann sie dir ja mal zeigen, wenn du magst.“, unterbrach Anna meine Gedanken. Ich lächelte und nickte, während wir in das Wohngebiet einbogen.
„Ich muss nur sehen, dass meine Mama mich nicht in der Hose sieht. Dann gibt einen riesen Krach. Wir haben erst einen heftigen Streit wegen sowas.“, sagte Anna. Sie sah zu mit herüber, mit einem strahlenden Gesicht, einem lächelnden Mund und weit offenen Augen - und fügte hinzu: „Ich kann sie ja zur Arbeitsstelle mitbringen und sie dir dann mal zeigen! Möchtest du sie mal sehen?“ Ich lächelte und nickte, niemals hätte ich diesen begeisterten Mädchen etwas ablehnen können.
Ich dachte daran, dass ich Anna nicht in Schwierigkeiten mit ihrer Mutter bringen wollte, wenn sie die heimlich nach Hause mitgebrachte Jumperhose mit zum Praktikum „schmuggeln“ würde, nur um sie mir zu zeigen.
„Hattest du den Krach den mit deiner Mama wegen Klamotten, die du mit nach Hause gebracht hast?“, fragte ich. „Nein.“, antwortete Anna: „Aber so ähnlich. Wegen gebrauchten Teilen von mir, die mir nicht mehr passen und die ich nicht weggeben möchte.“ Ihre Stimme wurde leiser und das Strahlen verschwand aus ihrem Gesicht. „Meine Mama hat Sachen vor mir weggeworfen, ohne mich zufragen. Und dann hatten wir diesen riesen Streit.“, fuhr Anna fort, während ich bemerkte, wie Tränen in ihre Augen stiegen.
Ich wusste nicht recht, was ich darüber denken sollte. Klamotten der eigenen Tochter einfach wegzuwerfen - das geht gar nicht. Kein Wunder, dass es danach Streit gab. Aber alle schönen Kleidungstücke aufheben, auch wenn sie längst nicht mehr passen - das geht auch nicht auf Dauer. Ich lächelte aufmunternd zu Anna hinüber und sagte ihr freundlich: „Wenn du magst, bring morgen deine tolle, neue Jumperhose mit und zeig sie mir mal in der Umkleide. Die ist bestimmt total schön.“ Anna nickte und lächelte schon wieder, während ihre Augen noch immer von den Tränen feucht waren.
„Ich kann dich morgen früh abholen und mit zu UsedTex nehmen, wenn du möchtest.“, sagte ich - und anna lächelte. „Musst mir aber noch zeigen, wo genau du wohnst.“ Anna nickte und lächelte in meine Richtung.
Nach einer kurzen Stille fragte Anna plötzlich mit ziemlich zitternder Stimme: „Denkst du jetzt, ich bin ein bisschen verrückt, weil ich auf die rote Knautschlack-Jumper so sehr liebe?“ Ich war über Annas Frage ein klein wenig erschrocken und antwortete: „Nein, ganz und gar nicht. Ich finde das sogar echt schön, dass du so eine Hose gefunden hast, die du sooo magst. Manche Klamotten muss man einfach lieben!“
Anna schwieg nachdenklich. Dann sagte ich ihr: „Ich halte dich keinesfalls für verrückt. Das mit deiner Leidenschaft für diese Jumperhose kann ich sehr gut nachfühlen. Ich hatte auch mal eine Knautschlackhose, in der Farbe ganz ähnlich wie deine Jumper. Ich war auch total verliebt in diese Hose. Sie war außerdem eine Latzhose, deshalb habe ich sie noch mehr geliebt. Ich kann deine Begeisterung sehr gut verstehen, Anna.“
„Echt?“, fragte Anna. Ich nickte heftig und fügte hinzu: „Meine rote Knautschlacklatzi hätte ich auch überall hin geschmuggelt, wenn es nötig gewesen wäre. Die hatte ich auch wirklich geliebt.“
Anna blickte lächelnd zu mit herüber. Aber schon nach einem Augenblick fragte sie weiter: „Und wegen der braunen Kunstlederlatzi, die ich dir kurz vorm Shreddern weggerissen habe? Hälst du mich dafür für verrückt?“
Ich antwortete: „Nein auch nicht! Du kamst ja gerade noch im letzten Moment dazu, bevor sie kaputtgerissen und geshredder worden wäre. Ich habe mich zwar mächtig angestoßen, als du angesprungen kamst. Aber wenn du dafür die braune Kunstlederlatz retten konntest, ist alles gut. Sie war wohl mal eine Hose von dir?“
Anna antwortete nicht, stattdessen standen ihr wieder die Tränen in den Augen. „Ja, ist eigentlich meine.“, schluchzte sie schließlich.
„Nun musst du mir sagen, wo du wohnst, Anna. Ich wohne gleich da vorn in dem gelben Haus.“, sagte ich schließlich, denn Anna musste wohl in dieser oder einer Parallelstraße wohnen. „Kannst mich gleich hier an der Ecke aussteigen lassen, das passt am besten. Danke, dass ich mitfahren konnte bei dir!“ sagte Anna. Ich hielt an der Straßenecke an, Anna stieg aus, winkte mir und rannte fröhlich in die Querstraße. Sie drehte sich noch einmal um und winkte mir. Ich winkte ihr zurück und freute mich über unser kleines Gespräch während der Heimfahrt. Anna war schon es besonderes Mädchen: voller Freude und Energie, aber auch mit einer liebevollen Leidenschaft für bestimmte Kleidungsstücke, die sie in ihr Herz geschlossen hatte.
Ich dachte an sie, während ich die letzten Meter nach Hause fuhr und meinen grünen, alten Polo am Straßenrand vor meinem Haus einparkte. Ob die braune Kunstlederlatzi, die Anna heute bei UsedTex gerettet hatte, vielleicht mit dem Streit mit ihrer Mama zutun hatte? Vielleicht kann ich Anna morgen dazu fragen.
Ich klappte die Sitzlehne nach vorn, um vom Rücksitz meine Tasche zu nehmen. Da entdeckte ich, ganz in den Fußraum heruntergerutscht: Annas Rucksack.
Ich schaute mich um, Anna war längst nicht mehr zu sehen. Es war nixcht mehr dazu gekommen, dass sie mir ihre Adresse sagte, sonst hätte ich ihr den Rucksack sofort nach Hause gebracht. Ich öffnete den Rucksack, fand aber keinen Hinweis auf ihre Adresse oder Telefonnummer. Kein Portemonnaie, kein Handy, kein Schlüsselanhänger. Also beschloss ich, den Rucksack mit ins Haus zu nehmen und ihn morgen Anna auf Arbeit bei UsedTex wieder zurück zu geben.
Im Rucksack war außer einer Trinkflasche und einer leeren Frühstücksdose: ihre gerettete braune Kunstlederlatzi.
Auf dieses Schätzchen passte ich besonders auf, schließlich schien Anna mit ganzem Herzen an ihr zu hängen. Ich konnte den nächsten Tag kaum erwarten. Ich hoffte, es wird eine passende Gelegenheit geben, dass ich Anna fragen kann, was es mit dieser besonderen, braunen Kunstlederlatz auf sich hat.
Wenn es gefällt, gehts bald weiter.
Ich hatte ganz weiche Knie, von dem Schrecken, den Anna mir eingejagt hatte. Vielleicht kamen die weichen Knie auch von dieser besonderen Liebe, die Anna zu ihrer Latzlederhose wohl haben muss, dass sie fast in den Shredder gegriffen hätte, um sie zu retten.
Für mich war nicht verständlich, wieso von Anna eine braune Kunstlederlatzhose hier in der Verwertung gelandet war, obwohl sie die offensichtlich gar nicht weggeben wollte. Und was machte Anna überhaupt hier im Arbeitsbereich von UsedTex? Ich hadde gar nicht gewusst, dass auch sie hier arbeitet. Und wie kam es, dass sie ihre braune Kunstlederlatzi ausgerechnet im letzten Moment erspähte und vor der Vernichtung retten konnte? Nur Augenblicke später hätte ich mit der Zange die Metallbuttons ausgerissen und die braune Kunstlederlatzhose, die mich so an meine eigene erinnerte, wäre auf Nimmer-Wiedersehn im Schredder verschwunden.
Noch immer sehr irritiert schaltete ich den Schredder aus, räumte den Arbeitsplatz auf und brachte den nun leeren Rollwagen zurück zum Sortierbereich. Der Behälter mit den kleinen Fetzen und Textilflocken, die der Schredder ausgespuckte hatte, war noch nicht voll. Also ließ ich ihn stehen, wie er war. Obenauf lagen viele unförmige Stückchen, die aus Leder waren. Graue, schwarze, rote. Die roten Stückchen ware einmal die schöne, rote Lederjeans, dachte ich mir mit etwas Traurigkeit. Und um Haaresbreite wären auch von Annas geliebter, brauner Kunstlederhose nicht mehr als kleine Fetzen auf dem Schredderhaufen übrig.
Nachdem ich den Schredder-Arbeitsplatz grob in Ordnung gebracht hatte, ging ich in den Pausenraum, um meine privaten Sachen zusammenzupacken.
Ich wollte gerade zur Tür gehen, die nach draußen zum Mitarbeiterparklatz führte, als direkt neben mir die Tür der Mitarbeitertoilette mit Schwung aufging und Anna herausgestürmt kam. Sie rannt mich beinahe um und stürmte zur Ausgangstür hinaus. „Tschuldigung! Bis morgen!“, rief sie mir zu und war auch schon zur Tür hinaus. Auf dem Rücken hatte sie einen kleinen Rucksack, sicher mit ihren persönlichen Sachen. Ob da jetzt auch die gerettete, braune Kunstlederlatzhose drin war, fragte ich mich. Als ich die Außentür öffnete und nach draußen ging, war Anna längst verschwunden. Schade, denn ich hätte sie gern gefragt, was es mit ihrer braunen Kunstlederlatzhose auf sich hatte.
Noch immer in den Gedanken kreisend ging ich zu meinem grünen, alten Polo, der auf einem der Mitarbeiterparkplätze stand. Ich musste dazu das ganze UsedTex Betriebsgelände entlanglaufen, mit einem Auge auf dem Handy, auf dem ich eine Kurznachricht schrieb, mit dem anderen Auge halbwegs auf dem Gehweg.
Kaum hatte ich mich ins Auto gesetzt, sah ich Anna die Straße entlangrennen, wieder zurück zu UsedTex. Ich ließ das Fenster herunter und rief ihr zu: „Hast du etwas vergessen?“. „Der Bus ist mir vor der Nase weggefahren!“, stammelte Anna, während sie nach Luft schnappte.
Ich bot ihr an, sie im Auto mitzunehmen und bei ihr zuhause abzusetzen. Schließlich wohnte sie ja ganz in meiner Nähe. Völlig außer Atem willigte Anna ein, öffnete die Autotür und stieg. Ihren kleinen Rucksack warf sie nach hinten auf die Rücksitzbank.
Ich blickte Anna an, die noch immer schnell atmete und fragte: „Nach Hause?“ Anna nickte und war sichtlich erleichtert über die Mitfahrgelegenheit. Ich startete das Auto, stieß rückwärts aus der Parklücke und bog auf die Straße. „Du musst mir dann aber zeigen, wo genau du wohnst.“, sagte ich zu Anna, während ich unser Wohngebiet ansteuerte. Anna nickte bloß, sie hatte ihren Kopf nach hinten gelehnt und die Augen geschlossen. Ihr Sprint von der Bushaltestelle musste sie wohl ziemlich beansprucht haben - oder vielleicht war sie auch einfach fertig nach dem Tag. Ich hätte sie gern gefragt, was es mit dieser braunen Kunstlederlatzi auf sich hatte, die sie mit ihrem waghalsigen Manöver gerettet hatte. Aber das hätte vorwurfsvoll rüberkommen können. Um das Eis zu brechen, fragte ich sie: „Machst du Praktikum bei UsedTex oder jobst du da?“
„Nee, Praktikum. Nur diese Woche.“, sagte Anna, und fügte hinzu: „Aber dafür kann ich mir aussuchen und mitnehmen, was ich will.“ „Hast du denn schon etwas schönes für dich gefunden?“, fragte ich zurück. „Ja, gleich am ersten Tag, einen wunderschönen Hoodie. Und eine Markenhose.“ Ich freute mich mit ihr und sah, dass Anna nun auch nicht mehr so abgehetzt aussah. Sie saß locker im Auto und lächelte sogar ein bisschen. „Eine Markenhose? Was für eine Markenhose hast du denn bei UsedTex entdeckt?“, nahm ich den Gesprächsfaden wieder auf. „Eine von Msgm, eine wunderschöne Jumperhose.“, antwortete Anna. Ich musste mir eingestehen, dass ich diese Marke nicht kannte. „Und, passt sie dir?“, fragte ich. „Ja, und wie! Ich habe keine Ahnung, warum die jemand zur Verwertung geben konnte. War noch fast wie neu, kein bisschen kaputt.“, antwortete Anna. Und bevor ich etwas sagen konnte, redete sie weiter: „Die Hose ist so toll mit ihren Bündchen oben und an den Beinenden. Die ist so weich und sieht so klasse aus! Ich hatte sie zuhause sofort angezogen und hab mich so in sie verliebt. Durfte nur meine Mama nicht wissen, denn eigentlich darf ich nichts mehr mit nach Hause mitbringen.“ Ich antwortete mit einem Lächeln: „Von mir erfährt niemand etwas.“ „Danke!“, antwortete Anna, während sie mit einem kleinen Lächeln zu mir herüber schaute. Und sofort erzählte sie weiter: „Die Hose sieht aus wie neu. Innen ist die Stoffschicht ein bisschen aufgeraut, ansonsten ist sie wie ungetragen. Auch kein bisschen schmutzig, die Außenseite habe ich nur einmal abgewischt.“ „Außen abgewischt?“, fragte ich Anna: „Aus welchem Material ist denn die Hose?“ Anna antwortete: „Sowas wie Kunstleder oder Knautschlack, nur nicht so glänzend. Und die Innenseite ist ganz weicher Stoff, ganz flauschig.“ Ich konnte sehen, wie sich Annas Gesicht vor Begeisterung aufhellte, während sie mir von ihrer Hose erzählte. Ich horchte auf, denn eine Jumper-Hose aus Knautschlack konnte ich mir gar nicht recht vorstellen. „Welche Farbe hat deine neue Hose denn?“, fragte ich weiter. „Rot!“, rief Anna: „Zwei verschiedene Rottöne. Die sieht wirklich wirklich schön aus!“ Und als hätte sie meine Gedanken lesen können, fügte Anna hinzu: „Kannst du dir nicht so richtig vorstellen, die Hose? Ist halt wie eine Jumper, lang, mit Knatuschbündchen und mit Bändchen zum Zubinden oben. Sitzt ganz bequem, so dass man sich gut bewegen kann. Innen ist sie total soft und außen aus ganz weichem, knautschigem Kunstlederlackstoff. Wie bei … so ähnlich wie bei Lacklederstiefeln. Innen ist der Stoff weiß und außen ist der Lack weinrot. Mit hellroten Einsätzen. Und wirklich mega bequem geschnitten. Kannst du sie dir jetzt vorstellen?“, fragte mich Anna, während ich ihre Begeisterung aus ihren Augen ablesen konnte. Ich lächelte, weil ich mich wirklich mit ihr freute, und sagte schließlich: „So gut, wie du mir die Hose beschrieben hast, kann ich sie mir gut vorstellen. Aber ich habe so eine noch nie selbst gesehen.“
Dabei musste ich plötzlich an meine eigene Knautschlederhose denken, die ich einmal besessen hatte: Denn auch die war weinrot gewesen. Auch meine Knautschlederhose war innen weiß und soft. Sie hatte ein knautschiges Kunstlackleder außen, das sich einfach abwischen ließ, wenn nötig. Zwar war sie eine Latzhose gewesen und nicht - wie bei Anna - eine Jumperhose. Aber geliebt hatte ich meine rote Knautschlederlatzi damals auch sehr.
„Ich kann sie dir ja mal zeigen, wenn du magst.“, unterbrach Anna meine Gedanken. Ich lächelte und nickte, während wir in das Wohngebiet einbogen.
„Ich muss nur sehen, dass meine Mama mich nicht in der Hose sieht. Dann gibt einen riesen Krach. Wir haben erst einen heftigen Streit wegen sowas.“, sagte Anna. Sie sah zu mit herüber, mit einem strahlenden Gesicht, einem lächelnden Mund und weit offenen Augen - und fügte hinzu: „Ich kann sie ja zur Arbeitsstelle mitbringen und sie dir dann mal zeigen! Möchtest du sie mal sehen?“ Ich lächelte und nickte, niemals hätte ich diesen begeisterten Mädchen etwas ablehnen können.
Ich dachte daran, dass ich Anna nicht in Schwierigkeiten mit ihrer Mutter bringen wollte, wenn sie die heimlich nach Hause mitgebrachte Jumperhose mit zum Praktikum „schmuggeln“ würde, nur um sie mir zu zeigen.
„Hattest du den Krach den mit deiner Mama wegen Klamotten, die du mit nach Hause gebracht hast?“, fragte ich. „Nein.“, antwortete Anna: „Aber so ähnlich. Wegen gebrauchten Teilen von mir, die mir nicht mehr passen und die ich nicht weggeben möchte.“ Ihre Stimme wurde leiser und das Strahlen verschwand aus ihrem Gesicht. „Meine Mama hat Sachen vor mir weggeworfen, ohne mich zufragen. Und dann hatten wir diesen riesen Streit.“, fuhr Anna fort, während ich bemerkte, wie Tränen in ihre Augen stiegen.
Ich wusste nicht recht, was ich darüber denken sollte. Klamotten der eigenen Tochter einfach wegzuwerfen - das geht gar nicht. Kein Wunder, dass es danach Streit gab. Aber alle schönen Kleidungstücke aufheben, auch wenn sie längst nicht mehr passen - das geht auch nicht auf Dauer. Ich lächelte aufmunternd zu Anna hinüber und sagte ihr freundlich: „Wenn du magst, bring morgen deine tolle, neue Jumperhose mit und zeig sie mir mal in der Umkleide. Die ist bestimmt total schön.“ Anna nickte und lächelte schon wieder, während ihre Augen noch immer von den Tränen feucht waren.
„Ich kann dich morgen früh abholen und mit zu UsedTex nehmen, wenn du möchtest.“, sagte ich - und anna lächelte. „Musst mir aber noch zeigen, wo genau du wohnst.“ Anna nickte und lächelte in meine Richtung.
Nach einer kurzen Stille fragte Anna plötzlich mit ziemlich zitternder Stimme: „Denkst du jetzt, ich bin ein bisschen verrückt, weil ich auf die rote Knautschlack-Jumper so sehr liebe?“ Ich war über Annas Frage ein klein wenig erschrocken und antwortete: „Nein, ganz und gar nicht. Ich finde das sogar echt schön, dass du so eine Hose gefunden hast, die du sooo magst. Manche Klamotten muss man einfach lieben!“
Anna schwieg nachdenklich. Dann sagte ich ihr: „Ich halte dich keinesfalls für verrückt. Das mit deiner Leidenschaft für diese Jumperhose kann ich sehr gut nachfühlen. Ich hatte auch mal eine Knautschlackhose, in der Farbe ganz ähnlich wie deine Jumper. Ich war auch total verliebt in diese Hose. Sie war außerdem eine Latzhose, deshalb habe ich sie noch mehr geliebt. Ich kann deine Begeisterung sehr gut verstehen, Anna.“
„Echt?“, fragte Anna. Ich nickte heftig und fügte hinzu: „Meine rote Knautschlacklatzi hätte ich auch überall hin geschmuggelt, wenn es nötig gewesen wäre. Die hatte ich auch wirklich geliebt.“
Anna blickte lächelnd zu mit herüber. Aber schon nach einem Augenblick fragte sie weiter: „Und wegen der braunen Kunstlederlatzi, die ich dir kurz vorm Shreddern weggerissen habe? Hälst du mich dafür für verrückt?“
Ich antwortete: „Nein auch nicht! Du kamst ja gerade noch im letzten Moment dazu, bevor sie kaputtgerissen und geshredder worden wäre. Ich habe mich zwar mächtig angestoßen, als du angesprungen kamst. Aber wenn du dafür die braune Kunstlederlatz retten konntest, ist alles gut. Sie war wohl mal eine Hose von dir?“
Anna antwortete nicht, stattdessen standen ihr wieder die Tränen in den Augen. „Ja, ist eigentlich meine.“, schluchzte sie schließlich.
„Nun musst du mir sagen, wo du wohnst, Anna. Ich wohne gleich da vorn in dem gelben Haus.“, sagte ich schließlich, denn Anna musste wohl in dieser oder einer Parallelstraße wohnen. „Kannst mich gleich hier an der Ecke aussteigen lassen, das passt am besten. Danke, dass ich mitfahren konnte bei dir!“ sagte Anna. Ich hielt an der Straßenecke an, Anna stieg aus, winkte mir und rannte fröhlich in die Querstraße. Sie drehte sich noch einmal um und winkte mir. Ich winkte ihr zurück und freute mich über unser kleines Gespräch während der Heimfahrt. Anna war schon es besonderes Mädchen: voller Freude und Energie, aber auch mit einer liebevollen Leidenschaft für bestimmte Kleidungsstücke, die sie in ihr Herz geschlossen hatte.
Ich dachte an sie, während ich die letzten Meter nach Hause fuhr und meinen grünen, alten Polo am Straßenrand vor meinem Haus einparkte. Ob die braune Kunstlederlatzi, die Anna heute bei UsedTex gerettet hatte, vielleicht mit dem Streit mit ihrer Mama zutun hatte? Vielleicht kann ich Anna morgen dazu fragen.
Ich klappte die Sitzlehne nach vorn, um vom Rücksitz meine Tasche zu nehmen. Da entdeckte ich, ganz in den Fußraum heruntergerutscht: Annas Rucksack.
Ich schaute mich um, Anna war längst nicht mehr zu sehen. Es war nixcht mehr dazu gekommen, dass sie mir ihre Adresse sagte, sonst hätte ich ihr den Rucksack sofort nach Hause gebracht. Ich öffnete den Rucksack, fand aber keinen Hinweis auf ihre Adresse oder Telefonnummer. Kein Portemonnaie, kein Handy, kein Schlüsselanhänger. Also beschloss ich, den Rucksack mit ins Haus zu nehmen und ihn morgen Anna auf Arbeit bei UsedTex wieder zurück zu geben.
Im Rucksack war außer einer Trinkflasche und einer leeren Frühstücksdose: ihre gerettete braune Kunstlederlatzi.
Auf dieses Schätzchen passte ich besonders auf, schließlich schien Anna mit ganzem Herzen an ihr zu hängen. Ich konnte den nächsten Tag kaum erwarten. Ich hoffte, es wird eine passende Gelegenheit geben, dass ich Anna fragen kann, was es mit dieser besonderen, braunen Kunstlederlatz auf sich hat.
Wenn es gefällt, gehts bald weiter.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Hier wieder Eva, langsam kennt ihr mich ja.
Ich hatte Anna ja nach Hause gefahren, nachdem sie den Bus verpasst hatte. Naja, fast bis nach Hause, denn sie stieg an einer Straßenencke aus. Dabei hatte die ihren Tagesrucksack bei mir im Auto liegen lassen. Als ich das bei mir zu Hsuse bemerkt hatte, war es zu spät. Ich wusste nicht, wo genau Anna wohnte und eine Adresse oder Telefonnummer fand ich auch nicht im Rucksack. Nun konnte ich bloß hoffen, dass Anna auch ohne ihren Rucksack zurecht kam. Ich würde ihn ihr morgen zu UsedTex mitbringen, wo sie ja gerade Praktikum macht und wo ich ja derzeit jobbe.
Ich hatte natürlich in ihren Rucksack hineinschauen müssen, in der Hoffnung, Annas Adresse oder Nummer zu finden. Dabei fand ich die braune Kunstlederlatzhose, die sie bei UsedTex im letzten Moment vor dem Shredder gerettet hatte. Diese Latzi muss für Anna wohl etwas besonderes sein, sonst hätte sie nicht so heftig reagiert.
Nachdem ich ins Haus gegangen war, setzte ich mich erst einam in die Küche und sah zum Fenster hinaus auf die Straße. Vielleich würde Anna ja noch hierher kommen, denn ich hatte ja im Auto auf das Haus gezeigt, in dem ich wohne.
Aber Nachmittag und Abend vergingen, ohne dass jemand klingelte. Meine Eltern, die auch in diesem Haus wohnten, waren mit ehemaligen Arbeitskollegen unterwegs und wollten erst spät abends zurüch sein. Ich verbrachte den Abend allein, was mich nicht störte. Ich war eh ziemlich müde vom Tag. Aber ich musste immer wieder an Anna denken. Dieses freundlich, lebenslustige Mädchen mit ihrer leidenschsflichen Liebe zu einigen besonderen Kleidungsstücken. Sie hatte sich in ihre frisch hach Hause gebrachten Knautschlack-Jumperhose richtiggehend verliebt. Und die braune Kunstlederlatzhose, die ich in ihrem Rucksack hier hatte, musste ihr wohl auch sehr viel bedeuten.
Ich ließ Annas Rucksack nicht aus den Augen. Als ich in mein Zimmer ging, was früher einmal mein Kinderzimmer war, nahm ich Annas Rucksack mit. Ich hatte das Bedürfnis, auf Annas Sachen aufpassen zu müssen, besonders auf die braune Kunstlederlatzi.
Ich fasste mit der Hand in den Rucksack und fühlte vorsichtig das weiche Kunstleder der Latzhose. Wie schön und weich es sich anfühlte. Ich fühlte die etwas wackeligen Metallknöpfe, an denen die Träger am Latz eingehängt werden konnten. Um Haaresbreite hätte ich die Metallknöpfe aus dem Latz herausgerissen. Wie traurig hötte ich Anna damit gemacht, wenn auch ohne Absicht. Beim Herausreißen der Knöpfe wäre auch das Kunstleder am Latz mit aufgerissen, da hätten dann auch keine Ersatzknöpfe mehr gehalten. Anna wäre unendlich traurig gewesen und ich hätte keine Ahnung, was ich hätte tun können.
Ich musste an Annas Tränen in den Augen denken, als sie neben mir im Auto saß und es um ihre braune Latzi ging. „Ist eigentlich meine“, hatte Anna gesagt und richtig geschluchzt.
Ich konnte es kaum abwarten, bis ich Anna morgen bei UsedTex vorsichtig dazu werde fragen können.
Während ich vorsichtig meine Fingerspitzen über das Kunstleder der braunen Latzi gleiten ließ, war ich fasziniert davon, wie innig Anna ihre Kunstlederlatzhose liebte. Ich dachte dabei an meine eigene Kunstlederlatzhose, die ich einmal hatte. Ich hatte sie auch sehr geliebt - so wie Anna ihre. Mindestens! Ich war richtig verrückt nach ihr. Sie war aus dunkelrotem, fast schwarzem Kunstleder. Die Oberfläche war riffelig und sehr, sehr soft. Wegen der riffeligen Oberfläche des Kunstleders blieb es nicht aus, dass ich das Obermaterial aufschrabbte, wenn ich unachtsam war. Und wo das Kunstleder aufgeschrabbt war, kam war darunter eine Art weißer Flies zum Vorschein. Innen war die Hose aus fast weißem, weichen Stoff, Baumwolle vielleicht. Nur an den Nähten, an der Schrittnaht zum Beispiel, war das dunkelrote Kunstleder auch innen zu sehen. Die Hosenbeine waren lang und fielen gerade. Sie hatte schöne, große Hosentaschen vorn, in deren Innenseite man auch das Kunstleder fühlen konnte. Latz und Rückenlatz gingen schön weit hoch, und auch die Träger waren wunderbar soft.
Ich fand es schön, dass das Kunstleder fast matt war, denn so erkannte man erst auf den zweiten Blick, dass es eine Lederhose war. Im Herbst und in der kalten Jahreszeit trug ich meine dunkelrote Kunstlederlatzi manchmal dreimal die Woche, und ich meinte, sie würde niemandem auffallen. Den Latz konnte ich immer gut unter Pullis verbergen und nur wenige Freundinnen wussten, dass meine so geliebte Lederhose eine Latzhose war. Ich liebte das raschelnde Geräusch des Kunstleders beim Gehen. Je mehr ich aus der Hose herauswuchs, desto intensiver und genussvoller wurde das Gefühl, das beim Hinsetzen entstand, wenn die Träger den Rückenlatz straff spannten und die Hose am Po und im Hosenboden dadurch eng anlag. Meist hatte ich ja einen langen Pulli darüber und niemand sonst konnte ahnen, welch schönes Gefühl ich gerade erlebte. Bei kaltem Wetter war die Lederlatzhose so etwas wie meine „Geheimwaffe“, denn ich fühlte mich immer unvergleichlich wohl, wenn ich sie an mir spürte. Im Sommer vermisste ich es dagegen sehr, sie tragen zu können.
Ich musste daran denken, wie ich meine rote Latzi eimal zur Schülerdisko anhatte. Sie sorgte dagür, dass ich mich unglaublich wohl fühlte. Aber ich hatte auch noch nie zuvor so geschwitzt. Beim Tanzen und Bewegen hatte ist ständig Angst, unter neinem Hoodie könnten sich die Träger vom Latz lösen, wo sie ja nur eingehängt waren.
Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht hatte, zur Klassenfahrt in die Jugendherberge nur die Latzi als einzige Hose mitzunehmen. Ich hatte sie jeden Tag an, von der Hinfahrt bis zum Klettersteig. Sie hat alles mitgemacht, selbst wenn ich sie manchmal extrem strapazieeen musste, zum Beispiel beim Klettern. Und ich hatte so Angst, dass ich irgendwo hängenbleibe und etwas aufreiße…
Aber ich liebte es irgendwie auch, sie extra zu strapazieren. So setzte ich mich machmal absichtlich auf rauhe Oberflächen und rutschte, ohne dass es jemand bemerken durfte, mit dem Po vor und zurück. Irgendwie reizte es mich, meiner geliebten Kunstlederlatzi auf diese Weise ein paar kleine Kratzspuren zu verleihen. Natürlich wollte ich nicht, dass sie kaputt geht. Mich reizte es aber, ihr einen individuellen used-Look zu verleihen. Je mehr kleine Makel sie bekam, desto mehr liebte ich sie.
Ich hatte meine geliebte Kundtlederlatzi wirklich oft in der Schule an, an Wochenenden zu Hause und beim Weggehen oder Shoppen mit den Freundinnen. Meist war der Latz unter einem langen Pulli verdeckt und nur meine Mädels wussten, dass ich eine Latzi trug. Manchmal vergaß ich es sogar selbst - bis beim Hinsetzen die Latzi mich daran erinnerte und die Träger den Po und die Mittelnaht stramm zogen. Dann genoss ich es, meine geliebte Kunstlederlatzhose zu spüren, und das machte mich jedes mal total happy.
Irgendwann wurde meine Kunstlederlatzi dann durch eine Cordlatzi ersetzt. In der Kunstlederlatzi hatte ich inzwischen Hochwasserbeine und sie saß angespannt straff um Beine und Po, so konnte ich sie nicht einmal in Stiefeln tragen.
Meine Eltern hatten mich zum Glück nie aufgefordert, meine zu klein gewordene Kunstlederlatzi auszusortieren, deshalb hob ich sie im Schrank bei meinen Lieblingssachen weiterhin auf. Ich fasste sie gern an, strich über das leicht aufgeriebene Kunstleder am Po, streichelte den Latz und steckte meine Hand in ihre Hosentaschen. Ich liebte dieses kleine Ritual, aber anziehen konnte ich sie wohl nicht mehr.
Das dachte ich zumindest. Bis ich zu meinen Großeltern auf ein Ferienwochenende geschickt wurde und meine Eltern fragten, ob ich die alte Kunstlederhose oder eine andere alte Hose mitnehmen könnte. Daraufhin wurde ich selber sehr neugierig, ob meine Kunstlederlatzi wirklich noch passen könnte, und ich probierte sie an.
Ich staunte sehr, dass ich noch immer hinein passte, wenn auch das Kunstleder sehr straff saß und kleine Dehnungsrisse aufspannten. Ich stellte die Träger lang, legte sie über meine Schultern und hakte sie vorn am Latz ein. Was für ein schönes Gefühl! Probeweise setzte ich mich in meiner geliebten, alten Kunstlederlatzi hin - ganz langsam. Der Rückenlatz spannte, der Po war straff und das Kunstleder schnitt überall ein. Sie war wirklich zu klein geworden, aber der Sitz-Versuch hatte geklappt. Voller Freude packte ich die Kunstlederlatzi mit in meinen Übernachtungsrucksack für das Ferienwochende bei den Großeltern.
Obwohl ich solche Wochenenden allein bei den Großeltern immer etwas langweilig fand, hatten sie auch etwas Schönes. Ich konnte meinen Großeltern wirklich abspüren, dass sie sich sehr bemühten, mir eine schöne Zeit zu machen. Oma bereitete Leckereien zu und Opa hatte alles für einen Grillabend zusammengepackt. Sie fuhren mit mir im Stadtbus in ihren Garten. Als wir im Garten ankamen und alles Nötige, wie Wasserpumpe und Strom in Betrieb genommen war, offenbarte mir Opa sein Anliegen: ob ich ihm helfen könnte, das Gartenhäuschen zu streichen. Anschließend würden wir dann schön grillen. Irgend so etwas hatte ich schon geahnt…
Das Gartenhäuschen war zum Glück nicht groß und grenzte mit einer Seite direkt an eine hohe Mauer. Es waren also nur drei Seiten neu zu streichen. Eine kleine, wacklige Bockleiter und Blechdosen mit weißer Farbe standen schon bereit. „Du hast doch etwas Altes zum Anziehen mit?“, fragte Opa, und mir wurde sofort klar, warum meine Eltern nach der Kunstlederlatzhose gefragt hatten.
Ich war entsetzt über den Gedanken, sie als Arbeitshose anzuziehen!
Meine geliebte, rote Kunstlederlatzi, die mich so lange begleitet hatte!
Fortsetzung folgt
Ich hatte Anna ja nach Hause gefahren, nachdem sie den Bus verpasst hatte. Naja, fast bis nach Hause, denn sie stieg an einer Straßenencke aus. Dabei hatte die ihren Tagesrucksack bei mir im Auto liegen lassen. Als ich das bei mir zu Hsuse bemerkt hatte, war es zu spät. Ich wusste nicht, wo genau Anna wohnte und eine Adresse oder Telefonnummer fand ich auch nicht im Rucksack. Nun konnte ich bloß hoffen, dass Anna auch ohne ihren Rucksack zurecht kam. Ich würde ihn ihr morgen zu UsedTex mitbringen, wo sie ja gerade Praktikum macht und wo ich ja derzeit jobbe.
Ich hatte natürlich in ihren Rucksack hineinschauen müssen, in der Hoffnung, Annas Adresse oder Nummer zu finden. Dabei fand ich die braune Kunstlederlatzhose, die sie bei UsedTex im letzten Moment vor dem Shredder gerettet hatte. Diese Latzi muss für Anna wohl etwas besonderes sein, sonst hätte sie nicht so heftig reagiert.
Nachdem ich ins Haus gegangen war, setzte ich mich erst einam in die Küche und sah zum Fenster hinaus auf die Straße. Vielleich würde Anna ja noch hierher kommen, denn ich hatte ja im Auto auf das Haus gezeigt, in dem ich wohne.
Aber Nachmittag und Abend vergingen, ohne dass jemand klingelte. Meine Eltern, die auch in diesem Haus wohnten, waren mit ehemaligen Arbeitskollegen unterwegs und wollten erst spät abends zurüch sein. Ich verbrachte den Abend allein, was mich nicht störte. Ich war eh ziemlich müde vom Tag. Aber ich musste immer wieder an Anna denken. Dieses freundlich, lebenslustige Mädchen mit ihrer leidenschsflichen Liebe zu einigen besonderen Kleidungsstücken. Sie hatte sich in ihre frisch hach Hause gebrachten Knautschlack-Jumperhose richtiggehend verliebt. Und die braune Kunstlederlatzhose, die ich in ihrem Rucksack hier hatte, musste ihr wohl auch sehr viel bedeuten.
Ich ließ Annas Rucksack nicht aus den Augen. Als ich in mein Zimmer ging, was früher einmal mein Kinderzimmer war, nahm ich Annas Rucksack mit. Ich hatte das Bedürfnis, auf Annas Sachen aufpassen zu müssen, besonders auf die braune Kunstlederlatzi.
Ich fasste mit der Hand in den Rucksack und fühlte vorsichtig das weiche Kunstleder der Latzhose. Wie schön und weich es sich anfühlte. Ich fühlte die etwas wackeligen Metallknöpfe, an denen die Träger am Latz eingehängt werden konnten. Um Haaresbreite hätte ich die Metallknöpfe aus dem Latz herausgerissen. Wie traurig hötte ich Anna damit gemacht, wenn auch ohne Absicht. Beim Herausreißen der Knöpfe wäre auch das Kunstleder am Latz mit aufgerissen, da hätten dann auch keine Ersatzknöpfe mehr gehalten. Anna wäre unendlich traurig gewesen und ich hätte keine Ahnung, was ich hätte tun können.
Ich musste an Annas Tränen in den Augen denken, als sie neben mir im Auto saß und es um ihre braune Latzi ging. „Ist eigentlich meine“, hatte Anna gesagt und richtig geschluchzt.
Ich konnte es kaum abwarten, bis ich Anna morgen bei UsedTex vorsichtig dazu werde fragen können.
Während ich vorsichtig meine Fingerspitzen über das Kunstleder der braunen Latzi gleiten ließ, war ich fasziniert davon, wie innig Anna ihre Kunstlederlatzhose liebte. Ich dachte dabei an meine eigene Kunstlederlatzhose, die ich einmal hatte. Ich hatte sie auch sehr geliebt - so wie Anna ihre. Mindestens! Ich war richtig verrückt nach ihr. Sie war aus dunkelrotem, fast schwarzem Kunstleder. Die Oberfläche war riffelig und sehr, sehr soft. Wegen der riffeligen Oberfläche des Kunstleders blieb es nicht aus, dass ich das Obermaterial aufschrabbte, wenn ich unachtsam war. Und wo das Kunstleder aufgeschrabbt war, kam war darunter eine Art weißer Flies zum Vorschein. Innen war die Hose aus fast weißem, weichen Stoff, Baumwolle vielleicht. Nur an den Nähten, an der Schrittnaht zum Beispiel, war das dunkelrote Kunstleder auch innen zu sehen. Die Hosenbeine waren lang und fielen gerade. Sie hatte schöne, große Hosentaschen vorn, in deren Innenseite man auch das Kunstleder fühlen konnte. Latz und Rückenlatz gingen schön weit hoch, und auch die Träger waren wunderbar soft.
Ich fand es schön, dass das Kunstleder fast matt war, denn so erkannte man erst auf den zweiten Blick, dass es eine Lederhose war. Im Herbst und in der kalten Jahreszeit trug ich meine dunkelrote Kunstlederlatzi manchmal dreimal die Woche, und ich meinte, sie würde niemandem auffallen. Den Latz konnte ich immer gut unter Pullis verbergen und nur wenige Freundinnen wussten, dass meine so geliebte Lederhose eine Latzhose war. Ich liebte das raschelnde Geräusch des Kunstleders beim Gehen. Je mehr ich aus der Hose herauswuchs, desto intensiver und genussvoller wurde das Gefühl, das beim Hinsetzen entstand, wenn die Träger den Rückenlatz straff spannten und die Hose am Po und im Hosenboden dadurch eng anlag. Meist hatte ich ja einen langen Pulli darüber und niemand sonst konnte ahnen, welch schönes Gefühl ich gerade erlebte. Bei kaltem Wetter war die Lederlatzhose so etwas wie meine „Geheimwaffe“, denn ich fühlte mich immer unvergleichlich wohl, wenn ich sie an mir spürte. Im Sommer vermisste ich es dagegen sehr, sie tragen zu können.
Ich musste daran denken, wie ich meine rote Latzi eimal zur Schülerdisko anhatte. Sie sorgte dagür, dass ich mich unglaublich wohl fühlte. Aber ich hatte auch noch nie zuvor so geschwitzt. Beim Tanzen und Bewegen hatte ist ständig Angst, unter neinem Hoodie könnten sich die Träger vom Latz lösen, wo sie ja nur eingehängt waren.
Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht hatte, zur Klassenfahrt in die Jugendherberge nur die Latzi als einzige Hose mitzunehmen. Ich hatte sie jeden Tag an, von der Hinfahrt bis zum Klettersteig. Sie hat alles mitgemacht, selbst wenn ich sie manchmal extrem strapazieeen musste, zum Beispiel beim Klettern. Und ich hatte so Angst, dass ich irgendwo hängenbleibe und etwas aufreiße…
Aber ich liebte es irgendwie auch, sie extra zu strapazieren. So setzte ich mich machmal absichtlich auf rauhe Oberflächen und rutschte, ohne dass es jemand bemerken durfte, mit dem Po vor und zurück. Irgendwie reizte es mich, meiner geliebten Kunstlederlatzi auf diese Weise ein paar kleine Kratzspuren zu verleihen. Natürlich wollte ich nicht, dass sie kaputt geht. Mich reizte es aber, ihr einen individuellen used-Look zu verleihen. Je mehr kleine Makel sie bekam, desto mehr liebte ich sie.
Ich hatte meine geliebte Kundtlederlatzi wirklich oft in der Schule an, an Wochenenden zu Hause und beim Weggehen oder Shoppen mit den Freundinnen. Meist war der Latz unter einem langen Pulli verdeckt und nur meine Mädels wussten, dass ich eine Latzi trug. Manchmal vergaß ich es sogar selbst - bis beim Hinsetzen die Latzi mich daran erinnerte und die Träger den Po und die Mittelnaht stramm zogen. Dann genoss ich es, meine geliebte Kunstlederlatzhose zu spüren, und das machte mich jedes mal total happy.
Irgendwann wurde meine Kunstlederlatzi dann durch eine Cordlatzi ersetzt. In der Kunstlederlatzi hatte ich inzwischen Hochwasserbeine und sie saß angespannt straff um Beine und Po, so konnte ich sie nicht einmal in Stiefeln tragen.
Meine Eltern hatten mich zum Glück nie aufgefordert, meine zu klein gewordene Kunstlederlatzi auszusortieren, deshalb hob ich sie im Schrank bei meinen Lieblingssachen weiterhin auf. Ich fasste sie gern an, strich über das leicht aufgeriebene Kunstleder am Po, streichelte den Latz und steckte meine Hand in ihre Hosentaschen. Ich liebte dieses kleine Ritual, aber anziehen konnte ich sie wohl nicht mehr.
Das dachte ich zumindest. Bis ich zu meinen Großeltern auf ein Ferienwochenende geschickt wurde und meine Eltern fragten, ob ich die alte Kunstlederhose oder eine andere alte Hose mitnehmen könnte. Daraufhin wurde ich selber sehr neugierig, ob meine Kunstlederlatzi wirklich noch passen könnte, und ich probierte sie an.
Ich staunte sehr, dass ich noch immer hinein passte, wenn auch das Kunstleder sehr straff saß und kleine Dehnungsrisse aufspannten. Ich stellte die Träger lang, legte sie über meine Schultern und hakte sie vorn am Latz ein. Was für ein schönes Gefühl! Probeweise setzte ich mich in meiner geliebten, alten Kunstlederlatzi hin - ganz langsam. Der Rückenlatz spannte, der Po war straff und das Kunstleder schnitt überall ein. Sie war wirklich zu klein geworden, aber der Sitz-Versuch hatte geklappt. Voller Freude packte ich die Kunstlederlatzi mit in meinen Übernachtungsrucksack für das Ferienwochende bei den Großeltern.
Obwohl ich solche Wochenenden allein bei den Großeltern immer etwas langweilig fand, hatten sie auch etwas Schönes. Ich konnte meinen Großeltern wirklich abspüren, dass sie sich sehr bemühten, mir eine schöne Zeit zu machen. Oma bereitete Leckereien zu und Opa hatte alles für einen Grillabend zusammengepackt. Sie fuhren mit mir im Stadtbus in ihren Garten. Als wir im Garten ankamen und alles Nötige, wie Wasserpumpe und Strom in Betrieb genommen war, offenbarte mir Opa sein Anliegen: ob ich ihm helfen könnte, das Gartenhäuschen zu streichen. Anschließend würden wir dann schön grillen. Irgend so etwas hatte ich schon geahnt…
Das Gartenhäuschen war zum Glück nicht groß und grenzte mit einer Seite direkt an eine hohe Mauer. Es waren also nur drei Seiten neu zu streichen. Eine kleine, wacklige Bockleiter und Blechdosen mit weißer Farbe standen schon bereit. „Du hast doch etwas Altes zum Anziehen mit?“, fragte Opa, und mir wurde sofort klar, warum meine Eltern nach der Kunstlederlatzhose gefragt hatten.
Ich war entsetzt über den Gedanken, sie als Arbeitshose anzuziehen!
Meine geliebte, rote Kunstlederlatzi, die mich so lange begleitet hatte!
Fortsetzung folgt
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Eva hatte den kleinen Rucksack, den Anna im Auto vergessen hatte, über Nacht mit in Haus genommen. Als Eva darin Annas vorm Shredder gerettete und offenbar sehr geliebte Kunstlederlatzhose sah, dachte Eva lange an ihre eigene, dunkelrote Knautschlederlatzi, die die einmal besaß und innig geliebt hatte.
Fortsetzung Eva:
Meine Eltern hatten mich damals ja zum Ferienwochenende zu den Großeltern geschickt und mich gefragt, ob ich eine alte Hose oder meine rote Kunstlederlatzi mitnehmen könnte. Dann im Garten der Großeltern wurde mir klar, worum es ging: offensichtlich sollte ich meine geliebte, alte Kunstlederlatzi als Arbeitshose beim Gartenhaus-Anstreichen anziehen. Ich war entsetzt über den Gedanken! Meine geliebte, rote Kunstlederlatzi, die mich so lange begleitet hatte!
Ich hatte mich immer sehr in Acht genommen, dass ich sie nicht versehens beschädige oder zerkratze. Ich hatte sie wie einen Schatz in meinem Kleiderschrank aufbewahrt, als sie zu kleich geworden war. Und dieses geliebte Lieblingsteil sollte nun als Arbeishose herhalten? Vielleicht würde sie Farbklekse abbekommen und dann schrecklich aussehen? Was für ein grausamer Missbrauch, dachte ich mir.
Und was sollte dann ich mit meiner Kunstlederlatzi tun, wenn sie farbverschmiert und verschmutzt sein würde? Weggeben und Entsorgen etwa? Niemals! Ich liebte sie doch viel zu sehr.
Aber dann begann ich doch, Gefallen an dem Gedanken zu finden, mit der Geliebten Latzi so etwas verrücktes zu machen. Vielleicht wird es ein ganz besonderer Schicksalstag für meine Latzi? Ich bekam Lust, mich auf das Abenteuer einzulassen: Meine Kunstlederlatzi durfte sich heute mal richtig austoben, es gab heute keine Taboos. Vielleicht würde ich sie dann noch mehr lieben, wenn sie etwas abgearbeitet ist…
Ich ging in day Gartenhäuschen, holte meine geliebte, alte Kunstlederlatzi aus dem Rucksack, strich ihr sanft über das wunderschöne Kunstleder und zog sie an. Mein Langarmshirt zog ich diesmal darunter, so dass der Latz offen zu sehen war. So hatte ich sie zuvor nur selten getragen.
Kurz darauf war Opa fleißig dabei, mit Brenner und Spachtel die alte Farbe am Gartenhäuschen abzukratzen und aufzurauhen. Mich bat er, vor allem die Stellen abzuschrubben, an die er selbst nicht mehr herankam. Als stieg ich auf die kleine Bockleiter, die Opa her gedtellt hatte und legte los. Opa trat währenddessen zurück und bog seinen Rücken gerade. Die Arbeit war nicht schwer und die Wandfläche, die Opa für mich übrig gelassen hatte, war nicht groß. Es war vor allem der Streifen oberhalb seiner Armhöhe. Unter meiner Drahtbürste und Spachtel spritzten die Splitter der abgeblätterten, alten Farbe nur so weg. Die trockenen Farbsplitter regneten auch über meine Kunstlederlatzi, aber die bot perfekten Schutz. Opa kramte zwischenzeitlich in seinem Geräteschuppen und Oma bereitete im Häuschen wohl schon Essen vor.
Ich stellte mir vor, wie das riffelige, dunkelrote Kunstleder wohl reagieren würde, wenn ich mit so einer kratzigen Drahtbürste darüberstreichen würde. Mal eine andere Art, sie zu streicheln. Dieser Gedanke prickelte sehr in mir und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen: ich schaute mich um, dass niemand mich beobachtete und strich mit der kratzigen Drahtbürste über die Innenseite meines Oberschenkels. Das typische Kunstledergeräusch war zu hören, was für ein Genuss. Auf den straff gespannten, riffeligen Kunstleder waren nun kleine, aufgeschrabbte Stellen zu sehen. Weil niemand schaute, wiederholte ich es gleich noch einmal. Wieder das schöne Geräusch, das man sonst nur hört, wenn sich die Beine einer Kunstlederhose beim Laufen auf der Innenseite berühren.
Noch einmal mit der Drahtbürste über den Oberschenkel gestrichen, dann waren die kleinen, aufgekratzten Stellen nicht mehr zu übersehen. Irgendwie hatte ich eine eigenartig intensive Lust daran, meine geliebte Latzi zu zerkratzen. Wie besessen schob ich die kratzige Drahtbürste über das riffelige Kunstleder auf den Innenseiten der Hosenbeine, bis sie sichtbar aufgerauht waren und der weiße Vlies darunter an vielen kleinen Stellen herausschaute. Mich reizte dieses Gefühl, so als ob ich meine geliebte Kunstlederlatzi damit noch persönlicher und noch liebenswerter gemacht hätte. Ich stieg von der kleinen Bockleiter und machte eine Pause. Ich genoss einfach nur das tolle Gefühl in meiner Kunstlederhose. Mit meinen Fingerspitzen strich ich gefühlvoll über das softe Kunstleder an den Oberschenkeln und an den Hinterseiten meiner Beine. Wie gut sich dieses riffelige Knautschleder noch immer anfühlte! Dann strich ich mit den Fingern die Beininnenseiten entlang, wo sich die Drahtbürste hatte austoben dürfen. Das weiche Kunstleder fühlte sich dort ganz anders an: gewohnt glatt und ungewohnt kratzig zugleich. Dort hatte ich meine geliebte Latzi fühlbar verschlissen, und das ließ sich nie wieder rückgängig machen. Bei diesen Gedanken musste schloß ich meine Latzi noch inniger ins Herz, als zuvor. Ich strich ihr über den Latz und drückte ihn an mich.
Etwas später war Opa schon fleißig am Streichen und er bat mich, ihm an den Stellen am Häuschen zu helfen, an die er selbst nicht hoch kam. Ich rückte die kleine Bockleiter zurecht, dann tunkte ich den breiten Pinsel in die Farbe, strich ihn etwas ab, stieg hoch und brachte die strahlend weiße Farbe auf die Bretter, die für Opa definitiv zu hoch waren. Das machte mir kaum Mühe und ich sah, wie Opa sich über meine Hillfe freute. Immer wieder tauchte ich die breite Pinselbürste ein, stieg die kleine Bockleiter wieder hinauf und brachte die Farbe ans Holz. Ich setzte die kleine Leiter immer weiter und konnte mit Freude zusehen, wie die Wände des hölzernen Gartenhäuschens schöner wurden. Den unteren Teil hatte Opa eben selbst schon frisch gestrichen. Daran dachte ich erst, als bein Herabsteigen von der kleinen Leiter mit dem Knie eine bereits neu gestrichene Stelle der Wand berührte. Sofort hatte ich einen weißen Abdruck auf dem Kunstleder. „Mist!“, dachte ich zuerst, doch dann gefiel es mir, dass meine geliebte Kunstlederlatzi Farbspuren abbekommen hatte. Dieser Farbabdruck ging vom Kunstleder garantiert nicht wieder ab. Ich schaute mir meine Hose genauer an und entdeckte, dass auch die Hosenbeine Farbspritzer abbekommen hatten. Das war natürlich keine Absicht, aber es reizte mich, dass das passiert war. Nun machte das Anstreichen der Wand noch viel mehr Spaß. Ich ruckte die kleine Bockleiter weiter, tauchte die Pinselbürste neu in die Farbe ein, und strich mit Schwung das Holz, das für meinen Opa zu weit oben war. Ich nahm mich absichtlich nicht in Acht und schaute währenddessen auch meine Latzi nicht an. Es brauchte nicht viel Zeit und ich hatte alle noch freien Stellen mit weißer Farbe gestrichen. Nun endlich wagte ich einen Blick auf meine Kunstlederlatzi: die Beine hatten vorn eine ganze Menge weitere Farbspritzer abbekommen. Ein Knie hatte ja schon einen weißen Abdruck, weil ich damit die frisch gestrichene Wand berührt hatte. Ein paar Farbspritzer waren sogar auf dem Latz gelandet. Ich bekam Lust, die Kundtlederlatzi so richtig mit Farbe einzusauen. Ich strich mit dem Pinsen ganz vorsichtig über meinen Oberschenkel, so dass er das Kunstleder kaum berührte. Nur ein paar kleine, unscheinbare Farbstriche waren das Resultat. Am Pinsel war kaum noch Farbe. Ich fasste mir Mut und strich mit dem Pinsel quer über beide Oberschenkel. Eine gut sichtbare, weiße Farbspur war auf dem Kunstleder zu sehen. Ich verpasste voller Lust auch dem Latz einen weißen Pinselstrich. Nun sah meine Kunstlederlatzhose wirklich aus wie eine gebrauchte Arbeitshose. Ich genoss den Anblick und mich reizte das Gefühl, dass heute meine geliebte Kunstlederlatzi, auf die ich immer gut aufgepasst hatte, zur verschlissenen, farbbeflickten, verbrauchten Gartenhose werden könnte. So lehnte ich mich mit der Beinseite extra an die gestrichene Wand. Die Farbe schien schon recht trocken zu sein, aber einen Abdruck hinterließ sie an der Beinseite trotzdem. Dann stellte ich mich noch einmal mit dem Rücken dicht an die gestrichene Wand, so dass die Hinterseiten der Hosenbeine und der Po die Holzwand etwas berührten. Als ich mich langsam von der Wand nach vorn lehnte, merkte ich, dass das Kunstlederpo meiner Latzi ein bisschen an der gestrichenen Wand festgeklebt war. Etwas ängstlich schaute ich hinter mich, ob man auch nicht meinen Po-Abdruck an der neu gestrichenen Holzwand sehen könnte. Es war aber zum Glück nichts zu erkennen - nur meine Latzi hatte hinten einen leichten, weißen Farbabdruck. Ich genoss das prickelde Gefühl, meine geliebte Latzi heute richtig fertigzumachen. Aber ich schämte mich auch ein bisschen, dass mich meine Großeltern so sehen würden. Denn die vielen Farbabdrücke auf der Hose könnten unmöglich Zufall gewesen sein. Also legte ich den Pinsel schnell zur Farbe zurück, ging ins Gartenhäuschen, schloss die Tür, zog die Kunstlederlatzi aus und meine normalen Sachen wieder an. Als ich zur Tür wieder haerauskam, war Opa schon dabei, den Pinsel auszuwaschen und die Farbe wegzuräumen. Der lächelte mich an und bedankte dich, dass ich ihm geholfen hatte. Oma war noch immer mit ihren Obststräuchern beschäftigt. Ich war froh, dass beide von meiner Aktion mit der Latzi nichts mitbekommen hatten.
Die Latzi lag nun wieder liebevoll zusammengelegt in meinem Backpack und ich hatte wieder meine normale Jeans an. Ich hatte aber noch keine Ahnung, wie es mit meiner geliebten, nun aber farbbefleckten Kunstlederlatzi weitergehen sollte. Wegwerfen war auf keinen Fall eine Option, soviel stand für mich fest. Sie war immer noch mein Liebling. Aber ob ich sie weiter im Schrank aufbewahren könnte, so wie sie jetzt aussah?
Ich zog sie noch einmal aus dem Rucksack und fühlte über ihr softes, knautschiges Kunstleder. An den Beininnenseiten war sie richtig kratzig geworden, aber das hatte ich ja selbst provoziert. Ansonsten war sie so herrlich soft wie immer.
Zart strich ich mit dem Finger die breite Doppelnaht entlang, die oben am Latz begann und duch den Schritt und als Po-Naht bis zum Rückenlatz hinauf verlief. Das hatte ich schon hundertmal gemacht, das war wie eine Liebeserklärung an meine geliebte Latzi. Das leise Geräusch, das ihr riffeliges Kunstleder dabei machte, war ihre zufriedene Antwort darauf.
Doch plötzlich hörte ich es knarren und es sah so aus, als würde jeden Augenblick jemand ins Gartenhäuschen kommen, wo ich mich gerade ungezogen hatte. Schnell rollte ich meine Latzi zusammen und stopfte sie in meinen Rucksack. Aber ich ließ es mir nicht nehmen, sie noch einmal kurz zu streicheln.
Fortsetzung folgt
Fortsetzung Eva:
Meine Eltern hatten mich damals ja zum Ferienwochenende zu den Großeltern geschickt und mich gefragt, ob ich eine alte Hose oder meine rote Kunstlederlatzi mitnehmen könnte. Dann im Garten der Großeltern wurde mir klar, worum es ging: offensichtlich sollte ich meine geliebte, alte Kunstlederlatzi als Arbeitshose beim Gartenhaus-Anstreichen anziehen. Ich war entsetzt über den Gedanken! Meine geliebte, rote Kunstlederlatzi, die mich so lange begleitet hatte!
Ich hatte mich immer sehr in Acht genommen, dass ich sie nicht versehens beschädige oder zerkratze. Ich hatte sie wie einen Schatz in meinem Kleiderschrank aufbewahrt, als sie zu kleich geworden war. Und dieses geliebte Lieblingsteil sollte nun als Arbeishose herhalten? Vielleicht würde sie Farbklekse abbekommen und dann schrecklich aussehen? Was für ein grausamer Missbrauch, dachte ich mir.
Und was sollte dann ich mit meiner Kunstlederlatzi tun, wenn sie farbverschmiert und verschmutzt sein würde? Weggeben und Entsorgen etwa? Niemals! Ich liebte sie doch viel zu sehr.
Aber dann begann ich doch, Gefallen an dem Gedanken zu finden, mit der Geliebten Latzi so etwas verrücktes zu machen. Vielleicht wird es ein ganz besonderer Schicksalstag für meine Latzi? Ich bekam Lust, mich auf das Abenteuer einzulassen: Meine Kunstlederlatzi durfte sich heute mal richtig austoben, es gab heute keine Taboos. Vielleicht würde ich sie dann noch mehr lieben, wenn sie etwas abgearbeitet ist…
Ich ging in day Gartenhäuschen, holte meine geliebte, alte Kunstlederlatzi aus dem Rucksack, strich ihr sanft über das wunderschöne Kunstleder und zog sie an. Mein Langarmshirt zog ich diesmal darunter, so dass der Latz offen zu sehen war. So hatte ich sie zuvor nur selten getragen.
Kurz darauf war Opa fleißig dabei, mit Brenner und Spachtel die alte Farbe am Gartenhäuschen abzukratzen und aufzurauhen. Mich bat er, vor allem die Stellen abzuschrubben, an die er selbst nicht mehr herankam. Als stieg ich auf die kleine Bockleiter, die Opa her gedtellt hatte und legte los. Opa trat währenddessen zurück und bog seinen Rücken gerade. Die Arbeit war nicht schwer und die Wandfläche, die Opa für mich übrig gelassen hatte, war nicht groß. Es war vor allem der Streifen oberhalb seiner Armhöhe. Unter meiner Drahtbürste und Spachtel spritzten die Splitter der abgeblätterten, alten Farbe nur so weg. Die trockenen Farbsplitter regneten auch über meine Kunstlederlatzi, aber die bot perfekten Schutz. Opa kramte zwischenzeitlich in seinem Geräteschuppen und Oma bereitete im Häuschen wohl schon Essen vor.
Ich stellte mir vor, wie das riffelige, dunkelrote Kunstleder wohl reagieren würde, wenn ich mit so einer kratzigen Drahtbürste darüberstreichen würde. Mal eine andere Art, sie zu streicheln. Dieser Gedanke prickelte sehr in mir und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen: ich schaute mich um, dass niemand mich beobachtete und strich mit der kratzigen Drahtbürste über die Innenseite meines Oberschenkels. Das typische Kunstledergeräusch war zu hören, was für ein Genuss. Auf den straff gespannten, riffeligen Kunstleder waren nun kleine, aufgeschrabbte Stellen zu sehen. Weil niemand schaute, wiederholte ich es gleich noch einmal. Wieder das schöne Geräusch, das man sonst nur hört, wenn sich die Beine einer Kunstlederhose beim Laufen auf der Innenseite berühren.
Noch einmal mit der Drahtbürste über den Oberschenkel gestrichen, dann waren die kleinen, aufgekratzten Stellen nicht mehr zu übersehen. Irgendwie hatte ich eine eigenartig intensive Lust daran, meine geliebte Latzi zu zerkratzen. Wie besessen schob ich die kratzige Drahtbürste über das riffelige Kunstleder auf den Innenseiten der Hosenbeine, bis sie sichtbar aufgerauht waren und der weiße Vlies darunter an vielen kleinen Stellen herausschaute. Mich reizte dieses Gefühl, so als ob ich meine geliebte Kunstlederlatzi damit noch persönlicher und noch liebenswerter gemacht hätte. Ich stieg von der kleinen Bockleiter und machte eine Pause. Ich genoss einfach nur das tolle Gefühl in meiner Kunstlederhose. Mit meinen Fingerspitzen strich ich gefühlvoll über das softe Kunstleder an den Oberschenkeln und an den Hinterseiten meiner Beine. Wie gut sich dieses riffelige Knautschleder noch immer anfühlte! Dann strich ich mit den Fingern die Beininnenseiten entlang, wo sich die Drahtbürste hatte austoben dürfen. Das weiche Kunstleder fühlte sich dort ganz anders an: gewohnt glatt und ungewohnt kratzig zugleich. Dort hatte ich meine geliebte Latzi fühlbar verschlissen, und das ließ sich nie wieder rückgängig machen. Bei diesen Gedanken musste schloß ich meine Latzi noch inniger ins Herz, als zuvor. Ich strich ihr über den Latz und drückte ihn an mich.
Etwas später war Opa schon fleißig am Streichen und er bat mich, ihm an den Stellen am Häuschen zu helfen, an die er selbst nicht hoch kam. Ich rückte die kleine Bockleiter zurecht, dann tunkte ich den breiten Pinsel in die Farbe, strich ihn etwas ab, stieg hoch und brachte die strahlend weiße Farbe auf die Bretter, die für Opa definitiv zu hoch waren. Das machte mir kaum Mühe und ich sah, wie Opa sich über meine Hillfe freute. Immer wieder tauchte ich die breite Pinselbürste ein, stieg die kleine Bockleiter wieder hinauf und brachte die Farbe ans Holz. Ich setzte die kleine Leiter immer weiter und konnte mit Freude zusehen, wie die Wände des hölzernen Gartenhäuschens schöner wurden. Den unteren Teil hatte Opa eben selbst schon frisch gestrichen. Daran dachte ich erst, als bein Herabsteigen von der kleinen Leiter mit dem Knie eine bereits neu gestrichene Stelle der Wand berührte. Sofort hatte ich einen weißen Abdruck auf dem Kunstleder. „Mist!“, dachte ich zuerst, doch dann gefiel es mir, dass meine geliebte Kunstlederlatzi Farbspuren abbekommen hatte. Dieser Farbabdruck ging vom Kunstleder garantiert nicht wieder ab. Ich schaute mir meine Hose genauer an und entdeckte, dass auch die Hosenbeine Farbspritzer abbekommen hatten. Das war natürlich keine Absicht, aber es reizte mich, dass das passiert war. Nun machte das Anstreichen der Wand noch viel mehr Spaß. Ich ruckte die kleine Bockleiter weiter, tauchte die Pinselbürste neu in die Farbe ein, und strich mit Schwung das Holz, das für meinen Opa zu weit oben war. Ich nahm mich absichtlich nicht in Acht und schaute währenddessen auch meine Latzi nicht an. Es brauchte nicht viel Zeit und ich hatte alle noch freien Stellen mit weißer Farbe gestrichen. Nun endlich wagte ich einen Blick auf meine Kunstlederlatzi: die Beine hatten vorn eine ganze Menge weitere Farbspritzer abbekommen. Ein Knie hatte ja schon einen weißen Abdruck, weil ich damit die frisch gestrichene Wand berührt hatte. Ein paar Farbspritzer waren sogar auf dem Latz gelandet. Ich bekam Lust, die Kundtlederlatzi so richtig mit Farbe einzusauen. Ich strich mit dem Pinsen ganz vorsichtig über meinen Oberschenkel, so dass er das Kunstleder kaum berührte. Nur ein paar kleine, unscheinbare Farbstriche waren das Resultat. Am Pinsel war kaum noch Farbe. Ich fasste mir Mut und strich mit dem Pinsel quer über beide Oberschenkel. Eine gut sichtbare, weiße Farbspur war auf dem Kunstleder zu sehen. Ich verpasste voller Lust auch dem Latz einen weißen Pinselstrich. Nun sah meine Kunstlederlatzhose wirklich aus wie eine gebrauchte Arbeitshose. Ich genoss den Anblick und mich reizte das Gefühl, dass heute meine geliebte Kunstlederlatzi, auf die ich immer gut aufgepasst hatte, zur verschlissenen, farbbeflickten, verbrauchten Gartenhose werden könnte. So lehnte ich mich mit der Beinseite extra an die gestrichene Wand. Die Farbe schien schon recht trocken zu sein, aber einen Abdruck hinterließ sie an der Beinseite trotzdem. Dann stellte ich mich noch einmal mit dem Rücken dicht an die gestrichene Wand, so dass die Hinterseiten der Hosenbeine und der Po die Holzwand etwas berührten. Als ich mich langsam von der Wand nach vorn lehnte, merkte ich, dass das Kunstlederpo meiner Latzi ein bisschen an der gestrichenen Wand festgeklebt war. Etwas ängstlich schaute ich hinter mich, ob man auch nicht meinen Po-Abdruck an der neu gestrichenen Holzwand sehen könnte. Es war aber zum Glück nichts zu erkennen - nur meine Latzi hatte hinten einen leichten, weißen Farbabdruck. Ich genoss das prickelde Gefühl, meine geliebte Latzi heute richtig fertigzumachen. Aber ich schämte mich auch ein bisschen, dass mich meine Großeltern so sehen würden. Denn die vielen Farbabdrücke auf der Hose könnten unmöglich Zufall gewesen sein. Also legte ich den Pinsel schnell zur Farbe zurück, ging ins Gartenhäuschen, schloss die Tür, zog die Kunstlederlatzi aus und meine normalen Sachen wieder an. Als ich zur Tür wieder haerauskam, war Opa schon dabei, den Pinsel auszuwaschen und die Farbe wegzuräumen. Der lächelte mich an und bedankte dich, dass ich ihm geholfen hatte. Oma war noch immer mit ihren Obststräuchern beschäftigt. Ich war froh, dass beide von meiner Aktion mit der Latzi nichts mitbekommen hatten.
Die Latzi lag nun wieder liebevoll zusammengelegt in meinem Backpack und ich hatte wieder meine normale Jeans an. Ich hatte aber noch keine Ahnung, wie es mit meiner geliebten, nun aber farbbefleckten Kunstlederlatzi weitergehen sollte. Wegwerfen war auf keinen Fall eine Option, soviel stand für mich fest. Sie war immer noch mein Liebling. Aber ob ich sie weiter im Schrank aufbewahren könnte, so wie sie jetzt aussah?
Ich zog sie noch einmal aus dem Rucksack und fühlte über ihr softes, knautschiges Kunstleder. An den Beininnenseiten war sie richtig kratzig geworden, aber das hatte ich ja selbst provoziert. Ansonsten war sie so herrlich soft wie immer.
Zart strich ich mit dem Finger die breite Doppelnaht entlang, die oben am Latz begann und duch den Schritt und als Po-Naht bis zum Rückenlatz hinauf verlief. Das hatte ich schon hundertmal gemacht, das war wie eine Liebeserklärung an meine geliebte Latzi. Das leise Geräusch, das ihr riffeliges Kunstleder dabei machte, war ihre zufriedene Antwort darauf.
Doch plötzlich hörte ich es knarren und es sah so aus, als würde jeden Augenblick jemand ins Gartenhäuschen kommen, wo ich mich gerade ungezogen hatte. Schnell rollte ich meine Latzi zusammen und stopfte sie in meinen Rucksack. Aber ich ließ es mir nicht nehmen, sie noch einmal kurz zu streicheln.
Fortsetzung folgt
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Eva tagträumt immer noch über ihre dunkelrote Knautschlederlatzi, die sie einmal besessen hatte.
Eva:
Als der Abend begann, schaufelte Opa die Asche und allerhand Rückstände aus der Feuerstelle, an der allem Anschein nach später gegrillt werden sollte. In der schwarz-grauen Asche waren Drähte und unverbrannte Kleinteile zu sehen. Sah ganz so aus, als ob Opa dort nicht nur zu grillen pflegte, sondern auch andere Dinge mit verbrannte.
Ich staunte, wie gründlich Opa die Feuerstelle leerte und ausfegte. Am Ende hätte man fast daraus essen können;-)
Opas halbhoch gemauerte Feuerstelle war gleich neben dem Gartentisch, unter freiem Himmel.
Nun startete er mit Holzscheiten ein kleines Feuer und schnitt dann fortlaufend mit einer Gartenschere trockene Zweige in kurze Stücke, um sie ins Feuer zu legen. Die rauchten ziemlich, aber rochen auch gut.
Es dauerte nicht lange und wir konnten Omas liebevoll zusammengestellte Grillpäckchen in die Glut stellen. Oma hatte wirklich ein Händchen für solche Leckereien: sie hatte diesmal Tomatenschiffchen mit Kräuterbutter, Zucchini und Feta in Alufolie-Päckchen gepackt. Aus den Päckchen in der Grillglut duftete es herrlich. Opa hatte noch ein paar kleine Kartoffeln aus dem eigenen Garten, die er direkt in die Glut legte. Nach einiger Zeit konnte man sie gut essen, nachdem man die Asche außen abgeputzt und die Pelle abgezogen hatte. Würstchen oder Fleisch waren an diesem Abend bei den Großeltern nicht dabei, aber es war auch so sehr lecker. Oma und Opa hatten sich wirklich alle Mühe gegeben, den Garten-Tag für mich so schön wie möglich zu gestalten.
Kaum war das Abendessen unter freiem Himmel vorüber, begann Opa, alle möglichen Gartenabfälle in die Feuerstelle zu legen. Kleingeschnittene Äste, trockene Zweige von Sträuchern, Pappe von Verpackungen, die Papierservietten und Kartoffelschäler vom Abendessen, eine Plastiktüte und sogar zwei verschlissene Gartenhandschuhe kamen aufs Feuer. Alles brannte mehr oder weniger gut weg.
Oma packte währenddessen alles zusammen und machte sich schon auf den Weg zum Ausgang der Gartenanlage. Oma lief langsam und wollte so etwas Vorsprung haben. Opa, der deutlich besser zu Fuß war, brachte wähenddessen noch schnell eine kleine Schubkarre mit Rasenschnitt zum Rasenplatz der Gartenanlage. Weil das kleine Feuer am Grillplatz noch immer ziemlich brannte, bat mich Opa, am Feuer zu bleiben und ein Auge darauf zu haben. Wenn Opa vom Rasenschnitt wegschaffen dann wieder zurück sei, würde er das Feuer dann ablöschen. So humpelte Oma in die eine Richtung und Opa war mit der Schubkarre in die andere Richtung verschwunden. Ich saß im Gartenstuhl und schaute auf das Feuer, das schon sichtlich kleiner war.
Als ich kurz ins Gartenhäuschen ging und meinen Rucksack herausholte, fühlte ich darinnen meine zusammengerollte Kunstlederlatzi. Heute war aus meiner geliebten, immer so geschonten Latzi eine farbbefleckte und zerkratzte Arbeitshose geworden.
In diesem Zustand fand ich sie nicht weniger liebenswert als vorher - im Gegenteil: sie war für mich so rockig wie eine Fetzenjeans!
Aber ich hatte keine Ahnung, was nun aus ihr noch werden sollte, schließlich hatte ich heute gerade noch so hineingepasst und noch einmal würde ich sie wohl nicht draußen anziehen können. Ich könnte sie weiterhin als Schätzchen und Erinnerungsstück im Schrank aufbewahren und hin und wieder sanft über sie streicheln.
Ich hatte noch immer meine Hand im Rucksack und umfasste, gedankenversunken, ganz fest die aufgerollte Latzi. Ich fand immer mehr Gefallen daran, dass sie nun so richtig fertig war. Ich zog sie aus dem Rucksack und schaute sie mir an. Ich blickte um mich, dass mir niemand zusah, dann rollte ich die Latzi auseinander und strich mit den Fingern sanft über das knautschige Kunstleder. Vorn über den Latz war ein Pinselstrich. Die Farbspuren waren zum Glück längst trocken. An den Beinen waren Farbspritzer und Pinselstriche. Ich dachte daran, dass ich mit dem Pinsel das Kunstleder absichtlich berührt hatte. Am Knie war ein weißer Farbabdruck und das Kunstleder an den Beininnenseiten war sichtbar aufgekratzt. Dann drehte ich die Hose um und besah mir die Rückseite. Am Po ein leichter, weißer Abdruck und eine weiße Farbspur die Hosenbeine hinunter bis zu den Beinsäumen.
Dann strich ich mit den Fingerkuppen über die Stellen, die keine Farbe abbekommen hatten. Ich fühlte, dass das riffelige Kunstleder schon viele kleine Dehnrisse hatte. An manchen Stellen fühlte sich die Kunstlederoberläche ein bisschen hart an, und dort war sie dann auch brüchig. Ich konnte die Stellen fühlen, an denen sie meist gefaltet war, wenn sie in meinem Schrank lag.
Ich sah mir die eigentlich viel zu kleine Kunstlederlatzhose an: heute hatte sie einen richtigen Abenteuertag erlebt. Bisher hatte ich mich immer in Acht genommen, dass sie ja nichts abbekommt. Aber heute hat sich das geändert und ich habe Spass daran gefunden, sie absichtlich abzurocken und extra zu beschädigen. Nun sah sie wirklich fertig aus. Ich überlegte, was ich weiter mit ihr machen könnte.
Ich kratzte mit meinen Fingernägeln über das schöne, riffelige Kunstleder. Kein Kratzer blieb davon, stattdessen dieses wunderbare Geräusch. Ich zog an ihren Trägern: aber keine Naht löste sich. Ich umfasste sie fest ihre Hosenbeine und riss sie ruckartig auseinander. Die Schrittnaht spannte und das Kunstleder war straff wie eine Saite, aber nichts ging kaputt. Ja, so kannte ich meine geliebte Latzi: sie lässt mich niemals im Stich. Trotz ihres absichtlich abgerockten Zustandes außen war sie dennoch unglaublich stabil.
Dann musste ich wieder daran denken, was wohl nun aus ihr werden sollte. Ob es wirklich schön wäre, wenn sie gefaltet in meinem Schrank bleibt? Erneut tragen könnte ich sie so farbbefleckt wohl nicht mehr. Außerdem war sie wirklich viel zu klein.
Würde irgendwann jemand sie in die Hände bekommen und achtlos in den Müll werfen? Viielleicht in die Mülltonne, wo sie dann langsam von anderen Abfällen zugedeckt verschwinden würde? So anonym und lieblos - weil doch niemand ahnen oder nachfühlen könnte, wie viel sie mir bedeutet hatte. Das würde mir so unendlich leid tun.
Ich schaute wieder um mich, dass mir auch wirklich niemand zusah, dann strich ich mit den Händen wieder zärtlich über das Kunstleder. Ich ging in die Hocke, so dass mich die kleine, halbhohe Ziegelmauer verdeckte, in die Opa die Feuerstelle reingemauert hatte. So konnte mich niemand sehen, auch vom Hauptweg der Gartenanlage aus nicht.
In dieser sicheren Deckung legte ich die Hose auseinander gefaltet über meine Oberschenkel. Meine schöne Kunstlederlatzi! Ich strich ich mit dem Finger gefühlvoll die breite Doppelnaht entlang, oben vom Latz durch den Schritt als Po-Naht und zum Rückenlatz wieder hinauf. Das hatte ich schon immer gern gemacht, wenn ich meine Latzi besonders mochte.
Ich dachte daran, wie straff sie spannte, wenn ich mich in ihr hinsetzte und den Oberkörper nach vorn lehnte. Da hatten sich die Träger und der Rückenlatz immer straff gespannt, die Po-Naht hatte sich zunehmend zunemhend enger eingeschnitten und das knautschige Kunstleder am Po hatte sich immer mehr straff gezogen. Was für ein schönes Gefühl es immer gewesen war, die gespannte Hose beim Sitzen zu spüren - geheim, ohne dass jemand anderes ahnen konnte, dass ich in Gedanken immer bei meiner engen, geliebten Latzi war.
Ich dachte daran, wie ich es immer genossen hatte, sie verdeckt unter Pullis zu tragen.
Aber ich fühlte auch die im Kunstleder tief eingeprägten Sitzfalten vorn und hinten am Hosenboden. So straff hatte sie an mir gesessen! An die Vorderseiten der Knie war das Kunstleder nicht riffelig, sondern ziemlich glatt. Dafür fühlte es sich an den Bein-Hinterseiten sehr knautschig und soft an. Wie sehr ich dieses Gefühl schon immer liebte. Wieviel Freude ich in dieser Latzi schon hatte!
Ich strich ihr mit den flachen Händen über ihr softes, riffeliges Kunstleder. Ich nahm sie hoch, roch ihren typischen Kunstledergeruch und drückte ihr einen langen Kuss auf den Latz, auf eine Stelle, die nicht mit Farbe befleckt war.
Dann legte ich sie wieder liebevoll zusammen und gab sie - nicht in den Rucksack - sondern auf die Feuerstelle. Aber es passierte nichts. Vielleicht hatte ich den kleinen Rest Feuer, der noch in der Feuerstelle war, dabei ausgedrückt. Ich überlegte, was ich nun tun sollte: so dreckig voller Asche könnte ich sie unmöglich zurück in meinen Rucksack stecken. Einfach liegenlassen konnte ich sie auch nicht, wer weiß was Opa dann gedacht hätte? Ich überlegte, womit ich sie vielleicht anzünden könnte… Doch dann sah ich, wie an der Rückseite Flammen hochkamen. Dann auch an den Seiten. Es sah für mich aus, als leckten die Flammen nur am Kunstleder und wöllten der Hose nichts zuleide tun. Dann wurde das dunkelrote Kunstleder erst ein bisschen glänzig, dann mattschwarz und die Flammen naschten sich langsam vorwärts auf dem roten Kunstleder. Ich sah zu, bis alles rote Kunstleder von den Flammen eingenommen war. Die roten Kunststoffknöpfe am Latz, die zum Einhängen der Träger da waren, begannen auch schon zu brennen.
Ich sah wie gebannt zu, wie meine innig geliebte Kunstlederlatzi verbrannte. Mein Herz schlug bis zum Hals. Noch nie war ich so aufgeregt!
Ich sah, dass ein Hosenbeinende noch etwas aus der recht kleinen Feuerstelle hing. Ich nahm mir die Gartenschere, die unweit der feuerstelle lag, und schob damit das unversehrte Hosenbeinende näher an die brennende Latzi - oder das, was einmal meine Latzi gewesen war.
Ein paar Augenblicke, dann aßen die Flammen auch das Hosenbeinende - das letzte, was noch an rotem Kunstleder zu sehen war.
Als ich auf die Gartenschere blickte, die ich noch in der Hand hatte, kam mir die Idee, ein kleines Teil von der Kunstlederhose abzu schneiden - als Erinnerung. Vielleicht einen Träger?
Aber ich sah keine Möglichkeit mehr, an der Hose etwas unverbranntes zu finden. Sie brannte lichterloh. Es war zu spät für ein Andenken. Ich musste sie einfach in Gedanken bewahren. Ich nahm mir fest vor, diesen besonderen Abschiedsmoment nie zu vergessen. Es war ein besonders prickeldes Gefühl, dass gerade mein absolutes Lieblingsteil im Feuer loderte.
Die Hose brannte und ihre Form war noch lange zu erkennen.
Ich überlegte mir, was ich antworten würde, falls Opa meine Kunstlederlatzi erkennen und mich deswegen fragen würde. Aber das war nun kein Problem mehr. Ich würde ihm einfach antworten, dass sie so kaputt gewesen wäre, dass ich sie gar nicht mit nach Hause nehmen wollte. Schließlich verbrannte Opa ja auch „Abfall“ in dieser Feuerstelle.
Ich dachte daran, wie mein Herz pochen würde, wenn ich sage: "Meine alte Latzhose habe ich gleich an Ort und Stelle mit verbrannt."
Opa hatte sich wirklich viel Zeit gelassen mit dem Rasenschnitt wegfahren. Vielleicht hatte er ja jemanden zum Unterhalten getroffen. Zu meinem Glück, denn so konnte ich meiner geliebten Kunstlederlatzi machsehen, bis keine Flamme mehr zu sehen war. Was übrig blieb, sah ein bisschen aus wie graue Wellpappe.
Später, vor dem heimfahren, goß Opa eine Gießkanne Wasser über die Feuerstelle.
Nur ich wusste, dass dieses Häufchen einmal meine geliebte Kunstlederlatzi war.
Ich hatte den ganzen Abend noch Herzklopfen und meine Gedanken kreisten die ganze Nacht nur um meine ehemalige Latzi.
Aber all die schönen Erinnerungen an die süßeste Kunstlederhose, die ich je hatte, bleiben mir ja für immer.
Und ich nahm mir vor, mir wieder einmal eine schöne Kunstlederhose zu besorgen, die auch wieder mein Liebling werden kann. Vielleicht wieder eine Latzi?
…
Eva erwachte schließlich aus ihrem Tagtraum. Sie hatte es genossen, an ihre rote Kunstlederlatzi zu denken, die sie einmal besessen hatte. Vielleicht war Eva wirklich mehrere Minuten lang in ihren Gedanken versunken? Jedenfalls fand sie sich, auf ihrem Schreibtischstuhl sitzend, in ihrem Zimmer. Auf den Knien hatte sie Annas Rucksack, aus dem Annas gerettete, braune Kunstlederhose herausschaute. Eva streichelte über die Hose und steckte sie zurück in den Rucksack. Auf Annas Rucksack wollte sie gut aufpassen und ihn morgen bei UsedTex an Anna zurückgeben. Eva konnte den nächsten Tag kaum erwarten.
Eva:
Als der Abend begann, schaufelte Opa die Asche und allerhand Rückstände aus der Feuerstelle, an der allem Anschein nach später gegrillt werden sollte. In der schwarz-grauen Asche waren Drähte und unverbrannte Kleinteile zu sehen. Sah ganz so aus, als ob Opa dort nicht nur zu grillen pflegte, sondern auch andere Dinge mit verbrannte.
Ich staunte, wie gründlich Opa die Feuerstelle leerte und ausfegte. Am Ende hätte man fast daraus essen können;-)
Opas halbhoch gemauerte Feuerstelle war gleich neben dem Gartentisch, unter freiem Himmel.
Nun startete er mit Holzscheiten ein kleines Feuer und schnitt dann fortlaufend mit einer Gartenschere trockene Zweige in kurze Stücke, um sie ins Feuer zu legen. Die rauchten ziemlich, aber rochen auch gut.
Es dauerte nicht lange und wir konnten Omas liebevoll zusammengestellte Grillpäckchen in die Glut stellen. Oma hatte wirklich ein Händchen für solche Leckereien: sie hatte diesmal Tomatenschiffchen mit Kräuterbutter, Zucchini und Feta in Alufolie-Päckchen gepackt. Aus den Päckchen in der Grillglut duftete es herrlich. Opa hatte noch ein paar kleine Kartoffeln aus dem eigenen Garten, die er direkt in die Glut legte. Nach einiger Zeit konnte man sie gut essen, nachdem man die Asche außen abgeputzt und die Pelle abgezogen hatte. Würstchen oder Fleisch waren an diesem Abend bei den Großeltern nicht dabei, aber es war auch so sehr lecker. Oma und Opa hatten sich wirklich alle Mühe gegeben, den Garten-Tag für mich so schön wie möglich zu gestalten.
Kaum war das Abendessen unter freiem Himmel vorüber, begann Opa, alle möglichen Gartenabfälle in die Feuerstelle zu legen. Kleingeschnittene Äste, trockene Zweige von Sträuchern, Pappe von Verpackungen, die Papierservietten und Kartoffelschäler vom Abendessen, eine Plastiktüte und sogar zwei verschlissene Gartenhandschuhe kamen aufs Feuer. Alles brannte mehr oder weniger gut weg.
Oma packte währenddessen alles zusammen und machte sich schon auf den Weg zum Ausgang der Gartenanlage. Oma lief langsam und wollte so etwas Vorsprung haben. Opa, der deutlich besser zu Fuß war, brachte wähenddessen noch schnell eine kleine Schubkarre mit Rasenschnitt zum Rasenplatz der Gartenanlage. Weil das kleine Feuer am Grillplatz noch immer ziemlich brannte, bat mich Opa, am Feuer zu bleiben und ein Auge darauf zu haben. Wenn Opa vom Rasenschnitt wegschaffen dann wieder zurück sei, würde er das Feuer dann ablöschen. So humpelte Oma in die eine Richtung und Opa war mit der Schubkarre in die andere Richtung verschwunden. Ich saß im Gartenstuhl und schaute auf das Feuer, das schon sichtlich kleiner war.
Als ich kurz ins Gartenhäuschen ging und meinen Rucksack herausholte, fühlte ich darinnen meine zusammengerollte Kunstlederlatzi. Heute war aus meiner geliebten, immer so geschonten Latzi eine farbbefleckte und zerkratzte Arbeitshose geworden.
In diesem Zustand fand ich sie nicht weniger liebenswert als vorher - im Gegenteil: sie war für mich so rockig wie eine Fetzenjeans!
Aber ich hatte keine Ahnung, was nun aus ihr noch werden sollte, schließlich hatte ich heute gerade noch so hineingepasst und noch einmal würde ich sie wohl nicht draußen anziehen können. Ich könnte sie weiterhin als Schätzchen und Erinnerungsstück im Schrank aufbewahren und hin und wieder sanft über sie streicheln.
Ich hatte noch immer meine Hand im Rucksack und umfasste, gedankenversunken, ganz fest die aufgerollte Latzi. Ich fand immer mehr Gefallen daran, dass sie nun so richtig fertig war. Ich zog sie aus dem Rucksack und schaute sie mir an. Ich blickte um mich, dass mir niemand zusah, dann rollte ich die Latzi auseinander und strich mit den Fingern sanft über das knautschige Kunstleder. Vorn über den Latz war ein Pinselstrich. Die Farbspuren waren zum Glück längst trocken. An den Beinen waren Farbspritzer und Pinselstriche. Ich dachte daran, dass ich mit dem Pinsel das Kunstleder absichtlich berührt hatte. Am Knie war ein weißer Farbabdruck und das Kunstleder an den Beininnenseiten war sichtbar aufgekratzt. Dann drehte ich die Hose um und besah mir die Rückseite. Am Po ein leichter, weißer Abdruck und eine weiße Farbspur die Hosenbeine hinunter bis zu den Beinsäumen.
Dann strich ich mit den Fingerkuppen über die Stellen, die keine Farbe abbekommen hatten. Ich fühlte, dass das riffelige Kunstleder schon viele kleine Dehnrisse hatte. An manchen Stellen fühlte sich die Kunstlederoberläche ein bisschen hart an, und dort war sie dann auch brüchig. Ich konnte die Stellen fühlen, an denen sie meist gefaltet war, wenn sie in meinem Schrank lag.
Ich sah mir die eigentlich viel zu kleine Kunstlederlatzhose an: heute hatte sie einen richtigen Abenteuertag erlebt. Bisher hatte ich mich immer in Acht genommen, dass sie ja nichts abbekommt. Aber heute hat sich das geändert und ich habe Spass daran gefunden, sie absichtlich abzurocken und extra zu beschädigen. Nun sah sie wirklich fertig aus. Ich überlegte, was ich weiter mit ihr machen könnte.
Ich kratzte mit meinen Fingernägeln über das schöne, riffelige Kunstleder. Kein Kratzer blieb davon, stattdessen dieses wunderbare Geräusch. Ich zog an ihren Trägern: aber keine Naht löste sich. Ich umfasste sie fest ihre Hosenbeine und riss sie ruckartig auseinander. Die Schrittnaht spannte und das Kunstleder war straff wie eine Saite, aber nichts ging kaputt. Ja, so kannte ich meine geliebte Latzi: sie lässt mich niemals im Stich. Trotz ihres absichtlich abgerockten Zustandes außen war sie dennoch unglaublich stabil.
Dann musste ich wieder daran denken, was wohl nun aus ihr werden sollte. Ob es wirklich schön wäre, wenn sie gefaltet in meinem Schrank bleibt? Erneut tragen könnte ich sie so farbbefleckt wohl nicht mehr. Außerdem war sie wirklich viel zu klein.
Würde irgendwann jemand sie in die Hände bekommen und achtlos in den Müll werfen? Viielleicht in die Mülltonne, wo sie dann langsam von anderen Abfällen zugedeckt verschwinden würde? So anonym und lieblos - weil doch niemand ahnen oder nachfühlen könnte, wie viel sie mir bedeutet hatte. Das würde mir so unendlich leid tun.
Ich schaute wieder um mich, dass mir auch wirklich niemand zusah, dann strich ich mit den Händen wieder zärtlich über das Kunstleder. Ich ging in die Hocke, so dass mich die kleine, halbhohe Ziegelmauer verdeckte, in die Opa die Feuerstelle reingemauert hatte. So konnte mich niemand sehen, auch vom Hauptweg der Gartenanlage aus nicht.
In dieser sicheren Deckung legte ich die Hose auseinander gefaltet über meine Oberschenkel. Meine schöne Kunstlederlatzi! Ich strich ich mit dem Finger gefühlvoll die breite Doppelnaht entlang, oben vom Latz durch den Schritt als Po-Naht und zum Rückenlatz wieder hinauf. Das hatte ich schon immer gern gemacht, wenn ich meine Latzi besonders mochte.
Ich dachte daran, wie straff sie spannte, wenn ich mich in ihr hinsetzte und den Oberkörper nach vorn lehnte. Da hatten sich die Träger und der Rückenlatz immer straff gespannt, die Po-Naht hatte sich zunehmend zunemhend enger eingeschnitten und das knautschige Kunstleder am Po hatte sich immer mehr straff gezogen. Was für ein schönes Gefühl es immer gewesen war, die gespannte Hose beim Sitzen zu spüren - geheim, ohne dass jemand anderes ahnen konnte, dass ich in Gedanken immer bei meiner engen, geliebten Latzi war.
Ich dachte daran, wie ich es immer genossen hatte, sie verdeckt unter Pullis zu tragen.
Aber ich fühlte auch die im Kunstleder tief eingeprägten Sitzfalten vorn und hinten am Hosenboden. So straff hatte sie an mir gesessen! An die Vorderseiten der Knie war das Kunstleder nicht riffelig, sondern ziemlich glatt. Dafür fühlte es sich an den Bein-Hinterseiten sehr knautschig und soft an. Wie sehr ich dieses Gefühl schon immer liebte. Wieviel Freude ich in dieser Latzi schon hatte!
Ich strich ihr mit den flachen Händen über ihr softes, riffeliges Kunstleder. Ich nahm sie hoch, roch ihren typischen Kunstledergeruch und drückte ihr einen langen Kuss auf den Latz, auf eine Stelle, die nicht mit Farbe befleckt war.
Dann legte ich sie wieder liebevoll zusammen und gab sie - nicht in den Rucksack - sondern auf die Feuerstelle. Aber es passierte nichts. Vielleicht hatte ich den kleinen Rest Feuer, der noch in der Feuerstelle war, dabei ausgedrückt. Ich überlegte, was ich nun tun sollte: so dreckig voller Asche könnte ich sie unmöglich zurück in meinen Rucksack stecken. Einfach liegenlassen konnte ich sie auch nicht, wer weiß was Opa dann gedacht hätte? Ich überlegte, womit ich sie vielleicht anzünden könnte… Doch dann sah ich, wie an der Rückseite Flammen hochkamen. Dann auch an den Seiten. Es sah für mich aus, als leckten die Flammen nur am Kunstleder und wöllten der Hose nichts zuleide tun. Dann wurde das dunkelrote Kunstleder erst ein bisschen glänzig, dann mattschwarz und die Flammen naschten sich langsam vorwärts auf dem roten Kunstleder. Ich sah zu, bis alles rote Kunstleder von den Flammen eingenommen war. Die roten Kunststoffknöpfe am Latz, die zum Einhängen der Träger da waren, begannen auch schon zu brennen.
Ich sah wie gebannt zu, wie meine innig geliebte Kunstlederlatzi verbrannte. Mein Herz schlug bis zum Hals. Noch nie war ich so aufgeregt!
Ich sah, dass ein Hosenbeinende noch etwas aus der recht kleinen Feuerstelle hing. Ich nahm mir die Gartenschere, die unweit der feuerstelle lag, und schob damit das unversehrte Hosenbeinende näher an die brennende Latzi - oder das, was einmal meine Latzi gewesen war.
Ein paar Augenblicke, dann aßen die Flammen auch das Hosenbeinende - das letzte, was noch an rotem Kunstleder zu sehen war.
Als ich auf die Gartenschere blickte, die ich noch in der Hand hatte, kam mir die Idee, ein kleines Teil von der Kunstlederhose abzu schneiden - als Erinnerung. Vielleicht einen Träger?
Aber ich sah keine Möglichkeit mehr, an der Hose etwas unverbranntes zu finden. Sie brannte lichterloh. Es war zu spät für ein Andenken. Ich musste sie einfach in Gedanken bewahren. Ich nahm mir fest vor, diesen besonderen Abschiedsmoment nie zu vergessen. Es war ein besonders prickeldes Gefühl, dass gerade mein absolutes Lieblingsteil im Feuer loderte.
Die Hose brannte und ihre Form war noch lange zu erkennen.
Ich überlegte mir, was ich antworten würde, falls Opa meine Kunstlederlatzi erkennen und mich deswegen fragen würde. Aber das war nun kein Problem mehr. Ich würde ihm einfach antworten, dass sie so kaputt gewesen wäre, dass ich sie gar nicht mit nach Hause nehmen wollte. Schließlich verbrannte Opa ja auch „Abfall“ in dieser Feuerstelle.
Ich dachte daran, wie mein Herz pochen würde, wenn ich sage: "Meine alte Latzhose habe ich gleich an Ort und Stelle mit verbrannt."
Opa hatte sich wirklich viel Zeit gelassen mit dem Rasenschnitt wegfahren. Vielleicht hatte er ja jemanden zum Unterhalten getroffen. Zu meinem Glück, denn so konnte ich meiner geliebten Kunstlederlatzi machsehen, bis keine Flamme mehr zu sehen war. Was übrig blieb, sah ein bisschen aus wie graue Wellpappe.
Später, vor dem heimfahren, goß Opa eine Gießkanne Wasser über die Feuerstelle.
Nur ich wusste, dass dieses Häufchen einmal meine geliebte Kunstlederlatzi war.
Ich hatte den ganzen Abend noch Herzklopfen und meine Gedanken kreisten die ganze Nacht nur um meine ehemalige Latzi.
Aber all die schönen Erinnerungen an die süßeste Kunstlederhose, die ich je hatte, bleiben mir ja für immer.
Und ich nahm mir vor, mir wieder einmal eine schöne Kunstlederhose zu besorgen, die auch wieder mein Liebling werden kann. Vielleicht wieder eine Latzi?
…
Eva erwachte schließlich aus ihrem Tagtraum. Sie hatte es genossen, an ihre rote Kunstlederlatzi zu denken, die sie einmal besessen hatte. Vielleicht war Eva wirklich mehrere Minuten lang in ihren Gedanken versunken? Jedenfalls fand sie sich, auf ihrem Schreibtischstuhl sitzend, in ihrem Zimmer. Auf den Knien hatte sie Annas Rucksack, aus dem Annas gerettete, braune Kunstlederhose herausschaute. Eva streichelte über die Hose und steckte sie zurück in den Rucksack. Auf Annas Rucksack wollte sie gut aufpassen und ihn morgen bei UsedTex an Anna zurückgeben. Eva konnte den nächsten Tag kaum erwarten.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Eva: Am nächsten Morgen fuhr ich mit meinem alten, grünen Polo zu UsedTex, wo ich ja während der Semesterpause jobbte. Ich hatte außer meiner Tasche auch Annas Rucksack mit, den ich ihr zurückgeben wollte. Auf dem Weg suchte ich die Straßenseiten nach Anna ab. Vielleicht war sie gerade auf dem Weg zum Bus, dann würde ich sie gleich mitnehmen und könnte ihr ihren Rucksack direkt wiedergeben.
Aber ich sah Anna nicht unterwegs und kam schließlich, wie geohnt, allein bei UsedTex an. Wie meistens trug ich eine meiner ältesten Jeans und einen Hoodie zur Arbeit, weil es bei beiden Teilen für mich nicht so schlimm gewesen wäre, wenn ich sie bei der Arbeit beschmutzt oder gar etwas beschädigt hätte. Aber mir war bewusst, dass das wertvollste Kleidungsstück, dass ich mit hatte, die braune Kunstlederlatzi war, die in Annas Rucksack war. Sie musste Anna wohl sehr viel bedeuten, sonst hätte Anna sie ja nicht so energisch gerettet.
So ging ich nun mit meiner Tasche über die Schulter und mit Annas Rucksack in der Hand über den Parkplatz zum Hintereingang der UsedTex-Halle, wo sich die Mitarbeiterräume befanden. Durch das Fenster konnte ich sehen, dass drinnen Licht war. Da ich nur vorübergehend hier jobbte, hatte ich keinen eigenen Schlüssel, aber die Tür zum Mitarbeiterraum war zum Glück schon aufgeschlossen.
Ich ging ins Gebäude, legte meine Tasche auf einen der Stühle um den Tisch und hing meine Jacke über die Lehne. Weil es zuwenige Spinte gab, hatten nur dauerhaft Angestelle einen eigenen. Studis und Praktis mussten ihre Sachen auf einem der Stühle postieren.
Ich schaute, ob ich Annas Stuhl entdecken könnte, um ihren Rucksach darauf zu stellen. Aber außer meinem Stuhl und einem mit einer Männerjacke über der Lehne, war kein weiterer Stuhl mit Jacke oder Tasche belegt. Anna war offensichtlich noch nicht da. Nachden ich meine Uhr und die Schmuckkette abgelegt hatte - das war hier Vorschrift - holte ich meine Wasserflasche aus meiner Tasche und ging zu der Türe, die in den Arbeitsbereich führte. Dann drehte ich mich noch einmal um und sah Annas Rucksack zwischen den Stühlen stehen. Ich dache daran, wie es wäre, wenn eine andere Mitarbeiterin den Rucksack fände und, um herauszubekommen, wem er gehört, in den Rucksack hinein schauen würde. Das käme vielleicht peinlich für Anna wegen der abgewetzten, braunen Kunstlederlatzi. Zumindest wäre sie in Erklärungsnot, und das wollte ich lieber vermeiden. Also ging ich noch einmal zurück und schnsppte mir Annas Rucksack. Ich nahm ihn mit in den Arbeitsbereich der UsedTex-Halle und nahm mir vor, den Rucksack mit Annas Kunstlederlatzi wie meinen Augapfel zu bewachen. Ich schob auch meine Wasserflasche mit in Annas Rucksack, damit es aussah, als wäre er meiner.
Nach einer kurzen Runde durch die Halle und einem „Guten Morgen“ zu jeder Mitarbeiterin und zu dem einzigen Mann hier erführ ich, was meine erste Arbeitsstation an diesem Morgen sein würde: der Lappenschneider. Das war ein schlankes und schmales Gerät, das im hinteren Teil der Halle stand und in dessen „Maul“ eine Art Säge sein musste. Damit konnte mal Stoffe in Stücke schneiden, ohne dass man sich verletzen könnte. Daneben Stand ein Sortiertisch mit einem Berg an Textilien. Auf der anderen Seite stand ein Gestell, in dem eine Plasticsack eingehängt war. Meine Aufgabe war, aus den Textilien auf dem Tisch etwa A5-große Putzlappen zu schneiden und diese in den Plasticsack zu werfen, bis dieser fast voll sein würde. Dann wird gewogen, gegebenenfalls wieder etwas herausgenommen, damit das Gewicht stimmt, und der Sack zugebunden und mit Aufklebe-Etikett versehen. Solche Säcke mit Putzlappen wurden an Industriebetriebe verkauft.
Ich stellte Annas Rucksack mit meiner Wasserflasche, die etwas herausragte, unter den Sortiertisch. Ich schaltete den Schneider ein und suchte mir eine gute Position, von der aus ich sowhl den Sortiertisch mit den Textilien, als auch den Sack für die fertigen Lappen gut erreichen konnte. Dann begann ich mit dem ersten Stück, das ich mit dem Schneider in zwei etwa gleich große Teile schneiden ließ. Um so ein Textilstück zu trennen, musste man es mit beiden Händen fest anfassten und straff gespannt an das „Maul“ der Schneiders ziehen. Beinahe lautlos trennte der Lappenschneider selbst dicke Frottee-Tücher in Hälften.
Ich war schon an diesem Arbeitsposten und war schon eingewiesen worden, deshalm konnte ich gleich mit der Arbeit beginnen.
Natürlic schaute ich mich immer wieder um, ob ich Anna entdecken könnte. Und ich schaute immer wieder unter den Tisch, wo Annas Rucksack stand. Ich war bereit, ihren Rucksack mit der besonderen Latzi „wie mein Leben“ zu bewachen. Schließlich würde sich niemand in meiner Gegenwart in dem Rucksack vergreifen.
Das Lappenschneiden ging zügig von der Hand, und schon Bald war der erste Sack voll. Zum Glück half mir eine Festangestellte, den prallen Sack zur Waage zu tragen. Dann wurde die Luft herausgezogen, der Sack verschlossen und zur Seite gestellt.
Ich bedankte mich bei der Mitarbeiterin, die mir geholfen hatte und beschloss, erst einmal zur Toilette zu gehen, bevor ich den nächsten Sack Putzlappen anfangen würde.
Als ich dann von der Toilette zurück kam, den Lappenschneider wieder einschaltete und einen leeren Plasticsack in den Ständer einhängte, fiel mein Blick unter den Sortiertisch: Annas Rucksack war weg! Panik stieg in mir hoch und mir stockte vor Schreck der Atem.
Sollte Anna zwischenzeitlich hier gewesen sein und ihn an sich genommen haben? Aber sie hätte sicher bemerkt, dass es meine Wasserflasche war, die oben herausschaue, und hätte sie hiergelassen.
Wer könnte diesen Rucksack also genommen haben? Und wozu?
Ich brauchte ein paar Augenblicke, um meine Gedanken zu sammeln, dann begann ich wieder mit dem Putzlappenschneiden. Ich wollte mir nichts anmerken lassen, dabei schlug mir das Herz bis zum Hals hoch! Ich suchte zwischendurch mit meinen Augen den Raum ab, konnte aber Annas Rucksack nirgends entdecken.
Ich könnte die Kollegin fragen, die mir zuvor beim Wiegen und Verpacken geholfen hatte. Ihre Arbeitsstation war fast unmittelbar neben meiner, und sie könnte möglicherweise etwas gesehen haben. Es dauerte eine Weile, bis ich mir Mut fasste und sie fragte, ob sie die Prankikantin Anna heute schon gesehen hätte und oh Anna vielleicht hier gewesen sei und ob die den Rucksack mitgenommen habe. Die Kollegin antwortete mir in einem vorwurfsvollen Ton, dass der Chef den Rucksack einkassiert hatte, weil da meine Wasserflasche oben herausschaute. Essen und Trinken waren im Arbeitsbereich in der Halle nicht erlaubt. Meinen Rucksack könne ich mir beim Chef im Büro wieder abholen.
In Sekundenbruchteilen malte ich mir in Gedanken aus, was passiert war: ausgerechnet während ich in der Toilette war, war der Chef in der Halle und hatte Annas Rucksack unter meinem Sortiertisch stehen sehen. Ich hatte ihn ja mit an meinen Arbeitsplatz genommen, um ihn immer im Blick zu haben, schließlich war ja Annas geliebte Kunstlederlatzhose darinnen. Die wollte ich Anna auf jeden Fall unversehrt zurückgeben, zusammen mit ihrem gesamten Rucksack natürlich. Ich hatte kein gutes Gefühl, Annas Rucksack unbeobachtet im Pausenraum stehen zu lassen. Was wäre, wenn da jemand hineingesehen hätte?
Aber nun hatte der Chef Annas Rucksck einkassiert, und das ausgerechnet wegen meiner Wasserflasche.
Ich überlegte, wann ich am besten zum Chefbüro gehen könnte, um mir den Rucksack wiedergeben zu lassen - vermutlich zusammen mit einer gehörigen Standpauke.
Zum Glück kam kurz darauf die Frühstückspause und die Kolleginnen gingen zum Pausenraum. Ich machte mich stattdessen auf den Weg zum Büro vom Chef. Ich setzte mein freundlichstes Lächeln auf und legte mir Worte zurecht, um mich für die Trinkflasche am Arbeitsplatz zu entschuldigen. Ich war bereit, die schmalzigsten Worte zu sagen, nur um den Rucksack zurück zu bekommen.
Der Weg zum Büro fühle sich für mich an, wie der Gang zum Zahnarzt.
Als ich an der Glastür vorm Chefbüro angekommen war, musste ich feststellen, dass sie verschlossen war. Der Chef war nicht im Büro, aber ich sah Annas Rucksack neben dem Schreibtisch stehen.
Ich konnte ihn sehen, konnte ihn aber nicht holen. So nah und doch so fern.
Einen Moment lang dachte ich sogar daran, ob ich die Glasür irgendwie aufhebeln oder aufbrechen könnte. Mein Herz pchte wie wild, aber zum Glück kam ich schnell wieder von diesen „kriminellen“ Gedanken ab. Mir blieb keine andere Wahl, als wieder zurück an meine Arbeits zu gehen und es zur Mittagspause noch einmal zu probieren. Schließlich musste ich mich laut meiner Kollegin ja mein Chef melden. Irgendwie würde ich den Rucksack mit meinem unschuldigen Blick und meinem schönsten Augenaufschlag sicher wiederbekommen. Der Chef was ja schließlich auch bloßt ein Mann…
Doch die Zeit bis zur nächsten Pause schien endlos. Ich schnitt Putzlappen und schaute immer wieder auf die Uhr, aber die Zeit wollte einfach nicht vergehen.
Ich dachte an Anna - wo war sie eigentlich? Ich legte extra einen Toilettengang ein und lief auf dem Rückweg einen großen Umweg durch die Halle. Ich hielt - so unauffällig wie möglich - nach Anna Ausschau. Ich machte einen kurzen Abstecher in den Pausenraum, aber auch da war Anna nicht. Sie wollte doch heute kommen, ihr Schülerpraktikum lief ja noch.
Schließlich ging ich wieder an meinen Putzlappenschneider und letzte meine Arbeit fort. Doch ich musste wieder an Anna denken. Und an den Chef: was könnte alles passieren, wenn er die braune Kunstlederhose im Rocksack entdecken würde? Würde er mich zwingen, sie zu Putzlappen zu verschneiden? Und was, wenn Anna mich dabei sehen würde?
Endlich kam die Mittagspause und ich machte mich sofort auf den Weg zum Chefbüro. Ich war entschlossen, ihn notfalls im ganzen Werksgelände zu suchen, umd mich „reuig“ zu melden. Ich würde jeden Worthagel und jedes Donnerwetter von ihm inkaufnehmen, um Annas Rucksack zurück zu bekommen.
Ich kam am Chefbüro an und musste wieder feststellen, dass die Glastür verschlossen war. Annas Rucksack aber stand nicht mehr auf dem Fußboden. Wo mag der wohl nun sein?
Ich lief zügig durch die Halle, über den Hof, eine Runde ums Gebäude. Ich konnte alles recht gut einsehen, fand den Chef aber nicht.
Dann setzte ich mich in den Pausenraum zu den anderen Mitarbeiterinnen. Wie nebenbei fragte ich, wo Anna heute geblieben sein mag. Eine der Mitarbeiterinnen sagte daraufhin, dass Anna heute früh angerufen hatte, die sei krank und könne einen Tag nicht kommen. „Die hat bestimmt bloß Liebeskimmer, das junge Ding“, machten sich zwei Kolleginen lustig. Sie machten ein paar derbe Bemerkungen, die sie selbst anscheinend witzig fanden - aber ich fühlte mich dabei absolut unwohl. Trotzdem versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.
Am Nachmittag bekam ich einen neuen Platz zugeteilt. Das war hier üblich so, dasmit man nicht den ganzen Tag stehen muss. Nun war ich mit im vorderen Bereich, wo die angelieferte Altkleidung je nach nach Zustand und Material in verkaufbar und nicht verkaufbar sortiert wurde. Da musste ich nicht - wie am Putzlappenschneider, die gesamte Zeit stehen.
Als ich meine Arbeit kurz unterbrach, um durch die Halle zur Toilette zu gehen, fiel mein Blick auf einen Mitarbeiter, der am Shredder stand. Wohl der einzige männliche Mitarbeiter außer dem Chef. Im Shredder krachte und knackte es immer wieder. Er shredderte die Kleidungsstücke wahrscheinlich, ohne zuvor die großen Metallteile zu entfernen. In hohem Tempo beförderte er Stücke aus dem Rollwagen in den Schlund der Shredders. Und immer wieder knackte und krachte es aus dem Shredder. Ich wusste nicht recht, was mir mehr leid tun sollte, der Shredder selber oder die achtlos hineingeworfenen Kleidungsstücke.
Auf dem Rückweg von der Toilette schaute erneut am Chefbüro vorbei: Zugeschlossen, niemand da. Ich überlegte, wie ich zum Abeitsschluss wohl an den Rucksack käme. Der Chef konnte ihn ja nicht einfach unter Verschluss behalten. Er musste ja davon ausgehen, dass es mein Rucksack war und dass da meine Autoschlüssel und mein Portomonnaie drin waren. Zurück am Arbeitsplatz, grübelte ich den ganzen Nachmittag, wie ich an der Rucksck kommen könnte. Doch plötzlich stand der Chef direkt neben mir am Sortiertisch, ich hatte ihn überhaupt bemerkt. Ich erschrak, versuchte aber die Fassung zu behalten. Mein Blick fiel sofort auf Annas Rucksack, den er in der Hand hielt. Ich setzte sofort mein freundlichstes Lächeln auf und ergriff die Initiative: ich entschuldigte mich und versprach ihm, kein Trinken mehr in den Arbeitsbereich mehr mitzunehmen. Noch nie zuvor hatte ich so schleimig gesprochen und mich dabei so komisch gefühlt, aber ich wollte den Vorwürfen des Chefs zuvorkommen. Trotzdem schrie mich ziemlich laut an, was ich mir wohl dabei gedacht hätte und dass ich als Semesterferien-Jobberin überhaupt nicht erlauben dürfte. Ich aber ließ alles über mich ergehen und hoffte, er würde mir schließlich Annas Rucksack zurückgeben. Ich sagte kein Wort und hoffte, die Standpauke war bald vorüber. „Und wenn du mir noch einmal so negativ auffällst, dann wird dein Vertrag beendet und du brauchst mir nie wieder unter die Augen zu treten! Haben wir uns verstanden? HABEN wir uns verstanden?“ schrie er mich an. Ich nickte nur und sagte „ja“.
Der Chef nahm den Rucksack hoch, fasste ihn am Boden an und kippte den ganzen Inhalt auf meinem Sortiertisch aus. Vor den Augen der anderen Mitarbeiterinnen. Das kann er doch nicht machen - dachte ich mir, aber ich biss mir auf die Zunge.
Als erstes polterte meine Trinkflasche auf den Tisch, dann Annas Vesperdose und ihre leere Wasserflasche, dann allerhand Kleinteile. Und schließlich rutschte auch Annas braune Kunstlederlatzi aus der Rucksacköffnung auf meinen Tisch. Mir blieb fast das Herz stehen.
Endlich war der Chef still, aber scheinbar fiel sein Blick erst jetzt auf die braune Kunstlederlatzi. Er griff sie sich und nahm sie hoch. Dabei entfaltete sie sich und jeder konnte sie sehen. Man sah deutlich, wie abgetragen sie war. „Seit wann darfst du Kleidung von hier mitnehmen? Oder willst du behaupten, die gehört dir?“ Mein Gesicht lief dunkelrot an. „Ohne Erlaubnis darfst du hier ÜBERHAUPT NICHTS mitnehmen. Außerdem ist die doch viel zu klein!“ Er knallte mir die Lederhose mit Wucht wieder auf den Tisch. Ich wusste zwar, dass etwas anderes vereinbart war: nämlich dass ich als Textildesign-Studentin mitnehmen durfte, was immer mir gefiel - gegen ein kleines Geld. Aber ich sagte nichts, denn ich hoffte, der Chef würde nun endlich wieder gehen, damit ich Annas Rucksack wieder zusammenpacken konnte. Doch dann fiel ihm offentlichtlich der durchgesessene Leder-Po auf, wo das braune Kunstleder schon so abgerieben war, dass teilweise der Unterstoff durchschaute. Fast schon brutal fasste er Annas Kunstlederlatzi, knüllte sie zusammen, kehrte mir den Rücken und ging festen Schrittes duch die Halle.
Annas Kunstlederlatzi immer noch in seiner Faust gefangen - warum konnte er sie nicht einfach hier lassen bei mir? Ich muss sie doch Anna zurückgeben! Aber er ging weiter durch die Halle bis nach hinten. Dann lenkte er seine Schritte in Rechtung Shredder - mir blieb fast das Herz stehen! Dann knüllte der die Latzi mit seinen Händen zusammen und warf sie - nicht direkt in den Shreddder zum Glück, sondern in den Rollwagen an der Shredderstation. Ich konnte nur hoffen, dass der Kollege am Shredder sie nicht gleich als erstes greifen wird. Der würde sie sicher ohne Skrupel und ohne Knöpfe-Entfernen in den Shredder werfen. Dann müsste ich Anna irgendwie erklären, dass ihre sehr geliebte Kunstlederlatzi für immer verloren wäre und nichts als kleine Mini-Schnipsel von ihr übrig wären.
Einfach hinterhergehen und die Latzi aus dem Rollwagen holen, das wäre jetzt nicht gegangen, denn alle Augen schienen auf mich zu schauen. So versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen und an meinem Arbeitsplatz weiter zu sortieren. Ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren und musste alle paar Sekunden zu dem Mann am Shredder schauen. Immer, wenn er in den Rollwagen fasste, blieb mein Atem stehen. Was, wenn der Annas braune Kunstlederlatzi herausholte und in den Shredder werfen würde, der sie knackend und krachend mitsamt Knöpfen zerkleinern würde? Ich konnte fast nicht arbeiten vor lauter Anspannung.
Der Arbeitsschluss kam mir wie eine große Befreiung vor. Jeder räumte seinen Platz auf, das Licht ging aus, der Shredder und die anderen Gerätschaften verstummten. Ich ging nach den anderen zum Pausenraum. Ich ließ mir extra Zeit, nahm Annas Rucksack, ging durch die Halle zur Toilettentür. Doch dort kehrte ich um, schaute ob mich auch niemand beobachten konnte und ging zur Shredderststion. Ich blickte noch einmal um mich, dass auch wirklich niemand weiter hier war. Endlich stand ich am Rollwagen, voller Herzklopfen schaute ich hinein: Konnte die Kunstlederlatzi nicht sehen. Oh Schreck! War sie doch mit geschreddert worden? Ich spürte, wie ich weiche Knie bekam.
Ich griff in den Rollwagen und schob die Kleidungsstücke zur Seite: doch darunter lang die Lederlatzi auch nicht. Ich beugte mich über den Rollwagen und schob sie Kleidung in eine andere Richtung. Auch da war die braune Lederlatzi nicht zu sehen. Nachdem ich alles durchgeühlt hatte, begriff ich, dass ich mich mit der Gewissheit abfinden musste, dass Annas Latzi geshreddert worden war. Mein Herz pochte und ich konnte kaum Luft holen bei diesem Gedanken.
So nahm ich Annas Rucksack - nun ohne ihre geliebte Kunstlederlatzi - und trottete langsam richtung Pausenraum. Dann fiel mein Blick auf einen zweiten Rollkontainer, in dem alle die Lederkleidungsstücke landeten, weil sie fast ausnahmslos immer zum Shreddern kamen. Ich schaute mit etwas Neugierde hinein: Welche schönen Sachen hier wohl drin waren - auf dem letzten Schritt vorm Vernichten. Ich hatte ja selbst schon am Shredder gestanden und herrliche Lederjeans aus diesem Rollcontainer in den Shredder befördert.
Ich schaute voller Spannung hinein: Da lag Annas Kunstlederlatzi! Mir fiel ein Stein vom Herzen - sie war noch da! Ich schaute um mich - und stopfte in Windeseile die Kunstklederlatzi in Annas Rucksack.
Ich schloss den Rucksack, ging extra einen kleinen Umweg zum Pausenraum, nahm meine eigene Tasche und ging sofort zur Außentür. Ich wollte direkt zu meinem grünen Polo, da stand er plötzlich vor mir: der Chef.
„Das war vorhin nicht so böse gemeint. Bist bei uns immer gern gesehen als studentische Mitarbeiterin. Wir brauchen ja jede fleissige Hand. Nimmsts mir ja nich übel, gell?“ sagte der Chef.
Ich fasste Annas Rucksack ganz fest und antwortete: „Ja alles gut. Bitte entschuldigen sie!“ Ich wich dem Chef mit einem Schritt aus, ging eilig zum Auto und ließ den Rucksack erst los, als ich im Auto saß. Ich parkte aus, lächelte aufgesetzt freundlich und sah zu, dass ich schnell wegkam. Erst als ich weit genug weg war vom Firmengelände war, atmete ich auf.
Erst auf der Heimfahrt wurde mir richtig bewusst, was für ein stressiger Tag das gewesen war: Beinahe wäre Annas geliebte, braune Kunstlederlatzi auchlos im Shredder vernichtet worden. Erst im allerletzten Augenblick hatte ich sie retten können.
Irgendwie fühlte ich mich wohl so ähnlich, wie Anna selbst am Vortag, als ich am Shredder stand und mir Anna ihre Kunstlederlatzi im letzten Augenblick aus den Händen gerissen hatte.
Ich konnte so gut verstehen, wie Anna sich gefühlt haben muss. Ich beschloss, am nächsten Tag Annas Rucksack mit ihrer geliebten Kunstlederlatzi nicht mit zu UsedTex zu nehmen. Ich hoffte, dass Anna wieder zur Arbeit kommen würde, und ich würde ihr anbieten, sie auf dem Heimweg mitzunehmen und ihr an meinem Haus den Rucksack wiederzugeben.
Als ich bei mir Zuhause angekommen war, nahm ich auch Annas Rucksack wieder mit auf mein Zimmer. Ich war von den emotionalen Auf und Ab des tages so erschöpft, dass ich mich erst einmal in meinen gemütlichen Sitzsack fallen ließ. Ich angelte mir mit den Füßen Annas Rucksack heran, öffnete ihn und nahm meine Trinkflasche heraus. Dabei berührte die Kunstlederlatzi im Rucksack meine Handrücken. Ich nahm sie vorsichtig heraus, faltete sie liebevoll auseianander und sah sie mir an. Immer wieder musste ich davbei an meine eigene, rote Knautschlederlatzi denken, die ich so geliebt hatte. Anna hatte eben auch so eine Lieblings-Latzi, auch wenn sie ihr sicher zu klein war. Ich wusste, wieviel es bedeutete, dass ich gut auf diesen Liebling aufpasste, um sie Anna wohlbehalten zurückzugeben.
Ich berührte Annas Hose zart mit den Fingerspitzen, denn sie erinnerte mich so sehr an meine eigene. Wie meine eigene damals hatte auch Annas Latzi einen tollen Latz mit Buttons für die Träger und einen schönen Rückenlatz. Am Po und an den Knien war das Leder sichtbar abgetragen, da schaute teilweise der Unterstoff durch. Zwischen den Beinen waren die Nähte locker und etwas durchgerieben, und das Kunstleder war an der Schrittnaht abgewetzt. Die Beinenden waren beide abgetreten: an den Fersen war das zu einem Saum umgenähte Kunstleder so stark abgerieben, das selbst der Unterstoff schon ausgefranzt und zerfastert war. Ich schloss die Augen und fühlte mit den Fingern über die verschlissenen Stellen von Annas Latzi. Irgendwie machte das die Latzi noch individueller, noch wertvoller.
Obwohl die Hose im Rucksack zusammengerollt war, zeigten ihre ausgeprägten Falten immer noch die Körperform ihrer Trägerin. Ich strich über das Kunstleder und dachte daran, wie sehr Anna ihre Latzi mochte. Immer wieder musste ich dabei auch an meine eigene danken. Ich nahm Annas Kunstlederlatzi an mein Gesicht und hielt sie an meine Wange. Sie war wirklich weich, auch wenn meine eigene noch softer und knautschiger gewesen war. Dann kam mir in den Sinn, was ich mit meiner eigenen Latzi immer gern gemacht hatte: auch Annas Laderlatzi hatte so eine breite Doppelnaht, die oben vom Latz herunter ging und als Po-Naht bis zum Rückenlatz wieder hinauf verlief. Ich strich mit den Fingerspitzen gefühlvoll diese Naht entlang, vom Latz vorn bis zum Rückenlatz. Das hatte ich mit meiner geliebten Latzi hundertmal gemacht, das war wie eine Liebeserklärung gewesen.
Vielleicht hatte Anna auch so eine besondere „Liebeserklärung“ für ihre braune Kunstlederlatzi?
Ich freute mich auf den nächsten Tag, an dem ich hoffte, Anna wiederzutreffen und ihr den Rucksack samt Latzi wiederzugeben. Ob ich ihr vielleicht auch einmal von meiner eigenen, roten Latzi erzählen sollte? Ob ich ihr auch erzählen sollte, dass ich sie am Ende als Arbeitshose abgerockt und feierlich verbrannt hatte? Ob ich Anna davon erzählen könnte?
Aber ich sah Anna nicht unterwegs und kam schließlich, wie geohnt, allein bei UsedTex an. Wie meistens trug ich eine meiner ältesten Jeans und einen Hoodie zur Arbeit, weil es bei beiden Teilen für mich nicht so schlimm gewesen wäre, wenn ich sie bei der Arbeit beschmutzt oder gar etwas beschädigt hätte. Aber mir war bewusst, dass das wertvollste Kleidungsstück, dass ich mit hatte, die braune Kunstlederlatzi war, die in Annas Rucksack war. Sie musste Anna wohl sehr viel bedeuten, sonst hätte Anna sie ja nicht so energisch gerettet.
So ging ich nun mit meiner Tasche über die Schulter und mit Annas Rucksack in der Hand über den Parkplatz zum Hintereingang der UsedTex-Halle, wo sich die Mitarbeiterräume befanden. Durch das Fenster konnte ich sehen, dass drinnen Licht war. Da ich nur vorübergehend hier jobbte, hatte ich keinen eigenen Schlüssel, aber die Tür zum Mitarbeiterraum war zum Glück schon aufgeschlossen.
Ich ging ins Gebäude, legte meine Tasche auf einen der Stühle um den Tisch und hing meine Jacke über die Lehne. Weil es zuwenige Spinte gab, hatten nur dauerhaft Angestelle einen eigenen. Studis und Praktis mussten ihre Sachen auf einem der Stühle postieren.
Ich schaute, ob ich Annas Stuhl entdecken könnte, um ihren Rucksach darauf zu stellen. Aber außer meinem Stuhl und einem mit einer Männerjacke über der Lehne, war kein weiterer Stuhl mit Jacke oder Tasche belegt. Anna war offensichtlich noch nicht da. Nachden ich meine Uhr und die Schmuckkette abgelegt hatte - das war hier Vorschrift - holte ich meine Wasserflasche aus meiner Tasche und ging zu der Türe, die in den Arbeitsbereich führte. Dann drehte ich mich noch einmal um und sah Annas Rucksack zwischen den Stühlen stehen. Ich dache daran, wie es wäre, wenn eine andere Mitarbeiterin den Rucksack fände und, um herauszubekommen, wem er gehört, in den Rucksack hinein schauen würde. Das käme vielleicht peinlich für Anna wegen der abgewetzten, braunen Kunstlederlatzi. Zumindest wäre sie in Erklärungsnot, und das wollte ich lieber vermeiden. Also ging ich noch einmal zurück und schnsppte mir Annas Rucksack. Ich nahm ihn mit in den Arbeitsbereich der UsedTex-Halle und nahm mir vor, den Rucksack mit Annas Kunstlederlatzi wie meinen Augapfel zu bewachen. Ich schob auch meine Wasserflasche mit in Annas Rucksack, damit es aussah, als wäre er meiner.
Nach einer kurzen Runde durch die Halle und einem „Guten Morgen“ zu jeder Mitarbeiterin und zu dem einzigen Mann hier erführ ich, was meine erste Arbeitsstation an diesem Morgen sein würde: der Lappenschneider. Das war ein schlankes und schmales Gerät, das im hinteren Teil der Halle stand und in dessen „Maul“ eine Art Säge sein musste. Damit konnte mal Stoffe in Stücke schneiden, ohne dass man sich verletzen könnte. Daneben Stand ein Sortiertisch mit einem Berg an Textilien. Auf der anderen Seite stand ein Gestell, in dem eine Plasticsack eingehängt war. Meine Aufgabe war, aus den Textilien auf dem Tisch etwa A5-große Putzlappen zu schneiden und diese in den Plasticsack zu werfen, bis dieser fast voll sein würde. Dann wird gewogen, gegebenenfalls wieder etwas herausgenommen, damit das Gewicht stimmt, und der Sack zugebunden und mit Aufklebe-Etikett versehen. Solche Säcke mit Putzlappen wurden an Industriebetriebe verkauft.
Ich stellte Annas Rucksack mit meiner Wasserflasche, die etwas herausragte, unter den Sortiertisch. Ich schaltete den Schneider ein und suchte mir eine gute Position, von der aus ich sowhl den Sortiertisch mit den Textilien, als auch den Sack für die fertigen Lappen gut erreichen konnte. Dann begann ich mit dem ersten Stück, das ich mit dem Schneider in zwei etwa gleich große Teile schneiden ließ. Um so ein Textilstück zu trennen, musste man es mit beiden Händen fest anfassten und straff gespannt an das „Maul“ der Schneiders ziehen. Beinahe lautlos trennte der Lappenschneider selbst dicke Frottee-Tücher in Hälften.
Ich war schon an diesem Arbeitsposten und war schon eingewiesen worden, deshalm konnte ich gleich mit der Arbeit beginnen.
Natürlic schaute ich mich immer wieder um, ob ich Anna entdecken könnte. Und ich schaute immer wieder unter den Tisch, wo Annas Rucksack stand. Ich war bereit, ihren Rucksack mit der besonderen Latzi „wie mein Leben“ zu bewachen. Schließlich würde sich niemand in meiner Gegenwart in dem Rucksack vergreifen.
Das Lappenschneiden ging zügig von der Hand, und schon Bald war der erste Sack voll. Zum Glück half mir eine Festangestellte, den prallen Sack zur Waage zu tragen. Dann wurde die Luft herausgezogen, der Sack verschlossen und zur Seite gestellt.
Ich bedankte mich bei der Mitarbeiterin, die mir geholfen hatte und beschloss, erst einmal zur Toilette zu gehen, bevor ich den nächsten Sack Putzlappen anfangen würde.
Als ich dann von der Toilette zurück kam, den Lappenschneider wieder einschaltete und einen leeren Plasticsack in den Ständer einhängte, fiel mein Blick unter den Sortiertisch: Annas Rucksack war weg! Panik stieg in mir hoch und mir stockte vor Schreck der Atem.
Sollte Anna zwischenzeitlich hier gewesen sein und ihn an sich genommen haben? Aber sie hätte sicher bemerkt, dass es meine Wasserflasche war, die oben herausschaue, und hätte sie hiergelassen.
Wer könnte diesen Rucksack also genommen haben? Und wozu?
Ich brauchte ein paar Augenblicke, um meine Gedanken zu sammeln, dann begann ich wieder mit dem Putzlappenschneiden. Ich wollte mir nichts anmerken lassen, dabei schlug mir das Herz bis zum Hals hoch! Ich suchte zwischendurch mit meinen Augen den Raum ab, konnte aber Annas Rucksack nirgends entdecken.
Ich könnte die Kollegin fragen, die mir zuvor beim Wiegen und Verpacken geholfen hatte. Ihre Arbeitsstation war fast unmittelbar neben meiner, und sie könnte möglicherweise etwas gesehen haben. Es dauerte eine Weile, bis ich mir Mut fasste und sie fragte, ob sie die Prankikantin Anna heute schon gesehen hätte und oh Anna vielleicht hier gewesen sei und ob die den Rucksack mitgenommen habe. Die Kollegin antwortete mir in einem vorwurfsvollen Ton, dass der Chef den Rucksack einkassiert hatte, weil da meine Wasserflasche oben herausschaute. Essen und Trinken waren im Arbeitsbereich in der Halle nicht erlaubt. Meinen Rucksack könne ich mir beim Chef im Büro wieder abholen.
In Sekundenbruchteilen malte ich mir in Gedanken aus, was passiert war: ausgerechnet während ich in der Toilette war, war der Chef in der Halle und hatte Annas Rucksack unter meinem Sortiertisch stehen sehen. Ich hatte ihn ja mit an meinen Arbeitsplatz genommen, um ihn immer im Blick zu haben, schließlich war ja Annas geliebte Kunstlederlatzhose darinnen. Die wollte ich Anna auf jeden Fall unversehrt zurückgeben, zusammen mit ihrem gesamten Rucksack natürlich. Ich hatte kein gutes Gefühl, Annas Rucksack unbeobachtet im Pausenraum stehen zu lassen. Was wäre, wenn da jemand hineingesehen hätte?
Aber nun hatte der Chef Annas Rucksck einkassiert, und das ausgerechnet wegen meiner Wasserflasche.
Ich überlegte, wann ich am besten zum Chefbüro gehen könnte, um mir den Rucksack wiedergeben zu lassen - vermutlich zusammen mit einer gehörigen Standpauke.
Zum Glück kam kurz darauf die Frühstückspause und die Kolleginnen gingen zum Pausenraum. Ich machte mich stattdessen auf den Weg zum Büro vom Chef. Ich setzte mein freundlichstes Lächeln auf und legte mir Worte zurecht, um mich für die Trinkflasche am Arbeitsplatz zu entschuldigen. Ich war bereit, die schmalzigsten Worte zu sagen, nur um den Rucksack zurück zu bekommen.
Der Weg zum Büro fühle sich für mich an, wie der Gang zum Zahnarzt.
Als ich an der Glastür vorm Chefbüro angekommen war, musste ich feststellen, dass sie verschlossen war. Der Chef war nicht im Büro, aber ich sah Annas Rucksack neben dem Schreibtisch stehen.
Ich konnte ihn sehen, konnte ihn aber nicht holen. So nah und doch so fern.
Einen Moment lang dachte ich sogar daran, ob ich die Glasür irgendwie aufhebeln oder aufbrechen könnte. Mein Herz pchte wie wild, aber zum Glück kam ich schnell wieder von diesen „kriminellen“ Gedanken ab. Mir blieb keine andere Wahl, als wieder zurück an meine Arbeits zu gehen und es zur Mittagspause noch einmal zu probieren. Schließlich musste ich mich laut meiner Kollegin ja mein Chef melden. Irgendwie würde ich den Rucksack mit meinem unschuldigen Blick und meinem schönsten Augenaufschlag sicher wiederbekommen. Der Chef was ja schließlich auch bloßt ein Mann…
Doch die Zeit bis zur nächsten Pause schien endlos. Ich schnitt Putzlappen und schaute immer wieder auf die Uhr, aber die Zeit wollte einfach nicht vergehen.
Ich dachte an Anna - wo war sie eigentlich? Ich legte extra einen Toilettengang ein und lief auf dem Rückweg einen großen Umweg durch die Halle. Ich hielt - so unauffällig wie möglich - nach Anna Ausschau. Ich machte einen kurzen Abstecher in den Pausenraum, aber auch da war Anna nicht. Sie wollte doch heute kommen, ihr Schülerpraktikum lief ja noch.
Schließlich ging ich wieder an meinen Putzlappenschneider und letzte meine Arbeit fort. Doch ich musste wieder an Anna denken. Und an den Chef: was könnte alles passieren, wenn er die braune Kunstlederhose im Rocksack entdecken würde? Würde er mich zwingen, sie zu Putzlappen zu verschneiden? Und was, wenn Anna mich dabei sehen würde?
Endlich kam die Mittagspause und ich machte mich sofort auf den Weg zum Chefbüro. Ich war entschlossen, ihn notfalls im ganzen Werksgelände zu suchen, umd mich „reuig“ zu melden. Ich würde jeden Worthagel und jedes Donnerwetter von ihm inkaufnehmen, um Annas Rucksack zurück zu bekommen.
Ich kam am Chefbüro an und musste wieder feststellen, dass die Glastür verschlossen war. Annas Rucksack aber stand nicht mehr auf dem Fußboden. Wo mag der wohl nun sein?
Ich lief zügig durch die Halle, über den Hof, eine Runde ums Gebäude. Ich konnte alles recht gut einsehen, fand den Chef aber nicht.
Dann setzte ich mich in den Pausenraum zu den anderen Mitarbeiterinnen. Wie nebenbei fragte ich, wo Anna heute geblieben sein mag. Eine der Mitarbeiterinnen sagte daraufhin, dass Anna heute früh angerufen hatte, die sei krank und könne einen Tag nicht kommen. „Die hat bestimmt bloß Liebeskimmer, das junge Ding“, machten sich zwei Kolleginen lustig. Sie machten ein paar derbe Bemerkungen, die sie selbst anscheinend witzig fanden - aber ich fühlte mich dabei absolut unwohl. Trotzdem versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.
Am Nachmittag bekam ich einen neuen Platz zugeteilt. Das war hier üblich so, dasmit man nicht den ganzen Tag stehen muss. Nun war ich mit im vorderen Bereich, wo die angelieferte Altkleidung je nach nach Zustand und Material in verkaufbar und nicht verkaufbar sortiert wurde. Da musste ich nicht - wie am Putzlappenschneider, die gesamte Zeit stehen.
Als ich meine Arbeit kurz unterbrach, um durch die Halle zur Toilette zu gehen, fiel mein Blick auf einen Mitarbeiter, der am Shredder stand. Wohl der einzige männliche Mitarbeiter außer dem Chef. Im Shredder krachte und knackte es immer wieder. Er shredderte die Kleidungsstücke wahrscheinlich, ohne zuvor die großen Metallteile zu entfernen. In hohem Tempo beförderte er Stücke aus dem Rollwagen in den Schlund der Shredders. Und immer wieder knackte und krachte es aus dem Shredder. Ich wusste nicht recht, was mir mehr leid tun sollte, der Shredder selber oder die achtlos hineingeworfenen Kleidungsstücke.
Auf dem Rückweg von der Toilette schaute erneut am Chefbüro vorbei: Zugeschlossen, niemand da. Ich überlegte, wie ich zum Abeitsschluss wohl an den Rucksack käme. Der Chef konnte ihn ja nicht einfach unter Verschluss behalten. Er musste ja davon ausgehen, dass es mein Rucksack war und dass da meine Autoschlüssel und mein Portomonnaie drin waren. Zurück am Arbeitsplatz, grübelte ich den ganzen Nachmittag, wie ich an der Rucksck kommen könnte. Doch plötzlich stand der Chef direkt neben mir am Sortiertisch, ich hatte ihn überhaupt bemerkt. Ich erschrak, versuchte aber die Fassung zu behalten. Mein Blick fiel sofort auf Annas Rucksack, den er in der Hand hielt. Ich setzte sofort mein freundlichstes Lächeln auf und ergriff die Initiative: ich entschuldigte mich und versprach ihm, kein Trinken mehr in den Arbeitsbereich mehr mitzunehmen. Noch nie zuvor hatte ich so schleimig gesprochen und mich dabei so komisch gefühlt, aber ich wollte den Vorwürfen des Chefs zuvorkommen. Trotzdem schrie mich ziemlich laut an, was ich mir wohl dabei gedacht hätte und dass ich als Semesterferien-Jobberin überhaupt nicht erlauben dürfte. Ich aber ließ alles über mich ergehen und hoffte, er würde mir schließlich Annas Rucksack zurückgeben. Ich sagte kein Wort und hoffte, die Standpauke war bald vorüber. „Und wenn du mir noch einmal so negativ auffällst, dann wird dein Vertrag beendet und du brauchst mir nie wieder unter die Augen zu treten! Haben wir uns verstanden? HABEN wir uns verstanden?“ schrie er mich an. Ich nickte nur und sagte „ja“.
Der Chef nahm den Rucksack hoch, fasste ihn am Boden an und kippte den ganzen Inhalt auf meinem Sortiertisch aus. Vor den Augen der anderen Mitarbeiterinnen. Das kann er doch nicht machen - dachte ich mir, aber ich biss mir auf die Zunge.
Als erstes polterte meine Trinkflasche auf den Tisch, dann Annas Vesperdose und ihre leere Wasserflasche, dann allerhand Kleinteile. Und schließlich rutschte auch Annas braune Kunstlederlatzi aus der Rucksacköffnung auf meinen Tisch. Mir blieb fast das Herz stehen.
Endlich war der Chef still, aber scheinbar fiel sein Blick erst jetzt auf die braune Kunstlederlatzi. Er griff sie sich und nahm sie hoch. Dabei entfaltete sie sich und jeder konnte sie sehen. Man sah deutlich, wie abgetragen sie war. „Seit wann darfst du Kleidung von hier mitnehmen? Oder willst du behaupten, die gehört dir?“ Mein Gesicht lief dunkelrot an. „Ohne Erlaubnis darfst du hier ÜBERHAUPT NICHTS mitnehmen. Außerdem ist die doch viel zu klein!“ Er knallte mir die Lederhose mit Wucht wieder auf den Tisch. Ich wusste zwar, dass etwas anderes vereinbart war: nämlich dass ich als Textildesign-Studentin mitnehmen durfte, was immer mir gefiel - gegen ein kleines Geld. Aber ich sagte nichts, denn ich hoffte, der Chef würde nun endlich wieder gehen, damit ich Annas Rucksack wieder zusammenpacken konnte. Doch dann fiel ihm offentlichtlich der durchgesessene Leder-Po auf, wo das braune Kunstleder schon so abgerieben war, dass teilweise der Unterstoff durchschaute. Fast schon brutal fasste er Annas Kunstlederlatzi, knüllte sie zusammen, kehrte mir den Rücken und ging festen Schrittes duch die Halle.
Annas Kunstlederlatzi immer noch in seiner Faust gefangen - warum konnte er sie nicht einfach hier lassen bei mir? Ich muss sie doch Anna zurückgeben! Aber er ging weiter durch die Halle bis nach hinten. Dann lenkte er seine Schritte in Rechtung Shredder - mir blieb fast das Herz stehen! Dann knüllte der die Latzi mit seinen Händen zusammen und warf sie - nicht direkt in den Shreddder zum Glück, sondern in den Rollwagen an der Shredderstation. Ich konnte nur hoffen, dass der Kollege am Shredder sie nicht gleich als erstes greifen wird. Der würde sie sicher ohne Skrupel und ohne Knöpfe-Entfernen in den Shredder werfen. Dann müsste ich Anna irgendwie erklären, dass ihre sehr geliebte Kunstlederlatzi für immer verloren wäre und nichts als kleine Mini-Schnipsel von ihr übrig wären.
Einfach hinterhergehen und die Latzi aus dem Rollwagen holen, das wäre jetzt nicht gegangen, denn alle Augen schienen auf mich zu schauen. So versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen und an meinem Arbeitsplatz weiter zu sortieren. Ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren und musste alle paar Sekunden zu dem Mann am Shredder schauen. Immer, wenn er in den Rollwagen fasste, blieb mein Atem stehen. Was, wenn der Annas braune Kunstlederlatzi herausholte und in den Shredder werfen würde, der sie knackend und krachend mitsamt Knöpfen zerkleinern würde? Ich konnte fast nicht arbeiten vor lauter Anspannung.
Der Arbeitsschluss kam mir wie eine große Befreiung vor. Jeder räumte seinen Platz auf, das Licht ging aus, der Shredder und die anderen Gerätschaften verstummten. Ich ging nach den anderen zum Pausenraum. Ich ließ mir extra Zeit, nahm Annas Rucksack, ging durch die Halle zur Toilettentür. Doch dort kehrte ich um, schaute ob mich auch niemand beobachten konnte und ging zur Shredderststion. Ich blickte noch einmal um mich, dass auch wirklich niemand weiter hier war. Endlich stand ich am Rollwagen, voller Herzklopfen schaute ich hinein: Konnte die Kunstlederlatzi nicht sehen. Oh Schreck! War sie doch mit geschreddert worden? Ich spürte, wie ich weiche Knie bekam.
Ich griff in den Rollwagen und schob die Kleidungsstücke zur Seite: doch darunter lang die Lederlatzi auch nicht. Ich beugte mich über den Rollwagen und schob sie Kleidung in eine andere Richtung. Auch da war die braune Lederlatzi nicht zu sehen. Nachdem ich alles durchgeühlt hatte, begriff ich, dass ich mich mit der Gewissheit abfinden musste, dass Annas Latzi geshreddert worden war. Mein Herz pochte und ich konnte kaum Luft holen bei diesem Gedanken.
So nahm ich Annas Rucksack - nun ohne ihre geliebte Kunstlederlatzi - und trottete langsam richtung Pausenraum. Dann fiel mein Blick auf einen zweiten Rollkontainer, in dem alle die Lederkleidungsstücke landeten, weil sie fast ausnahmslos immer zum Shreddern kamen. Ich schaute mit etwas Neugierde hinein: Welche schönen Sachen hier wohl drin waren - auf dem letzten Schritt vorm Vernichten. Ich hatte ja selbst schon am Shredder gestanden und herrliche Lederjeans aus diesem Rollcontainer in den Shredder befördert.
Ich schaute voller Spannung hinein: Da lag Annas Kunstlederlatzi! Mir fiel ein Stein vom Herzen - sie war noch da! Ich schaute um mich - und stopfte in Windeseile die Kunstklederlatzi in Annas Rucksack.
Ich schloss den Rucksack, ging extra einen kleinen Umweg zum Pausenraum, nahm meine eigene Tasche und ging sofort zur Außentür. Ich wollte direkt zu meinem grünen Polo, da stand er plötzlich vor mir: der Chef.
„Das war vorhin nicht so böse gemeint. Bist bei uns immer gern gesehen als studentische Mitarbeiterin. Wir brauchen ja jede fleissige Hand. Nimmsts mir ja nich übel, gell?“ sagte der Chef.
Ich fasste Annas Rucksack ganz fest und antwortete: „Ja alles gut. Bitte entschuldigen sie!“ Ich wich dem Chef mit einem Schritt aus, ging eilig zum Auto und ließ den Rucksack erst los, als ich im Auto saß. Ich parkte aus, lächelte aufgesetzt freundlich und sah zu, dass ich schnell wegkam. Erst als ich weit genug weg war vom Firmengelände war, atmete ich auf.
Erst auf der Heimfahrt wurde mir richtig bewusst, was für ein stressiger Tag das gewesen war: Beinahe wäre Annas geliebte, braune Kunstlederlatzi auchlos im Shredder vernichtet worden. Erst im allerletzten Augenblick hatte ich sie retten können.
Irgendwie fühlte ich mich wohl so ähnlich, wie Anna selbst am Vortag, als ich am Shredder stand und mir Anna ihre Kunstlederlatzi im letzten Augenblick aus den Händen gerissen hatte.
Ich konnte so gut verstehen, wie Anna sich gefühlt haben muss. Ich beschloss, am nächsten Tag Annas Rucksack mit ihrer geliebten Kunstlederlatzi nicht mit zu UsedTex zu nehmen. Ich hoffte, dass Anna wieder zur Arbeit kommen würde, und ich würde ihr anbieten, sie auf dem Heimweg mitzunehmen und ihr an meinem Haus den Rucksack wiederzugeben.
Als ich bei mir Zuhause angekommen war, nahm ich auch Annas Rucksack wieder mit auf mein Zimmer. Ich war von den emotionalen Auf und Ab des tages so erschöpft, dass ich mich erst einmal in meinen gemütlichen Sitzsack fallen ließ. Ich angelte mir mit den Füßen Annas Rucksack heran, öffnete ihn und nahm meine Trinkflasche heraus. Dabei berührte die Kunstlederlatzi im Rucksack meine Handrücken. Ich nahm sie vorsichtig heraus, faltete sie liebevoll auseianander und sah sie mir an. Immer wieder musste ich davbei an meine eigene, rote Knautschlederlatzi denken, die ich so geliebt hatte. Anna hatte eben auch so eine Lieblings-Latzi, auch wenn sie ihr sicher zu klein war. Ich wusste, wieviel es bedeutete, dass ich gut auf diesen Liebling aufpasste, um sie Anna wohlbehalten zurückzugeben.
Ich berührte Annas Hose zart mit den Fingerspitzen, denn sie erinnerte mich so sehr an meine eigene. Wie meine eigene damals hatte auch Annas Latzi einen tollen Latz mit Buttons für die Träger und einen schönen Rückenlatz. Am Po und an den Knien war das Leder sichtbar abgetragen, da schaute teilweise der Unterstoff durch. Zwischen den Beinen waren die Nähte locker und etwas durchgerieben, und das Kunstleder war an der Schrittnaht abgewetzt. Die Beinenden waren beide abgetreten: an den Fersen war das zu einem Saum umgenähte Kunstleder so stark abgerieben, das selbst der Unterstoff schon ausgefranzt und zerfastert war. Ich schloss die Augen und fühlte mit den Fingern über die verschlissenen Stellen von Annas Latzi. Irgendwie machte das die Latzi noch individueller, noch wertvoller.
Obwohl die Hose im Rucksack zusammengerollt war, zeigten ihre ausgeprägten Falten immer noch die Körperform ihrer Trägerin. Ich strich über das Kunstleder und dachte daran, wie sehr Anna ihre Latzi mochte. Immer wieder musste ich dabei auch an meine eigene danken. Ich nahm Annas Kunstlederlatzi an mein Gesicht und hielt sie an meine Wange. Sie war wirklich weich, auch wenn meine eigene noch softer und knautschiger gewesen war. Dann kam mir in den Sinn, was ich mit meiner eigenen Latzi immer gern gemacht hatte: auch Annas Laderlatzi hatte so eine breite Doppelnaht, die oben vom Latz herunter ging und als Po-Naht bis zum Rückenlatz wieder hinauf verlief. Ich strich mit den Fingerspitzen gefühlvoll diese Naht entlang, vom Latz vorn bis zum Rückenlatz. Das hatte ich mit meiner geliebten Latzi hundertmal gemacht, das war wie eine Liebeserklärung gewesen.
Vielleicht hatte Anna auch so eine besondere „Liebeserklärung“ für ihre braune Kunstlederlatzi?
Ich freute mich auf den nächsten Tag, an dem ich hoffte, Anna wiederzutreffen und ihr den Rucksack samt Latzi wiederzugeben. Ob ich ihr vielleicht auch einmal von meiner eigenen, roten Latzi erzählen sollte? Ob ich ihr auch erzählen sollte, dass ich sie am Ende als Arbeitshose abgerockt und feierlich verbrannt hatte? Ob ich Anna davon erzählen könnte?
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Am nächsten Morgen fuhr ich wieder zu UsedTex, Annas Rucksack ließ ich aber diesmal zuhause. Ich hoffte, dass Anna sich Anna an diesem Tag nicht krankgemeldet hat und ich ihr begegnen würde. Denn ich wollte ihr den Rucksack wiedergeben, den sie vor zwei Tagen bei mir im Auto zurückgelassen hatte. Ich hatte mir ausgedacht, dass ich Anna nachmittags nach Hause fahren würde und zuvor bei mir am Haus halte, um ihr den Rucksack mit ihrer braunen Kunstlederlatzhose zu geben.
Ich war glücklich, als ich Anna am Vormittag bei UsedTex sah. In einem passenden Moment ging ich zu ihr. Sie schaute mich erschrocken an, aber ich lächelte zurück und sagte: „Ich habe deinen Rucksack, den hattest du bei mir im Auto stehen lassen.“ Annas Blick hellte sich auf, und sie begann zu lächeln. „Er war bei dir im Auto?“ fragte sie überrascht zurück. „Ja, und er wartet auf dich!“ antwortete ich und konnte ihr die Freude direkt ansehen. Anna lächelte übers ganze Gesicht, ihre Augen weit aufgerissen. Dann sprang sie mir um den Hals und umarmte mich herzlich. Ich sagte ihr, dass ich sie am Nachmittag mit dem Auto mitnehme und ihr dann den Rucksack gebe.
Noch mehrmals am Tag begegnete ich Anna in der Halle, und jedesmal lächelte sie mich an. Ich freute mich schon sehr auf den Nachmittag, wenn ich ihr endlich ihren Rucksack und die Kunstlederlatzi zurückgeben könnte.
Nach Arbeitsende beeilte ich mich, meine Arbeitsstation aufzuräumen. Zügig ging ich zum Mitarbeiterraum, zog meine Jacke über und schnappte mir meine Tasche. Ich ging zur Tür hinaus und blickte zu meinem grünen Polo. Da wartete Anna schon freundlich lächelnd auf mich. Ich freute mich richtig, ihr endlich ihre „Schätze“ wiedergeben zu können. Ich schloss meinen Polo auf und bat Anna, einzusteigen. Statt eines Rucksacks hatte sie heute eine Umhängetasche dabei. Ich parkte aus und bog auf die Straße. Anna blickte mich unentwegt an und lächelte.
„Deinen Rucksack habe ich bei mir zuhause aufbewahrt.“, sagte ich ihr, „Wir fahren erst kurz zu mir, da gebe ich ihn dir zurück. Dann fahre ich dich zu dir.“ Anna nickte und lächelte mich an.
„Du hast deinen Rucksack sehr vermisst?“, fragte ich, und Anna nickte kräftig.
„Hast du in meinen Rucksack reingesehen?“, fragte mich Anna und machte mich mit ihrer Frage ein bisschen verlegen. Ich wollte ja eigentlich gar nicht in ihren Sachen herumschnüffeln. Aber ich musste hineinsehen, um vielleicht einen Hinweis auf ihre Adresse oder Telefonnummer zu finden. Ich nickte also und erklärte, wonach ich gesucht hatte. Mir war es ja wirklich darum gegangen, ihr den Rucksack möglichst schnell wieder zurück zu geben. Wenn ich Annas Adresse im Rucksack gefunden hätte, wäre ich tatsächlich mit dem Rucksack sofort zu ihr gefahren. Aber ich fand nichts, was mir weiterhelfen konnte. Deshalb war mein Plan gewesen, den Rucksack am nächsten Tag mit zum Job zu nehmen und ihn Anna dort zu geben.
Ich spürte, wie es mir immer noch ein wenig peinlich war, dass ich hineingeschaut hatte. Ich versuchte gedanklich immer noch, mich dafür zu rechtfertigen.
Anna schaute wieder zu mir herüber, doch ihr Lächeln war verflogen. Sie fragte mit ernstem, fast traurigem Gesicht: „Dann hast du ja auch meine alte Latzi gefunden. Jetzt hälst du mich bestimmt für total verrückt.“
„Deine Latzi habe ich gesehen, und es geht ihr gut!“, antwortete ich mit beruhigender Stimme: „Und verrückt bist du überhaupt nicht. Ich kann soo gut verstehen, dass du die Latzi gerettet hast und gut auf sie aufpasst. Ich kann das soo gut nachvollziegen, Anna!“
Anna schaute wieder zu mir und das Lächeln war wieder in ihrem Gesicht. Ich war erleichtert, dass sie es mir nicht übel nahm, dass ich in ihren Rucksack schauen musste.
Ich traute mich nicht, Anna zu erzählen, dass ich den Rucksack gestern mit bei UsedTex hatte und ihre braune Kunstlederlatzi schon im Rollcontainer für den Shredder lag. Dieses „Abenteuer“ musste ich erst einmal aussparen, weil ich ja sah, wie sensibel Anna an diesem Punkt war.
Also sagte ich: „Ich kann total gut nachfühlen, wie du deine Kunstlederlatzi magst. Denn ich hatte auch mal so eine Latzi, aus dunkelrotem Knatuschlack. Die hatte ich auch so geliebt, wie du deine.“
„Erzählst du mir davon?“, frage Anna nach und blickte mit hellwachen Augen zu mir.
Doch in diesem Augenblick waren wir auch schon an meinem Haus und ich parkte ein. „Möchtest du kurz mit rein kommen? Oder soll ich dir den Rucksack lieber raus bringen?“, fragte ich. „Ich komm gern mit rein!“, schoss es aus Anna heraus. „Ok, gerne!“, sagte ich und freute mich, dass Anna so glücklich aussah. Wir gingen gleich nach oben in mein Zimmer und ich bot Anna etwas Warmes zu trinken an. Anna schaute sich etwas hilflos um in meinem Zimmer. Als ihre Augen auf ihren Rucksack fielen, kam ein helles Lächeln auf ihr Gesicht. Sie nahm ihren Rucksack hoch und fasste mit einer Hand hinein. Sie strahlte vor Freude, während ihre Hand noch immer im Rucksack war.
Ich freute mich mit Anna. Dann ging ich nach unten, machte zwei Trinkschokoladen und brachte sie hoch in mein Zimmer. Anna stand immer noch da, als wäre sie in einem Traum. Ich stellte die beiden Tassen auf meinem Schreibtisch ab, bot Anna den Schreibtischstuhl an und schon eine der Tassen in ihre Richtung. Ich selbst ließ mich auf den Sitzsack fallen. Statt sich selbst auf den Drehstuhl zu setzen, stellte Anna ihren Rucksack darauf, öffnete ihn weit und schaute prüfend hinein. „Ist alles noch drin, ich habe nichts herausgenommen.“, sagte ich. „Danke, dass du auf alles aufgepasst hast!“, sagte Anna. Sie stellte den Rucksack auf den Bodel, hielt kurz inne und lächelte, dann setzte sie sich anstatt auf den Schreibtischstuhl zu mir auf den Sitzsack. Ich rutschte etwas zur Seit, um Anna mehr Platz zu geben. „Du hattest auch eine Kunstlederlatzi?“, fragte Anna. „Ja, und ich hatte sie genau so geliebt wie du deine!“, antwortete ich. Ich erzählte Anna von meiner dunkelroten Knautschlack-Latzi und davon, wie oft ich sie getragen hatte. Ich erzählte Anna auch davon, wie ich sie oft unter meinen Hoodies an hatte, als „heimliche“ Latzi. Anna hörte gespannt und mit funkelnden Augen zu. Da es sie offenbar interessierte, erzählte ich ihr auch davon, dass sie mir schon längst zu klein war und ich sie trotzdem noch gern trug. Ich hatte immer ein wunderbares Gefühl, wenn sich beim Sitzen der Rückenlatz spannte und die Mittelnaht vom Po bis nach vorn straff zu fühlen war. Meine Latzi liebte es, aus sich aufmerksam zu machen, und ich liebte genau das an ihr. Oft hatte ich sie „heimlich“ getragen, mit dem Latz unter dem Hoodie. Da bemerkten nur wenige, dass ich eine Lederhose trug. Und dass es eine Latzi war, wusste nur ich.
Ich erzählte Anna davon, weil ich dachte, dass es ihr vielleicht ähnling ging mit ihrer eigenen, braunen Kunstlederlatzi. Ich hoffte, dass sich Anna verstanden fühlte. Und vielleicht würde sie ja auch von ihrer Latzi erzählen - es hat mich jedenfalls sehr interessiert.
Anna hörte mir gespannt zu. „Was ist aus deiner Lieblings-Latzi geworden? Die war dir doch dann zu klein!“, fragte Anna. Ich fragte Anna, ob sie mir von ihrer braunen Kunstlederlatzi erzählen könnte. Mich verwunderte immer noch sehr, dass sie ohne Annas Wissen bei den Altkleidern gelandet war und ich sie vorgesten beinahe geshreddert hätte, wäre mich Anna da nicht so energisch angesprungen. Der Schreck von diesem Zusammentreffen war noch sehr präsent für mich. Anba zögerte, dann versprach sie, mir alles zu ihrer braunen Latzi zu erzählen, wenn ich ihr zuvor gensu davon berichtete, was aus meiner dunkelroden Knautschlacklatz geworden war. Ich ließ mich darauf ein und erzählte ihr, dass ich die Hose lange nur im Schrank liegen hatte, weil sie viel zu klein geworden war. Dann erzählte ich von dem Ferienwochenende bei meinen Großeltern, wo ich der Versuchung nicht widerstehen konnte, die Hose mit Farbe zu „verschönern“. Eigentlich wollte ich nicht weitererzählen, aber Anna bohrte nach. Schließlich erzählte ich ihr, wie ich meine Latzi verabschiedet und dann selbst verbrannt hatte. Annas Augen wurden groß und ich könnte am Zittern ihrer Stimme hören, wie sehr sie plötzlich aufgeregt war. „Wie hat sich das angefühlt, als du die Latzi verbrennen gesehen hast?“, fragte Anna. Ich erzählte ihr davon, wie mein Herz wohl bis zum Hals geschlagen hatte bei dem Anblick. Aber es lag auch ein ganz besonderers Prickeln darin, dass meine geliebte und so lange getragene Knautschlederlatzi im Feuer ihren besonderen Abschied fand. Ich würde dieses Gefühl nie vergessen, als das Feuer meine Latzi umzüngelte und nie wieder hergab. Auch die Träger und die großen Plastik-Trägernuttons am Latz verbrannten mit. Ich hatte meiner Latzi bis zum Schluss zugesehen und es war ein unbeschreibliches Gefühl, sie wegbrennen zu sehen. Anna hörte fasziniert zu. Gerade so, als hätte ich noch eine ganze Stunde davon erzählen können. „Und du hast sie danach nicht vermisst?“, fragte Anna. „Doch, ich vermisse sie.“, antwortete ich ihr. „Aber das Erlebnis, sie eigenhändig zu verbrennen und die Erinnerung sind noch schöner, als die viel zu kleine Lederhose für immer im Schrank zu haben.“
Anna nickte und schwieg nachdenklich.
Noch einer kurzen Stille fragte ich ganz vorsichtig, was es denn mit ihrer braunen Kunstlederlatzi aufsich habe. „Die ist mir auch schon lange viel zu klein“, erzählte Anna: „aber ich hatte noch nie daran gedacht, sie zu verbrennen oder kaputt zu machen. Ich habbe sie foch immer noch total lieb!“. Dann begann Anna zu erzählen, wie oft sie ihre braune Kunstlederlatzi in der Schule an hatte und wie schön sie sie immer fand. Sie erzählte mir von Kevin, der nicht nur die Latzi, sondern vor Allem auch sie selbst sehr mochte. Ich freute mich, dass Anna mir so viel Vertrauen schenkte.
„Passt sie dir denn noch?“, fragte ich, obwohl ich mir diese Frage hätte selbst beantworten können: Anna war viel zu lang geworden für ihre Latzi. „Ich glaube nicht. Und ich hatte sie auch schon sehr lange nicht mehr anprobiert. Ich möchte nicht, dass sie dabei kaputt geht.“, antwortete Anna mit trauriger Stimme. Ich fragte weiter: „Möchtest du sie für immer so aufbewahren?“ Anna zuckte mit den Schultern. Sie schaute zu Boden, dann suchte sie meinen Blick. „Möchtest du mal ausprobieren, ob du noch hinein passt?“, fragte ich, um die Stille zu unterbrechen. Anna zuckte wieder mit den Schultern. Dann schaute sie mich an und richtete sich auf: „Soll ich mal?“. Ich nickte und lächelte, und ihr Gesicht hellte sich wieder auf. Sie griff zum Rucksack und zog die braune Kunstlederlatzi heraus. „Aber nur, wenn du nicht lachst. Und wenn du dich wegdrehst.“, sagte sie. „Ich lache nicht, ich kann dein Gefühl doch so gut verstehen!“, versprach ich ihr und blickte ihr in die Augen. Dann drehte ich ihr den Rücken zu und ließ sie machen. Eine Weile lang blieb es still, wielleicht hatte Anna doch Zweifel? Dann hörte ich, wie sie sich umzog. Ich vernahm das Geräusch, wie sie ihre Kunstlederlatzi auseinanderrollte. Dieses Rascheln vom Kunstleder und das leise Knistern, wenn die Oberfläche ein bischen aneinanderklebt und dann auseinandergezogen wird. Ich hörte, wie Anna in die Hose stieg und das Rascheln, wie sie die Hosenbeine nach oben zog. Sie zog mehrere Male, offensichtlich saßen die Beine sehr straff. Dann hörte ich das leise „Klingeln“, wenn die Metallschnallen der Träger einander berührten. Ich meinte zu hören, wie Anna ihre Träger verstellte und schließlich vernahm ich das helle, metallene Klicken, wie sie die Schnallen der Träger in die großen Buttons am Latz einhängte. Ich war erleichtert und freute mich, dass sie ihre geliebte Latzi noch anziehen konnte! „Darf ich wieder schauen?“, fragte ich, und Anna sagte: „Klar!“ Ich drehte mich zu ihr und sah eine strahlend fröhliche Anna vor mir stehen. Sie trug die braune Kunstlederlatzi und ich staunte, wie gut Anna hineinpasste. Die Latzi war zwar wirklich viel zu kurz für Anna, sie hatte Hochwasserbeine und die Träger drückten in ihre Schultern, so stramm saßen sie. Aber ich war erstaunt, dass Anna vom Umfang immer noch perfekt in die Hose passte. Ich lächelte Anna an, weil ich sah, wie sie sich freute. „Ich wusste es, du lachst mich aus!“, sagte sie Anna und senkte den Kopf. „Keineswegs! Ich freue mich einfach mit dir. Ganz ehrlich!“, antwortete ich und suchte ihren Blick. Anna wich meinem Blick aus und zupfte an den Beinenden, als könnte sie sie länger ziehen. Dabei bückte sie sich ein wenig und ich sah, wie die straff anliegenden Träger nun noch mehr spannten und den Rückenlatz straff zogen. Hinten spannte Annas Latzi nun so sehr, dass ich hoffte, sie reißt nicht. Die Mittelnaht vom Rückenlatz nach unten schnitt tief ein. Einen Moment dachte ich, das müsste Anna weh tun - dann erinnerte ich mich an meine eigene Latzi und wie ich es genossen hatte, wenn sie bei mir so straff einschnitt. Ich hatte es geliebt, wenn sich meine zu kleine Latzi sich auf diese Weise bei mir spürbar machte. Vielleicht ging es Anna gerade genau so. „Hey Anna, wenn ich dich da so stehen sehe, denke ich an meine eigene Latzi zurück. Mir ging es doch genau so. Und ich lache dich ganz bestimmt nicht aus!“ Anna blickte unsicher nach oben und richtete sich wieder auf. Ich blickte ihr in die Augen und sagte: „Wenn ich dir nicht nachfühlen kann, wer dann?“ Ich erzählte ihr noch einmal von meinen „heimlichen“ Erlebnissen mit meiner geliebten, roten Knautschlacklatzi, wenn ich sie verborgen unter einem langen Hoodie trug und vielleicht niemand wusste, dass ich eine Latzi trug. Wenn ich mich beim Sitzen etwas nach vorn beugte, wurde den Träger und Rückenlatz so straff, dass sich die Mittelnaht am Po bis nach vorn deutlich spürbar machte und einschnitt. Ich genoss diese Augenblicke, besonders weil niemand sonst etwas davon ahnte. Und genau daran erinnerte mich Annas braune Kunstlederlatzi in dem Moment, sls Anna sich nach unten gebeugt hatte. Ich hoffte, Anna würde verstehen, dass ich sie keineswegs auslachte, sondern dass ich ihr genau nachempfinden konnte. Ich war beim Erzählen selbst etwas ins Träumen gekommen - doch als ich Anna ansah, blickte sie mir lächelnd in die Augen. Ich freute mich und lächelte zurück. Anna stand vor mir, aufrecht und fröhlich. Und wenn die Latzi längere Beine und einen höheren Latz hätte, würde sie Anna perfekt kleiden. „Ich weiß genau, wie du sehr deine Latzi liebst, Anna!“, sagte ich ihr, „Sie ist einzigartig, genau wie du.“
Anna strahlte und strich sich mit den Händen zart über die Kunstleder-Oberschenkel und die Po-Seiten. Bei diesen raschelnden Geräusch bekan ich beinahe eine Gänsehaut. „Mach das bitte nochmal, ich liebe sieses Geräusch.“, sagte ich und Anna strich mit beiden Händen sanft die Beine hinunter und wieder hinauf, über die Po-Seiten und schließlich mehrmals über den Latz. Das Rascheln raubt mir beinahe die Sinne. Das war, als entdeckte ich gerade eine vergessene, aber wahnsinnig intensive Erinnerung an meine eigene Knautschlederlatzi wieder. „Ich weiß, was dir gefallen wird.“, sagte Anna lächelnd und begann hin und her zu laufen. Dabei ließ sie ihre Beine sich extra berühren, so dass die Beininnenseiten an einander rieben. Das war das typische Geräusch vom Gehen in langer Lederhose. Aber Anna machte es viel stärker als normal. Bei jedem Schritt, wenn sich die Kunstlederhosenbeine berührten, war ein leichtes Schnappen zu hören. Das entstand, wenn die dicken Doppelnähte an den Hosenbein-Innenseiten an einander rieben und kurz aneinander hängen blieben. Dieses Rascheln machte mich völlig verrückt. Es war so intensiv und schön für mich, dass ich nichts antworten konnte. Anna muss an meinem Gesicht erkannt haben, wie sehr ich es genoss. Also kam sie näher zu mir und machte diese Gehbewegungen im Stand - extra für mich. Während ich genoss und nichts sagen konnte, fiel mein Blick auf die tiefen Sitzfalten, die Anna Lederhose vorn schon hatte. An den Innenseiten der Hosenbeine konnte ich den Unterstoff hervorblitzen sehen. Die Vorderseiten der Knie waren etwas durchgeschrabbt. Überall konnte ich Spuren vom vielen Tragen sehen. Auch die straffen Träger zogen mit Kraft an den großen Metallbuttons an der Oberseite des Brustlatzes. „Pass gut auf deine Latzi auf, Anna. Sie ist vielleicht eine der schönsten Erinnerungen, die du hast!“, sagte ich. „Ja“, hauchte Anna und trat nah an mich heran. „Darf ich mal drüberfassen?“, fragte ich Anna und sie nickte sofort, als hätte sie genau auf diese Frage gewartet. Ich berührte mit meinen Fingerspitzen das Kunstleder auf ihrem Rückenlatz. Ich streichelte mit meiner Hand über ihren Rückenlatz und war erstaunt, wie weich sich das braune Kunstleder anfasste. Ich war extra achtsam und vermied es, ihren Po oder den Brustlatz zu berühren. Ich wollte nicht, dass das missverständlich wird. Aber wie gern hätte ich über Annas staff überspannten Po gestrichen. So muss meine Latzi bei mir auch gesessen haben. „War deine auch so weich?“, fragte mich Anna. „Ja, sie war auch zum Liebhaben weich.“, antwortete ich ihr und rollte meine Augen genussvoll nach oben. „Wie konntest du sie dann überhaupt verbrennen?“, fragte Anna. Während ich nach einer guten Antwort suchte, fasste Anna meine Hand und führte sie von ihrer Hüfte ab ihr Hosenbein hinab. Ich genoss es, das Kunstleder ihrer Latzi unter meinen Fingern zu spüren. Ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln und antwortete ihr: „Das war ein ganz besonderes Gefühl. Und die Lust darauf kam ganz spontan. Ich hatte einfach unheimlich Lust, meine Latzi an dem Tag so richtig fertig zu machen. Das hat sich so schön angefühlt, gerade weil ich sie so liebte. Und sie dann ins Feuer zu legen war ein unbeschreiblich intensives Gefühl. Das war einfach der richtige Moment und ich war auch ganz allein mit ihr. Ich bin bei ihr geblieben, bis sie völlig verbrannt war und ich habe es auf eine ganz besondere Art genossen. Ich werde dieses Prickeln nie vergessen.“ Anna schaute mich mit gebanntem Blick an. „Sollte ich meine Latzi auch mal verbrennen?“, fragte sie mich leise. „Das musst du nicht tun, Anna. Behalte sie bei dir und bewahre sie auf. Und falls du wirklich einmal Lust hast, sie zu verbrennen, dann wirst du genau fühlen, dass du es tun musst.“, antwortete ich. „Wenn es soweit ist, hilfst du mir dabei?“, flüsterte Anna. „Ja, aber lass dir ruhig Zeit damit.“, flüsterte ich zurück.
Anna zog wieder ihre normale Hose an und diesmal brauchte ich mich auch nicht wegdrehen. Anna hatte wirklich eine schöne Figur. Ihre Kunstlederlatzi nahm sie hoch und bevor sie sie zusammenfaltete, drückte sie sie ganz fest an sich.
Dann hielt Anna die zusammengelegte Lederhose hoch vor ihren Kopf, so dass die abgetretenen Beinenden vor ihren Augen baumelten. Mit der anderen Hand formte Anna eine Faust und ließ dann den Daumen nach oben schnellen. Es ähnelte einem Daumen-Hoch, sah aber eher aus wie ein gespieltes Feuerzeug. Anna führte diese Faust an die Hosenbeinenden, so dass der hochgestreckte Daumen das umgenähte Kunstleder an den Beinsäumen berührte. Anna fuhr mit ihrem „Daumenfeuerzeug“ die gesamten Beinsäume mehrmals ab. Wie gebannt schaute sie aif ihre eigene Faust. Dann führte sie die gedachte Flamme ihres Phantasie-Feuerzeuges die Innenseite des Hosenbeins hinauf bis in den Schritt. Dann zwickte sie mit ihrer „Feuerzeughand“ in den Schritt ihrer Lederhose. Dabei entfaltete sich die zuvor etwas zusammengelegte Hose. Anna legte sie erneut liebevoll zusammen und steckte sie in den Rucksack. Anna muss währenddessen völlig vergessen haben, dass ich ihr ja zusah. Sie schien sich in Gedanken ausgemalt zu haben, wie sie ihre geliebte Lederlatzi am schönsten abzünden könnte.
„Ich bring dich nach Hause.“, sagte ich freundlich. Anna bot an, einfach nach Hause zu laufen. Schließlich war es nicht weit bis zu ihr, sagte sie. Ich bot ihr dennoch an, sie zu fahren, denn sie hatte ihren Rucksack von vorgestern und ihre Tasche von heute zu tragen. Und ich wollte gern auch wissen, wo Anna wohnte. Wir gingen nach unten, stiegen ins Auto und Anna zeigte mir die Richting. Ich war immer noch wie benommen von dem Gefühl, Annas Lederlatzi berühren zu dürfen, während sie sie getragen hatte. Um die Stille zu brechen, fragte ich Anna: „Wie kam es eigentlich dazu, dass deine Latzi bei UsedTex gelandet war? Sie wäre ja beinahe in den Shredder gekommen. Das kannst du doch so nicht gewollt haben. Oder?“
Anna drehte sich wie erschrocken zu mir. „Nein, davon wusste ich gar nichts. Das hat meine Maam gemacht!“. Anna wirkte plötzlich zuemlich aufgebracht. „Magst du mir davon erzählen? Es würde mich ehrlich interessieren.“, fragte ich. Anna antwortete: „Hier wohne ich! Gleich hier!“ Ich bremste und fuhr an den Straßenrand. Anna sprang aus dem Auto, nahm Tasche und Rucksack an sich und steckte dann grinsend ihren Kopf nocheinmsl durchs Fenster. „Wenn du morgen nachmittag mit zu mir kommst, erzähle ich dir alles!“, lachte sie und verschwand hüpfend im Gartentor. Sie drehte sich noch einmal um zu mir und lächelte. Dann hüpfte sie zur Haustür, nahm einen Schlüssel aus der Tasche und verschwand im Haus.
Ich blickte noch einen Moment hinterher, dann startete ich das Auto wieder und fuhr nach Hause.
Eines war seit heute klar: Anna und ich hatten die gleiche Verrücktheit. Und das war sehr schön so. Ich war unbeschreiblich gespannt, was Anna mir morgen erzählen würde. Wenn ich daran dachte, wie zärtlich und liebevoll sie mit ihrer Latzi heute umgegangen war, wollte ich mir nicht vorstellen, wie tot unglücklich ich sie gemacht hätte, wenn ich sie tatsächlich geshreddert hätte.
Ich musste auch an Annas „gedachtes“ Feuerzeug denken, mit dem sie ihre geliebte braune Kunstlederlatzi in Gedanken wohl angebrannt hatte.
Und ich musste unentwegt an das Rascheln ihrer Lederbeine denken, wenn an den Innenseiten das Kunstleder aneinander rieb.
Als ich vor meinem Haus meinen grünen Polo einparkte, konnte ich den nächsten Tag mit Anna kaum erwarten.
Ich war glücklich, als ich Anna am Vormittag bei UsedTex sah. In einem passenden Moment ging ich zu ihr. Sie schaute mich erschrocken an, aber ich lächelte zurück und sagte: „Ich habe deinen Rucksack, den hattest du bei mir im Auto stehen lassen.“ Annas Blick hellte sich auf, und sie begann zu lächeln. „Er war bei dir im Auto?“ fragte sie überrascht zurück. „Ja, und er wartet auf dich!“ antwortete ich und konnte ihr die Freude direkt ansehen. Anna lächelte übers ganze Gesicht, ihre Augen weit aufgerissen. Dann sprang sie mir um den Hals und umarmte mich herzlich. Ich sagte ihr, dass ich sie am Nachmittag mit dem Auto mitnehme und ihr dann den Rucksack gebe.
Noch mehrmals am Tag begegnete ich Anna in der Halle, und jedesmal lächelte sie mich an. Ich freute mich schon sehr auf den Nachmittag, wenn ich ihr endlich ihren Rucksack und die Kunstlederlatzi zurückgeben könnte.
Nach Arbeitsende beeilte ich mich, meine Arbeitsstation aufzuräumen. Zügig ging ich zum Mitarbeiterraum, zog meine Jacke über und schnappte mir meine Tasche. Ich ging zur Tür hinaus und blickte zu meinem grünen Polo. Da wartete Anna schon freundlich lächelnd auf mich. Ich freute mich richtig, ihr endlich ihre „Schätze“ wiedergeben zu können. Ich schloss meinen Polo auf und bat Anna, einzusteigen. Statt eines Rucksacks hatte sie heute eine Umhängetasche dabei. Ich parkte aus und bog auf die Straße. Anna blickte mich unentwegt an und lächelte.
„Deinen Rucksack habe ich bei mir zuhause aufbewahrt.“, sagte ich ihr, „Wir fahren erst kurz zu mir, da gebe ich ihn dir zurück. Dann fahre ich dich zu dir.“ Anna nickte und lächelte mich an.
„Du hast deinen Rucksack sehr vermisst?“, fragte ich, und Anna nickte kräftig.
„Hast du in meinen Rucksack reingesehen?“, fragte mich Anna und machte mich mit ihrer Frage ein bisschen verlegen. Ich wollte ja eigentlich gar nicht in ihren Sachen herumschnüffeln. Aber ich musste hineinsehen, um vielleicht einen Hinweis auf ihre Adresse oder Telefonnummer zu finden. Ich nickte also und erklärte, wonach ich gesucht hatte. Mir war es ja wirklich darum gegangen, ihr den Rucksack möglichst schnell wieder zurück zu geben. Wenn ich Annas Adresse im Rucksack gefunden hätte, wäre ich tatsächlich mit dem Rucksack sofort zu ihr gefahren. Aber ich fand nichts, was mir weiterhelfen konnte. Deshalb war mein Plan gewesen, den Rucksack am nächsten Tag mit zum Job zu nehmen und ihn Anna dort zu geben.
Ich spürte, wie es mir immer noch ein wenig peinlich war, dass ich hineingeschaut hatte. Ich versuchte gedanklich immer noch, mich dafür zu rechtfertigen.
Anna schaute wieder zu mir herüber, doch ihr Lächeln war verflogen. Sie fragte mit ernstem, fast traurigem Gesicht: „Dann hast du ja auch meine alte Latzi gefunden. Jetzt hälst du mich bestimmt für total verrückt.“
„Deine Latzi habe ich gesehen, und es geht ihr gut!“, antwortete ich mit beruhigender Stimme: „Und verrückt bist du überhaupt nicht. Ich kann soo gut verstehen, dass du die Latzi gerettet hast und gut auf sie aufpasst. Ich kann das soo gut nachvollziegen, Anna!“
Anna schaute wieder zu mir und das Lächeln war wieder in ihrem Gesicht. Ich war erleichtert, dass sie es mir nicht übel nahm, dass ich in ihren Rucksack schauen musste.
Ich traute mich nicht, Anna zu erzählen, dass ich den Rucksack gestern mit bei UsedTex hatte und ihre braune Kunstlederlatzi schon im Rollcontainer für den Shredder lag. Dieses „Abenteuer“ musste ich erst einmal aussparen, weil ich ja sah, wie sensibel Anna an diesem Punkt war.
Also sagte ich: „Ich kann total gut nachfühlen, wie du deine Kunstlederlatzi magst. Denn ich hatte auch mal so eine Latzi, aus dunkelrotem Knatuschlack. Die hatte ich auch so geliebt, wie du deine.“
„Erzählst du mir davon?“, frage Anna nach und blickte mit hellwachen Augen zu mir.
Doch in diesem Augenblick waren wir auch schon an meinem Haus und ich parkte ein. „Möchtest du kurz mit rein kommen? Oder soll ich dir den Rucksack lieber raus bringen?“, fragte ich. „Ich komm gern mit rein!“, schoss es aus Anna heraus. „Ok, gerne!“, sagte ich und freute mich, dass Anna so glücklich aussah. Wir gingen gleich nach oben in mein Zimmer und ich bot Anna etwas Warmes zu trinken an. Anna schaute sich etwas hilflos um in meinem Zimmer. Als ihre Augen auf ihren Rucksack fielen, kam ein helles Lächeln auf ihr Gesicht. Sie nahm ihren Rucksack hoch und fasste mit einer Hand hinein. Sie strahlte vor Freude, während ihre Hand noch immer im Rucksack war.
Ich freute mich mit Anna. Dann ging ich nach unten, machte zwei Trinkschokoladen und brachte sie hoch in mein Zimmer. Anna stand immer noch da, als wäre sie in einem Traum. Ich stellte die beiden Tassen auf meinem Schreibtisch ab, bot Anna den Schreibtischstuhl an und schon eine der Tassen in ihre Richtung. Ich selbst ließ mich auf den Sitzsack fallen. Statt sich selbst auf den Drehstuhl zu setzen, stellte Anna ihren Rucksack darauf, öffnete ihn weit und schaute prüfend hinein. „Ist alles noch drin, ich habe nichts herausgenommen.“, sagte ich. „Danke, dass du auf alles aufgepasst hast!“, sagte Anna. Sie stellte den Rucksack auf den Bodel, hielt kurz inne und lächelte, dann setzte sie sich anstatt auf den Schreibtischstuhl zu mir auf den Sitzsack. Ich rutschte etwas zur Seit, um Anna mehr Platz zu geben. „Du hattest auch eine Kunstlederlatzi?“, fragte Anna. „Ja, und ich hatte sie genau so geliebt wie du deine!“, antwortete ich. Ich erzählte Anna von meiner dunkelroten Knautschlack-Latzi und davon, wie oft ich sie getragen hatte. Ich erzählte Anna auch davon, wie ich sie oft unter meinen Hoodies an hatte, als „heimliche“ Latzi. Anna hörte gespannt und mit funkelnden Augen zu. Da es sie offenbar interessierte, erzählte ich ihr auch davon, dass sie mir schon längst zu klein war und ich sie trotzdem noch gern trug. Ich hatte immer ein wunderbares Gefühl, wenn sich beim Sitzen der Rückenlatz spannte und die Mittelnaht vom Po bis nach vorn straff zu fühlen war. Meine Latzi liebte es, aus sich aufmerksam zu machen, und ich liebte genau das an ihr. Oft hatte ich sie „heimlich“ getragen, mit dem Latz unter dem Hoodie. Da bemerkten nur wenige, dass ich eine Lederhose trug. Und dass es eine Latzi war, wusste nur ich.
Ich erzählte Anna davon, weil ich dachte, dass es ihr vielleicht ähnling ging mit ihrer eigenen, braunen Kunstlederlatzi. Ich hoffte, dass sich Anna verstanden fühlte. Und vielleicht würde sie ja auch von ihrer Latzi erzählen - es hat mich jedenfalls sehr interessiert.
Anna hörte mir gespannt zu. „Was ist aus deiner Lieblings-Latzi geworden? Die war dir doch dann zu klein!“, fragte Anna. Ich fragte Anna, ob sie mir von ihrer braunen Kunstlederlatzi erzählen könnte. Mich verwunderte immer noch sehr, dass sie ohne Annas Wissen bei den Altkleidern gelandet war und ich sie vorgesten beinahe geshreddert hätte, wäre mich Anna da nicht so energisch angesprungen. Der Schreck von diesem Zusammentreffen war noch sehr präsent für mich. Anba zögerte, dann versprach sie, mir alles zu ihrer braunen Latzi zu erzählen, wenn ich ihr zuvor gensu davon berichtete, was aus meiner dunkelroden Knautschlacklatz geworden war. Ich ließ mich darauf ein und erzählte ihr, dass ich die Hose lange nur im Schrank liegen hatte, weil sie viel zu klein geworden war. Dann erzählte ich von dem Ferienwochenende bei meinen Großeltern, wo ich der Versuchung nicht widerstehen konnte, die Hose mit Farbe zu „verschönern“. Eigentlich wollte ich nicht weitererzählen, aber Anna bohrte nach. Schließlich erzählte ich ihr, wie ich meine Latzi verabschiedet und dann selbst verbrannt hatte. Annas Augen wurden groß und ich könnte am Zittern ihrer Stimme hören, wie sehr sie plötzlich aufgeregt war. „Wie hat sich das angefühlt, als du die Latzi verbrennen gesehen hast?“, fragte Anna. Ich erzählte ihr davon, wie mein Herz wohl bis zum Hals geschlagen hatte bei dem Anblick. Aber es lag auch ein ganz besonderers Prickeln darin, dass meine geliebte und so lange getragene Knautschlederlatzi im Feuer ihren besonderen Abschied fand. Ich würde dieses Gefühl nie vergessen, als das Feuer meine Latzi umzüngelte und nie wieder hergab. Auch die Träger und die großen Plastik-Trägernuttons am Latz verbrannten mit. Ich hatte meiner Latzi bis zum Schluss zugesehen und es war ein unbeschreibliches Gefühl, sie wegbrennen zu sehen. Anna hörte fasziniert zu. Gerade so, als hätte ich noch eine ganze Stunde davon erzählen können. „Und du hast sie danach nicht vermisst?“, fragte Anna. „Doch, ich vermisse sie.“, antwortete ich ihr. „Aber das Erlebnis, sie eigenhändig zu verbrennen und die Erinnerung sind noch schöner, als die viel zu kleine Lederhose für immer im Schrank zu haben.“
Anna nickte und schwieg nachdenklich.
Noch einer kurzen Stille fragte ich ganz vorsichtig, was es denn mit ihrer braunen Kunstlederlatzi aufsich habe. „Die ist mir auch schon lange viel zu klein“, erzählte Anna: „aber ich hatte noch nie daran gedacht, sie zu verbrennen oder kaputt zu machen. Ich habbe sie foch immer noch total lieb!“. Dann begann Anna zu erzählen, wie oft sie ihre braune Kunstlederlatzi in der Schule an hatte und wie schön sie sie immer fand. Sie erzählte mir von Kevin, der nicht nur die Latzi, sondern vor Allem auch sie selbst sehr mochte. Ich freute mich, dass Anna mir so viel Vertrauen schenkte.
„Passt sie dir denn noch?“, fragte ich, obwohl ich mir diese Frage hätte selbst beantworten können: Anna war viel zu lang geworden für ihre Latzi. „Ich glaube nicht. Und ich hatte sie auch schon sehr lange nicht mehr anprobiert. Ich möchte nicht, dass sie dabei kaputt geht.“, antwortete Anna mit trauriger Stimme. Ich fragte weiter: „Möchtest du sie für immer so aufbewahren?“ Anna zuckte mit den Schultern. Sie schaute zu Boden, dann suchte sie meinen Blick. „Möchtest du mal ausprobieren, ob du noch hinein passt?“, fragte ich, um die Stille zu unterbrechen. Anna zuckte wieder mit den Schultern. Dann schaute sie mich an und richtete sich auf: „Soll ich mal?“. Ich nickte und lächelte, und ihr Gesicht hellte sich wieder auf. Sie griff zum Rucksack und zog die braune Kunstlederlatzi heraus. „Aber nur, wenn du nicht lachst. Und wenn du dich wegdrehst.“, sagte sie. „Ich lache nicht, ich kann dein Gefühl doch so gut verstehen!“, versprach ich ihr und blickte ihr in die Augen. Dann drehte ich ihr den Rücken zu und ließ sie machen. Eine Weile lang blieb es still, wielleicht hatte Anna doch Zweifel? Dann hörte ich, wie sie sich umzog. Ich vernahm das Geräusch, wie sie ihre Kunstlederlatzi auseinanderrollte. Dieses Rascheln vom Kunstleder und das leise Knistern, wenn die Oberfläche ein bischen aneinanderklebt und dann auseinandergezogen wird. Ich hörte, wie Anna in die Hose stieg und das Rascheln, wie sie die Hosenbeine nach oben zog. Sie zog mehrere Male, offensichtlich saßen die Beine sehr straff. Dann hörte ich das leise „Klingeln“, wenn die Metallschnallen der Träger einander berührten. Ich meinte zu hören, wie Anna ihre Träger verstellte und schließlich vernahm ich das helle, metallene Klicken, wie sie die Schnallen der Träger in die großen Buttons am Latz einhängte. Ich war erleichtert und freute mich, dass sie ihre geliebte Latzi noch anziehen konnte! „Darf ich wieder schauen?“, fragte ich, und Anna sagte: „Klar!“ Ich drehte mich zu ihr und sah eine strahlend fröhliche Anna vor mir stehen. Sie trug die braune Kunstlederlatzi und ich staunte, wie gut Anna hineinpasste. Die Latzi war zwar wirklich viel zu kurz für Anna, sie hatte Hochwasserbeine und die Träger drückten in ihre Schultern, so stramm saßen sie. Aber ich war erstaunt, dass Anna vom Umfang immer noch perfekt in die Hose passte. Ich lächelte Anna an, weil ich sah, wie sie sich freute. „Ich wusste es, du lachst mich aus!“, sagte sie Anna und senkte den Kopf. „Keineswegs! Ich freue mich einfach mit dir. Ganz ehrlich!“, antwortete ich und suchte ihren Blick. Anna wich meinem Blick aus und zupfte an den Beinenden, als könnte sie sie länger ziehen. Dabei bückte sie sich ein wenig und ich sah, wie die straff anliegenden Träger nun noch mehr spannten und den Rückenlatz straff zogen. Hinten spannte Annas Latzi nun so sehr, dass ich hoffte, sie reißt nicht. Die Mittelnaht vom Rückenlatz nach unten schnitt tief ein. Einen Moment dachte ich, das müsste Anna weh tun - dann erinnerte ich mich an meine eigene Latzi und wie ich es genossen hatte, wenn sie bei mir so straff einschnitt. Ich hatte es geliebt, wenn sich meine zu kleine Latzi sich auf diese Weise bei mir spürbar machte. Vielleicht ging es Anna gerade genau so. „Hey Anna, wenn ich dich da so stehen sehe, denke ich an meine eigene Latzi zurück. Mir ging es doch genau so. Und ich lache dich ganz bestimmt nicht aus!“ Anna blickte unsicher nach oben und richtete sich wieder auf. Ich blickte ihr in die Augen und sagte: „Wenn ich dir nicht nachfühlen kann, wer dann?“ Ich erzählte ihr noch einmal von meinen „heimlichen“ Erlebnissen mit meiner geliebten, roten Knautschlacklatzi, wenn ich sie verborgen unter einem langen Hoodie trug und vielleicht niemand wusste, dass ich eine Latzi trug. Wenn ich mich beim Sitzen etwas nach vorn beugte, wurde den Träger und Rückenlatz so straff, dass sich die Mittelnaht am Po bis nach vorn deutlich spürbar machte und einschnitt. Ich genoss diese Augenblicke, besonders weil niemand sonst etwas davon ahnte. Und genau daran erinnerte mich Annas braune Kunstlederlatzi in dem Moment, sls Anna sich nach unten gebeugt hatte. Ich hoffte, Anna würde verstehen, dass ich sie keineswegs auslachte, sondern dass ich ihr genau nachempfinden konnte. Ich war beim Erzählen selbst etwas ins Träumen gekommen - doch als ich Anna ansah, blickte sie mir lächelnd in die Augen. Ich freute mich und lächelte zurück. Anna stand vor mir, aufrecht und fröhlich. Und wenn die Latzi längere Beine und einen höheren Latz hätte, würde sie Anna perfekt kleiden. „Ich weiß genau, wie du sehr deine Latzi liebst, Anna!“, sagte ich ihr, „Sie ist einzigartig, genau wie du.“
Anna strahlte und strich sich mit den Händen zart über die Kunstleder-Oberschenkel und die Po-Seiten. Bei diesen raschelnden Geräusch bekan ich beinahe eine Gänsehaut. „Mach das bitte nochmal, ich liebe sieses Geräusch.“, sagte ich und Anna strich mit beiden Händen sanft die Beine hinunter und wieder hinauf, über die Po-Seiten und schließlich mehrmals über den Latz. Das Rascheln raubt mir beinahe die Sinne. Das war, als entdeckte ich gerade eine vergessene, aber wahnsinnig intensive Erinnerung an meine eigene Knautschlederlatzi wieder. „Ich weiß, was dir gefallen wird.“, sagte Anna lächelnd und begann hin und her zu laufen. Dabei ließ sie ihre Beine sich extra berühren, so dass die Beininnenseiten an einander rieben. Das war das typische Geräusch vom Gehen in langer Lederhose. Aber Anna machte es viel stärker als normal. Bei jedem Schritt, wenn sich die Kunstlederhosenbeine berührten, war ein leichtes Schnappen zu hören. Das entstand, wenn die dicken Doppelnähte an den Hosenbein-Innenseiten an einander rieben und kurz aneinander hängen blieben. Dieses Rascheln machte mich völlig verrückt. Es war so intensiv und schön für mich, dass ich nichts antworten konnte. Anna muss an meinem Gesicht erkannt haben, wie sehr ich es genoss. Also kam sie näher zu mir und machte diese Gehbewegungen im Stand - extra für mich. Während ich genoss und nichts sagen konnte, fiel mein Blick auf die tiefen Sitzfalten, die Anna Lederhose vorn schon hatte. An den Innenseiten der Hosenbeine konnte ich den Unterstoff hervorblitzen sehen. Die Vorderseiten der Knie waren etwas durchgeschrabbt. Überall konnte ich Spuren vom vielen Tragen sehen. Auch die straffen Träger zogen mit Kraft an den großen Metallbuttons an der Oberseite des Brustlatzes. „Pass gut auf deine Latzi auf, Anna. Sie ist vielleicht eine der schönsten Erinnerungen, die du hast!“, sagte ich. „Ja“, hauchte Anna und trat nah an mich heran. „Darf ich mal drüberfassen?“, fragte ich Anna und sie nickte sofort, als hätte sie genau auf diese Frage gewartet. Ich berührte mit meinen Fingerspitzen das Kunstleder auf ihrem Rückenlatz. Ich streichelte mit meiner Hand über ihren Rückenlatz und war erstaunt, wie weich sich das braune Kunstleder anfasste. Ich war extra achtsam und vermied es, ihren Po oder den Brustlatz zu berühren. Ich wollte nicht, dass das missverständlich wird. Aber wie gern hätte ich über Annas staff überspannten Po gestrichen. So muss meine Latzi bei mir auch gesessen haben. „War deine auch so weich?“, fragte mich Anna. „Ja, sie war auch zum Liebhaben weich.“, antwortete ich ihr und rollte meine Augen genussvoll nach oben. „Wie konntest du sie dann überhaupt verbrennen?“, fragte Anna. Während ich nach einer guten Antwort suchte, fasste Anna meine Hand und führte sie von ihrer Hüfte ab ihr Hosenbein hinab. Ich genoss es, das Kunstleder ihrer Latzi unter meinen Fingern zu spüren. Ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln und antwortete ihr: „Das war ein ganz besonderes Gefühl. Und die Lust darauf kam ganz spontan. Ich hatte einfach unheimlich Lust, meine Latzi an dem Tag so richtig fertig zu machen. Das hat sich so schön angefühlt, gerade weil ich sie so liebte. Und sie dann ins Feuer zu legen war ein unbeschreiblich intensives Gefühl. Das war einfach der richtige Moment und ich war auch ganz allein mit ihr. Ich bin bei ihr geblieben, bis sie völlig verbrannt war und ich habe es auf eine ganz besondere Art genossen. Ich werde dieses Prickeln nie vergessen.“ Anna schaute mich mit gebanntem Blick an. „Sollte ich meine Latzi auch mal verbrennen?“, fragte sie mich leise. „Das musst du nicht tun, Anna. Behalte sie bei dir und bewahre sie auf. Und falls du wirklich einmal Lust hast, sie zu verbrennen, dann wirst du genau fühlen, dass du es tun musst.“, antwortete ich. „Wenn es soweit ist, hilfst du mir dabei?“, flüsterte Anna. „Ja, aber lass dir ruhig Zeit damit.“, flüsterte ich zurück.
Anna zog wieder ihre normale Hose an und diesmal brauchte ich mich auch nicht wegdrehen. Anna hatte wirklich eine schöne Figur. Ihre Kunstlederlatzi nahm sie hoch und bevor sie sie zusammenfaltete, drückte sie sie ganz fest an sich.
Dann hielt Anna die zusammengelegte Lederhose hoch vor ihren Kopf, so dass die abgetretenen Beinenden vor ihren Augen baumelten. Mit der anderen Hand formte Anna eine Faust und ließ dann den Daumen nach oben schnellen. Es ähnelte einem Daumen-Hoch, sah aber eher aus wie ein gespieltes Feuerzeug. Anna führte diese Faust an die Hosenbeinenden, so dass der hochgestreckte Daumen das umgenähte Kunstleder an den Beinsäumen berührte. Anna fuhr mit ihrem „Daumenfeuerzeug“ die gesamten Beinsäume mehrmals ab. Wie gebannt schaute sie aif ihre eigene Faust. Dann führte sie die gedachte Flamme ihres Phantasie-Feuerzeuges die Innenseite des Hosenbeins hinauf bis in den Schritt. Dann zwickte sie mit ihrer „Feuerzeughand“ in den Schritt ihrer Lederhose. Dabei entfaltete sich die zuvor etwas zusammengelegte Hose. Anna legte sie erneut liebevoll zusammen und steckte sie in den Rucksack. Anna muss währenddessen völlig vergessen haben, dass ich ihr ja zusah. Sie schien sich in Gedanken ausgemalt zu haben, wie sie ihre geliebte Lederlatzi am schönsten abzünden könnte.
„Ich bring dich nach Hause.“, sagte ich freundlich. Anna bot an, einfach nach Hause zu laufen. Schließlich war es nicht weit bis zu ihr, sagte sie. Ich bot ihr dennoch an, sie zu fahren, denn sie hatte ihren Rucksack von vorgestern und ihre Tasche von heute zu tragen. Und ich wollte gern auch wissen, wo Anna wohnte. Wir gingen nach unten, stiegen ins Auto und Anna zeigte mir die Richting. Ich war immer noch wie benommen von dem Gefühl, Annas Lederlatzi berühren zu dürfen, während sie sie getragen hatte. Um die Stille zu brechen, fragte ich Anna: „Wie kam es eigentlich dazu, dass deine Latzi bei UsedTex gelandet war? Sie wäre ja beinahe in den Shredder gekommen. Das kannst du doch so nicht gewollt haben. Oder?“
Anna drehte sich wie erschrocken zu mir. „Nein, davon wusste ich gar nichts. Das hat meine Maam gemacht!“. Anna wirkte plötzlich zuemlich aufgebracht. „Magst du mir davon erzählen? Es würde mich ehrlich interessieren.“, fragte ich. Anna antwortete: „Hier wohne ich! Gleich hier!“ Ich bremste und fuhr an den Straßenrand. Anna sprang aus dem Auto, nahm Tasche und Rucksack an sich und steckte dann grinsend ihren Kopf nocheinmsl durchs Fenster. „Wenn du morgen nachmittag mit zu mir kommst, erzähle ich dir alles!“, lachte sie und verschwand hüpfend im Gartentor. Sie drehte sich noch einmal um zu mir und lächelte. Dann hüpfte sie zur Haustür, nahm einen Schlüssel aus der Tasche und verschwand im Haus.
Ich blickte noch einen Moment hinterher, dann startete ich das Auto wieder und fuhr nach Hause.
Eines war seit heute klar: Anna und ich hatten die gleiche Verrücktheit. Und das war sehr schön so. Ich war unbeschreiblich gespannt, was Anna mir morgen erzählen würde. Wenn ich daran dachte, wie zärtlich und liebevoll sie mit ihrer Latzi heute umgegangen war, wollte ich mir nicht vorstellen, wie tot unglücklich ich sie gemacht hätte, wenn ich sie tatsächlich geshreddert hätte.
Ich musste auch an Annas „gedachtes“ Feuerzeug denken, mit dem sie ihre geliebte braune Kunstlederlatzi in Gedanken wohl angebrannt hatte.
Und ich musste unentwegt an das Rascheln ihrer Lederbeine denken, wenn an den Innenseiten das Kunstleder aneinander rieb.
Als ich vor meinem Haus meinen grünen Polo einparkte, konnte ich den nächsten Tag mit Anna kaum erwarten.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Ich konnte es kaum erwarten, bis es endlich wieder Morgen wurde. Ich war so gespannt, Anna wiederzusehen. Ich dachte daran, dass ich nach der Arbeit mit zu Anna kommen könnte, ich war so gespannt auf ihre Geschichte von ihrer braunen Kunstlederlatzi und wieso diese bei UsedTex gelandet war.
Als ich in meinen alten Polo einstieg, um zu UsedTex zu fahren, kam mir der Gedanke, dass ich Anna vielleicht schon auf dem Hinweg mitnehmen könnte. Ich fuhr zu ihrem Haus, aber Anna wsr dort nicht zu sehen. Das wäre auch ein ziemlicher Zufall gewesen, wenn sie ausgetechnet zu diesem Zeitpunkt aus ihrem Haus gekommen wäre. So lenkte ich um und nutzte die dabei gewonnene Extrazeit, immer wieder zu Annas Hsus zu schauen. Aber sie war nicht zu sehen, wir hatten ja auch nichts abgesprochen. Ich malte mir aus, wie schön es gewesen wäre, schon auf der Fahrt zur Arbeit ein bisschen mit ihr zu reden.
Ich fuhr weiter durch das Wohngebiet in Richtung UsedTex, da sah ich an der Bushaltestelle eine Person hüpfen und winken. Es war Anna! Sie hatte mich offensichtlich schon eher entdeckt, als ich sie. Ich fuhr an die Haltestelle und lächelte Anna an. Sie kam sofort und stieg freudestrahlend in meinen Polo. Ihren kleinen Rucksack warf sie auf die Rücksitze. Anna blickte mich lächelnd an und sagte: „Da bin ich!“. „Hallo Anna, schön, dass wir uns gleich gesehen haben!“, sagte ich. „Ja! Und ich konnte es kaum abwarten bis wir uns heute wieder sehen würden! Ich wollte dir doch etwas erzählen! Und du bist vielleicht die einzige, die mich vesteht!“, sprudelte es aus Anna heraus. „Und guck mal!“, sagte Anna und klatschte mit ihren Händen auf ihre Oberschenkel. Erst da bemerkte ich erst, dass sie eine besondere Hose trug. Eine dunkelrote Jogger aus dickem, knautschigem Kunstleder. An den Beinenden waren Gummizüge drin, am Bund bestimmt auch, jedenfalls hingen weiße Schürbändchen herab. Beim genaueren Hinsehen bemerkte ich, dass die Hose zweifarbig war. An den Beininnenseiten feuerrot und ansonsten in kräftigem Dunkelrot. Das Kunstleder hatte leichten Glanz und war sehr riffelig, knautschig. Bestimmt war es sehr soft und angenehm zu tragen. Anna strich sich unentwegt mit den Händen über die Oberschenkel, was das typische Kunstlederrascheln ergab, das mich doch so verzauberte. „Ist das die Markenhose, die du letztlich von UsedTex mitnehmen durftest?“, fragte ich Anna und versuchte konzentriert zu bleiben. „Ja, das ist eine vom msgm und ich bin ja so glücklich, dass ich sie entdeckte habe!“, antwortete Anna mit einem strahlenden Lächeln. „Ich hab meiner Mama erzählt, dass ich sie von UsedTex mitnehmen durfte und dass sie mir ganz toll gefällt. Und meine Mama hat nichts dagegen!“, redete Anna weiter. „Sie ist bestimmt schön weich, oder?“, fragte ich Anna. Sie lächelte und nickte: „Fühl doch mal, sie ist sooo schön!“
Ich zögerte und schaute zu Anna hinüber. Da zog sie an meiner Hand. Zuerste zögerte ich, doch dann ließ ich Anna machen: sie legte meine Hand an ihren Oberschenkel und schob sie leicht auf dem Kunstleder auf und ab. Ich spürte das riffelige, unglaublich softe Material ihrer Hose. Was für eine unglaublich tolle Jumperhose Anna da gefunden hatte! Ich zog meine Hand wieder zurück, weil ich schalten musste. „Die Hose ist wunderschön. Unglaublich, dass die jemand in die Altkleider gegeben hat!“, sagte ich und lächelte zu Anna hinüber. Sie lächelte zurück und sagte nichts. Währenddessen strich sie immer wieder mit ihren Fingerspitzen auf ihren Oberschenkeln auf und ab. Ich konnte ihr ansehen, wie sehr sie ihre neue Leder-Joggerhose liebte.
Als wir bei UsedTex ankamen, stieg Anna aus und nahm ihren kleinen Rucksack und bedankte sich fürs Mitnehmen. Sie lief mir voraus über den Parkplatz zur UsedTex-Halle. Sie hüpfte so fröhlich und schnell, dass ich kaum hinterherkam. Mir fiel auf, wie sehr ihre dunkelrote Knautschleder-Joggerhose dabei raschelte. Schon glattes Kunstleder macht beim Laufen raschelnde Geräusche, aber diese Hose mit dem stark riffeligen Material war echt unüberhörbar beim Gehen. Vor dem Mitarbeitereingang blieb Anna stehen und drehte sich um zu mir. „Magst du auch, oder?“, frage sie mich mit einem Strahlen im Gesicht. Ich stellte mich unverständlich, doch das ließ Anna nicht durchgehen: sie strich sich mit den Händen über die Oberschenkel und bewegte ihre Beine im Stand, so dass die Beininnenseiten aneinander rieben. Anna lachte mich dabei an. Ich musste es einfach zugeben: „Ja, dieses Rascheln mag ich. Ich finde das wunderschön.“
Anna lächelte mich an, dann drehte sie sich um. Und öffnete die Tür zum Mirarbeiterraum der UsedTex-Halle. Ich trat hinter Anna durch die Tür und suchte mir einen freien Stuhl am Pausentisch, auf den ich meine Tasche abstellte. Auch Anna stellte ihren Rucksack auf einen freien Stuhl. Ich zog meine Jacke aus und überlegte noch kurz, ob ich sie an einen Kleiderhaken oder einfach über die Stuhllehne hängen sollte. Den Autoschlüssel vergrub ich in meiner Tasche, dann drehte ich um, um zur Toilettentür und dann in den Arbeitsbereich der Halle zu gehen. Ich drehte mich um und hätte fast Anna umgerannt, die plötzlich direkt hinter mir stand. Sie schaute mich an und bewegte ihre Beine im Stand, um mit ihrer Hose dieses Rascheln zu machen. Ihr Lachen ging über ihr ganzes Gesicht, und ich war völlig wehrlos gegen Annas Fröhlichkeit. Ich lächelte zurück und genoss heimlich, das Geräusch, das sie mit ihrer Hose machte. Als Anna sich umdrehte, um zur Tür zu gehen, fragte ich sie, ob sie diese gute Knautschlederhose für die Arbeit anbehalten wollte. Sie drehte sich zu mir um, lächelte und nickte und wartete, bis ich auch an der Tür war. Da stand sie wieder, direkt vor mir, und strich mit ihren Händen gut hörbar über ihre Knautschlederbeine. Sie lächelte, drehte dich um und hüpfte durch die Tür in den Arbeitsbereich der Halle. „Falls du heute am Shredder bist und etwas schönes für mich findest, mach es bitte nicht kaputt!“, rief Anna mir noch zu und verschwand im Halbdunkel der Halle. Noch war alles still, denn die Einteilung auf die verschiedenen Arbeitsstationen geschah im vorderen Verkaufsbereich. Dort sah ich Anna dann auch wieder. Während des Arbeitstages lief mir Anna immer wieder kurz über den Weg. Sie war immer am Lächeln, wenn unsere Blicke sich kreuzten. Am Nachmittag waren wir schließlich fast nebeneinander eingeteilt: Anna stand am Shredder und ich war nur wenige Meter neben ihr mit der Letztsortierung beschäftigt. Ich musste die als unverwertbar ausgesonderten Kleidungsstücke ein letztes Mal sichten und in die unverschmutzten in den Rollcontainer für die Putzlappenverarbeitung geben. Plastikartige Materialien und Leder taugten dafür von vornherein nicht, sie flogen mit in den Rollwagen für den Shredder. Normalerweise wurde Leder schon vorher aussortiert und kam in einen separaten Rollcontainer, der fast immer als letztes am Nachmittag im Shredder sein Ende fand.
Doch heute fand ich unter den Textilsachen, von denen heute die allermeisten für die Putzlappenverwertung geeignet waren, eine sehr schmal geschnittene Hose aus hellem, fast weißen Lackleder. Die Oberfläche glänzte etwas und fühlte sich leicht strukturiert, fast glatt an. So, als wäre es mit Lack überzogenes Echtleder. Nur war diese Hose viel leichter, als die Echtlederhosen, die ab und zu im Shreddercontainer lagen. Das besondere an dieser Hose war ihr Schnitt: sie hatte einen markanten Zip am Po. Der Bund war an den Seiten wie ein breiter Gürtel geschnitten, so dass darunter beim Tragen wohl etwas Haut durchschaute. Die Hose muss sehr tief hüftig gesessen haben. Die Beine hatten eine mittige Ziernaht, die vom Bund bis nach unten führte. Im Schritt und an der Po-Naht war das Lackleder voller kleiner Risse, der Po-Reißverschluss hätte sich bestimmt bald gelöst. Unterhalb das Po-Reißverschlusses war ein großes Loch im Lackleder, dort hatte die Naht nicht mehr gehalten. An den Innenseiten war der Hosenbund mit weißem Stoff ausgekleidet, der oben am Bund nicht mehr weiß, sondern grau und abgegriffen war. Ich sah die Hosenbeine hatten einige Kratzer und gebrauchsspuren, die Beinenden waren völlig zertreten. Diese Diskohose hatte wohl schon viel erlebt. Denneoch war sie zum Wegwerfen eigentlich viel zu schade. Ich hielt sie hoch, so dass Anna meinen Fund sehen konnte. Anna bekam große Augen. Sie streckte mir die Hände entgegen, damit ich ihr die Hose geben sollte. Ich lächelte und reichte sie ihr herüber. Anna lächelte und genoss es sichtlich, das weiche Lackledermaterial anzufassen. Sie schaute sich begeistert die Hose von oben bis unten an. Dann hielt sie sie an den eigenen Körper, aber die Beine der Hose waren deutlich zu lang für Anna. Abgesehen von den viel zu langen Beinen hätte die Hose Anna wahrscheinlich gut gepasst. Die Beine waren schmal, wie gemacht für Anna.
Anna drehte die Hose um und betrachtere die markante Po-Seite mit dem Reißverschluss, der vom Bund bis auf halbe Höhe der Po hinunter verlief. Hier waren große Dehnungsrisse zu sehen. Anna fuhr mit Ihren Fingerspitzen über das rissige Leder und die sehr poröse Schrittnaht. Da bemerkte sie das große Loch ib der Naht am Ende des Reißverschlusses. Anna versenkte ihren Zeigefinger darin und grinste. Dann steckte sie auch den anderen Zeigefinger in das Nahtloch, schaue mit an und sagte: „Soll ich?“. Mit ihren Fingern deutete sie an, dass sie die Hose an dem Loch aufreißen könnte. Ich war zuerst erschrocken darüber, dass Anna die Hose gern kaputtgerissen hätte, doch dann lachte ich und fand den Gedanken sehr reizvoll. Doch Anna ließ davon ab und hielt sich die Hose erneut vor die Beine. Es blieb dabei: immer noch viel zu lang. Plötzlich hielt Anna die Hose mir hin und deutete auf meine Beine. Ob ich sie bei mir mal ranhalten sollte, ob sie vielleicht etwas für mich wäre? Ich nahm die Hose von Anna entgegen, hielt sie hoch und schaute mir ihre rissige Schriit- und Po-Naht an. Ohne Reparatur würde die bestimmt einmal aufgehen, dachte ich bei mir. Aber eigenlich gefiel mir die Hose recht gut, weil sie so einen aufregenden Schnitt hatte. Auch das weiße Lackleder war wunderbar anzufassen.
Plötzlich hörte ich Schritte näherkommen, der Chef kam von hinten direkt auf uns zu. Etwas erschrocken nahm ich die Hose, warf sie kurzentschlossen in den Rollcontainer und arbeitete weiter. Von da hätte ich sie anschließend ja wieder herausnehmen können, um sie noch etwas mit Anna zusammen zu begutachten. Der Chef schaute, was ich arbeitete und beobachtete mich eine kurze Weile. Ich gab mich unbeeindruckt, als würde ich ihn nicht bemehren. Dann blickte er in den Container mit den Teilen, die ich zur Putzlappenverarbeitung aussortiert hatte, griff hinein und rührte mit dem Arm darin herum. Dann blickte er in den Rollwagen mit den Ledersachen, die zum Shreddern aussortiert worden waren. Auch in diesem Container rührte der Chef mit dem Arm herum, fasste die weiße Lacklederhose und hielt sie kurz hoch. Doch dann legte er sie zurück und ging weiter zum Shredder-Arbeitsplatz, an dem Anna stand. Immer wieder nahm sie Teile aus ihrem Wagen, schaute ob sie Metallknöpfe oder andere große Metallteile hatten und ließ das Kleidungsstück in den Shredder rutschen. Die meisten Kleidungsstücke, die bei Anna an der Shredderststion gelandet waren, sahen extrem verschlissen oder verschmutzt aus. Anna riss mit einer Zange die Hosenknöpfe heraus, manchmal brauchte sie mehrere Versuche. Kurz darauf zerkaute auch schon der Shredder das arme Kleidungsstück. Der Chef blieb eine kurze Weile bei Anna stehen, ohne etwas zu sagen. Sein Blick blieb auffällig an Annas dunkelroter Knautschlack-Joggerhose kleben. Als Anna das bemerkte und unsicher selbst auf ihre Hose schaute, wandte der Chef schließlich seinen Blick ab und ging weiter. Anna und ich hatten uns wie kleine Schülerinnen gefühlt, wenn der Lehrer hinter einem steht und über die Schulter sieht. Das war ein unangenehmes Gefühl.
Als der Chef erneut am Rollcontainer mit den Ledersachen vorbeikam, griff er erneut hinein, diesmal mit beiden Armen. Er hielt die weiße Lacklederhose in seinen Händen, die ich mit Anna eben erst entdeckt hatte. Der Chef nahmn sie oberflächlich in Augenschein, dann öffnete er den Po-Reißverschluss, fasste die beiden Seiten links und rechts des Zippers und riß mit einem Ruck die Hose auseinander. Die Po-Naht, die eh schon sehr rissig war, gab kreischend nach und ein langer Riss führte vom Po-Reißverschluss mitten durch den Schritt bis nach vorn.
Wie vom Blitz getroffen standen Anna und ich da und schauten auf die zerrissene Lacklederhose. Wir konnten nicht einmal Atem holen, so entsetzt waren wir über diese Zerstörungsaktion des Chefs. der ließ die nun beinahe in zwei Hälften geteilte Hose in den Container fallen und ging unbeeindruckt weiter. Ich sah erschrocken zu Anna, ihre großen Augen blickten zu mir. „Warum macht er sowas?“, hauchte Anna leise. „Vielleicht wollte er verhindern, dass eine von uns die Hose mitnimmt.“, antwortete ich. Dabei wusste ich selbst nicht, was der Chef dagegen haben könnte, schließlich waren die Ledersachen aus desem Container eh für den Shredder bestimmt und nicht für den Weiterverkauf. Ich bemerkte gar nicht, wie Anna zwischenzeitlich zu dem Rollcontainer gegangen war. Als ich aufschaute, stand sie da mit der kaputtgerissenen, weißen Lacklederhose in der Hand. Anna schaute mich an und hatte Tränen in den Augen. „Sei nicht traurig, es hat nicht sein sollen. Außerdem war sie eh schon ziemlich kaputt.“, versuchte ich Anna zu trösten, „Sie hätte eh erst repariert werden müssen. Das wäre gar nicht so einfach gewesen.“
Ich war zwar selbst noch immer entsetzt, dass die Hose nun endgültig und wohl unwiederbringlich kaputt war, aber ich versuchte, Anna aufzuheitern. „Was machen wir nun mit ihr? Magst du sie vielleicht ganz langsam shreddern?“, fragte ich Anna und war mir überhaupt nicht sicher, wie sie reagieren würde.
Doch Anna nickte. Noch immer waren die Tränen in ihren Augen zu sehen. Sie nahm die Hose aus dem Container und sah sich die Stelle an, wo sie auseinandergerissen war. Der Po-Reißverschluss war entzwei und das Lackleder entlang der aufgerissenen Schrittnaht zeigte viele, kleine Dehnungsrisse. Der gewaltsame Riss im Leder ging nach vorn bis in den Schoß. Anna zog noch ein bisschen weiter, bis das Lackleder mit deutlichem Geräusch noch ein Stück weiter riss. Anna zog weiter, bis der Riss am Hosenbund angekommen war. Der Hosenbund war stabil und doppelt vernäht. Anna griff mit einer Hand fest um den Hosenbund, mit der anderen Hand zog sie entschlossen an der aufgerissenen Schrittnaht. Anna zog und ruckte mehrmals kräftig an, bis die Geräusche unmisverständlich ankündigten, dass die Naht am Hosenbund demnächst aufgeben würde. Ich sah eine Mischung aus Tränen und Funkeln in Annas Augen. Sie schien eine besondere Faszination auf sie auszuüben, während sie versuchte, die Hose tatsächlich in zwei Hälften zu zerreißen. Ich war erstaunt, welche Kraft und Leidenschaft Anna dafür aufbrachte. Andererseits freute es mich, dass sie nicht mehr traurig war. Schließlich gelang es Anna, den briten, gürtelartigen Hosenbund ein Stück weit von der Hose abzutrennen. Das Geräusch von aufreißenden Nähten war nicht zu überhören. Schließlich war eine Hälfte der ehemals so liebenswerten Lacklederhose nur noch über die Reste des Po-Zippers mit dem Rest der Hose verbunden. Anna ruckte noch ein paar mal kräftig, dann hatte sie den Po-Zipper aus dem eh schon porösen und rissigen Lackleder herausgerissen. Nun stand Anna da, die Arme in beide Richtungen gespreizt, in jeder Hand eine halbe Lederhose. Anna schaute mich an, und ich meine, ein kleines Lächeln auf ihrem Mund gesehen zu haben. Schließlich hielt sie eine Lederhosenhälfte über den Shredder und ließ sie langsam herab, bis zu hören war, wie der Shredder das dicke Lackleder zu zerkauen bekann. Anna schaute wie gebannt zu. Als das Hosenbein verschwunden war, senkte Anna auch die zweite Hosehhälfte in den Schlund des Shredders. Der zog so schnell an dem Hosenbein, dass Anna erschrocken loslassen musste. Nur wenige Sekunden, und von der extravaganten, weißen Lackleder-Diskohose waren nur noch Schnipselchen übrig. Auch die Hälften des Po-Reißverschlusses hatte der Shredder ohne Probleme gefressen.
Anna schaute noch eine kurze Weile in den Shredder, dann blickte sie zu mir. In ihren Augen war ein Funkeln zu sehen, die Traurigkeit schien verflogen zu sein. Ich freute mich für Anna. Es war mir tausendmal lieber, sie diese schöne Hose shreddern zu sehen, als sie traurig zu erleben. Ich nahm mit etwas Erstaunen zu kenntnis, dass Anna beim Vernichten eines schönen Kleidungsstücks durchaus Faszination erlebte. Ein bisschen erinnerte mich das an meine eigene, rote Knautschlacklatzi. Die hatte ich damals ja im Garten der Großeltern voller Faszination verbrannt und dabei ein inneres Kribbeln empfunden.
Nach dieser Situation am Shredder kam die Nachmittagspause, nach der ich an einen anderen Arbeitsplatz eingeteilt wurde. Ich konnte Anna nur noch aus einiger Entfernung sehen. Schließlich, kurz vor Arbeitsschluss, rief mich Anna zu sich. Ihre Stimme bebte dabei. Ich zögerte natürlich nicht und kam sofort zu ihr an den Shredder. Anna zeigte in den Rollcontainer mit den restlichen Ledersachen. Vermutlich hatte sie eben begonnen, diese Sachen für den Shredder vorzubereiten. Doch was Anna mit zeigte, ließ mit den Atem stocken. All die Kunstledersachen, die im Container lagen, waren zerrissen worden. Eine schwarze Damen-Kunstlederjeans, bei ihr hatte jemand die Po-Taschen heruntergerissen. Eine verschmutzte, rote Kunstlederhose - ebenfalls mit aufgerissenen Po-Taschen. Eine schwarze Echtlederhose mit offenem Zipper und aufgerissenem Schritt. Und schließlich eine sexy Kunstleder-Shorts mit völlig herausgerissenen Po-Taschen.
Noch nie hatte ich soviel Zerstörung an ehemals schönen Ledersachen gesehen. Hier muss sich jemand ausgetobt haben an den schönen Teilen. „Hast du das gemacht?“, fragte ich Anna, obwohl ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Anna schüttelte mit dem Kopf. „Der Chef vielleicht wieder?“ Anna zuckte mit den Schultern und antwortete mit noch immer zitternder Stimme: „Hat er ja auch bei der weißen Hose gemacht.“
Damit hatte Anna natürlich recht. Vielleicht wollte der Chef verhindern, dass wir etwas davon retten und mitnehmen, und hat während der Nachmittagspause die Lederhosen alle unbrauchbar gemacht. Ein grausamer Gedanke, aber vermutlich hatte Anna recht.
Ich ging Anna zur Hand, nahm Hose um Hose aus dem Container, riss mit der Zange die Hosenknöpfe heraus und gab die todgeweihten Lederhosen Anna. Anna ließ eine nach der anderen in den Shredder fallen, der unbarmherzig zu kauen begann und nichts als Lederschnipsel von den Hosen übrig ließ. Die dicke Echtlederhose brauchte etwas länger, auch ließ sie ihren Metallhosenknopf nicht ohne Widerstand herausreißen. Bei den Kunstlederhosen hingegen ging das fast ohne Mühe, und auch der Shredder fraß sie ohne Mühe in sich hinein. Ich merkte, wie ich immer wieder ins Grübeln kam: ich konnte immer noch nicht fassen, dass der Chef die ganzen, schönen Lederhosen alle zerrissen hatte. Vielleicht wäre eine der Lederhosen vielleicht gerettet worden? So schlimm sahen sie gar nicht aus, nur eben ein paar Gebrauchsspuren. Vielleicht hätte Anna die kurze Kunstleder-Shorts herausgenommen und für sich behalten? Die sah zwar ziemlich stark abgetragen aus und hatte viele Tragefalten, aber genau das machte ihren Charme aus. Als Party- oder Sommerhose hätte sie bestimmt noch viel Freude machen können. Aber gerade bei der Kunstleder-Shorts hatte sich der Chef gründlich ausgetobt. Bei ihr waren beide Po-Taschen herausgerissen, sie hingen nur noch an einem kleinen Stück Naht. Zusammen mit den Po-Taschen ist auch das Leder vom Po mit aufgerissen, es waren also auf beiden Seiten gruße Löcher entstanden. Das hätte man kaum mehr reparieren können. Und dann war schließlich noch der Reißverschluss brutal aufgerissen worden, sogar das Knopfloch war kaputtgerissen. Ganz unten, wo der Reißverschluss endete, ging der Riss mitten durchs Leder bis zur Quernaht im Schritt. Die schöne Sommer-Party-Lederhose war nicht mehr zu reparieren, war nur noch Lederfetzen. Anna nahm sie von mir entgegen, nachdem ich den Button entfernt hatte, dann fühlte sie einen Augenblick lang das weiche Kunstleder und ließ die Shorty schließlich in den Shredder fallen.
Ich bemerkte, wie mir die Knie zitterten. Anna arbeitete wie eine Maschine, aber auch sie schien zu zittern. Nachdem der Rollcontainer mit den Ledersachen leer war, sagte ich zu Anna: „Wir sehen uns ja gleich wieder auf dem Nachhauseweg.“, und ging zurück zu meiner Arbeitsstation. Es war gerade noch Zeit, die letzten paar Teile zu sortieren und dann meinen Platz in Ordnung zu bringen.
Als ich fertig war und im Pausenraum meine Sachen zusammenpackte, stand Anna schon an der Ausgangstür und erwartete mich.
Wir gingen wortlos zu meinem alten Polo, der auf dem Mitarbeiterhof stand. Zu viel war heute Nachmittag geschehen, diese Eindrücke musste ich erst bei mir sickern lassen.
Anna hingegen war schon wieder fröhlich und hüpfte zum Auto. Beim Laufen rieb sie ihre Beine wieder absichtlich zusammen, so dass dieses schöne Raschelgeräusch von ihrer dunkelroten Knautschlack-Joggerhose zu hören war. Dieses Geräusch verzauberte mich. Anna hatte das wohl schon bemerkt: sie blickte mir lächelnd ind die Augen und strich mit den Händen ihre Hosenbeine heraus und herunter. Anna wusste sicher genau, was sie da tat, und sie tat es mit Absicht. Für mich gab es kein Entrinnen, ich blieb einfach stehen und genoss den Augenblick. Ich konnte nur hoffen, dass uns niemand beobachtete.
Ich schloss das Auto auf und Anna hüpfte hinein. „Danke, dass du mich mitnimmst. Kannst du gleich mit zu mir rein kommen?“, fragte sie mich. „Wenn du nichts dagegen hast… Ich bin ja noch immer gespannt auf deine Geschichte mit der braunen Kunstlederlatzi!“, antwortete ich und versuchte, fröhlich zu wirken. Aber der Anblick der vielen geshredderten Lederhosen von eben hing immer noch in meinen Gedanken.
„Wie hast du das empfunden, das mit den zerrissenen Lederhosen?“, fragte ich Anna. „Ich war ganz schön erschrocken, als ich sie alle so kaputt habe liegen sehen. Ich bin mir mnämlich sicher, die waren vorher noch nicht so zerfetzt.“, sagte Anna. Dann fügte sie hinzu: „Aber ich habe sie alle geschreddert. Ich habe sie alle das letzte mal gesehen, zum letzten mal angefasst.“. Ich konnte ein Grinsen in Annas Gesicht erkennen. „Haben dir die Lederhosen dabei nicht leid getan?“, fragte ich nach. „Am Anfang schon, aber dann habe ich richtig Lust bekommen, weiterzumachen. Ich weiß auch nicht, wieso das so ist.“
Ich antwortete: „Vielleicht ist es das gleiche Gefühl, das mich überkam, als ich damals meine rote Knautschlederlatzi verbrannt habe. Ich wußte, ich werde sie nicht wiederbekommen und es fühlte sich unendlich schade an. Aber es kribbelte in mir, als ich sie verbrennen sah und ich konnte meine Augen nicht von ihr lassen, bis sie völlig weg war. Das war soetwas wie ein ganz liebevoller Abschied.“
Anna fragte etwas verunsichert: „Ist das schlimm, so zu fühlen?“ „Ich denke nicht, dass das schlimm ist.“, anwortete ich, um Anna zu trösten, „wahrscheinlich ist das ein ganz normales Gefühl wenn man ein geliebtes Kleidungsstück für immer vernichtet. Meine Mutter hatte mir davon erzählt, wie gern sie am Küchenherd stand, wenn gleichzeitig darinnen ein ehemaliges Lieblingskleid loderte. Oder ihre Stiefel, die verfeuerte sie immer in der Küche oder im Badeofen. Sie achtete genau darauf, dass kein Stiefel oder schuh in die Tonne kam. Alle kamen in den Ofen, und sie wollte es auch immer selbst machen.“
„Dann hast du das von deiner Mutter geerbt, dass du deine Kunstlederlatzi verbrannt hast!“, antwortete Anna verschmitzt und mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Ich lächelte zurück und sagte nichts.
Nach einer Weile sagte Anna: „Ich weiß nicht, ob ich eines Tages so verrückt bin und meine braune Kunstlederlatzi shreddere. Der Gedanke daran mach mich ganz verrückt, aber es macht mir auch Angst.“ Ich beruhigte Anna: „Keine Sorge, deine Lieblingslatzi gehört ganz allein dir. Du kannst sie behalten, du kannst sie zershreddern - in deinen Gedanken ist sie immer allein deine.“
Anna schloß nervös an: „Ich hatte ich heute nachmittag so eine innere Aufregung, dass ich die weiße Lacklederhose gleich geshreddert habe. Hättest du die sonst vielleicht reprieren können?“
„Nein, ich glaube die war viel zu kaputt. An zu vielen Stellen zerrissen, und das Lackmaterial war auch rissig.“, antwortete ich und überlegte gleichzeitig, wie ich sie hätte umnähen können. Durch mein Textildesignstudium war ich ziemlich geübt darin, aus alten Kleidungsstücken neue zu machen.
Anna redete weiter: „Ich wollte die weiße Hose eingentlich nur ein bisschen an den Shredder halten, damit der unten an den Beinen knabbert. Aber dann hat er sie aus den Händen gerissen. Die schöne Lackhose war viel zu schnell weg!“
„Bedauerst du das nun, oder hat das auch Spaß gemacht?“, fragte ich Anna zurück. „Rate selbst!“, konterete Anna verschmitzt, lächtelte mich an und strich mit ihren Händen über ihre Oberschenkel. Die Knautschlack-Joggerhose an ihren Beinen machte wieder dieses herrliche Raschelgeräusch. Anna strahlte mich dabei an. Ich hatte zu tun, meine Konzentration beim Autofahren zu halten.
Wir waren bereits im Wohngebiet und ich bog in Annas Straße ein. Sie hatte mir ja gestern gezeigt, wo sie wohnt. Ich lenkte um, parkte den Polo am Straßenrand und lächelte zu Anna hinüber. „Komm mit rein!“, sagte sie fröhlich und hüpfte aus dem Auto. Sie nahm ihren kleinen Rucksack von der Rücksitzbank und war schon am Gartentor, als ich gerade noch aus dem Auto ausstieg. Ich lief ihr mit schnellem Schritt hinterher. Sie hielt mir das Gartentor auf, winkte mir zu und hüpfte fröhlich weiter zur Haustür. Während sie nach dem Schlüssel kramte, war ich auch schon bei ihr an der Haustür. Vor der Haustür waren drei Stufen, dann eine kleine Plattform mit Bastmatten. Auf dieser kleinen Plattform kam ich gerade noch zum Stehen, als Anna die Haustür aufschloss und öffnete, aber selbst nicht weiterging. Fast hätte es einen kleinen „Auffahrunfall“ gegeben, doch ich kam hinter Anna gerade noch zum Stehen, ohne sie anzustupsen. Anna blieb weiter stehen und bewegte sich nicht. Ich war irritiert. Warum ging Anna nicht weiter, was hatte sie vor?
Da bewegte sie ihre Beine auf der Stelle und drückte ihre Oberschenkel extra zusammen, so dass das Rascheln ihrer Knautschlederjoggerhose unüberhörbar zu vernehmen war. Ich blieb einfach starr stehen und genoss. Anna wusste genau, was sie tat. Noch während sie die Beine bewegte, drehte sie ihren Kopf zu mir nach hinten und fragte: „Kommste mit rein?“ Ich nickte und konnte kein Wort sagen.
Anna hatte ein langgestrecktes Zimmer, sehr gemütlich und typisch eingerichtet für eine Schülerin. Mit Schülerschreibtisch und Drehstuhl, einem langem Spiegel, einem Einzelbett, einem Kleiderschrank und einem Kinderzimmerregal, der mit Stickern beklebt war, einen wohl selbstgenähten Hängefach für ihren Riesenplüschbär, einem kleinen Zweiersofa und einem passenden Minisessel.
Anna schob mich in Richtung Sofa und verschwand wieder. Nach einem Moment kam sie mit zwei Eis-Riegel wieder und hielt mir lächelnd einen hin. Ich bedanke mich, öffnete das Eis und setzte mich gemütlich aufs Zweiersofa.
Anna schnappte sich den Riesenteddybär, setzte sich in ihren Drehsessel und nahm den Teddy auf den Schoß.
„Ich wollte dir ja noch erzählen, was aus meiner Kunstlederlatzi wurde. Und wie sie bei UsedTex landen konnte.“, sagte Anna mit zittriger Stimme, „sie war ja bei dir gelandet und Du hättest ihr beinahe alle Buttons ausgerissen. Und sie dann geshreddert.“
„Ja, das tut mir jetzt noch leid“, antwortete ich, „Ich wusste ja nicht, wessen Hose das war. Und du hast sie ja noch rechtzeitig gerettet.“ Anna nickte.
„Wie ist sie überhaupt bis zu UsedTex gekommen? Sie war doch deine Lieblingslatzi!“, fragte ich.
Anna erzählte mir, dass sie einen riesen Streit mit ihrer Mama hatte wegen ihrer ausgewachsenen Klamotten, die sie nie auszusortieren bereit war. Eines Tages muss Annas Mama dann wohl ein Machtwort gesprochen haben. Sie hatte dann die Stapel mit Annas viel zu kleinen Klamotten auf den Zimmerfußboden geworfen und ausgebreitet. Dann ging sie mit Anna Stück für Stück durch, um zu sehen, was wirklich weg kann. Als Annas zu klein gewordene Kunstlederlatzi an die Reihe kam, war Mamas Urteil gnadenlos. Anna sollte ihre braune Kunstlederlatzi nun endgültig abgeben und durch die braune Echtlederlatzi von Kathrin ersetzen. So sehr Anna die antikbraune Echtlederlatzi von Kathrin auch mochte, ihre geliebte Kunstlederlatzi hatte sie keinesfalls wegwerfen wollen. Anna hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, sie in den Kleidersack oder in den Müll zu legen.
Annas Mama gab nach einer Weile anstrengendem Hin und Her nach. Anna musste aber versprechen, ihre zu kleine, braune Kunstlederlatzi selbst zu verschenken oder wegzugeben. Anna durfte selbst aussuchen, an wen. Nur Mama durfte sie hier nicht mehr unter die Augen kommen.
Anna hatte diese Sache schon fast wieder vergessen, als Mama wohl mal in ihren Sachen gewühlt haben muss. Jedenfalls stand Mama eines Tages, nachdem Anna aus der Schule gekommen war, in der Zimmertür mit der braunen Kunstlederlatzi in der Hand. An diesem Nachmittag muss es zu einem heftigen Streit gekommen sein. Mama versuchte, der Sache ein Ende zu bereiten und zog mit einen kräftigen Ruck die Beine auseinander. Das Kunstleder spannte mit einem lauten Geräusch und die Schrittnaht ächtste, aber die Hose hielt stand und ließ sich nicht auseinander reißen.
Wutschnaubend riß Mama an den Trägern, doch auch sie blieben fest im Rückenlatz.
„Nein, tu ihr nichts!“, erinnerte sich Anna, gerufen zu haben, während ihre Mama mit beiden Händen in die Hosenbeinenden fasste und aufzureißen versuchte. Doch auch die Hosenbeine hielten stand und gingen nicht auseinander.
Wütend warf Annas Mama die Latzi auf den Kinderzimmerboden und stprmte zur Küche. Anna nahm beherzt die zerknüllte Latzi an sich. Als ihre Mama mit einer Schere wiederkam, drückte Anna die Latzi ganz fest an sich heran und schrie: „Nein! Lass sie!“. Anna erzählte, sie habe gewint vor Verzweiflung. Sie war sich sicher, ihre Mama würde die geliebte Kunstlederlatzi in Stücke schneiden, dass sie dann zu nichts mehr zu gebrauchen sein würde, als zum Wegwerfen. Anna muss so verzweifelt geweint haben, dass ihre Mama von ihrem Vorhaben abließ. Vielleicht war Annas Mama selbst erschrocken darüber, wie sehr sie ihre Tochter zum Weinen gebracht hatte. Das wollte sie eigentlich nicht. Annas Mama packte die Schere wieder weg. Anna musste ihr aber versprechen, dass sie diesmal wirklich ihre alte Latzi weitergeben oder verbasteln würde. „Wenn ich noch einmal bei dir sehe, lasse ich sie verschwinden - und dann findest du sie nie wieder!“, muss Annas Mama gesagt haben. Annas gab das verlangte Versprechen. Aber sie dachte gar nicht daran, von ihrer Latzi Abschied zu nehmen. Sie brachte ihre geliebte, braune Kunstlederlatzi lieber in Sicherheit.
„Aber meine Mama muss sie doch irgendwie gefunden haben.“, erklärte Anna nachdenklich: „Sie muss meine Latzi ohne mein Wissen heimlich in die Kleidersammlung gegeben haben. Ich war total erschrocken, als ich bei UsedTex meine Katzi in deinen Händen gesehen hatte. Da warst ja an der Shredderststion und hättest sie fast zerstört.“
Annas Blick war ernst geworden und es standen Tränen ihren Augen. Ich war unbeschreiblich froh, dass es nicht dazu gekommen war, dass ich die Latzi vernichtet hatte. Zum Glück lag die Schuld nicht auf mir. Kaum auszudenken, wenn Anna nur ein paar Sekunden später reagiert hätte und die Latzi schon am Shreddern gewesen wäre. Niemals hätte ich mir das verzeihen können.
Nun jedenfalls hatte Anna ihre geliebte, wenn auch viel zu kleine und völlig abgetragene Kunstlederlatzi wieder. Ich hoffte nur, Anna hatte sie diesmal wirklich richtig gut versteckt, so dass ihre Mama sie nicht wieder finden würde.
Anna hatte immer noch Tränen in den Augen. „Ich bin so froh, dass du sie wieder hast.“, versuchte ich sie zu trösten. Anna lächelte ein bisschen. „Versteck sie sehr gut, deine Latzi, damit sie immer in Sicherheit ist. Du kannst sie für dich behalten, solange du möchtest.“, sagte ich weiter in ruhigem Ton. „Ich werde sie immer bei mir behalten. Wer könnte sie denn sonst nehmen?“, sagte Anna. Ich konnte Annas Gedanken gut verstehen. Einerseits hing sie sehr an ihrer Kunstlederlatzi, andererseits war es nicht richtig befriedigend, sie einfach nur aufzubewahren. Vielleicht gefiel mir damals bei meiner eigenen roten Knautschlederlatzi der Gedanke, sie zu im Garten der Großeltern spontan zu verschließen und am Ende zu verbrennen. Das fand ich damals viel aufregender, als die Latzi länger für mich zu behalten. Ich konnte mich noch genau erinnern, wie aufregend es war, meine so geliebte Knautschlederlatzi ins Feuer zu verabschieden und ihr beim Abbrennen zuzusehen. Ob das vielleicht auch für Anna einmal ein schöner Ausgang sein könnte?
Ich war mir sicher, dass Anna ihre braune Kunstlederlatzi sehr liebte und jetzt nicht weggeben wollte. Aber ich meinte auch herauszuhören, dass sie sie eventuell auch für andere Schritte bereit war. „Wüsstest du denn jemand, die deine Latz denn gern übernehem würde und sie genau so gut behandeln würde, wie du?“, fragte ich Anna. Anna dachte nach und zuckte dann doch mit den Schultern. „Kevin mochte meine Kunstlederlatzi auch sehr.“, fügte Anna hinzu. Ich bat Anna, mir ein bisschen von Kevin zu erzählen. Sie beschrieb, wie gern er ihr unter dem Pulli über den Rückenlatz gesteichelt hatte. Und sie erzählte mir noch einmal, wie Kevin in der Sporthallenumkleide sich an ihrer Latzi zuschaffen gemacht hatte und es dann zum Krach kam. „Vielleicht würde Kevin sie gerne noch einmal sehen?“, fragte sich Anna halblaut.
„Gefällt Kevin dir denn noch?“, fragte ich Anna. „Ja, ich finde ihn immer noch süß. Ich muss immer wieder mal an ihn denken.“, antwortete Anna, während ihre Augen blitzten. „Würdest du ihm denn jetzt böse sein, wenn er sich an deine Latzi ranmachen würde?“, fragte ich. „Du meinst, wenn er sich an ihr vernügt?“, fragte Anna frech zurück. Die Antwort gab Anna gleich selbst: „Ja, das dürfte er, sogar während ich sie anhabe.“
Anna grinste. „Magst ihn noch sehr, oder?“, fragte ich und Anna nickte. „Dürfte er dich berühren?“, fragte ich vorsichtig weiter, um zu hören, wie sehr Anna noch an Kevin lag. Anna nickte und grinste übers ganze Gesicht. Während sich ihre Mundwinkel immer fröhlicher nach oben zogen, bewegten sich ihre Augen hin und her. Ob sie sich gerade etwas bildlich vorstellte? Ich griff Annas Bemerkung von eben noch einmal auf und versuchte so, ihre Gedanken weiter mit Phantasie zu füllen: „Würdest du Kevin gern mal verführen, während du für ihn deine Kunstlederlatzi trägst?“
Anna hauchte fast stimmlos: „Er wäre der einzige, der sie dafür sogar aufreißen dürfte. Das wäre richtig geil für meine Latzi.“ Ich merkte, dass unser Gespräch immer weiter in eine bestimmte Richtung ging. Solange es Anna nicht befremdlich vorkam, war das auch für mich in Ordnung. „Du könntest ja ein Loch an die richtige Stelle in deine Latzi machen. Vielleicht die Mittelnaht ein bisschen auftrennen. Und wenn er es entdeckt, wird er sofort vestehen, was gemeint ist. Dann fährt er mit den Fingern in das Loch. Und wenn er erstmal angefangen hat, es ein aufzureißen, dann wird er sich nicht mehr bremsen können. Dann hast du ihn voll in der Hand.“, sagte ich. „Warum soll ich ihn nur in die Hand nehmen?“, fragte Anna verschmitzt, und ich grinste über ihre Antwort. Ich sagte nichts.
„Ja, das mit dem vorbereiteten Loch ist eine gute Idee. Dann hat er die Latzi und mich gleizeitig. Davon hat er bestimmt schon lange geträumt.“, sagte Anna mit halb geschlossenen Augen und setzte fort: „Heinlich die Schrittnaht auftrennen, ja? Und dann ‚raaatsch‘.“ Bei diesem Wort bewegte Anna mit einem Mal ihre Oberschenkel so schnell auseinander, dass die dunkelrote Knautschleder-Joggerhose, die sie anhatte, straff spannte und ein lautes Geräusch machte. Anna war offensichtlich selbst sehr erschrocken davon und schaute, ob ihre Hose noch unbeschädigt war. Die spontane Dehnaktion hatte ihrer Knautschleder-Jogger zum Glück nichts anhaben können. Aber dieses ‚raaatsch‘-Wort sollte sich fortan zu einer Art Ohrwurm entwickeln. Nachdem Anna mir noch ein bisschen von Kevin erzählte und immer klarer wurde, dass sie hoffte, wieder mit ihm zusammen zu kommen, hatte ich das Gefühl, es war der richtige Zeitpunkt, für heute nach Hause zu gehen. Ich stand langsam vom Sofa auf und bedanke mich bei Anna für alles, was sie mir anvertraut hatte. Anna lächelte und erhob sich ebenfalls. Dann bewegte sie die Oberschenkel ruckartig ein Stück auseinander und hauchte „raaatsch“ dazu. Sie grinste mich an und ich konnte nicht anders, als zurückzugrinsen.
Ich nahm meine Jacke und schaute, dass ich die Autoschlüssel dabei hatte, dann gingen wir die Treppe hinunter von Annas Zimmer zum Flur und zur Haustür. Anna flüsterte: „Raaatsch“.
Anna ging voraus und öffnete die Haustür für mich. „Danke, dass du mir zugehört hast“, sagte sie, während sie in meine Augen blickte, „niemand sonst würde das mit meiner Kunstlederlatzi verstehen.“
„Ich kann das sehr gut verstehen, Anna. Ich hatte doch selbst so eine Lieblings-Kunstlederlatzi, wie du weißt.“, sagte ich und lächte Anna freundlich an. Sie stand nun direkt nun direkt vor mir, zwischen mir und der geöffneten Haustür. Sie sagte nichts und blickte mir stattdessen tief in die Augen. Ich wurde unsicher und fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Was sollte das werden? Plötzlich sah ich, wie immer mehr grinste und sie ihre Beine im Stand bewegte, was dieses laute Rascheln ihrer Knautschlederjoggerhose verursachte. Dieses Rascheln, das mich so an neine eigene Knsutschlacklatzi erinnerte, raubte mir fast den Verstand. Dann hauchte Anna: „Raaatsch“ und hielt ihre Beine still. Ich lächelte. „Ruf doch mal Kevin an!“, sagte ich ihr. „Ich hab ihn über zwei Jahre nicht mehr gesehen. Er ist nicht mehr an meiner Schule.“, sagte Anna. Dann ergänzte sie: „Ich ruf ihn an. Vielleicht mag er mich ja auch noch ein bisschen. Ich kann ja sagen, ich habe eine Überraschung für ihn.“
„Eine Überrschung? Raaatsch!“, spaßte ich zurück. „Raaaaasstsch!“, sagte Anna zurück und lachte.
Ich ging die Außenstufen hinunter, durch den Vorgarten und durchs Gartentor zu meinem Polo.
„Soll ich dich morgen früh abholen?“, fragte ich Anna. „Ja, gerne. Weißt ja jetzt, wo ich wohne.“, sagte sie, „Morgen ist schon der letzte Praktikumstag.“
„Ich hole dich ab!“, sagte ich zurück und freute mich darauf, Anna schon bald wiederzusehen.
Anna stand noch immer in der Tür, und winkte mir hinterher. Ich winkte zurück, lächelte und stieg in neinen Polo.
Auf der Fahrt zu meinem Haus dachte ich daran, dass Anna nun vielleicht wieder mit Kevin zusammenkommen würde.
Ich stellte mir vor, wie Kevin Anna über das weiche Kunstleder ihrer Latzi streicheln würde und dann das vorbereitete Loch spüren würde.
Ich staunte, dass Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi ohne Zöger. dafür opfern würde, ihn zu ‚verführen‘. Das würde die Lebenserwartung ihrer Latzi drastisch verändern.
Ob Anna sie danach vielleicht auch verbrennen möchte? Oder eigenhändig shreddern - oder anderweitig vernichten? Vielleicht sollte ich mal eine verbrauchte, alte Kunstlederhose besorgen und sie im Aztekenofen im Garten verbrennen - und Anna zum Zuschauen einladen?
Ich war jedenfalls sehr gespannt, wie sich die Geschichte mit Anna und vielleicht Kevin weiter entwickeln würde. Zum Glück konnten wir und schon am nächsten Tag wiedersehen.
Als ich in meinen alten Polo einstieg, um zu UsedTex zu fahren, kam mir der Gedanke, dass ich Anna vielleicht schon auf dem Hinweg mitnehmen könnte. Ich fuhr zu ihrem Haus, aber Anna wsr dort nicht zu sehen. Das wäre auch ein ziemlicher Zufall gewesen, wenn sie ausgetechnet zu diesem Zeitpunkt aus ihrem Haus gekommen wäre. So lenkte ich um und nutzte die dabei gewonnene Extrazeit, immer wieder zu Annas Hsus zu schauen. Aber sie war nicht zu sehen, wir hatten ja auch nichts abgesprochen. Ich malte mir aus, wie schön es gewesen wäre, schon auf der Fahrt zur Arbeit ein bisschen mit ihr zu reden.
Ich fuhr weiter durch das Wohngebiet in Richtung UsedTex, da sah ich an der Bushaltestelle eine Person hüpfen und winken. Es war Anna! Sie hatte mich offensichtlich schon eher entdeckt, als ich sie. Ich fuhr an die Haltestelle und lächelte Anna an. Sie kam sofort und stieg freudestrahlend in meinen Polo. Ihren kleinen Rucksack warf sie auf die Rücksitze. Anna blickte mich lächelnd an und sagte: „Da bin ich!“. „Hallo Anna, schön, dass wir uns gleich gesehen haben!“, sagte ich. „Ja! Und ich konnte es kaum abwarten bis wir uns heute wieder sehen würden! Ich wollte dir doch etwas erzählen! Und du bist vielleicht die einzige, die mich vesteht!“, sprudelte es aus Anna heraus. „Und guck mal!“, sagte Anna und klatschte mit ihren Händen auf ihre Oberschenkel. Erst da bemerkte ich erst, dass sie eine besondere Hose trug. Eine dunkelrote Jogger aus dickem, knautschigem Kunstleder. An den Beinenden waren Gummizüge drin, am Bund bestimmt auch, jedenfalls hingen weiße Schürbändchen herab. Beim genaueren Hinsehen bemerkte ich, dass die Hose zweifarbig war. An den Beininnenseiten feuerrot und ansonsten in kräftigem Dunkelrot. Das Kunstleder hatte leichten Glanz und war sehr riffelig, knautschig. Bestimmt war es sehr soft und angenehm zu tragen. Anna strich sich unentwegt mit den Händen über die Oberschenkel, was das typische Kunstlederrascheln ergab, das mich doch so verzauberte. „Ist das die Markenhose, die du letztlich von UsedTex mitnehmen durftest?“, fragte ich Anna und versuchte konzentriert zu bleiben. „Ja, das ist eine vom msgm und ich bin ja so glücklich, dass ich sie entdeckte habe!“, antwortete Anna mit einem strahlenden Lächeln. „Ich hab meiner Mama erzählt, dass ich sie von UsedTex mitnehmen durfte und dass sie mir ganz toll gefällt. Und meine Mama hat nichts dagegen!“, redete Anna weiter. „Sie ist bestimmt schön weich, oder?“, fragte ich Anna. Sie lächelte und nickte: „Fühl doch mal, sie ist sooo schön!“
Ich zögerte und schaute zu Anna hinüber. Da zog sie an meiner Hand. Zuerste zögerte ich, doch dann ließ ich Anna machen: sie legte meine Hand an ihren Oberschenkel und schob sie leicht auf dem Kunstleder auf und ab. Ich spürte das riffelige, unglaublich softe Material ihrer Hose. Was für eine unglaublich tolle Jumperhose Anna da gefunden hatte! Ich zog meine Hand wieder zurück, weil ich schalten musste. „Die Hose ist wunderschön. Unglaublich, dass die jemand in die Altkleider gegeben hat!“, sagte ich und lächelte zu Anna hinüber. Sie lächelte zurück und sagte nichts. Währenddessen strich sie immer wieder mit ihren Fingerspitzen auf ihren Oberschenkeln auf und ab. Ich konnte ihr ansehen, wie sehr sie ihre neue Leder-Joggerhose liebte.
Als wir bei UsedTex ankamen, stieg Anna aus und nahm ihren kleinen Rucksack und bedankte sich fürs Mitnehmen. Sie lief mir voraus über den Parkplatz zur UsedTex-Halle. Sie hüpfte so fröhlich und schnell, dass ich kaum hinterherkam. Mir fiel auf, wie sehr ihre dunkelrote Knautschleder-Joggerhose dabei raschelte. Schon glattes Kunstleder macht beim Laufen raschelnde Geräusche, aber diese Hose mit dem stark riffeligen Material war echt unüberhörbar beim Gehen. Vor dem Mitarbeitereingang blieb Anna stehen und drehte sich um zu mir. „Magst du auch, oder?“, frage sie mich mit einem Strahlen im Gesicht. Ich stellte mich unverständlich, doch das ließ Anna nicht durchgehen: sie strich sich mit den Händen über die Oberschenkel und bewegte ihre Beine im Stand, so dass die Beininnenseiten aneinander rieben. Anna lachte mich dabei an. Ich musste es einfach zugeben: „Ja, dieses Rascheln mag ich. Ich finde das wunderschön.“
Anna lächelte mich an, dann drehte sie sich um. Und öffnete die Tür zum Mirarbeiterraum der UsedTex-Halle. Ich trat hinter Anna durch die Tür und suchte mir einen freien Stuhl am Pausentisch, auf den ich meine Tasche abstellte. Auch Anna stellte ihren Rucksack auf einen freien Stuhl. Ich zog meine Jacke aus und überlegte noch kurz, ob ich sie an einen Kleiderhaken oder einfach über die Stuhllehne hängen sollte. Den Autoschlüssel vergrub ich in meiner Tasche, dann drehte ich um, um zur Toilettentür und dann in den Arbeitsbereich der Halle zu gehen. Ich drehte mich um und hätte fast Anna umgerannt, die plötzlich direkt hinter mir stand. Sie schaute mich an und bewegte ihre Beine im Stand, um mit ihrer Hose dieses Rascheln zu machen. Ihr Lachen ging über ihr ganzes Gesicht, und ich war völlig wehrlos gegen Annas Fröhlichkeit. Ich lächelte zurück und genoss heimlich, das Geräusch, das sie mit ihrer Hose machte. Als Anna sich umdrehte, um zur Tür zu gehen, fragte ich sie, ob sie diese gute Knautschlederhose für die Arbeit anbehalten wollte. Sie drehte sich zu mir um, lächelte und nickte und wartete, bis ich auch an der Tür war. Da stand sie wieder, direkt vor mir, und strich mit ihren Händen gut hörbar über ihre Knautschlederbeine. Sie lächelte, drehte dich um und hüpfte durch die Tür in den Arbeitsbereich der Halle. „Falls du heute am Shredder bist und etwas schönes für mich findest, mach es bitte nicht kaputt!“, rief Anna mir noch zu und verschwand im Halbdunkel der Halle. Noch war alles still, denn die Einteilung auf die verschiedenen Arbeitsstationen geschah im vorderen Verkaufsbereich. Dort sah ich Anna dann auch wieder. Während des Arbeitstages lief mir Anna immer wieder kurz über den Weg. Sie war immer am Lächeln, wenn unsere Blicke sich kreuzten. Am Nachmittag waren wir schließlich fast nebeneinander eingeteilt: Anna stand am Shredder und ich war nur wenige Meter neben ihr mit der Letztsortierung beschäftigt. Ich musste die als unverwertbar ausgesonderten Kleidungsstücke ein letztes Mal sichten und in die unverschmutzten in den Rollcontainer für die Putzlappenverarbeitung geben. Plastikartige Materialien und Leder taugten dafür von vornherein nicht, sie flogen mit in den Rollwagen für den Shredder. Normalerweise wurde Leder schon vorher aussortiert und kam in einen separaten Rollcontainer, der fast immer als letztes am Nachmittag im Shredder sein Ende fand.
Doch heute fand ich unter den Textilsachen, von denen heute die allermeisten für die Putzlappenverwertung geeignet waren, eine sehr schmal geschnittene Hose aus hellem, fast weißen Lackleder. Die Oberfläche glänzte etwas und fühlte sich leicht strukturiert, fast glatt an. So, als wäre es mit Lack überzogenes Echtleder. Nur war diese Hose viel leichter, als die Echtlederhosen, die ab und zu im Shreddercontainer lagen. Das besondere an dieser Hose war ihr Schnitt: sie hatte einen markanten Zip am Po. Der Bund war an den Seiten wie ein breiter Gürtel geschnitten, so dass darunter beim Tragen wohl etwas Haut durchschaute. Die Hose muss sehr tief hüftig gesessen haben. Die Beine hatten eine mittige Ziernaht, die vom Bund bis nach unten führte. Im Schritt und an der Po-Naht war das Lackleder voller kleiner Risse, der Po-Reißverschluss hätte sich bestimmt bald gelöst. Unterhalb das Po-Reißverschlusses war ein großes Loch im Lackleder, dort hatte die Naht nicht mehr gehalten. An den Innenseiten war der Hosenbund mit weißem Stoff ausgekleidet, der oben am Bund nicht mehr weiß, sondern grau und abgegriffen war. Ich sah die Hosenbeine hatten einige Kratzer und gebrauchsspuren, die Beinenden waren völlig zertreten. Diese Diskohose hatte wohl schon viel erlebt. Denneoch war sie zum Wegwerfen eigentlich viel zu schade. Ich hielt sie hoch, so dass Anna meinen Fund sehen konnte. Anna bekam große Augen. Sie streckte mir die Hände entgegen, damit ich ihr die Hose geben sollte. Ich lächelte und reichte sie ihr herüber. Anna lächelte und genoss es sichtlich, das weiche Lackledermaterial anzufassen. Sie schaute sich begeistert die Hose von oben bis unten an. Dann hielt sie sie an den eigenen Körper, aber die Beine der Hose waren deutlich zu lang für Anna. Abgesehen von den viel zu langen Beinen hätte die Hose Anna wahrscheinlich gut gepasst. Die Beine waren schmal, wie gemacht für Anna.
Anna drehte die Hose um und betrachtere die markante Po-Seite mit dem Reißverschluss, der vom Bund bis auf halbe Höhe der Po hinunter verlief. Hier waren große Dehnungsrisse zu sehen. Anna fuhr mit Ihren Fingerspitzen über das rissige Leder und die sehr poröse Schrittnaht. Da bemerkte sie das große Loch ib der Naht am Ende des Reißverschlusses. Anna versenkte ihren Zeigefinger darin und grinste. Dann steckte sie auch den anderen Zeigefinger in das Nahtloch, schaue mit an und sagte: „Soll ich?“. Mit ihren Fingern deutete sie an, dass sie die Hose an dem Loch aufreißen könnte. Ich war zuerst erschrocken darüber, dass Anna die Hose gern kaputtgerissen hätte, doch dann lachte ich und fand den Gedanken sehr reizvoll. Doch Anna ließ davon ab und hielt sich die Hose erneut vor die Beine. Es blieb dabei: immer noch viel zu lang. Plötzlich hielt Anna die Hose mir hin und deutete auf meine Beine. Ob ich sie bei mir mal ranhalten sollte, ob sie vielleicht etwas für mich wäre? Ich nahm die Hose von Anna entgegen, hielt sie hoch und schaute mir ihre rissige Schriit- und Po-Naht an. Ohne Reparatur würde die bestimmt einmal aufgehen, dachte ich bei mir. Aber eigenlich gefiel mir die Hose recht gut, weil sie so einen aufregenden Schnitt hatte. Auch das weiße Lackleder war wunderbar anzufassen.
Plötzlich hörte ich Schritte näherkommen, der Chef kam von hinten direkt auf uns zu. Etwas erschrocken nahm ich die Hose, warf sie kurzentschlossen in den Rollcontainer und arbeitete weiter. Von da hätte ich sie anschließend ja wieder herausnehmen können, um sie noch etwas mit Anna zusammen zu begutachten. Der Chef schaute, was ich arbeitete und beobachtete mich eine kurze Weile. Ich gab mich unbeeindruckt, als würde ich ihn nicht bemehren. Dann blickte er in den Container mit den Teilen, die ich zur Putzlappenverarbeitung aussortiert hatte, griff hinein und rührte mit dem Arm darin herum. Dann blickte er in den Rollwagen mit den Ledersachen, die zum Shreddern aussortiert worden waren. Auch in diesem Container rührte der Chef mit dem Arm herum, fasste die weiße Lacklederhose und hielt sie kurz hoch. Doch dann legte er sie zurück und ging weiter zum Shredder-Arbeitsplatz, an dem Anna stand. Immer wieder nahm sie Teile aus ihrem Wagen, schaute ob sie Metallknöpfe oder andere große Metallteile hatten und ließ das Kleidungsstück in den Shredder rutschen. Die meisten Kleidungsstücke, die bei Anna an der Shredderststion gelandet waren, sahen extrem verschlissen oder verschmutzt aus. Anna riss mit einer Zange die Hosenknöpfe heraus, manchmal brauchte sie mehrere Versuche. Kurz darauf zerkaute auch schon der Shredder das arme Kleidungsstück. Der Chef blieb eine kurze Weile bei Anna stehen, ohne etwas zu sagen. Sein Blick blieb auffällig an Annas dunkelroter Knautschlack-Joggerhose kleben. Als Anna das bemerkte und unsicher selbst auf ihre Hose schaute, wandte der Chef schließlich seinen Blick ab und ging weiter. Anna und ich hatten uns wie kleine Schülerinnen gefühlt, wenn der Lehrer hinter einem steht und über die Schulter sieht. Das war ein unangenehmes Gefühl.
Als der Chef erneut am Rollcontainer mit den Ledersachen vorbeikam, griff er erneut hinein, diesmal mit beiden Armen. Er hielt die weiße Lacklederhose in seinen Händen, die ich mit Anna eben erst entdeckt hatte. Der Chef nahmn sie oberflächlich in Augenschein, dann öffnete er den Po-Reißverschluss, fasste die beiden Seiten links und rechts des Zippers und riß mit einem Ruck die Hose auseinander. Die Po-Naht, die eh schon sehr rissig war, gab kreischend nach und ein langer Riss führte vom Po-Reißverschluss mitten durch den Schritt bis nach vorn.
Wie vom Blitz getroffen standen Anna und ich da und schauten auf die zerrissene Lacklederhose. Wir konnten nicht einmal Atem holen, so entsetzt waren wir über diese Zerstörungsaktion des Chefs. der ließ die nun beinahe in zwei Hälften geteilte Hose in den Container fallen und ging unbeeindruckt weiter. Ich sah erschrocken zu Anna, ihre großen Augen blickten zu mir. „Warum macht er sowas?“, hauchte Anna leise. „Vielleicht wollte er verhindern, dass eine von uns die Hose mitnimmt.“, antwortete ich. Dabei wusste ich selbst nicht, was der Chef dagegen haben könnte, schließlich waren die Ledersachen aus desem Container eh für den Shredder bestimmt und nicht für den Weiterverkauf. Ich bemerkte gar nicht, wie Anna zwischenzeitlich zu dem Rollcontainer gegangen war. Als ich aufschaute, stand sie da mit der kaputtgerissenen, weißen Lacklederhose in der Hand. Anna schaute mich an und hatte Tränen in den Augen. „Sei nicht traurig, es hat nicht sein sollen. Außerdem war sie eh schon ziemlich kaputt.“, versuchte ich Anna zu trösten, „Sie hätte eh erst repariert werden müssen. Das wäre gar nicht so einfach gewesen.“
Ich war zwar selbst noch immer entsetzt, dass die Hose nun endgültig und wohl unwiederbringlich kaputt war, aber ich versuchte, Anna aufzuheitern. „Was machen wir nun mit ihr? Magst du sie vielleicht ganz langsam shreddern?“, fragte ich Anna und war mir überhaupt nicht sicher, wie sie reagieren würde.
Doch Anna nickte. Noch immer waren die Tränen in ihren Augen zu sehen. Sie nahm die Hose aus dem Container und sah sich die Stelle an, wo sie auseinandergerissen war. Der Po-Reißverschluss war entzwei und das Lackleder entlang der aufgerissenen Schrittnaht zeigte viele, kleine Dehnungsrisse. Der gewaltsame Riss im Leder ging nach vorn bis in den Schoß. Anna zog noch ein bisschen weiter, bis das Lackleder mit deutlichem Geräusch noch ein Stück weiter riss. Anna zog weiter, bis der Riss am Hosenbund angekommen war. Der Hosenbund war stabil und doppelt vernäht. Anna griff mit einer Hand fest um den Hosenbund, mit der anderen Hand zog sie entschlossen an der aufgerissenen Schrittnaht. Anna zog und ruckte mehrmals kräftig an, bis die Geräusche unmisverständlich ankündigten, dass die Naht am Hosenbund demnächst aufgeben würde. Ich sah eine Mischung aus Tränen und Funkeln in Annas Augen. Sie schien eine besondere Faszination auf sie auszuüben, während sie versuchte, die Hose tatsächlich in zwei Hälften zu zerreißen. Ich war erstaunt, welche Kraft und Leidenschaft Anna dafür aufbrachte. Andererseits freute es mich, dass sie nicht mehr traurig war. Schließlich gelang es Anna, den briten, gürtelartigen Hosenbund ein Stück weit von der Hose abzutrennen. Das Geräusch von aufreißenden Nähten war nicht zu überhören. Schließlich war eine Hälfte der ehemals so liebenswerten Lacklederhose nur noch über die Reste des Po-Zippers mit dem Rest der Hose verbunden. Anna ruckte noch ein paar mal kräftig, dann hatte sie den Po-Zipper aus dem eh schon porösen und rissigen Lackleder herausgerissen. Nun stand Anna da, die Arme in beide Richtungen gespreizt, in jeder Hand eine halbe Lederhose. Anna schaute mich an, und ich meine, ein kleines Lächeln auf ihrem Mund gesehen zu haben. Schließlich hielt sie eine Lederhosenhälfte über den Shredder und ließ sie langsam herab, bis zu hören war, wie der Shredder das dicke Lackleder zu zerkauen bekann. Anna schaute wie gebannt zu. Als das Hosenbein verschwunden war, senkte Anna auch die zweite Hosehhälfte in den Schlund des Shredders. Der zog so schnell an dem Hosenbein, dass Anna erschrocken loslassen musste. Nur wenige Sekunden, und von der extravaganten, weißen Lackleder-Diskohose waren nur noch Schnipselchen übrig. Auch die Hälften des Po-Reißverschlusses hatte der Shredder ohne Probleme gefressen.
Anna schaute noch eine kurze Weile in den Shredder, dann blickte sie zu mir. In ihren Augen war ein Funkeln zu sehen, die Traurigkeit schien verflogen zu sein. Ich freute mich für Anna. Es war mir tausendmal lieber, sie diese schöne Hose shreddern zu sehen, als sie traurig zu erleben. Ich nahm mit etwas Erstaunen zu kenntnis, dass Anna beim Vernichten eines schönen Kleidungsstücks durchaus Faszination erlebte. Ein bisschen erinnerte mich das an meine eigene, rote Knautschlacklatzi. Die hatte ich damals ja im Garten der Großeltern voller Faszination verbrannt und dabei ein inneres Kribbeln empfunden.
Nach dieser Situation am Shredder kam die Nachmittagspause, nach der ich an einen anderen Arbeitsplatz eingeteilt wurde. Ich konnte Anna nur noch aus einiger Entfernung sehen. Schließlich, kurz vor Arbeitsschluss, rief mich Anna zu sich. Ihre Stimme bebte dabei. Ich zögerte natürlich nicht und kam sofort zu ihr an den Shredder. Anna zeigte in den Rollcontainer mit den restlichen Ledersachen. Vermutlich hatte sie eben begonnen, diese Sachen für den Shredder vorzubereiten. Doch was Anna mit zeigte, ließ mit den Atem stocken. All die Kunstledersachen, die im Container lagen, waren zerrissen worden. Eine schwarze Damen-Kunstlederjeans, bei ihr hatte jemand die Po-Taschen heruntergerissen. Eine verschmutzte, rote Kunstlederhose - ebenfalls mit aufgerissenen Po-Taschen. Eine schwarze Echtlederhose mit offenem Zipper und aufgerissenem Schritt. Und schließlich eine sexy Kunstleder-Shorts mit völlig herausgerissenen Po-Taschen.
Noch nie hatte ich soviel Zerstörung an ehemals schönen Ledersachen gesehen. Hier muss sich jemand ausgetobt haben an den schönen Teilen. „Hast du das gemacht?“, fragte ich Anna, obwohl ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Anna schüttelte mit dem Kopf. „Der Chef vielleicht wieder?“ Anna zuckte mit den Schultern und antwortete mit noch immer zitternder Stimme: „Hat er ja auch bei der weißen Hose gemacht.“
Damit hatte Anna natürlich recht. Vielleicht wollte der Chef verhindern, dass wir etwas davon retten und mitnehmen, und hat während der Nachmittagspause die Lederhosen alle unbrauchbar gemacht. Ein grausamer Gedanke, aber vermutlich hatte Anna recht.
Ich ging Anna zur Hand, nahm Hose um Hose aus dem Container, riss mit der Zange die Hosenknöpfe heraus und gab die todgeweihten Lederhosen Anna. Anna ließ eine nach der anderen in den Shredder fallen, der unbarmherzig zu kauen begann und nichts als Lederschnipsel von den Hosen übrig ließ. Die dicke Echtlederhose brauchte etwas länger, auch ließ sie ihren Metallhosenknopf nicht ohne Widerstand herausreißen. Bei den Kunstlederhosen hingegen ging das fast ohne Mühe, und auch der Shredder fraß sie ohne Mühe in sich hinein. Ich merkte, wie ich immer wieder ins Grübeln kam: ich konnte immer noch nicht fassen, dass der Chef die ganzen, schönen Lederhosen alle zerrissen hatte. Vielleicht wäre eine der Lederhosen vielleicht gerettet worden? So schlimm sahen sie gar nicht aus, nur eben ein paar Gebrauchsspuren. Vielleicht hätte Anna die kurze Kunstleder-Shorts herausgenommen und für sich behalten? Die sah zwar ziemlich stark abgetragen aus und hatte viele Tragefalten, aber genau das machte ihren Charme aus. Als Party- oder Sommerhose hätte sie bestimmt noch viel Freude machen können. Aber gerade bei der Kunstleder-Shorts hatte sich der Chef gründlich ausgetobt. Bei ihr waren beide Po-Taschen herausgerissen, sie hingen nur noch an einem kleinen Stück Naht. Zusammen mit den Po-Taschen ist auch das Leder vom Po mit aufgerissen, es waren also auf beiden Seiten gruße Löcher entstanden. Das hätte man kaum mehr reparieren können. Und dann war schließlich noch der Reißverschluss brutal aufgerissen worden, sogar das Knopfloch war kaputtgerissen. Ganz unten, wo der Reißverschluss endete, ging der Riss mitten durchs Leder bis zur Quernaht im Schritt. Die schöne Sommer-Party-Lederhose war nicht mehr zu reparieren, war nur noch Lederfetzen. Anna nahm sie von mir entgegen, nachdem ich den Button entfernt hatte, dann fühlte sie einen Augenblick lang das weiche Kunstleder und ließ die Shorty schließlich in den Shredder fallen.
Ich bemerkte, wie mir die Knie zitterten. Anna arbeitete wie eine Maschine, aber auch sie schien zu zittern. Nachdem der Rollcontainer mit den Ledersachen leer war, sagte ich zu Anna: „Wir sehen uns ja gleich wieder auf dem Nachhauseweg.“, und ging zurück zu meiner Arbeitsstation. Es war gerade noch Zeit, die letzten paar Teile zu sortieren und dann meinen Platz in Ordnung zu bringen.
Als ich fertig war und im Pausenraum meine Sachen zusammenpackte, stand Anna schon an der Ausgangstür und erwartete mich.
Wir gingen wortlos zu meinem alten Polo, der auf dem Mitarbeiterhof stand. Zu viel war heute Nachmittag geschehen, diese Eindrücke musste ich erst bei mir sickern lassen.
Anna hingegen war schon wieder fröhlich und hüpfte zum Auto. Beim Laufen rieb sie ihre Beine wieder absichtlich zusammen, so dass dieses schöne Raschelgeräusch von ihrer dunkelroten Knautschlack-Joggerhose zu hören war. Dieses Geräusch verzauberte mich. Anna hatte das wohl schon bemerkt: sie blickte mir lächelnd ind die Augen und strich mit den Händen ihre Hosenbeine heraus und herunter. Anna wusste sicher genau, was sie da tat, und sie tat es mit Absicht. Für mich gab es kein Entrinnen, ich blieb einfach stehen und genoss den Augenblick. Ich konnte nur hoffen, dass uns niemand beobachtete.
Ich schloss das Auto auf und Anna hüpfte hinein. „Danke, dass du mich mitnimmst. Kannst du gleich mit zu mir rein kommen?“, fragte sie mich. „Wenn du nichts dagegen hast… Ich bin ja noch immer gespannt auf deine Geschichte mit der braunen Kunstlederlatzi!“, antwortete ich und versuchte, fröhlich zu wirken. Aber der Anblick der vielen geshredderten Lederhosen von eben hing immer noch in meinen Gedanken.
„Wie hast du das empfunden, das mit den zerrissenen Lederhosen?“, fragte ich Anna. „Ich war ganz schön erschrocken, als ich sie alle so kaputt habe liegen sehen. Ich bin mir mnämlich sicher, die waren vorher noch nicht so zerfetzt.“, sagte Anna. Dann fügte sie hinzu: „Aber ich habe sie alle geschreddert. Ich habe sie alle das letzte mal gesehen, zum letzten mal angefasst.“. Ich konnte ein Grinsen in Annas Gesicht erkennen. „Haben dir die Lederhosen dabei nicht leid getan?“, fragte ich nach. „Am Anfang schon, aber dann habe ich richtig Lust bekommen, weiterzumachen. Ich weiß auch nicht, wieso das so ist.“
Ich antwortete: „Vielleicht ist es das gleiche Gefühl, das mich überkam, als ich damals meine rote Knautschlederlatzi verbrannt habe. Ich wußte, ich werde sie nicht wiederbekommen und es fühlte sich unendlich schade an. Aber es kribbelte in mir, als ich sie verbrennen sah und ich konnte meine Augen nicht von ihr lassen, bis sie völlig weg war. Das war soetwas wie ein ganz liebevoller Abschied.“
Anna fragte etwas verunsichert: „Ist das schlimm, so zu fühlen?“ „Ich denke nicht, dass das schlimm ist.“, anwortete ich, um Anna zu trösten, „wahrscheinlich ist das ein ganz normales Gefühl wenn man ein geliebtes Kleidungsstück für immer vernichtet. Meine Mutter hatte mir davon erzählt, wie gern sie am Küchenherd stand, wenn gleichzeitig darinnen ein ehemaliges Lieblingskleid loderte. Oder ihre Stiefel, die verfeuerte sie immer in der Küche oder im Badeofen. Sie achtete genau darauf, dass kein Stiefel oder schuh in die Tonne kam. Alle kamen in den Ofen, und sie wollte es auch immer selbst machen.“
„Dann hast du das von deiner Mutter geerbt, dass du deine Kunstlederlatzi verbrannt hast!“, antwortete Anna verschmitzt und mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Ich lächelte zurück und sagte nichts.
Nach einer Weile sagte Anna: „Ich weiß nicht, ob ich eines Tages so verrückt bin und meine braune Kunstlederlatzi shreddere. Der Gedanke daran mach mich ganz verrückt, aber es macht mir auch Angst.“ Ich beruhigte Anna: „Keine Sorge, deine Lieblingslatzi gehört ganz allein dir. Du kannst sie behalten, du kannst sie zershreddern - in deinen Gedanken ist sie immer allein deine.“
Anna schloß nervös an: „Ich hatte ich heute nachmittag so eine innere Aufregung, dass ich die weiße Lacklederhose gleich geshreddert habe. Hättest du die sonst vielleicht reprieren können?“
„Nein, ich glaube die war viel zu kaputt. An zu vielen Stellen zerrissen, und das Lackmaterial war auch rissig.“, antwortete ich und überlegte gleichzeitig, wie ich sie hätte umnähen können. Durch mein Textildesignstudium war ich ziemlich geübt darin, aus alten Kleidungsstücken neue zu machen.
Anna redete weiter: „Ich wollte die weiße Hose eingentlich nur ein bisschen an den Shredder halten, damit der unten an den Beinen knabbert. Aber dann hat er sie aus den Händen gerissen. Die schöne Lackhose war viel zu schnell weg!“
„Bedauerst du das nun, oder hat das auch Spaß gemacht?“, fragte ich Anna zurück. „Rate selbst!“, konterete Anna verschmitzt, lächtelte mich an und strich mit ihren Händen über ihre Oberschenkel. Die Knautschlack-Joggerhose an ihren Beinen machte wieder dieses herrliche Raschelgeräusch. Anna strahlte mich dabei an. Ich hatte zu tun, meine Konzentration beim Autofahren zu halten.
Wir waren bereits im Wohngebiet und ich bog in Annas Straße ein. Sie hatte mir ja gestern gezeigt, wo sie wohnt. Ich lenkte um, parkte den Polo am Straßenrand und lächelte zu Anna hinüber. „Komm mit rein!“, sagte sie fröhlich und hüpfte aus dem Auto. Sie nahm ihren kleinen Rucksack von der Rücksitzbank und war schon am Gartentor, als ich gerade noch aus dem Auto ausstieg. Ich lief ihr mit schnellem Schritt hinterher. Sie hielt mir das Gartentor auf, winkte mir zu und hüpfte fröhlich weiter zur Haustür. Während sie nach dem Schlüssel kramte, war ich auch schon bei ihr an der Haustür. Vor der Haustür waren drei Stufen, dann eine kleine Plattform mit Bastmatten. Auf dieser kleinen Plattform kam ich gerade noch zum Stehen, als Anna die Haustür aufschloss und öffnete, aber selbst nicht weiterging. Fast hätte es einen kleinen „Auffahrunfall“ gegeben, doch ich kam hinter Anna gerade noch zum Stehen, ohne sie anzustupsen. Anna blieb weiter stehen und bewegte sich nicht. Ich war irritiert. Warum ging Anna nicht weiter, was hatte sie vor?
Da bewegte sie ihre Beine auf der Stelle und drückte ihre Oberschenkel extra zusammen, so dass das Rascheln ihrer Knautschlederjoggerhose unüberhörbar zu vernehmen war. Ich blieb einfach starr stehen und genoss. Anna wusste genau, was sie tat. Noch während sie die Beine bewegte, drehte sie ihren Kopf zu mir nach hinten und fragte: „Kommste mit rein?“ Ich nickte und konnte kein Wort sagen.
Anna hatte ein langgestrecktes Zimmer, sehr gemütlich und typisch eingerichtet für eine Schülerin. Mit Schülerschreibtisch und Drehstuhl, einem langem Spiegel, einem Einzelbett, einem Kleiderschrank und einem Kinderzimmerregal, der mit Stickern beklebt war, einen wohl selbstgenähten Hängefach für ihren Riesenplüschbär, einem kleinen Zweiersofa und einem passenden Minisessel.
Anna schob mich in Richtung Sofa und verschwand wieder. Nach einem Moment kam sie mit zwei Eis-Riegel wieder und hielt mir lächelnd einen hin. Ich bedanke mich, öffnete das Eis und setzte mich gemütlich aufs Zweiersofa.
Anna schnappte sich den Riesenteddybär, setzte sich in ihren Drehsessel und nahm den Teddy auf den Schoß.
„Ich wollte dir ja noch erzählen, was aus meiner Kunstlederlatzi wurde. Und wie sie bei UsedTex landen konnte.“, sagte Anna mit zittriger Stimme, „sie war ja bei dir gelandet und Du hättest ihr beinahe alle Buttons ausgerissen. Und sie dann geshreddert.“
„Ja, das tut mir jetzt noch leid“, antwortete ich, „Ich wusste ja nicht, wessen Hose das war. Und du hast sie ja noch rechtzeitig gerettet.“ Anna nickte.
„Wie ist sie überhaupt bis zu UsedTex gekommen? Sie war doch deine Lieblingslatzi!“, fragte ich.
Anna erzählte mir, dass sie einen riesen Streit mit ihrer Mama hatte wegen ihrer ausgewachsenen Klamotten, die sie nie auszusortieren bereit war. Eines Tages muss Annas Mama dann wohl ein Machtwort gesprochen haben. Sie hatte dann die Stapel mit Annas viel zu kleinen Klamotten auf den Zimmerfußboden geworfen und ausgebreitet. Dann ging sie mit Anna Stück für Stück durch, um zu sehen, was wirklich weg kann. Als Annas zu klein gewordene Kunstlederlatzi an die Reihe kam, war Mamas Urteil gnadenlos. Anna sollte ihre braune Kunstlederlatzi nun endgültig abgeben und durch die braune Echtlederlatzi von Kathrin ersetzen. So sehr Anna die antikbraune Echtlederlatzi von Kathrin auch mochte, ihre geliebte Kunstlederlatzi hatte sie keinesfalls wegwerfen wollen. Anna hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, sie in den Kleidersack oder in den Müll zu legen.
Annas Mama gab nach einer Weile anstrengendem Hin und Her nach. Anna musste aber versprechen, ihre zu kleine, braune Kunstlederlatzi selbst zu verschenken oder wegzugeben. Anna durfte selbst aussuchen, an wen. Nur Mama durfte sie hier nicht mehr unter die Augen kommen.
Anna hatte diese Sache schon fast wieder vergessen, als Mama wohl mal in ihren Sachen gewühlt haben muss. Jedenfalls stand Mama eines Tages, nachdem Anna aus der Schule gekommen war, in der Zimmertür mit der braunen Kunstlederlatzi in der Hand. An diesem Nachmittag muss es zu einem heftigen Streit gekommen sein. Mama versuchte, der Sache ein Ende zu bereiten und zog mit einen kräftigen Ruck die Beine auseinander. Das Kunstleder spannte mit einem lauten Geräusch und die Schrittnaht ächtste, aber die Hose hielt stand und ließ sich nicht auseinander reißen.
Wutschnaubend riß Mama an den Trägern, doch auch sie blieben fest im Rückenlatz.
„Nein, tu ihr nichts!“, erinnerte sich Anna, gerufen zu haben, während ihre Mama mit beiden Händen in die Hosenbeinenden fasste und aufzureißen versuchte. Doch auch die Hosenbeine hielten stand und gingen nicht auseinander.
Wütend warf Annas Mama die Latzi auf den Kinderzimmerboden und stprmte zur Küche. Anna nahm beherzt die zerknüllte Latzi an sich. Als ihre Mama mit einer Schere wiederkam, drückte Anna die Latzi ganz fest an sich heran und schrie: „Nein! Lass sie!“. Anna erzählte, sie habe gewint vor Verzweiflung. Sie war sich sicher, ihre Mama würde die geliebte Kunstlederlatzi in Stücke schneiden, dass sie dann zu nichts mehr zu gebrauchen sein würde, als zum Wegwerfen. Anna muss so verzweifelt geweint haben, dass ihre Mama von ihrem Vorhaben abließ. Vielleicht war Annas Mama selbst erschrocken darüber, wie sehr sie ihre Tochter zum Weinen gebracht hatte. Das wollte sie eigentlich nicht. Annas Mama packte die Schere wieder weg. Anna musste ihr aber versprechen, dass sie diesmal wirklich ihre alte Latzi weitergeben oder verbasteln würde. „Wenn ich noch einmal bei dir sehe, lasse ich sie verschwinden - und dann findest du sie nie wieder!“, muss Annas Mama gesagt haben. Annas gab das verlangte Versprechen. Aber sie dachte gar nicht daran, von ihrer Latzi Abschied zu nehmen. Sie brachte ihre geliebte, braune Kunstlederlatzi lieber in Sicherheit.
„Aber meine Mama muss sie doch irgendwie gefunden haben.“, erklärte Anna nachdenklich: „Sie muss meine Latzi ohne mein Wissen heimlich in die Kleidersammlung gegeben haben. Ich war total erschrocken, als ich bei UsedTex meine Katzi in deinen Händen gesehen hatte. Da warst ja an der Shredderststion und hättest sie fast zerstört.“
Annas Blick war ernst geworden und es standen Tränen ihren Augen. Ich war unbeschreiblich froh, dass es nicht dazu gekommen war, dass ich die Latzi vernichtet hatte. Zum Glück lag die Schuld nicht auf mir. Kaum auszudenken, wenn Anna nur ein paar Sekunden später reagiert hätte und die Latzi schon am Shreddern gewesen wäre. Niemals hätte ich mir das verzeihen können.
Nun jedenfalls hatte Anna ihre geliebte, wenn auch viel zu kleine und völlig abgetragene Kunstlederlatzi wieder. Ich hoffte nur, Anna hatte sie diesmal wirklich richtig gut versteckt, so dass ihre Mama sie nicht wieder finden würde.
Anna hatte immer noch Tränen in den Augen. „Ich bin so froh, dass du sie wieder hast.“, versuchte ich sie zu trösten. Anna lächelte ein bisschen. „Versteck sie sehr gut, deine Latzi, damit sie immer in Sicherheit ist. Du kannst sie für dich behalten, solange du möchtest.“, sagte ich weiter in ruhigem Ton. „Ich werde sie immer bei mir behalten. Wer könnte sie denn sonst nehmen?“, sagte Anna. Ich konnte Annas Gedanken gut verstehen. Einerseits hing sie sehr an ihrer Kunstlederlatzi, andererseits war es nicht richtig befriedigend, sie einfach nur aufzubewahren. Vielleicht gefiel mir damals bei meiner eigenen roten Knautschlederlatzi der Gedanke, sie zu im Garten der Großeltern spontan zu verschließen und am Ende zu verbrennen. Das fand ich damals viel aufregender, als die Latzi länger für mich zu behalten. Ich konnte mich noch genau erinnern, wie aufregend es war, meine so geliebte Knautschlederlatzi ins Feuer zu verabschieden und ihr beim Abbrennen zuzusehen. Ob das vielleicht auch für Anna einmal ein schöner Ausgang sein könnte?
Ich war mir sicher, dass Anna ihre braune Kunstlederlatzi sehr liebte und jetzt nicht weggeben wollte. Aber ich meinte auch herauszuhören, dass sie sie eventuell auch für andere Schritte bereit war. „Wüsstest du denn jemand, die deine Latz denn gern übernehem würde und sie genau so gut behandeln würde, wie du?“, fragte ich Anna. Anna dachte nach und zuckte dann doch mit den Schultern. „Kevin mochte meine Kunstlederlatzi auch sehr.“, fügte Anna hinzu. Ich bat Anna, mir ein bisschen von Kevin zu erzählen. Sie beschrieb, wie gern er ihr unter dem Pulli über den Rückenlatz gesteichelt hatte. Und sie erzählte mir noch einmal, wie Kevin in der Sporthallenumkleide sich an ihrer Latzi zuschaffen gemacht hatte und es dann zum Krach kam. „Vielleicht würde Kevin sie gerne noch einmal sehen?“, fragte sich Anna halblaut.
„Gefällt Kevin dir denn noch?“, fragte ich Anna. „Ja, ich finde ihn immer noch süß. Ich muss immer wieder mal an ihn denken.“, antwortete Anna, während ihre Augen blitzten. „Würdest du ihm denn jetzt böse sein, wenn er sich an deine Latzi ranmachen würde?“, fragte ich. „Du meinst, wenn er sich an ihr vernügt?“, fragte Anna frech zurück. Die Antwort gab Anna gleich selbst: „Ja, das dürfte er, sogar während ich sie anhabe.“
Anna grinste. „Magst ihn noch sehr, oder?“, fragte ich und Anna nickte. „Dürfte er dich berühren?“, fragte ich vorsichtig weiter, um zu hören, wie sehr Anna noch an Kevin lag. Anna nickte und grinste übers ganze Gesicht. Während sich ihre Mundwinkel immer fröhlicher nach oben zogen, bewegten sich ihre Augen hin und her. Ob sie sich gerade etwas bildlich vorstellte? Ich griff Annas Bemerkung von eben noch einmal auf und versuchte so, ihre Gedanken weiter mit Phantasie zu füllen: „Würdest du Kevin gern mal verführen, während du für ihn deine Kunstlederlatzi trägst?“
Anna hauchte fast stimmlos: „Er wäre der einzige, der sie dafür sogar aufreißen dürfte. Das wäre richtig geil für meine Latzi.“ Ich merkte, dass unser Gespräch immer weiter in eine bestimmte Richtung ging. Solange es Anna nicht befremdlich vorkam, war das auch für mich in Ordnung. „Du könntest ja ein Loch an die richtige Stelle in deine Latzi machen. Vielleicht die Mittelnaht ein bisschen auftrennen. Und wenn er es entdeckt, wird er sofort vestehen, was gemeint ist. Dann fährt er mit den Fingern in das Loch. Und wenn er erstmal angefangen hat, es ein aufzureißen, dann wird er sich nicht mehr bremsen können. Dann hast du ihn voll in der Hand.“, sagte ich. „Warum soll ich ihn nur in die Hand nehmen?“, fragte Anna verschmitzt, und ich grinste über ihre Antwort. Ich sagte nichts.
„Ja, das mit dem vorbereiteten Loch ist eine gute Idee. Dann hat er die Latzi und mich gleizeitig. Davon hat er bestimmt schon lange geträumt.“, sagte Anna mit halb geschlossenen Augen und setzte fort: „Heinlich die Schrittnaht auftrennen, ja? Und dann ‚raaatsch‘.“ Bei diesem Wort bewegte Anna mit einem Mal ihre Oberschenkel so schnell auseinander, dass die dunkelrote Knautschleder-Joggerhose, die sie anhatte, straff spannte und ein lautes Geräusch machte. Anna war offensichtlich selbst sehr erschrocken davon und schaute, ob ihre Hose noch unbeschädigt war. Die spontane Dehnaktion hatte ihrer Knautschleder-Jogger zum Glück nichts anhaben können. Aber dieses ‚raaatsch‘-Wort sollte sich fortan zu einer Art Ohrwurm entwickeln. Nachdem Anna mir noch ein bisschen von Kevin erzählte und immer klarer wurde, dass sie hoffte, wieder mit ihm zusammen zu kommen, hatte ich das Gefühl, es war der richtige Zeitpunkt, für heute nach Hause zu gehen. Ich stand langsam vom Sofa auf und bedanke mich bei Anna für alles, was sie mir anvertraut hatte. Anna lächelte und erhob sich ebenfalls. Dann bewegte sie die Oberschenkel ruckartig ein Stück auseinander und hauchte „raaatsch“ dazu. Sie grinste mich an und ich konnte nicht anders, als zurückzugrinsen.
Ich nahm meine Jacke und schaute, dass ich die Autoschlüssel dabei hatte, dann gingen wir die Treppe hinunter von Annas Zimmer zum Flur und zur Haustür. Anna flüsterte: „Raaatsch“.
Anna ging voraus und öffnete die Haustür für mich. „Danke, dass du mir zugehört hast“, sagte sie, während sie in meine Augen blickte, „niemand sonst würde das mit meiner Kunstlederlatzi verstehen.“
„Ich kann das sehr gut verstehen, Anna. Ich hatte doch selbst so eine Lieblings-Kunstlederlatzi, wie du weißt.“, sagte ich und lächte Anna freundlich an. Sie stand nun direkt nun direkt vor mir, zwischen mir und der geöffneten Haustür. Sie sagte nichts und blickte mir stattdessen tief in die Augen. Ich wurde unsicher und fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Was sollte das werden? Plötzlich sah ich, wie immer mehr grinste und sie ihre Beine im Stand bewegte, was dieses laute Rascheln ihrer Knautschlederjoggerhose verursachte. Dieses Rascheln, das mich so an neine eigene Knsutschlacklatzi erinnerte, raubte mir fast den Verstand. Dann hauchte Anna: „Raaatsch“ und hielt ihre Beine still. Ich lächelte. „Ruf doch mal Kevin an!“, sagte ich ihr. „Ich hab ihn über zwei Jahre nicht mehr gesehen. Er ist nicht mehr an meiner Schule.“, sagte Anna. Dann ergänzte sie: „Ich ruf ihn an. Vielleicht mag er mich ja auch noch ein bisschen. Ich kann ja sagen, ich habe eine Überraschung für ihn.“
„Eine Überrschung? Raaatsch!“, spaßte ich zurück. „Raaaaasstsch!“, sagte Anna zurück und lachte.
Ich ging die Außenstufen hinunter, durch den Vorgarten und durchs Gartentor zu meinem Polo.
„Soll ich dich morgen früh abholen?“, fragte ich Anna. „Ja, gerne. Weißt ja jetzt, wo ich wohne.“, sagte sie, „Morgen ist schon der letzte Praktikumstag.“
„Ich hole dich ab!“, sagte ich zurück und freute mich darauf, Anna schon bald wiederzusehen.
Anna stand noch immer in der Tür, und winkte mir hinterher. Ich winkte zurück, lächelte und stieg in neinen Polo.
Auf der Fahrt zu meinem Haus dachte ich daran, dass Anna nun vielleicht wieder mit Kevin zusammenkommen würde.
Ich stellte mir vor, wie Kevin Anna über das weiche Kunstleder ihrer Latzi streicheln würde und dann das vorbereitete Loch spüren würde.
Ich staunte, dass Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi ohne Zöger. dafür opfern würde, ihn zu ‚verführen‘. Das würde die Lebenserwartung ihrer Latzi drastisch verändern.
Ob Anna sie danach vielleicht auch verbrennen möchte? Oder eigenhändig shreddern - oder anderweitig vernichten? Vielleicht sollte ich mal eine verbrauchte, alte Kunstlederhose besorgen und sie im Aztekenofen im Garten verbrennen - und Anna zum Zuschauen einladen?
Ich war jedenfalls sehr gespannt, wie sich die Geschichte mit Anna und vielleicht Kevin weiter entwickeln würde. Zum Glück konnten wir und schon am nächsten Tag wiedersehen.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Am nächsten Morgen hatte ich früh eine Nachricht von Anna auf dem Handy: dass ich sie nicht abholen brauche. Sie würde heute nicht zu UsedTex kommen.
Etwas traurig fuhr ich an diesem letzten Tag allein zu UsedTex. Anna war tatsächlich nicht da.
Aber etwas angenehmes gab es dann doch: der Chef kam überraschend zu mir und bedanke sich für meine fleißige Mithilfe während des Semester-Ferienjobs. Und ich durfte mir an diesem letzten Tag alles mitnehmen, was mir an zu verwertenden Klammotten gefallen würde. Ich hielt natürlich intensiv Ausschau, sah aber nichts, was mir wirklich gefiel. Am Nachmittag entdeckte ich eine dicke, schwere Echtlederhose im 5-Pocket-Jeansschnitt mit Schnürung außen an den Beinen. Leider war die Schnürung sichtbar kaputt, die Lederbänder waren mehrfach zerrissen und auch einige Ösen waren ausgerissen. Die Knie hatten deutliche Schürfspuren und an den Hosenbeinen waren tiefe Kratzer zu sehen. Die Po-Taschen waren an ihren Rändern abgescheuert fast wie Velourleder. Die vorderen Hosentaschen waren ausgebeult und zeigten ebenfalls Kratzspuren. Oben hatte die Hose ein Innenfutter aus Stoff, das aber auch gerissen war. Das dicke Echtleder war an den Oberschenkeln deutlich ölverschmiert. Auch am Po und an den Seiten waren deutliche Spuren von dunklem Öl. War sie vielleicht eine Motorradlederhose gewesen, die zuletzt zum Schauben getragen worden war? Auf jeden Fall war es eine Damenlederhose, denn sie hatte so schmale Beine, dass wohl nicht einmal Anna hineingepasst hätte.
Diese alte Lederhose nehme ich mit, dachte ich bei mir. Anziehen wollte ich diese alte Schrauberwerkstatthose nicht mehr, aber sie war perfekt geeignet, dass wir sie vielleicht aus Spaß verbrennen, wenn Anna einmal zusehen kann. Ich wollte einfach gern erleben, ob Anna daran Gefallen finden würde.
Die Semesterferien gingen zuende und ich war wieder voll mit meinem Studium beschäftigt. Doch zu meiner Freude bekam ich immer wieder mal eine Nachricht von Anna aufs Handy. Sie schrieb mir, dass sie wieder Kontakt zu Kevin aufgenommen hatte und dass sie sich wieder treffen wollten.
Später einmal schrieb mir Anna, dass sie Kevin vergeben hatte wegen der Sache mit ihrer Kunstlederlatzi damals.
Dann berichtete sie mir, dass sie endlich wieder mit Kevin zusammen sei. So wie damals, nur noch viel, viel schöner.
Und Anna schrieb mir, dass Kevin immer ihre braune Lieblings-Kunstlederlatzi sehr liebte. Und dass er sie immer noch total unwiderstehlich fand - ob Anna dabei ihre Latzi oder sich selbst meinte, blieb offen;-) Vielleicht beides? Vielleicht hatte Anna nun doch mit ihrer geliebten, aber viel zu kurzen Lederlatzi jene für Kevin unwiderstehliche Verführung gewagt, von der sie damals träumte?
An einem verlängerten Wochenende im Herbst war ich wieder zuhause in meinem Elternhaus. Ich wusste, dass meine Eltern ein Feuer im Garten machen wollten für die Zweige und das viele abgeschnittene Holz von den Bäumen auf unserem Grundstück. Diese Gelegenheit wollte ich gerne nutzen für ein nettes Zusammenkommen mit den Nachbarsjungs. Im Haus neben meinen Eltern wohnten nämlich zwei sehr nette Jungs, die ich schon aus der Schule kannte und die ich sehr mochte. Sie waren Zwillinge, aber sahen sich kein bisschen ähnlich. In der Schule waren sie zwei oder drei Klassen über mir, und ich war mit jeden der beiden einmal kurz zusammen - wie wohl jedes Mädchen der Oberstufe damals. Die beiden waren sehr, sehr nett. Aber weil wir uns schon seit Kindertagen an kannten und schon im Sandkasten zusammen gespielt hatten, funkte es nicht zwischen uns. Wir konnten nach dem kurzen Zusammensein einfach Freunde bleiben, das klappt sonst ja meistens nicht so gut. Später waren wir auch schon auf Konzerten zusammen und hatten jede Menge Spaß - als beste Freunde.
Diese beiden hatte ich für den Abend mit eingeladen zum Lagerfeuer in unserem Garten. Ich hatte das Gartenfeuer auch ein bisschen aufgestockt mit trockenen Scheiten, die sonst Kaminholz bestimmt gewesen wären. Ich hatte auch einen Berg von Knabbereien besorgt, Marshmellows und Schinkenwürste zum Aufspießen. Ich wusste ja, das die Jungs völlig unkompliziert waren.
Ich hatte Anna auch eingeladen und dachte, es würde sich vielleicht am späteren Abend eine Gelegenheit ergeben, die ölige, alte Lederjeans auf dem Lagerfeuer mit zu verbrennen. Wenn die Jungs wieder gegangen sind, natürlich.
Als am Abend das Feuer brannte und die beiden Jungs mit Getränken durchs Gartentor zu uns herüber kamen, hatten sie eine Begleitung mit. Offensichtlich hatte einer der beiden eine Freundin im Schlepptau und brachte sie nun ungefragt mit. Naja, dachte ich mir.
Dann erst erkannte ich, wer sie war: Laeticia, eine gute Freundin aus meiner Schulzeit. Wir durften sie immer "Tia" nennen.
Ich freute mich sehr, sie wieder zu sehen. Wir waren uns seit der Schulzeit wohl nicht mehr begegnet. Einer der Nachbarjungs meinte: „Vorstellen brauche ich euch ja wohl nicht. Tia hat gemeint, ihr kennt euch. Ich dachte, es macht dir vielleicht nichts aus, wenn ich sie einfach mitbringe?“ Ich nickte zustimmend und konnte meine Augen kaum von Tia lassen. Erst einmal drückten wir uns, dann sah ich sie von oben bis unten an. Sie tat das gleiche wohl mit mir.
Tia trug ziemlich zerschlissene halbhohe Wildlederstiefel. Darüber eine schwarze, kurz abgeschnittene Lederhose aus dickem Echtleder. Diese grob handgeschnittene Hotpant sah zu den Stiefeln sehr rockig aus. Über ihrem engen Shirt trug Tia ein schwarzes Netz-Top, das an manchen Stellen kaputt war. Tias Look war perfekt, wie ein Gesamtkunstwerk. Tias Haare waren kräftig rot, wie in der Schule damals schon. Ihre Haare waren aber nicht mehr kurz, wie in der Schulzeit, sondern sie trug sie nun schulterlang. Ich fand, das alles stand Tia sehr gut. Tia hatte schon immer einen rockigen Look gehabt und sah damals älter aus, als wir junges Gemüse damals in der Schule eigentlich waren.
Wir setzten uns neben einander ans Feuer, die Jungs hatten sich schon Würstchen aufgespießt und hielten sie ans Feuer. Die beiden waren wirklich nett, sie schauten zu uns Mädels herüber und lächelten uns zu, und sie nahmen es uns nicht übel, dass wir zwei die ganze Zeit unsere Köpfe zusammensteckten und erzählten. Ich war wirklich glücklich, Tia einmal wieder zu sehen. Sie hatte offensichtlich immer noch ihren Tick mit den abgeranzten Klamotten, aber sie war auch immer noch total nett. Hinter ihrem taffen Äußeren verbarg sich ein sehr sympatischer Charakter.
Wir erzählten uns, was wir seit der Schulzeit so gemacht und erlebt hatten. Ich erzählte ihr von meinem Freiwilligenjahr bei der Umwelthilfe und von meinem Textildesign-Studium. Als Tia mir dann berichtete, was ihr alles wiederfahren war und wie oft sie mit fast nichts auskommen musste, schämte ich mich beinahe für mein biederes Normalo-Leben bisher. Aber dennoch: tauschen hätte ich mit ihr nicht wollen. Sie beeindruckte mich mit ihrem Lebensmut, ihrer minimalistischen Einstellung und ihrem Durchhaltevermögen. Ich freute mich jedenfalls sehr, dass sie mit hier war und dass sie mit einem der Nachbarjungs zusammen war. Da hatte sie wenigstens diesmal einen „guten Fang“ gemacht.
Zwischenzeitlich unterhielten wir uns auch wieder mit den Nachbarjungs, die waren schon mit ihrer Bierkiste im Gange und hatten für uns Proseccos mitgebracht. Wir posteten uns zu, lachten und hatten eine gute Zeit. Zwischenzeitlich war es dunkel geworden, und wir rückten etwas näher ans Feuer, wo es war gemütlich warm war.
Ich hörte das auffällige Klingeln eines Fahrrads vor unserem Haus, und nur wenige Augenblicke später hielt mir jemand von hinten mit den Händen die Augen zu. Tia konnte es nicht sein, denn die saß neben mir und lachte lauthals. Ich überlegte, wer noch kommen wollte. Doch dann fiel es mir wieder ein: „Anna?“, fragte ich. Und tatsächlich, Anna hüpfte um mich herum und begrüßte mich herzlich. Tia schien Anna auch zu kennen, denn die beiden begrüßten sich mit Namen. Ich bot Anna etwas zu trinken an, denn die Jungs waren so umsichtig, auch etwas Alkoholfreies mitzubringen. Anna steckte sich Marshmellows auf und hielt sie ans Feuer. Sie schaute immer wieder, ob sie denn auch braun genug waren und hielt die Marshmellows immer noch näher ans Feuer. Bis sie schließlich Feuer fingen und ruckzuck schwarz waren. Sichtlich verärgert warf Anna die brennenden Marshmellows mitsamt Stecken ins Feuer. Tia beobachtete das Ganze mit Vergnügen und lachte laut: „Diesmal waren’s wenigstens keine neuen Pumps!“, sagte Tia und feixte. Anna war diese Bemerkung sichtbar peinlich, weshalb ich lieber nicht nachfragte, was Tia damit gemeint hatte. Aber einer der Jungs war hellhörig geworden und fragte Tia: „Die Kleine wirft wohl sonst immer Schuhe ins Feuer?“ Anna blickte verschämt zur Seite. Tia bemerkte, wie unangenehm das für Anna war und versuchte das Thema zu beenden: „Das ist Mädchensache.“
Die nächste Minute sagte tatsächlich keiner etwas, aber diese Frage stand fühlbar immer noch in der Luft. Plötzlich beendete Tia die Stille und begann, in einem ruhigen und gefühlvollen Ton, von der Party bei Alex und dem Schrottwichteln zu erzählen. Und wie Anna damals ihre weißen Nike Airforce One als Wichtelgeschenk würfelte, die einzigen wirklich geliebten Schuhe, die Tia damals hatte. Tia erzählte, wie sie damals auch um ein Lagerfeuer saßen, in das jeder sein wertloses Schrottwichtel schließlich hineinwerfen sollte. Tia hatte damals schon fest damit gerechnet, dass Anna die Nike Airforce Ones ins Feuer werfen würde und dass Tia ohne diese Schuhe nach Hause gehen würde. Aber zum großen Erstaunen aller, die ums Feuer gesessen hatten, zog Anna damals ihre frisch gekauften, lackschwarzen Pumps von ihren Füßen und warf sie einen nach dem anderen ins Feuer. Das hatte Tia damals sehr beeindruckt, erzählte sie.
Die beiden Nachbarjungs hörten wie gebannt zu.
Auch ich war sehr beeindruckt von dieser Geschichte. Ich hatte Anna so etwas gar nicht zugetraut. Und: ich hatte nicht gedacht, dass Anna schon einmal Schuhe willentlich verbrannt hat. „Hast du auch schon mal etwas an Klamotten verbrannt?“, fragte ich Anna leise? Anna schüttelte lächelnd mit dem Kopf, und mir schien, die Frage war ihr nun kein bisschen mehr peinlich. „Nein, hab ich nich nicht. Aber wenn du Lust hast, können wir heute Abend damit anfangen!“, sagte Anna laut genug, dass es auch Tia und die Jungs hören konnten. Nun war ich es, der es peinlich war, denn vor den Nachbarsjungs wollte ich mich nicht outen. Aber Anna hatte keine Hemmung und legte nach: „Hast du nichts da, was wir ins Feuer werfen können? Nichts abgetragenes?“ Ich hatte sehr wohl die ölige, schwarze Lederjeans bereitgelegt für genau diesen Zweck, aber ich wollte es in der Runde nicht laut sagen.
„Also ich habe schon einiges an Klamotten verbrannt,“, begann Tia überraschend, „aber vorher trage ich die Sachen, bis sie wirklich nicht mehr gehen.“ „Ich habe mal eine Lieblingshose verbrannt. Weil ich nicht wolle, dass jemand außer mir sie bekommt.“, sagte ich, nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen hatte. Ich meinte damit natürlich meine rote Lieblings-Knautschlederlatzi, die ich damals im Garten meiner Großeltern genüsslich verbrannt hatte.
Einer der Nachbarsjungs sagte, er habe einmal von einer Ex die Regenklamotten im Garten verbrannt. Die Ex hatte eine seltsame Sammlung an Plastik-Regenmänteln und Capes, die sie bei ihm zurückgelassen hatte. Und er hatte damals, um sie zu ärgern, ihre ganzen Plastik-Regensachen verfeuert und dabei gefilmt. Seine Ex sei dann völlig außer sich gewesen, als sie das Video gesehen hatte. Das leichte Zeugs war nur so dahingeschmolzen, sobald es mit dem Feuer in Berührung kam.
„Ich hab etwas mit, das am Ende verbrannt werden kann.“, sagte Anna mit ihren erwartungsvollen, hellwachen Augen. In der Hand hielt sie eine große Papiertüte, in der etwas eingewickelt war. Ich rätselte, was Anna da wohl mitgebracht hatte. „Eine Hose von mir, die mir nicht mehr passt.“, sagte Anna, als konnte sie meine Gedanken lesen. Ob da vielleicht ihre braune Kunstlederlatzi drin war?
Plötzlich fing Tia an, laut zu lachen. Sie war zwischenzeitlich vom Feuer aufgestanden und stand nun am Holzstapel beim Haus. In ihrer Hand hielt sie die schwarze, ölverschmierte Echtlederhose, die ich von UsedTex für Anna und mich zum Verbrennen mirgebracht hatte. Die Hose hatte ich neben dem Holzstapel versteckt. Ich hatte ja nicht damit gerechnet, dass sie jemand dort sieht. Aber Tia hatte ihre Augen offensichtlich überall und hielt nun die schwere Lederhose in ihrer Hand. „Die hast du wohl als Brennholz gedacht? Oder warum liegt sie sonst bei den Holzscheiten?“, fragte Tia und hatte dabei voll ins Schwarze getroffen. Tia hielt die Hose hoch und besah sie im Schein des Feuers. Ihr fiel die kaputte seitliche Schnürung auf. Tia betastete die zerrissenen Lederschnüre und die ausgerissenen Ösen mit ihren Fingern. Sie besah sich die alte Lederhose sehr aufmerksam, ganz so als wollte sie sie für sich behalten. Im Schein des Feuers sah die Lederhose überhaupt nicht ölverschmiert aus, sondern einfach nur schwarz und gut.
Plötzlich legte Tia die lange Hose auf den Boden und begann, den Knopf ihrer Lederhotpant zu öffnen. Wollte sie sie jetzt hier ausziehen? „Was hast du vor?“, fragte einer der Jungs. „Ich kann ja mal probieren, ob die besser ist als meine abgeschnittene Lederhose.“, antwortete Tia, während sie ihre kurze Lederhose schon ein Stück herunterzog. „Nein, die wäre viel zu eng für mich, da werde ich nicht reinpassen.“, sagte Tia, während sie auf die lange Lederhose sah. Sie zog ihre Leder-Hotpant wieder hoch, schloss Zipper und Knopf und lachte laut: „Ihr habt doch im Ernst nicht geglaubt, ich strippe hier vor Euch?“ Tia lachte und setzte sich wieder als Feuer. Die beiden Jungs waren kurz irritiert, aber sie lachten auch schon wieder.
Anna ließ ihre Augen nicht von Tias kurzer Lederhose. Das war nicht nur mir aufgefallen, sondfern auch den Jungs. Tia genoss es offensichtlich, dass Anna sie so bewundernd ansah. „War das die lange Lederjeans, die du früher immer an hattest?“, fragte Anna. „Ja, das war sie. So gefällt sie mir aber noch besser. Außerdem hatten die Beine innen dann gerieben, das hat genervt.“, sagte Tia.
„Du hast sie dir selber abgeschnitten?“, fragte Anna nach. „Ja, das hab ich letzen Sommer spontan auf einem Festival gemacht. Die langen Beine sind gleich dort geblieben.“, antwortete Tia.
„Was hast du mit den abgeschnittenen Beinen gemacht?“, fragte Anna weiter. „Einfach liegenlassen. Das hat niemanden gestört dort. Die fandes es sogar lustig. Irgendjemand hat sie vielleicht mitgeommen oder sie haben sie dort gleich mit verbrannt.“, antwortete Tia und schaute Anna lächeld an. „Gefällt dir, dass ich sie abgeschnitten habe?“, fragte Tia Anna. Anna nickte heftig. Tia fügte mit einem dicken Augenzwinkern hinzu: „Den Jungs sowas gefällts auch!“
„Ich denke noch daran, wir du mich damals zu deinen Kumpels an den Bahnhof mitgenommen hattest. Und wo wir bei UsedText über den Zaun geklettert sind. Du hattest damals immer deine schwarze Lederjeans an, und sie hat richtig gut zu dir gepasst.“, sagte Anna in einem fast romantischen Tonfall. „Ja, sie hat gut zu mit gepasst,“, grinste Tia, „aber nun habe ich sie eben abgeschnitten. Und so ist sie eigentlich nur gut für den Sommer.“
Anna konnte ihre Augen einfach noch nicht von Tias sexy Ledershort lassen. Tia bemerkte das natürlich: „Gefällt sie dir? Du hättest sie haben können, wenn mir die lange Lederhose vom Holzstapel gepasst hätte!". Annas Augen wurden groß. Sie verschlang Tia förmlich mit ihren Blicken. "Ja, ich hätte die Kurze sofort gegen die lange eingetauscht.", fügte Tia hinzu. Anna saß immer noch wortlos da. Ihre Blicke wanderten immer wieder auf Tias Ledershort. Tia ergänzte: „Aber die andere Lederhose ist leider viel zu schmal für mich!“
Anna nickte. Als Tia aufstand, um die lange Lederjeans wieder zurück zum Holzstapel zu legen, folgte Anna ihr mit den Augen. Sie war so von Tias Look fasziniert. Als Tia sich wieder zum Feuer setzte, ruckte Anna ein Stück näher an sie heran. Ob sie Tias Ledershort einmal anfassen wollte?
"Ich verstehe schon, dass die meine kurze Lederhose gefällt. Aber ich kann sie kann sie ja nicht ausziehen und dir geben. Ich kann ja nicht ohne Hose nach Hause gehen!", legte Tia nach. Tia fasste mit den Fingern unter den abgeschnittenen Rand der Hosenbeine. Anna hätte wohl sie so gern auch mal berührt.
„Wenn du deine abgeschnittene Lederhose einmal nicht mehr willst, wirf sie bitte nicht weg. Ich nehme sie dann gern von dir, vielleicht passt sie mir.“, sagte Anna gerade laut genug, dass es Tia hören konnte. Anna schaute noch immer auf Tias Ledershort. „Das verspreche ich dir, Anna. Bevor sie irgendwo anders hinkommt, bekommst du sie.“, sagte Tia.
Die beiden Jungs saßen gebannt und wortlos am Feuer. Ob ihnen unser Thema gefiel? Irgendwie störten wir drei Mädels uns nicht daran, dass sie dabei waren und zuhörten.
„Und was wird nun mit der alten Lederhose, die hier beim Brennholz liegt?“, fragte Tia nach, „Wird die heute verbrannt?“
Ich schaute zu Anna hinüber, die mich mit erwartungsvollen Augen anschaute, und ich antwortete: „Ja, die kommt heute aufs Feuer. Die darf weg.“
Tia holtze die alte Lederhose wieder vom Holzstapel. „Wer will?“, fragte sie und legte sie auf den Boden so nah ans Feuer, dass ich glaubte, sie könnte jeden Moment direkt anbrennen.
Tia schaute zu mir. Ich schaute zu Anna. Die Jungs blickten ins Leere.
„Anna, möchtest du sie ins Feuer werfen? Du hast damit schon die meiste Erfahrung.“, sagte Tia und lachte. Anna schüttelte den Kopf.
Nach einem Moment stand Tia auf, nahm die Lederhose vom Boden hoch und fragte in meine Richtung: „Bist du dir ganz sicher, dass sie weg darf? Das lässt sich so einfachfach nicht rückgängig machen!“ Ich antwortete: „Ganz sicher, die ist extra zum Verbrennen hier!“
Tia fasste die Lederhose am Hosenbund und hielt sie hoch. „Was ist das für Zeugs?“, fragte sie plötzlich, „Ist die voller Öl?“
„Ja, die war sicher mal eine Motorradhose und ist dann wohl beim Motorrad-Schauben getragen worden.“, sagte ich.
„Dann wird sie um so besser brennen!“, ergänzte Tia lachend und warf die Lederhose der Länge nach oben auf das Holzfeuer. Wir hielten alle den Atem an. Das Feuer schien der Lederhose aber gar nichts anhaben zu können. Es brannte um sie herum, ohne auf das Leder übergreifen zu wollen. Tia, Anna und ich sahen gespannt aufs Feuer, wir wollten keinen Augenblick verpassen von diesem einzigartigen Anblick.
Die Jungs saßen wie gebannt auf der anderen Seite des Lagerfeuers und gaben keinen Laut von sich. Ob sie auch nicht das Atmen vergessen würden?
Langsam krochen die Flammen in die Hose hinein und das Innenfutter schien zu brennen. Die Flammen nestelten an den Beinenden, aber das Leder wollte überhaut nicht anbrennen. Es bog sich, zog sich langsam zusammen. Die glänzende Lederoberfläche wurde matt. Nur die Hosenbeinenden hatten schon Flammen an sich. Wir blickten wie verzaubert auf die Lederhose auf dem Lagerfeuer. Nur Anna schaute immer wieder auf Tia und ihre kurze Lederhose. Es war uns allen klar, dass Anna sie so gern von Tia hätte haben wollen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit breiteten sich sie Flammen schließlich auf der langen Lederhose. Sie brannte sehr langsam. Das Leder hatte sich zusammengezogen und hatte sich gebogen wie harte Baumrinde, aber sonst schien es sich kaum zu verändern.
Das hatte ich von meiner roten Kunstlederlatzi damals ganz anders in Erinnerung: Die war schnell angebrannt und es hatte wohl kaum eine Minute gedauert, bis all ihr Kunstleder von Flammen umgeben war. Die Echtlederhose hingegen schien es im Feuer zu genießen und ließ sich lange von den Flammen umschmeicheln.
Plötzlich durchbrach ein Geräusch die romantisch knisternde Idylle: Anna hatte die Papiertüte mit dem eingewickelten Kleidungsstück oben aufs Feuer geworfen. Er brauchte kaum ein paar Sekunden, bis die Papiertüte in Flammen stand. Es wurde richtig hell. Was auch immer in der Tüte war, es begann intensiv zu brennen. Aber das verbrannte Papier ließ dennoch keinen Blick auf den Inhalt zu. Ich hatte eine Ahnung, welches besondere Kleidungsstück von Anna das sein könnte, das gerade vor uns verbrannte.
„War das deine braune Kunstlederlatzi?“, fragte ich Anna leise ins Ohr?
Anna schaute mir tief in die Augen, legte ein bleites Lächeln aufs Gesicht und zog ihre Schultern hoch.
„Wer weiß?“, hauchte Anna - und grinste mich dabei an.
Etwas traurig fuhr ich an diesem letzten Tag allein zu UsedTex. Anna war tatsächlich nicht da.
Aber etwas angenehmes gab es dann doch: der Chef kam überraschend zu mir und bedanke sich für meine fleißige Mithilfe während des Semester-Ferienjobs. Und ich durfte mir an diesem letzten Tag alles mitnehmen, was mir an zu verwertenden Klammotten gefallen würde. Ich hielt natürlich intensiv Ausschau, sah aber nichts, was mir wirklich gefiel. Am Nachmittag entdeckte ich eine dicke, schwere Echtlederhose im 5-Pocket-Jeansschnitt mit Schnürung außen an den Beinen. Leider war die Schnürung sichtbar kaputt, die Lederbänder waren mehrfach zerrissen und auch einige Ösen waren ausgerissen. Die Knie hatten deutliche Schürfspuren und an den Hosenbeinen waren tiefe Kratzer zu sehen. Die Po-Taschen waren an ihren Rändern abgescheuert fast wie Velourleder. Die vorderen Hosentaschen waren ausgebeult und zeigten ebenfalls Kratzspuren. Oben hatte die Hose ein Innenfutter aus Stoff, das aber auch gerissen war. Das dicke Echtleder war an den Oberschenkeln deutlich ölverschmiert. Auch am Po und an den Seiten waren deutliche Spuren von dunklem Öl. War sie vielleicht eine Motorradlederhose gewesen, die zuletzt zum Schauben getragen worden war? Auf jeden Fall war es eine Damenlederhose, denn sie hatte so schmale Beine, dass wohl nicht einmal Anna hineingepasst hätte.
Diese alte Lederhose nehme ich mit, dachte ich bei mir. Anziehen wollte ich diese alte Schrauberwerkstatthose nicht mehr, aber sie war perfekt geeignet, dass wir sie vielleicht aus Spaß verbrennen, wenn Anna einmal zusehen kann. Ich wollte einfach gern erleben, ob Anna daran Gefallen finden würde.
Die Semesterferien gingen zuende und ich war wieder voll mit meinem Studium beschäftigt. Doch zu meiner Freude bekam ich immer wieder mal eine Nachricht von Anna aufs Handy. Sie schrieb mir, dass sie wieder Kontakt zu Kevin aufgenommen hatte und dass sie sich wieder treffen wollten.
Später einmal schrieb mir Anna, dass sie Kevin vergeben hatte wegen der Sache mit ihrer Kunstlederlatzi damals.
Dann berichtete sie mir, dass sie endlich wieder mit Kevin zusammen sei. So wie damals, nur noch viel, viel schöner.
Und Anna schrieb mir, dass Kevin immer ihre braune Lieblings-Kunstlederlatzi sehr liebte. Und dass er sie immer noch total unwiderstehlich fand - ob Anna dabei ihre Latzi oder sich selbst meinte, blieb offen;-) Vielleicht beides? Vielleicht hatte Anna nun doch mit ihrer geliebten, aber viel zu kurzen Lederlatzi jene für Kevin unwiderstehliche Verführung gewagt, von der sie damals träumte?
An einem verlängerten Wochenende im Herbst war ich wieder zuhause in meinem Elternhaus. Ich wusste, dass meine Eltern ein Feuer im Garten machen wollten für die Zweige und das viele abgeschnittene Holz von den Bäumen auf unserem Grundstück. Diese Gelegenheit wollte ich gerne nutzen für ein nettes Zusammenkommen mit den Nachbarsjungs. Im Haus neben meinen Eltern wohnten nämlich zwei sehr nette Jungs, die ich schon aus der Schule kannte und die ich sehr mochte. Sie waren Zwillinge, aber sahen sich kein bisschen ähnlich. In der Schule waren sie zwei oder drei Klassen über mir, und ich war mit jeden der beiden einmal kurz zusammen - wie wohl jedes Mädchen der Oberstufe damals. Die beiden waren sehr, sehr nett. Aber weil wir uns schon seit Kindertagen an kannten und schon im Sandkasten zusammen gespielt hatten, funkte es nicht zwischen uns. Wir konnten nach dem kurzen Zusammensein einfach Freunde bleiben, das klappt sonst ja meistens nicht so gut. Später waren wir auch schon auf Konzerten zusammen und hatten jede Menge Spaß - als beste Freunde.
Diese beiden hatte ich für den Abend mit eingeladen zum Lagerfeuer in unserem Garten. Ich hatte das Gartenfeuer auch ein bisschen aufgestockt mit trockenen Scheiten, die sonst Kaminholz bestimmt gewesen wären. Ich hatte auch einen Berg von Knabbereien besorgt, Marshmellows und Schinkenwürste zum Aufspießen. Ich wusste ja, das die Jungs völlig unkompliziert waren.
Ich hatte Anna auch eingeladen und dachte, es würde sich vielleicht am späteren Abend eine Gelegenheit ergeben, die ölige, alte Lederjeans auf dem Lagerfeuer mit zu verbrennen. Wenn die Jungs wieder gegangen sind, natürlich.
Als am Abend das Feuer brannte und die beiden Jungs mit Getränken durchs Gartentor zu uns herüber kamen, hatten sie eine Begleitung mit. Offensichtlich hatte einer der beiden eine Freundin im Schlepptau und brachte sie nun ungefragt mit. Naja, dachte ich mir.
Dann erst erkannte ich, wer sie war: Laeticia, eine gute Freundin aus meiner Schulzeit. Wir durften sie immer "Tia" nennen.
Ich freute mich sehr, sie wieder zu sehen. Wir waren uns seit der Schulzeit wohl nicht mehr begegnet. Einer der Nachbarjungs meinte: „Vorstellen brauche ich euch ja wohl nicht. Tia hat gemeint, ihr kennt euch. Ich dachte, es macht dir vielleicht nichts aus, wenn ich sie einfach mitbringe?“ Ich nickte zustimmend und konnte meine Augen kaum von Tia lassen. Erst einmal drückten wir uns, dann sah ich sie von oben bis unten an. Sie tat das gleiche wohl mit mir.
Tia trug ziemlich zerschlissene halbhohe Wildlederstiefel. Darüber eine schwarze, kurz abgeschnittene Lederhose aus dickem Echtleder. Diese grob handgeschnittene Hotpant sah zu den Stiefeln sehr rockig aus. Über ihrem engen Shirt trug Tia ein schwarzes Netz-Top, das an manchen Stellen kaputt war. Tias Look war perfekt, wie ein Gesamtkunstwerk. Tias Haare waren kräftig rot, wie in der Schule damals schon. Ihre Haare waren aber nicht mehr kurz, wie in der Schulzeit, sondern sie trug sie nun schulterlang. Ich fand, das alles stand Tia sehr gut. Tia hatte schon immer einen rockigen Look gehabt und sah damals älter aus, als wir junges Gemüse damals in der Schule eigentlich waren.
Wir setzten uns neben einander ans Feuer, die Jungs hatten sich schon Würstchen aufgespießt und hielten sie ans Feuer. Die beiden waren wirklich nett, sie schauten zu uns Mädels herüber und lächelten uns zu, und sie nahmen es uns nicht übel, dass wir zwei die ganze Zeit unsere Köpfe zusammensteckten und erzählten. Ich war wirklich glücklich, Tia einmal wieder zu sehen. Sie hatte offensichtlich immer noch ihren Tick mit den abgeranzten Klamotten, aber sie war auch immer noch total nett. Hinter ihrem taffen Äußeren verbarg sich ein sehr sympatischer Charakter.
Wir erzählten uns, was wir seit der Schulzeit so gemacht und erlebt hatten. Ich erzählte ihr von meinem Freiwilligenjahr bei der Umwelthilfe und von meinem Textildesign-Studium. Als Tia mir dann berichtete, was ihr alles wiederfahren war und wie oft sie mit fast nichts auskommen musste, schämte ich mich beinahe für mein biederes Normalo-Leben bisher. Aber dennoch: tauschen hätte ich mit ihr nicht wollen. Sie beeindruckte mich mit ihrem Lebensmut, ihrer minimalistischen Einstellung und ihrem Durchhaltevermögen. Ich freute mich jedenfalls sehr, dass sie mit hier war und dass sie mit einem der Nachbarjungs zusammen war. Da hatte sie wenigstens diesmal einen „guten Fang“ gemacht.
Zwischenzeitlich unterhielten wir uns auch wieder mit den Nachbarjungs, die waren schon mit ihrer Bierkiste im Gange und hatten für uns Proseccos mitgebracht. Wir posteten uns zu, lachten und hatten eine gute Zeit. Zwischenzeitlich war es dunkel geworden, und wir rückten etwas näher ans Feuer, wo es war gemütlich warm war.
Ich hörte das auffällige Klingeln eines Fahrrads vor unserem Haus, und nur wenige Augenblicke später hielt mir jemand von hinten mit den Händen die Augen zu. Tia konnte es nicht sein, denn die saß neben mir und lachte lauthals. Ich überlegte, wer noch kommen wollte. Doch dann fiel es mir wieder ein: „Anna?“, fragte ich. Und tatsächlich, Anna hüpfte um mich herum und begrüßte mich herzlich. Tia schien Anna auch zu kennen, denn die beiden begrüßten sich mit Namen. Ich bot Anna etwas zu trinken an, denn die Jungs waren so umsichtig, auch etwas Alkoholfreies mitzubringen. Anna steckte sich Marshmellows auf und hielt sie ans Feuer. Sie schaute immer wieder, ob sie denn auch braun genug waren und hielt die Marshmellows immer noch näher ans Feuer. Bis sie schließlich Feuer fingen und ruckzuck schwarz waren. Sichtlich verärgert warf Anna die brennenden Marshmellows mitsamt Stecken ins Feuer. Tia beobachtete das Ganze mit Vergnügen und lachte laut: „Diesmal waren’s wenigstens keine neuen Pumps!“, sagte Tia und feixte. Anna war diese Bemerkung sichtbar peinlich, weshalb ich lieber nicht nachfragte, was Tia damit gemeint hatte. Aber einer der Jungs war hellhörig geworden und fragte Tia: „Die Kleine wirft wohl sonst immer Schuhe ins Feuer?“ Anna blickte verschämt zur Seite. Tia bemerkte, wie unangenehm das für Anna war und versuchte das Thema zu beenden: „Das ist Mädchensache.“
Die nächste Minute sagte tatsächlich keiner etwas, aber diese Frage stand fühlbar immer noch in der Luft. Plötzlich beendete Tia die Stille und begann, in einem ruhigen und gefühlvollen Ton, von der Party bei Alex und dem Schrottwichteln zu erzählen. Und wie Anna damals ihre weißen Nike Airforce One als Wichtelgeschenk würfelte, die einzigen wirklich geliebten Schuhe, die Tia damals hatte. Tia erzählte, wie sie damals auch um ein Lagerfeuer saßen, in das jeder sein wertloses Schrottwichtel schließlich hineinwerfen sollte. Tia hatte damals schon fest damit gerechnet, dass Anna die Nike Airforce Ones ins Feuer werfen würde und dass Tia ohne diese Schuhe nach Hause gehen würde. Aber zum großen Erstaunen aller, die ums Feuer gesessen hatten, zog Anna damals ihre frisch gekauften, lackschwarzen Pumps von ihren Füßen und warf sie einen nach dem anderen ins Feuer. Das hatte Tia damals sehr beeindruckt, erzählte sie.
Die beiden Nachbarjungs hörten wie gebannt zu.
Auch ich war sehr beeindruckt von dieser Geschichte. Ich hatte Anna so etwas gar nicht zugetraut. Und: ich hatte nicht gedacht, dass Anna schon einmal Schuhe willentlich verbrannt hat. „Hast du auch schon mal etwas an Klamotten verbrannt?“, fragte ich Anna leise? Anna schüttelte lächelnd mit dem Kopf, und mir schien, die Frage war ihr nun kein bisschen mehr peinlich. „Nein, hab ich nich nicht. Aber wenn du Lust hast, können wir heute Abend damit anfangen!“, sagte Anna laut genug, dass es auch Tia und die Jungs hören konnten. Nun war ich es, der es peinlich war, denn vor den Nachbarsjungs wollte ich mich nicht outen. Aber Anna hatte keine Hemmung und legte nach: „Hast du nichts da, was wir ins Feuer werfen können? Nichts abgetragenes?“ Ich hatte sehr wohl die ölige, schwarze Lederjeans bereitgelegt für genau diesen Zweck, aber ich wollte es in der Runde nicht laut sagen.
„Also ich habe schon einiges an Klamotten verbrannt,“, begann Tia überraschend, „aber vorher trage ich die Sachen, bis sie wirklich nicht mehr gehen.“ „Ich habe mal eine Lieblingshose verbrannt. Weil ich nicht wolle, dass jemand außer mir sie bekommt.“, sagte ich, nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen hatte. Ich meinte damit natürlich meine rote Lieblings-Knautschlederlatzi, die ich damals im Garten meiner Großeltern genüsslich verbrannt hatte.
Einer der Nachbarsjungs sagte, er habe einmal von einer Ex die Regenklamotten im Garten verbrannt. Die Ex hatte eine seltsame Sammlung an Plastik-Regenmänteln und Capes, die sie bei ihm zurückgelassen hatte. Und er hatte damals, um sie zu ärgern, ihre ganzen Plastik-Regensachen verfeuert und dabei gefilmt. Seine Ex sei dann völlig außer sich gewesen, als sie das Video gesehen hatte. Das leichte Zeugs war nur so dahingeschmolzen, sobald es mit dem Feuer in Berührung kam.
„Ich hab etwas mit, das am Ende verbrannt werden kann.“, sagte Anna mit ihren erwartungsvollen, hellwachen Augen. In der Hand hielt sie eine große Papiertüte, in der etwas eingewickelt war. Ich rätselte, was Anna da wohl mitgebracht hatte. „Eine Hose von mir, die mir nicht mehr passt.“, sagte Anna, als konnte sie meine Gedanken lesen. Ob da vielleicht ihre braune Kunstlederlatzi drin war?
Plötzlich fing Tia an, laut zu lachen. Sie war zwischenzeitlich vom Feuer aufgestanden und stand nun am Holzstapel beim Haus. In ihrer Hand hielt sie die schwarze, ölverschmierte Echtlederhose, die ich von UsedTex für Anna und mich zum Verbrennen mirgebracht hatte. Die Hose hatte ich neben dem Holzstapel versteckt. Ich hatte ja nicht damit gerechnet, dass sie jemand dort sieht. Aber Tia hatte ihre Augen offensichtlich überall und hielt nun die schwere Lederhose in ihrer Hand. „Die hast du wohl als Brennholz gedacht? Oder warum liegt sie sonst bei den Holzscheiten?“, fragte Tia und hatte dabei voll ins Schwarze getroffen. Tia hielt die Hose hoch und besah sie im Schein des Feuers. Ihr fiel die kaputte seitliche Schnürung auf. Tia betastete die zerrissenen Lederschnüre und die ausgerissenen Ösen mit ihren Fingern. Sie besah sich die alte Lederhose sehr aufmerksam, ganz so als wollte sie sie für sich behalten. Im Schein des Feuers sah die Lederhose überhaupt nicht ölverschmiert aus, sondern einfach nur schwarz und gut.
Plötzlich legte Tia die lange Hose auf den Boden und begann, den Knopf ihrer Lederhotpant zu öffnen. Wollte sie sie jetzt hier ausziehen? „Was hast du vor?“, fragte einer der Jungs. „Ich kann ja mal probieren, ob die besser ist als meine abgeschnittene Lederhose.“, antwortete Tia, während sie ihre kurze Lederhose schon ein Stück herunterzog. „Nein, die wäre viel zu eng für mich, da werde ich nicht reinpassen.“, sagte Tia, während sie auf die lange Lederhose sah. Sie zog ihre Leder-Hotpant wieder hoch, schloss Zipper und Knopf und lachte laut: „Ihr habt doch im Ernst nicht geglaubt, ich strippe hier vor Euch?“ Tia lachte und setzte sich wieder als Feuer. Die beiden Jungs waren kurz irritiert, aber sie lachten auch schon wieder.
Anna ließ ihre Augen nicht von Tias kurzer Lederhose. Das war nicht nur mir aufgefallen, sondfern auch den Jungs. Tia genoss es offensichtlich, dass Anna sie so bewundernd ansah. „War das die lange Lederjeans, die du früher immer an hattest?“, fragte Anna. „Ja, das war sie. So gefällt sie mir aber noch besser. Außerdem hatten die Beine innen dann gerieben, das hat genervt.“, sagte Tia.
„Du hast sie dir selber abgeschnitten?“, fragte Anna nach. „Ja, das hab ich letzen Sommer spontan auf einem Festival gemacht. Die langen Beine sind gleich dort geblieben.“, antwortete Tia.
„Was hast du mit den abgeschnittenen Beinen gemacht?“, fragte Anna weiter. „Einfach liegenlassen. Das hat niemanden gestört dort. Die fandes es sogar lustig. Irgendjemand hat sie vielleicht mitgeommen oder sie haben sie dort gleich mit verbrannt.“, antwortete Tia und schaute Anna lächeld an. „Gefällt dir, dass ich sie abgeschnitten habe?“, fragte Tia Anna. Anna nickte heftig. Tia fügte mit einem dicken Augenzwinkern hinzu: „Den Jungs sowas gefällts auch!“
„Ich denke noch daran, wir du mich damals zu deinen Kumpels an den Bahnhof mitgenommen hattest. Und wo wir bei UsedText über den Zaun geklettert sind. Du hattest damals immer deine schwarze Lederjeans an, und sie hat richtig gut zu dir gepasst.“, sagte Anna in einem fast romantischen Tonfall. „Ja, sie hat gut zu mit gepasst,“, grinste Tia, „aber nun habe ich sie eben abgeschnitten. Und so ist sie eigentlich nur gut für den Sommer.“
Anna konnte ihre Augen einfach noch nicht von Tias sexy Ledershort lassen. Tia bemerkte das natürlich: „Gefällt sie dir? Du hättest sie haben können, wenn mir die lange Lederhose vom Holzstapel gepasst hätte!". Annas Augen wurden groß. Sie verschlang Tia förmlich mit ihren Blicken. "Ja, ich hätte die Kurze sofort gegen die lange eingetauscht.", fügte Tia hinzu. Anna saß immer noch wortlos da. Ihre Blicke wanderten immer wieder auf Tias Ledershort. Tia ergänzte: „Aber die andere Lederhose ist leider viel zu schmal für mich!“
Anna nickte. Als Tia aufstand, um die lange Lederjeans wieder zurück zum Holzstapel zu legen, folgte Anna ihr mit den Augen. Sie war so von Tias Look fasziniert. Als Tia sich wieder zum Feuer setzte, ruckte Anna ein Stück näher an sie heran. Ob sie Tias Ledershort einmal anfassen wollte?
"Ich verstehe schon, dass die meine kurze Lederhose gefällt. Aber ich kann sie kann sie ja nicht ausziehen und dir geben. Ich kann ja nicht ohne Hose nach Hause gehen!", legte Tia nach. Tia fasste mit den Fingern unter den abgeschnittenen Rand der Hosenbeine. Anna hätte wohl sie so gern auch mal berührt.
„Wenn du deine abgeschnittene Lederhose einmal nicht mehr willst, wirf sie bitte nicht weg. Ich nehme sie dann gern von dir, vielleicht passt sie mir.“, sagte Anna gerade laut genug, dass es Tia hören konnte. Anna schaute noch immer auf Tias Ledershort. „Das verspreche ich dir, Anna. Bevor sie irgendwo anders hinkommt, bekommst du sie.“, sagte Tia.
Die beiden Jungs saßen gebannt und wortlos am Feuer. Ob ihnen unser Thema gefiel? Irgendwie störten wir drei Mädels uns nicht daran, dass sie dabei waren und zuhörten.
„Und was wird nun mit der alten Lederhose, die hier beim Brennholz liegt?“, fragte Tia nach, „Wird die heute verbrannt?“
Ich schaute zu Anna hinüber, die mich mit erwartungsvollen Augen anschaute, und ich antwortete: „Ja, die kommt heute aufs Feuer. Die darf weg.“
Tia holtze die alte Lederhose wieder vom Holzstapel. „Wer will?“, fragte sie und legte sie auf den Boden so nah ans Feuer, dass ich glaubte, sie könnte jeden Moment direkt anbrennen.
Tia schaute zu mir. Ich schaute zu Anna. Die Jungs blickten ins Leere.
„Anna, möchtest du sie ins Feuer werfen? Du hast damit schon die meiste Erfahrung.“, sagte Tia und lachte. Anna schüttelte den Kopf.
Nach einem Moment stand Tia auf, nahm die Lederhose vom Boden hoch und fragte in meine Richtung: „Bist du dir ganz sicher, dass sie weg darf? Das lässt sich so einfachfach nicht rückgängig machen!“ Ich antwortete: „Ganz sicher, die ist extra zum Verbrennen hier!“
Tia fasste die Lederhose am Hosenbund und hielt sie hoch. „Was ist das für Zeugs?“, fragte sie plötzlich, „Ist die voller Öl?“
„Ja, die war sicher mal eine Motorradhose und ist dann wohl beim Motorrad-Schauben getragen worden.“, sagte ich.
„Dann wird sie um so besser brennen!“, ergänzte Tia lachend und warf die Lederhose der Länge nach oben auf das Holzfeuer. Wir hielten alle den Atem an. Das Feuer schien der Lederhose aber gar nichts anhaben zu können. Es brannte um sie herum, ohne auf das Leder übergreifen zu wollen. Tia, Anna und ich sahen gespannt aufs Feuer, wir wollten keinen Augenblick verpassen von diesem einzigartigen Anblick.
Die Jungs saßen wie gebannt auf der anderen Seite des Lagerfeuers und gaben keinen Laut von sich. Ob sie auch nicht das Atmen vergessen würden?
Langsam krochen die Flammen in die Hose hinein und das Innenfutter schien zu brennen. Die Flammen nestelten an den Beinenden, aber das Leder wollte überhaut nicht anbrennen. Es bog sich, zog sich langsam zusammen. Die glänzende Lederoberfläche wurde matt. Nur die Hosenbeinenden hatten schon Flammen an sich. Wir blickten wie verzaubert auf die Lederhose auf dem Lagerfeuer. Nur Anna schaute immer wieder auf Tia und ihre kurze Lederhose. Es war uns allen klar, dass Anna sie so gern von Tia hätte haben wollen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit breiteten sich sie Flammen schließlich auf der langen Lederhose. Sie brannte sehr langsam. Das Leder hatte sich zusammengezogen und hatte sich gebogen wie harte Baumrinde, aber sonst schien es sich kaum zu verändern.
Das hatte ich von meiner roten Kunstlederlatzi damals ganz anders in Erinnerung: Die war schnell angebrannt und es hatte wohl kaum eine Minute gedauert, bis all ihr Kunstleder von Flammen umgeben war. Die Echtlederhose hingegen schien es im Feuer zu genießen und ließ sich lange von den Flammen umschmeicheln.
Plötzlich durchbrach ein Geräusch die romantisch knisternde Idylle: Anna hatte die Papiertüte mit dem eingewickelten Kleidungsstück oben aufs Feuer geworfen. Er brauchte kaum ein paar Sekunden, bis die Papiertüte in Flammen stand. Es wurde richtig hell. Was auch immer in der Tüte war, es begann intensiv zu brennen. Aber das verbrannte Papier ließ dennoch keinen Blick auf den Inhalt zu. Ich hatte eine Ahnung, welches besondere Kleidungsstück von Anna das sein könnte, das gerade vor uns verbrannte.
„War das deine braune Kunstlederlatzi?“, fragte ich Anna leise ins Ohr?
Anna schaute mir tief in die Augen, legte ein bleites Lächeln aufs Gesicht und zog ihre Schultern hoch.
„Wer weiß?“, hauchte Anna - und grinste mich dabei an.
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Re: Anna
Eva saß mit den Nachbarjungs, Tia und Anna bis spät abends am Feuer in ihrem Garten.
Eva erzäht weiter:
Nachdem sich die beiden Nachbarjungs verabschiedet hatten, war unser kleiner, privater Lagerfeuerabend hinterm Haus langsam am Ausklingen.
Tia blieb noch eine Weile sitzen und unterhielt sich mit Anna. Als schließlich auch Tia aufstand um zu gehen, strich sie mit ihren Fingern über ihre abgeschnittene, kurze Lederhose. Sie überlegte kurz, dann trat sie ganz nah an Anna heran. Anna blickte zu ihr hoch. „Fass mal an!“, sagte Tia zu Anna und führte Annas Hand auf das schwarze Leder ihrer Ledershorts. Anna fühlte den Rand, wo Tia die langen Hosenbeine abgeschnitten hatte. Auf der Innenseite rau, auf der Außenseite glatt und weich. „Ich hab doch mitbekommen, wie du die ganze Zeit auf meine kurze Lederhose geschaut hast.“, sagte Tia zu Anna, „Weißt du was? Ich werde sie dir jetzt gleich schenken. Sie gefällt dir doch wirklich sehr.“ Anna schaute Tia ungläubig an: „Jetzt gleich?“ „Ich habe noch eine Jeans drüben liegen, die kann ich morgen anziehen. Außerdem hat mir Jonathan eine neue Glattlederhose mitgebracht. Also, neu natürlich nicht, aber mir gefällt sie gut. Meine kurze Lederhose kann ich dir schenken, weil du sie so magst.“
Anna saß immer noch wortlos da und schaute auf Tia. Schließlich sagte Tia: „Ich bring dir die Kurze morgen rüber, okay? Bist du morgen noch hier?“
Anna schaute fragend zu mir. Ich nickte ihr zu, Anna blickte daraufhin wieder zu Tia und warf ihr ein breites Lächeln zu. Tia lächelte zurück und verabschiedete sich von Anna: „Bis morgen, kannst dich drauf freuen!“
Anna brachte kein Wort heraus, aber strahlte übers ganze Gesicht und blickte Tia hinterher. Tia verabschiedete sich auch von mir und bedankte sich für den Abend. Nach einer kurzen Umarmung verschwand sie schon bald aus dem schwachen Schein des fast vollständig heruntergebrannten Feuers. Ich hörte nur noch das Gartentor klacken.
Tia übernachtete also im Nachbarhaus und würde morgen noch einmal vorbeikommen, um Anna die kurze Lederhose zu schenken.
Nun saßen also nur noch wir zwei am Feuer, Anna und ich. Eigentlich war es nur noch ein kleiner Haufen von Glut. Flammen züngelten kaum noch hervor.
Ich fragte Anna, ob sie denn bei mir übernachten dürfe. Anna nickte und sagte, dass sie nur ihren Eltern bescheid geben müsse, damit die sie nicht vermissen. Anna tippte eine Nachricht in ihr Handy. Anna deutete auf ihren Rocksack, den sie mitgebracht hatte. „Da sind Klamotten zum Übernachten drin. Ich hatte ja damit gerechnet, dass es heute länger wird…“, sagte Anna. Ich freute mich natürlich, dass Anna hier blieb. Sie könnte problemlos in meinem Zimmer mit schlafen oder im Gästezimmer.
Anna schien den Abend zu genießen. Sie lächtelte und blickte verträumt auf die Holzglut. Aber sie schien auch aufgewühlt und rastlos zu sein, denn sie rutschte immer hin und her. Ob sie der Gedanke an Tias kurze Lederhose so beschäftigte?
Mich beschäftigte die ganze Zeit ein anderer Gedanke: War das Annas braune Kunstlederlatzi, die in der Papiertüte verbrannte? Es dauerte eine Weile, bis ich mich traute, Anna zu fragen.
„Was meinst du? Habe ich sie verbrannt oder nicht?“, fragte Anna zurück und trieb meine Anspannung in die Höhe. Anna blickte mich an. Sie suchte meinen Augenkontakt und zog die Augenbrauen hoch. Sie begann zu lächeln und blickte mir weiterhin tief in die Augen. Es fiel mir schwer, meine Gefühle zu sortieren. Einerseits kam ich mir ertappt vor wie bei vergessenen Hausaufgaben, andererseits war ich Annas Faszination völlig ausgeliefert.
Schließlich erhob sich Anna und holte ihren kleinen Rucksack heran. Sie öffnete die Klappe und zog die Ecke eines Kleidungsstückes hervor. Ich schwachen Schein des Feuers konnte ich nur schwr ausmachen, was das war: hellbrauner, fester Stoff, vom Rucksack zerknittert. Anna zog weiter an dem Stoffzipfel und ich erkannte einen umgenähten Rand aus Kunstleder. Schließlich hatte Anna das gesamte Kleidubgsstück aus dem Rucksack gezogen und ich erkannte, dass es Annas Kunstlederlatzi war, sie war nur umgewendet, mit dem Innenstoff nach außen. Anna stecke ihren Arm durch die umgewendeten Hosenbeine und wendete das Leder mit einem „Ratsch“ wieder nach außen. „Ich hab meine Latzi natürlich nicht verbrannt!“, sagte Anna, „Schon gar nicht in einer Tüte.“ Anna lachte. Fast als lachte sie mich aus, weil ich ernsthaft geglaubt hatte, die braune Kunstlederlatzi wäre in der Papiertüte gewesen.
„Was war den in der Tüte, als du sie aufs Feuer gegeben hast?“, fragte ich Anna zurück. „Da war eine alte Glanzleggings von mir drin. Die war so aufgerieben und durchgesessen, dass sie keine andere mehr hätte anziehen können. Ich war schon denn ganzen Tag darauf gespannt, wie es sich anfühlt, wenn ich sie aufs Feuer lege.“
Ich war erleichtert, dass es nicht Annas geliebte Kunstlederlatzi war, denn die hatte sie ja eben aus ihrem Rucksack gezogen.
In der Glanzlegging hatte ich Anna noch nie gesehen. Aber ist fand es faszinierend, dass Anna sie eigenhändig und völlig freiwillig dem Feuer übergeben hatte. „Hattest du die Glanzleggings schon lange?“, fragte ich. „Erst diesen Sommer, aber die waren schon stark gebraucht, als ich sie bekommen hatte. Hab aber sehr gern getragen diesen Sommer.“, erwiderte Anna. „Hat ganz schön gekribbelt, als ich sie verbrannt habe!“, sagte Anna, als ahnte sie, was ich fragen wollte.
„Zwischen den Beinen ist der Lack weggerubbelt und am Popo war die Glanzschicht abgelöst. Die Oberschenkel vorn waren ganz rau und rissig und die Knie hatten schon Löcher.“, erklärte Anna, „Und ich hatte mir überlegt, ob sie vielleicht weiterverschenken sollte. Aber ich wollte es eben mal ausprobieren mit dem Verbrennen. Es hat echt Spaß gemacht!“
Ich freue mich insgeheim, dass Anna offenbar die gleiche Faszination empfand, wie ich damals, als ich meine rote Knautschlacklatzi im Garten der Großeltern verbrannt hatte. Es war ein ganz besonderer Moment gewesen, als ich damals meine rote Knautschlacklatzi ein allerletztes mal zart streichelte und dann in die Feuerstelle legte. Ich wusste, dass sich das nicht mehr rückgängig machen ließ und und ich die letzte war, die die Latzi berühren oder gar tragen würde. Und nun hatte vielleicht Anna ein ähnliches Empfinden.
„Hast du wirklich gedacht, ich verbrenne meine Lieblingslatzi?“, unterbrach Anna die Stille.
„Die kriegst du nicht!“, sagte Anna, und mir war nicht klar, ob sie mich oder rhetorisch das Feuer meinte. Schon stopfte sie ihre braune Kunstlederlatzi wieder in den Rucksack.
Anna lächelte, setzte sich wieder und ruckte näher ans Feuer. Auch ich blickte auf das kleine Feuer, das von dem großen Holzhaufen übrig geblieben war.
„Woher hattest du denn diese Granzlegging?“, fragte ich Anna und hoffte auf eine spannende Geschichte. Meine Hoffnung schien nicht enttäuscht zu werden, denn Anna antwortete: „Naja, eigentlich aus dem Müll.“ Ich dennoch etwas erstaunt über Annas Antwort und fragte weiter: „Hast du sie aus einer Mülltonne gezogen?“ „Nein!“, lächelte Anna, „die hatte ich vom Erlengrund.
(Der Erlengrund ist eine Müllhalde, die schon seit meinen Kindertagen existiert und auf der ich mit meinem Großvater manchmal brauchbarem Kram gesucht hatte. Oma hatte immer furchtbar geschimpft, wenn wir etwas zum Reparieren angeschleppt hatten.)
„Du warst im Erleggrund und hast nach Klamotten für dich gesucht?“, fragte ich zurück. Anna lächelte noch immer und erklärte mir geduldig, wie es dazu kam: „Letzten Sommer in den Ferien war ich mit einer Freundin dort. Ist ja nicht abgesperrt, also sind wir ein bisschen auf den Häufen herumgelaufen. Sind keine stinkenden Abfälle dort, sondern eigentlich nur alte Klamotten und Schuhe und alte Kinderwagen und Möbelteile. Meine Freundin wollte ihre zu kleinen Sneakers gegen größere „eintausachen“. Ich war nur aus Spaß mitgekommen, und dann fand ich so eine tolle Glanzlegging. Ich wollte ja schon immer so eine haben, und da lag sie vor mir und wurde vom Regen nass. Ich habe sie mit nach Hause genommen und mit in die Wäsche gelegt. Meine Mama hat nichts gesagt. Ich hab die Glanzlegging seitdem ganz oft getragen.“
„Und die Glanzlegging war noch gut?“, fragte ich weiter. „Ein bisschen war der Lack zwischen den Beinen schon ab, aber das hat mich nicht gestört. Aber dann vom Tragen ist die Glanzbeschichtung am Po und an den Knien rissig geworden und hat sich immer weiter abgerieben. Vielleicht kam das auch von der Waschmaschine. Jedes mal, wenn die Leggings aus der Wäsche kam, musste ich sehen, ob ich sie überhaupt noch anziehen konnte.“, berichtete Anna. Sie lächelte immer noch und es schien ihr überhaut nichts ausgemacht zu haben, ihre Glanzlegging heute Abend mit aufs Feuer zu werfen. Aber zu gerne hätte ich gewusst, was Anna dabei empfand.
Wir schauten noch eine Weile still ins Feuer, dann fragte ich Anna doch:
„Fandest du es nicht schade, deine Glanzlegging zu verbrennen?“ „Nur ein bisschen,“, antwortete Anna, „aber DU hattest mich ja erst auf den Gedanken gebracht.“ Ich fühlte mich irgendwie verunsichert. Anna redete weiter: „Du wolltest mir ja zeigen, wie das ist, ein eigenes Kleidungsstück zu verbrennen und dabei zuzusehen. Hattest du mir versprochen!“
Ich konnte mich an so ein Versprechen meinerseits an Anna gar nicht erinnern, auch wenn mir der Gedanke gefiel. Aber wahrscheinlich hatte Anna recht.
Sie redete weiter: „DU wolltest ja etwas von DIR verbrennen. Ich hatte deshalb auch etwas von mir mirgebracht.“
Meine Gedanken kreisten, aber mir fiel spontan kein Kleidungsstück von mir ein, was ich jetzt hätte verbrennen können, um mein Versprechen noch zu erfüllen.
„Wenigstens hattest du die Lederhose von UsedTex da.“, sagte Anna. „Ja, die hat schön gebrannt auf dem Lagerfeuer!“, ergänzte ich, aber Anna fiel mir ins Wort: „Aber von DIR war sie nicht! ICH habe ja etwas von mir getragenes fürs Feuer mitgebracht.“ Anna grinste verschmitzt. Sie durchschaute bestimmt, dass ich in Gedanken meinen Klamottenschrank durchging. Mir fiel nichts entbehrliches ein, und eine gute Jeans verbrennen wollte ich nicht. Viele von meinen aktuellen Klamotten hatte ich eh in meinem Zimmer im Studentenwohnheim. Vielleicht ein Paar Schuhe? Ich überlegte weiter… Das war wirklich eine verrückte Situation: da bot sich die perfekte Gelegenheit, ein Kleidungsstück ins Feuer zu verabschieden und das vor Annas Augen - und dann hatte ich nichts da, was für so einen Moment würdig gewesen wäre.
Zum Glück wechselte Anna das Thema, während sie zu mir heranruckte und fast flüsternd fragte: „Du hast fest gedacht, in dem Papierumschlag ist meine braune Latzi. Stimmts?“ Ich nickte, lächelte zu ihr zurück und fragte: „Und wie machst du weiter?“ Annas Stimme wurde ernster: „Ich weiß gar nicht, ob ich die Kunstlederlatzi überhaupt zum Abschied verbrennen sollte. Ich krieg das nicht übers Herz, ich hab sie doch so geliebt. Sie hat mich so viele Jahre begleitet, auch wenn sie schon lang nicht mehr passt.“
„Hör einfach auf dein Herz und mache, was sich für dich richtig anfühlt!“, sagte ich, um dem Eindruck entgegenzuwirken, ich wollte Anna zum Verbrennen ihrer Latzi drängen.
Anna ergänzte: „Meine Latzi war der Grund, warum ich und Kevin auseinander gegangen waren. Und sie war auch im Spiel, als wir das erste Mal wieder richtig zusammen gekommen sind. Sie muss mir selber zeigen, wie lang sie bei mir bleiben will oder welche Art Abschied sie möchte!“
Ich war beeindruckt von Annas Einstellung. Sie hatte ihre Latzi also einfach mitgebracht, um zu sehen, was von selbst mit ihr passiert.
Anna lächelte wieder zu mir herüber.
Plötzlich tauchte eine Person aus dem Dunkel auf. Anna und ich erschraken mächtig. Plötzlich erkannten wir im schwachen Feuerschein: Tia. Sie muss sich regelrecht angeschlichen haben, denn wir hatten sie beide nicht kommen gehört. Als Tia merkte, wie sehr wir erschrocken waren, lachte sie laut. Sie stand da in langer, ausgewaschener Jeans und in Hoodie. Tia trat näher und hielt mit ausgestreckten Armen Anna ihre kurze Lederhose hin. Anna war überrascht, aber sie zögerte nicht, ihre Hände auszustrecken und zuzufassen. Tia übergab die schwarze, kurze Hose mit beiden Händen, so wie man wohl einen wertvollen Schatz übergibt. Anna schien dies genau zu verstehen und übernahm die Hose mit beiden Händen von Tia. Eine kurze Zeit lang hielten beide die Hose fest.
Im Feuerschein konnte man sehen, wie schön glatt das Echtleder war. Ein matter Glanz, wie ihn nur Echtleder geben kann.
Falten vom Tragen hatten das Leder geformt und der Hose eine einzigartige Form mitgegeben. Die Po-Taschen behielten ihre zarte Rundung, auch wenn die Hose nicht angezogen war. Erst im nicht angezogenen Zustand konnte man sehen, dass die Hosenbeine nicht genau gleich abgeschnitten waren. Aber das hatte beim Tragen überhaupt nicht gestört.
Anna übernahm die kurze Lederhose und legte sie nahezu zärtlich auf ihre Beine. „Danke!“, sagte sie zu Tia. Dann stand sie auf und fiel Tia um den Hals. Obwohl Anna recht groß und schlank war, konnte ich gut sehen, dass Tia noch ein bisschen größer war, als Anna. Anna drückte Tia eine ganze Weile, und Tia lächelte dazu. Das war ein perfekter Match: Tia hatte mit ihrer Ledershorts ein für sie wertvolles Geschenk gemacht. Und Anna wusste Tias Hose genau so als wertvolles Geschenk zu schätzen.
„Pass gut auf sie auf!“, sagte Tia zu Anna und verschwand schon wieder aus dem Sichtkreis des Feuers. „Und pass gut auf DICH auf, Anna. Diese Kleine fängt Männer ein wie Fliegen!“, rief Tia noch hinterher. Schon war wieder das Klacken des Gartentores zu hören.
Anna setzte sich wieder ans Feuer. Dass Tia ihr die versprochene Ledershorts noch in der Nacht bringen würde, war echt eine Überraschung gewesen. Damit hatte auch ich nicht gerechnet.
So saßen Anna und ich noch eine ganze Weile wortlos und gedankenversunken da und wärmten uns an dem, was vom Lagerfeuer noch übrig war. Anna hatte die Ledershorts auf ihre Knie gelegt und strich fortwährend und langsam über das schwarze Leder. Immer wieder fühlte sie mit den Fingerkuppen zärtlich die Potaschen ab, dann die dicken Nähte an den Hosentaschen vorn, dann den festen Hosenbund, dann die nicht ganz glatten Kanten, wo die langen Hosenbeine abgeschnitten worden waren. Die Hose hatte viele Kratzer im Leder, die ich erst jetzt aus der Nähe entdeckte. Hinten war eine lange Kratzspur, bei der die glatte Lederoberfläche aufgekratzt war und der raue Untergrund zu sehen war. Weil auch das „Innere“ des Leders schwarz war, konnte man diese Stellen wirklich erst bei nahem Hinsehen und bei Stillhalten entdecken.
Anna nestelte mit ihren Fingern an den Doppelnähten an den Beinaußenseiten. Dort wo die Hosenbeine abgeschnitten worden waren, lösten sich die Außennähte etwas. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass die Nähte jemals weiter aufgehen würden. Die kurze Hose sah sehr stabil und haltbar aus, wenn auch deutlich getragen.
Immer wieder drehte Anna die kurze Lederhose um, mal mit dem Po nach oben, mal mit der Bauchseite oben. Und immer wieder strich die mit ihren Fingern über das schwarze Leder. Verträumt und gedankenversunken saß Anna neben mir und schien ihr neues Geschenk zu genießen. Damit hatte Tia Anna wirklich eine große Freude gemacht. Ich genoss es, Anna so zu sehen.
Nach einer Weile fragte ich Anna, ob es ihr recht wäre, wenn sie auf der Gästecouch in meinem Zimmer schlafen würde. Anne nickte zustimmend. Ich ging nach drinnen, um die Gästecouch aufzuklappen und schnell ein Kissen zu überziehen. Ich bat Anna, währenddessen noch im Garten zu bleiben und das Feuer im Auge zu behalten.
Ich räumte in aller Eile mein Zimmer etwas auf, machte die Couch frei und richtete die Schlafmöglichkeit für Anna her. Ich fand eine kleine Tüte Gummibären, die legte ich Anna aufs Kopfkissen. Ich freute mich, dass Anna bei mir übernachten durfte.
Dann ging ich wieder nach unten zu Anna, denn oben war nun alles bereit für sie zum Übernachten. Ich brachte noch etwas zu Trinken und etwas Süßes mit nach Draußen.
Anna saß noch immer am Feuer, neben ihr stand ihr kleiner Rucksack. Auf ihrem Schoß lag nicht mehr die schwarze Ledershorts, sondern ihre braune Kunstlederlatzi. Anna erschrak wohl leicht, denn sie hatte mich offensichtlich nicht kommen gehört. Schnell schob sie ihre braune Kunstlederlatzi beiseite und legte sie auf ihren Rucksack. Da sah ich, dass Anna Tias schwarze Ledershorty angezogen hatte - offensichtlich hatte sie sich schnell umgezogen, während ich oben im Haus war. Es war ein ungewohnter Anblick - Anna in Tias rockiger kurzer Lederhose. „Gefällt sie dir an mir?“, fragte Anna und stand auf, so dass ich die Ledershorts an ihr gut sehen konnte. Die war vielleicht ein bisschen groß, sah aber richtig gut aus an Anna. Anna drehte sich hin und her. Mit dieser abgeschnittenen Ledershorts sah Anna richtig rockig aus. Anna strich sich über das schwarze Leder und steckte ihre Hände in die Po-Taschen. Sie konnte ihr Grinsen nicht verbergen, sie fühlte sich ganz offensichtlich pudelwohl in ihrem Geschenk von Tia.
Dann setzte sich Anna wieder und ich setzte mich neben sie. Ich dachte daran, dass es Anna zu kühl sein könnte, da sie nun nur eine kurze Hose an hatte. Es war ja schon ziemlich spät am Abend und vom Lagerfeuer war nur noch ein Gluthaufen zu sehen. Ich rückte die Bank, auf der wir saßen, deshalb etwas näher an die Wärme. Doch Anna erschrak, als ich die Bank vorrückte, und ihr Rucksack, der neben ihr auf der Bank stand, kippte nach vorn. Noch ehe Anna reagieren konnte, lag er kopfüber auf dem Boden - in der Asche, nur wenige Zentimeter vor der Glut. Ich rief „Das wollte ich nicht!“ und Anna fasste ihn schnell und hob ihn hoch. Dabei fiel ihre Kunstlederlatzi heraus, die sie nur locker unter die Rucksackklappe gelegt hatte. An die Latzi hatte Anna in dem Moment gar nicht mehr gedacht. Noch ehe Anna den Rucksack beiseite stellen konnte, war die braune Kunstlederlatzi schon auf dem Boden in der Asche gelandet, teilweise sogar auf der Glut. Anna griff nach der Hose und rettete sie beherzt aus der Gefahr. Annas Augen waren weit aufgerissen. Sie hielt die Latzi hoch und besah sie von allen Seiten. Zum Glück war sie nicht angebrannt! Doch an der Rückseite der Hosenbeine waren deutlich stecknadelkopfgroße, schwarze Brandstellen zu erkennen. Fast so, als hätte jemand mit einer glimmenden Zigarette das Kunstleder berührt. Anna wollte mit den Fingern fühlen, was die heiße Glut mit dem Kunstleder gemacht hatte, doch sie zögerte und berührte die Glutstellen nicht. An den abgetretenen, ausgefransten Beinenden war die Hitzeeinwirkung am deutlichsten zu sehen: dort war das Kunstleder dunkelbraun geworden und die ausgefransten Textilfäden rauchten und glimmten noch leicht. Die schwarzen Spuren von der Berührung mit der heißen Glut waren auch am Po zu sehen.
„Das tut mir sehr leid, das wollte ich nicht!“, sagte ich zu Anna, die immer noch entsetzt auf ihre Kunstlederlatzi schaute. Nur konnte ich es leider nicht rückgängig machen. Das war ein seltsamer Anblick: Anna saß da in ihrer unglaublich coolen, schwarzen Ledershorts und hielt mit Tränen in den Augen ihre lädierte Kunstlederlatzi vor sich hoch. Da entdeckte ich erst, dass die Latzi im Schritt offen war. Die Schrittnaht war großzügig aufgeschnitten oder aufgetrennt. anna bemerkte, dass ich auf den offenen Schitt sah. „War das Kevin?“, fragte ich und hoffte, damit etwas von dem Schrecken ablenken zu können. Anna schien das peinlich zu sein, doch dann antwortete sie: „Ja! Wir haben uns wieder versöhnt und ich habe ihn so mit der Latzi im Bett überrascht.“ Ich lächelte und freute mich. „Hat ihm das gefallen?“, fragte ich weiter, obwohl mir die Antwort eigentlich klar war. Anna nickte: „Ich glaube, das hatte er sich schon immer gewünscht!“. „Hattest du damals nicht mit ihm Schluss gemacht, weil er heimlich an deine Latzi gegangen war?“ „Ja! Und nun habe ich sie extra für ihn aufgeschnitten. Ist schon verrückt.“ Ich lächelte verstehend und ließ mein Kopfkino laufen. Vielleicht hatte sie sich unter der Bettdecke verkrochen und Kevin spürte erst mit den Händen, dass Anna ihre viel zu kleine Kunstlederlatzi trug?
„Anziehen kann ich sie nicht mehr.“ sagte Anna. Ich wusste nicht, ob sie das wegen der kleinen Brandflecken an der Latzi oder wegen des offenen Schrittes gesagt hatte. Aber die Latzi sah wirklich viel zu klein für Anna aus, zumal sie nun die deutlich größere Ledershorts von Tia trug.
„Tut mir von Herzen leid wegen eben!“, sagte ich nochmals und hoffte, Anna würde mir nicht mehr böse sein. Das war schon verrückt: ich hätte beinahe ihr absolutes Lieblingsstück in den Feuertod geschickt.
„Anziehen ist eh nicht mehr.“, sagte Anna daraufhin. Anna steckte ihre Finger durch die aufgetrennte Schrittnaht. Dann zog sie sie ganz langsam auseinander und es war deutlich zu hören, wie die Hose weiter aufriss. Interessanterweise riss sie nicht an der Schrittnaht entzwei, sondern quer durch das Kunstleder. Das Kunstleder war zwischen den Beinen und am Po sehr abgerieben und der Unterstoff schaute durch. Aber dass es so leicht riss, hatte ich nicht gedacht. Anna zog immer weiter und der Riss lief neben der Mittelnaht den Po hinauf. Anna fasste nach und riss immer weiter. Der Po war nun völlig in zwei Hälften geteilt und der Riss erreichte den Rückenlatz. Hier schien das Kunstleder fester zu sein, denn Anna zog mit Kraft. Erst am Ende des Rückenlatzes, wo die Träger angenäht waren, stoppte Anna. ‚Den Arsch aufreißen‘ hatte Anna sehr wörtlich genommen. Anna fasste erneut an und riss die Schrittöffnung nun nach vorn weiter auf. Auch hier war die Mittelnaht deutlich stabiler als das Kunstleder daneben. Anna zog die Hose auseinander und der Riss teilte das braune Kunstleder den Bauch hinauf bis etwa auf Hüfthöhe, wo eine Quernaht den Riss stoppte. Anna schaute ihre ehemalige Lieblingslatzi an. Sie war fast völlig in zwei Hälften geteilt. Anna war richtig in Fahrt gekommen, offensichtlich fand sie das Zerreißen aufregend. Annas Blick fiel auf einen der beiden Schulterträger, der hatte wohl in der Glut gelegen und war am Ende dunkelbraun, fast schwarz. Anna schaute wie gebannt auf den angekokelten Träger. „Was machst du aus ihr?“, fragte ich. Anna antwortete: „Das hat meine Latzi selbst entschieden!“. Anna hielt die Latzi vor ihre Knie und warf das Ende des angekokelten Trägers mitten auf die Restglut. Es dauerte nur Sekunden und eine erste, kleine Flamme umzüngelte das Kunstleder, das auf der Glut lag. Anna sah zu, wie das obere Ende des Trägers dunkel wurde und anbrannte. Auch die Metallschnalle am Ende des Trägers mit der sie ihn in den Button am Latz einhängen konnte, lag im Feuer. Erst entstanden nur kleine Flammen an den Seiten des Trägers, doch schnell umschlossen sie das braune Kunstleder, das sich dunkel und schließlich schwarz färbte. Anna hob den Träger ihrer braunen Kunstlederlatzi hoch und aus der Glut heraus, doch der angebrannte Träger brannte weiter.
Ich konnte es kaum fassten: zuerst hatte Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi für Kevin geopfert und aufgeschnitten, dann hatte sie ihre Hose so weit aufgerissen, dass sie fast in zwei Hälften war und nun ließ sie in Seelenruhe den ersten Schulterträger ihrer Latzi brennen.
Ich beobachtete Anna, ihre Augen funkelten dabei.
Weil Anna ihre Latzi hoch hielt, war das brennende Ende des Trägers ganz unten. Die Flammen kletterten schnell der Träger hinauf. Das ging Anna wohl zu schnell und sie bekam kurz Angst, ihre Hände zu verbrennen. Erschrocken ließ sie die Lederhose los, und die fiel auf die Glut. Anna fasste sie an den Hosenbeinen, die außerhalb der Glut gelandet waren und zog die Latzi am Boden aus der Glut heraus. Als sie bemerkte, dass zwischenzeitlich der Brustlatz, der auf der Glut gelandet war, am Anbrennen war, zögerte Anna. Sie legte die Hose so ab, dass nur der Latz auf der Glut zu liegen kam. Po und Beine lagen außerhalb der Glut auf der Asche bzw auf dem Erdboden. Anna ließ die Hosenbeine los und wartete, was passieren würde. Das braune Kunstleder des Latzes wurde immer dunkler und weicher, es legte sich geschmeidig auf die glühenden Holzstückchen. Es wurde glänzig - und mit einem mal zündeten helle Flammen vom Rand über den gesamten Latz. Von einer Sekunde auf die andere brannte der Brustlatz komplett. Es wurde richtig hell. Die Metallbuttons, an denen die Träger eingehängt werden konnten waren ebenfalls schwarz geworden. Geduldig sah Anna zu, wie der Latz ihrer geliebten Kunstlederlatzi verbrannte. Die Kunstlederseite, die nach oben lag, war komplett schwarz und stumpf gebrannt. Das, was vom Kunstleder übrig war, war nur noch hauchdünn wie verbranntes Papier. Es bekam Löcher und zerfiel zusehens. Nur der umgenähnte Rand mit der Doppelnaht blieb erhalten und zeigte noch immer die Form des Brustlatzes. Die beiden Metallbuttons waren noch an ihrem Platz, umgegen vom schwarz gebrannten Kunstleder.
Es waren nur noch wenige, kleine Flammen zu sehen über dem, was einmal der Brustlatz war. Nur an der Hüftnaht, die auf gedachter Gürtelhöhe quer verlief, waren Flammen zu sehen. Sie brannten langsam aber unaufhaltsam weiter die Hüfte nach unten. Dort war das Kunstleder in der Mitte aufgerissen, vom Schritt bis zur Hüftnaht hinauf. Anna hatte ihre Latzi ja vom Schritt bis dahin aufgerissen.
Die aufgefasterten Rändern des Risses brannten besonders hell. Es dauerte nicht lang, hatten die Flammen alles Kunstleder bis zu den Beinansätzen erfasst. Im Vergleich zum orange-roten Schein der Holzglut brannte das Kunstleder von Annas Latzi sehr hell.
Anna fasste die Beinenden an und zog die Hosenbeine gerade. Die Latzi lag flach auf dem Boden. Die Flammen brannten sich nun unaufhaltsam die langen Hosenbeine hinunter. Anna sah zu, wie die dünn gewordenen und abgeriebenen Stellen an den Knien langsam von den Flammen erobert wurden und sich schwarz färbten. Unterhalb des Knies war ein Riss im Kunstleder, auf den setzte sich eine besonders helle Flamme. Anna wartete, bis auch die Beinenden vom Feuer erfasst waren. Die gesamte Vorderseite ihrer geliebten, braunen Latzi brannte nun hell. Anna sah gebannt zu, so als würde sie diese Bilder für immer speichern wollen. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Flammen weniger wurden. Vor Anna lag die schwarze Kontur ihrer ehmaligen Kunstlederlatzi. An den ausgefransten Beinenden und an dem Riss durch den Schritt glühten die Stofffasern, ansonsten war das Kunstleder matt uns schwarz. Bald waren keine Flammen mehr auf der Latzi zu sehen. Die Hose war zwar noch körperlich vorhanden, war aber nicht mehr existent. Ein eigenartiger Moment. Ich war auch ein wenig traurig, schließlich hatte Anna in der Latzi so viel Schönes erlebt. Zuletzt wohl auch mit Kevin, was der Hose die Öffnung in an der Schrittnaht einbrachte.
Anna holte sich einen Holzstecken und hob damit die quasi abgebrannte Hose etwas noch. Sie lag ja mit der Brustseite nach oben. Es sah tatsächlich so aus, als wäre ihre Rückseite, die auf dem Boden lag, unversehrt. Vielleicht lag das am kalten oder zu feuchten Erdboden, auf dem der größere Teil der Hose lag?
Anna schob den Holzstecken unten den Po und hob die Hose etwas an. Tatsächlich schaute unten noch das braune Kunstleder hervor. Anna schleuderte die Latz beherzt auf die Restglut. Die Po-Seite kam oben zu liegen, die bereits abgebrannte Vorderseite zerfiel in kleine Asche-Fetzen. Kaum war die Latzi auf dem Gluthaufen zu liegen gekommen, wurde es hell und das restliche braune Kunstleder brannte lichterloh. Es brauchte nur ein paar Augenblicke, und der Rückenlatz, der Po und die Bein-Rückseiten waren heftig am Abbrennen. Anna setzte sich wieder und beobachtete ihre Latzi. Bald war nicht viel mehr von ihr übrig, als eine schwarze, papierdünne Hülle. Die Form der Hose war noch gut zu erkennen, aber das Material dazwischen fiel zusehens auseinander. Da war sie nun endgültig dahin, Annas geliebte, braune Kunstlederlatzi.
Ich hatte Anna noch nie so lang still erlebt. Sie saß da, in ihrer rockigen kurzen Ledershorts, auf der Bank vor der wärmenden Lagerfeuerglut. Obenauf ihre nur noch schemenhaft erkennbare Latzi. Anna schaute in die Glut und sinnierte. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass sie intensiv nachdachte.
Schon für mich war dieser feurige Abschied sehr beeindruckend, für Anna sicher noch mehr.
In ihrer kurzen Lederhose, die ihr herrlich lange Beine zauberte, sah Anna viel erwachsener aus, als bisher. Der Wechsel von ihrer zu kleinen braunen Lieblingslatzi hin zu Tias schwarzer Leder-Hotpants war für Anna ganz augenscheinlich ein großer Schritt.
Ich fragte Anna, ob sie etwas zum Überziehen möchte, und Anna nickte. Ich ging ins Haus, um einen Pulli oder eine dünne Jacke für sie zu finden. Anna bat ich am Feuer zu bleiben.
Ich rannte ins Haus, die Treppe hinauf. Dabei stolperte ich und landet der Länge nach auf den Treppenstufen. Zum Glück auf dem Weg hinauf, da tat es nicht so weh. Ich muss über irgendetwas gestolpert sein. Ich schaute nach unten uns sah, das die Tür vom Schuhschrank offen stand. Einige Schuhe waren herauisgefallen und lagen vorm Schrank auf dem Boden. Über einen dieser Schuhe oder Stiefel muss ich gestolpert sein. Ich sah, dass auch ein Zwischenboden aus dem Schuhschrank herausgefallen war. Vielleicht war das ja der Grund, warum die Tür auf ging und die Schuhe überhaupt herausgerutscht waren. Die meisten von denen waren eh alte Schuhe, die eigentlich aussortiert und weggeschafft gehörten. Durekt vor der Treppe lag ein roter Miss Sixty Knautschlack-Winterstiefel. In dieses Paar konnte ich mich besonders gut erinnern, denn ich war damals vorrückt nach diesen Vintage-Stiefeln. Ich hatte meine Eltern damals so lange bekniet, bis sie mir endlich dieses Paar gebraucht kauften, für einen viel zu hohen Preis. Ich hatte sie dann nur einen Winter getragen, dann waren sie mir doch etwas zu gewagt.
Ich stand von der Treppe auf, ging nach oben in mein Zimmer und holte eine Sommerjacke für Anna aus dem Schrank. Sie war im Schnitt einer Jeansjacke gehalten, und ich dachte, die würde am besten zu Annas Optik passen.
Mit der Jacke über dem Arm ging ich wieder nach unten. Unten an der Treppe schaffte ich es gerade, nicht wieder auf den Miss Sixty Winterstiefel zu treten - denn dann wäre ich vielleicht mit dem Fuß umgeknickt. An den Stiefen im Weg hatte ich gar nicht mehr gefacht. Ich wich also gekonnt aus - und stolperte stattdessen beim nächsten Schritt über den anderen Stiefel. Ich konnte mich gut an der Haustür halten, aber ich ärgerte mich über meine Tolpatschigkeit.
Dann kamen mir Annas Worte über ihre geliebte Latzi: „Sie muss mir selber zeigen, wie lang sie bei mir bleiben will oder wann sie Abschied möchte!“
Die beiden hohen, roten Miss Sixty Stiefel hatten mit doch eben mehr als deutlich gezeigt, dass sie endlich Aufmerksamkeit möchten. Ich sammelte die beiden ein und brachte sie mit zu Anna und zur Restglut. Anna blickte mich erstaunt an. Ich gab ihr die Jacke zum überziehen und stellte die Stiefel auf den Boden. „Hast du doch noch etwas vor DIR zum Verfeuern gefunden?“, fragte sie. Ich erzählte ihr, dass sie sich mir zweimal in den Weg gelegt hatten und mir bestimmt zeigen wollten, dass sie aufs Feuer wollen. Anna grinste.
Schließlich überraschte mich Anna mit der Frage: „Gibts denn kein Stockbrot? Einen Stecken hab ich schon.“
Sie brachte mich schon wieder in Verlegenheit, denn ich wollte ihr den Wunsch natürlich nicht ausschlagen. Ich hatte keine Ahnung, was man genau dafür brauchte: Mehl, Wasser, Salz, vielleicht Öl oder Butter? Ich blickte grübelnd zum Haus. Und das alles jetzt spät am Abend zusammenrühren? Ich hatte wirklich keine Lust auf so etwas.
Plötzlich hörte ich Anna laut lachen: „So geht Stockbrot!“, rief sie. Ich dreht mich zu ihr um - und was ich sah, ließ mir fast den Atem stocken. Anna hatte den Holtstecken in einen der roten Miss Sixty Lacklederstiefel gesteckt und hielt den Stiefel über den Gluthaufen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann wurde es hell und die ersten Flammen umschlossen den Stiefelschaft. Ich konnte angesichts dieses Anblicks nichts sagen. Ich sah einfach zu und ließ Anna ihr Werk zuende bringen. Sie sxchwenkte den den lickterloh brennenden Stiefel über dem Feuer hin und her, wie ein Stockbrot eben. Dann ließ sie ihn mitten ins Feuer fallen und zog den Stecken heraus. Der lange Stiefelschaft, der wohl aus Kunstleder war, brannte hell und lichterloh, Fuß und Sohle dagegen fast gar nicht. Ich fasste Mut und stellte den zweiten Stiefen genau daneben auf die Glut. Auch hier dauerte es nicht lange und der Fuß des Stiefels verbog sich und zog sich zusammen. Der rote Schaft wurde braun und begann schließlich von unten her zu brennen. Schnell gingen die Flammen den Schaft bus nach oben und der ganze Stiefelschaft brannte hell und heftig. Aus dem rötlich-gelben Schimmern des Gluthäufchens war wieder ein helles Feuer geworden.
„So, das war MEIN Beitrag für diesen Abend. Diese Stiefel waren wirklich von mir. Ich hatte sie bestimmt genau so gerne getragen, wie du deine Latzi. Und sie haben ihren Abschied heute selbst gewählt!“, sagte ich grinsend zu Anna. Anna lachte und richtete ihre hellwachen Augen auf das Feuer. Nach nenigen Minuten waren sie Stiefelschäfte nicht mehr zu sehen, sie waren völlig abgebrannt. Nur die Fußteile und Sohlen brannten weiter.
„Diese Art von Stockbrot wolltes du gern sehen?“, frage ich Anna. „Ja, ich dachte, du hättest das verstanden…“, sagte Anna lachend zurück.
Wir saßen an den Abend bestimmt bis Mitternacht noch draußen am Feuer. Mit der Zeit wurde es empfindlich kühl. Anna hatte ja bloß eine kurze Hose an. Wir beschlossen, die restliche Glut mit Wasser mit den Gießkannen abzulöschen. Es dampfte und zischte, aber sicher war sicher.
Die Knabbereien und alles, was sonst noch draußen lag, holten wir herein in die Küche und gingen dann ins Haus. Der Rest des Abends ging sehr schnell: Ich zeigte Anna ihre Schlafstelle und bot ihr „Vorsprung“ zum Badezimme an. Es dauerte nicht lang, und Anna huschte aus dem Bad geradewegs aufs Schlafsofa. Die schwarze Ledershort, die sie an diesem Abend von Tia bekommen hatte, durfte mit unter die Bettdecke. ‚Da hat jemend ein treffendes Geschenk bekommen.‘, dachte ich bei mir.
Insgesamt war Anna ein wirklich dankbarer und angenehmer Gast.
Am nächsten Morgen hatten wir Frühstück in der großen Küche gemeinsam mit meinen Eltern, die ja auch im Haus wohnten. Anna trug wieder ihre normale Hose, mit der sich auch gekommen war. Ich war ganz froh darüber, denn meine Eltern hätten bestimmt sehr verwundert geschaut, wenn Anna früh in ihrer rockigen Leder-Hotpant aufgetaucht wäre.
Nach dem Frühstück packte Anna ihre Sachen in ihren Rucksack. Währenddessen stopfte ich all die Schule und Stiefel, noch auf dem Boden im Flur verstreut lagen, wieder in den Schuhschrank hinein und schloss die Tür. Ich dachte kurz darüber nach, was für ein Zufall das war, dass gestern meine alten Miss Sixty Stiefel sich mir so vor die Füße gelegt hatten, dass sie gleich danach auf dem Lagerfeuer ihre Reise in den Schuhhimmel angetreten haben.
Anna kam schließlich die Treppe herunter. Wir gingen zum Garten hinaus, um zu sehen, dass da nichts liegen geblieben war, was Anna gehörte.
In der Mitte der aufgestellten Sitzbänke war das Aschehäufchen zu sehen. Obenauf waren die Reste der beiden Stiefelsohlen noch zu sehen. Vom Leder oder von den hohen Schäften war nichts mehr zu erahnen.
Dann musste ich daran denken, dass Anna gestern ihre geliebte Latzi hier auf dem Feuer gelassen hatte. Diesen Abend am Lagerfeuer wird Anna hoffentlich nie vergessen, dachte ich bei mir. Für sie hatte sich ja einiges geändert am gestrigen Abend: sie hatte ihre Glanzlegging verbrannt, dann auch ihre Latzi, aber stattdessen hatte sie jetzt Tias schwarze Ledershort.
Auch Anna stand an dem Aschehäufchen. Ihre Aufmerksamkeit hatte ein hellbrauner Kunstleder-Schulterträger auf sich gezogen, der neben dem Aschehaufen lag. Er gehörte zu Annas ehemaliger Lieblingslatzi und war beinahe unversehrt. Auch die Metallspange zum Einhängen in den Brustlatz war noch intakt. Das andere Ende des Trägers reichte in den Aschehaufen hinein. Anna zog daran und sah bald, dass dieses Ende abgebrannt und schwarz war.
Es sah aus, als hatte Anna Tränen in den Augen. Anna fragte, ob sie das unbeschadete Stück Schulterträger als Andenken mitnehmen könnte. Also ging ich nochmal nach drinnen, holte eine Schere und gab sie Anna. Anna schnitt sich tatsächlich das Stück mit dem Einhängebügel vom Schulterträger ab und stecke es mit in ihren Rucksack.
„Deine geliebte Latzi hat gestern ihren Abschied genommen. Aber du sirst sie bestimmt niemals vergessen. Dafür hast du die schwarze Ledershort von Tia, und die passt jetzt noch viel besser zu dir!“, sagte ich zu Anna. „Und ich habe noch eine braune Echtlederlatzi von Kathrin. Die wird jetzt meine Lieblingslatzi!“, fügte Anna hinzu.
Dann fragte mich Anna, ob ich mit ihr auch einmal zum Erlengrund fahren würde. Ich versprach es ihr, und Annas Gesicht hellte sich auf.
Vielleicht war der Müllplatz ja immer noch frei zugänglich, und vielleicht würden wir ja etwas Schönes an Klamotten finden.
Ich konnte es tatsächlich kaum erwarten, mit Anna dort nach Klamotten-Schätzen Ausschau zu halten…
Eva erzäht weiter:
Nachdem sich die beiden Nachbarjungs verabschiedet hatten, war unser kleiner, privater Lagerfeuerabend hinterm Haus langsam am Ausklingen.
Tia blieb noch eine Weile sitzen und unterhielt sich mit Anna. Als schließlich auch Tia aufstand um zu gehen, strich sie mit ihren Fingern über ihre abgeschnittene, kurze Lederhose. Sie überlegte kurz, dann trat sie ganz nah an Anna heran. Anna blickte zu ihr hoch. „Fass mal an!“, sagte Tia zu Anna und führte Annas Hand auf das schwarze Leder ihrer Ledershorts. Anna fühlte den Rand, wo Tia die langen Hosenbeine abgeschnitten hatte. Auf der Innenseite rau, auf der Außenseite glatt und weich. „Ich hab doch mitbekommen, wie du die ganze Zeit auf meine kurze Lederhose geschaut hast.“, sagte Tia zu Anna, „Weißt du was? Ich werde sie dir jetzt gleich schenken. Sie gefällt dir doch wirklich sehr.“ Anna schaute Tia ungläubig an: „Jetzt gleich?“ „Ich habe noch eine Jeans drüben liegen, die kann ich morgen anziehen. Außerdem hat mir Jonathan eine neue Glattlederhose mitgebracht. Also, neu natürlich nicht, aber mir gefällt sie gut. Meine kurze Lederhose kann ich dir schenken, weil du sie so magst.“
Anna saß immer noch wortlos da und schaute auf Tia. Schließlich sagte Tia: „Ich bring dir die Kurze morgen rüber, okay? Bist du morgen noch hier?“
Anna schaute fragend zu mir. Ich nickte ihr zu, Anna blickte daraufhin wieder zu Tia und warf ihr ein breites Lächeln zu. Tia lächelte zurück und verabschiedete sich von Anna: „Bis morgen, kannst dich drauf freuen!“
Anna brachte kein Wort heraus, aber strahlte übers ganze Gesicht und blickte Tia hinterher. Tia verabschiedete sich auch von mir und bedankte sich für den Abend. Nach einer kurzen Umarmung verschwand sie schon bald aus dem schwachen Schein des fast vollständig heruntergebrannten Feuers. Ich hörte nur noch das Gartentor klacken.
Tia übernachtete also im Nachbarhaus und würde morgen noch einmal vorbeikommen, um Anna die kurze Lederhose zu schenken.
Nun saßen also nur noch wir zwei am Feuer, Anna und ich. Eigentlich war es nur noch ein kleiner Haufen von Glut. Flammen züngelten kaum noch hervor.
Ich fragte Anna, ob sie denn bei mir übernachten dürfe. Anna nickte und sagte, dass sie nur ihren Eltern bescheid geben müsse, damit die sie nicht vermissen. Anna tippte eine Nachricht in ihr Handy. Anna deutete auf ihren Rocksack, den sie mitgebracht hatte. „Da sind Klamotten zum Übernachten drin. Ich hatte ja damit gerechnet, dass es heute länger wird…“, sagte Anna. Ich freute mich natürlich, dass Anna hier blieb. Sie könnte problemlos in meinem Zimmer mit schlafen oder im Gästezimmer.
Anna schien den Abend zu genießen. Sie lächtelte und blickte verträumt auf die Holzglut. Aber sie schien auch aufgewühlt und rastlos zu sein, denn sie rutschte immer hin und her. Ob sie der Gedanke an Tias kurze Lederhose so beschäftigte?
Mich beschäftigte die ganze Zeit ein anderer Gedanke: War das Annas braune Kunstlederlatzi, die in der Papiertüte verbrannte? Es dauerte eine Weile, bis ich mich traute, Anna zu fragen.
„Was meinst du? Habe ich sie verbrannt oder nicht?“, fragte Anna zurück und trieb meine Anspannung in die Höhe. Anna blickte mich an. Sie suchte meinen Augenkontakt und zog die Augenbrauen hoch. Sie begann zu lächeln und blickte mir weiterhin tief in die Augen. Es fiel mir schwer, meine Gefühle zu sortieren. Einerseits kam ich mir ertappt vor wie bei vergessenen Hausaufgaben, andererseits war ich Annas Faszination völlig ausgeliefert.
Schließlich erhob sich Anna und holte ihren kleinen Rucksack heran. Sie öffnete die Klappe und zog die Ecke eines Kleidungsstückes hervor. Ich schwachen Schein des Feuers konnte ich nur schwr ausmachen, was das war: hellbrauner, fester Stoff, vom Rucksack zerknittert. Anna zog weiter an dem Stoffzipfel und ich erkannte einen umgenähten Rand aus Kunstleder. Schließlich hatte Anna das gesamte Kleidubgsstück aus dem Rucksack gezogen und ich erkannte, dass es Annas Kunstlederlatzi war, sie war nur umgewendet, mit dem Innenstoff nach außen. Anna stecke ihren Arm durch die umgewendeten Hosenbeine und wendete das Leder mit einem „Ratsch“ wieder nach außen. „Ich hab meine Latzi natürlich nicht verbrannt!“, sagte Anna, „Schon gar nicht in einer Tüte.“ Anna lachte. Fast als lachte sie mich aus, weil ich ernsthaft geglaubt hatte, die braune Kunstlederlatzi wäre in der Papiertüte gewesen.
„Was war den in der Tüte, als du sie aufs Feuer gegeben hast?“, fragte ich Anna zurück. „Da war eine alte Glanzleggings von mir drin. Die war so aufgerieben und durchgesessen, dass sie keine andere mehr hätte anziehen können. Ich war schon denn ganzen Tag darauf gespannt, wie es sich anfühlt, wenn ich sie aufs Feuer lege.“
Ich war erleichtert, dass es nicht Annas geliebte Kunstlederlatzi war, denn die hatte sie ja eben aus ihrem Rucksack gezogen.
In der Glanzlegging hatte ich Anna noch nie gesehen. Aber ist fand es faszinierend, dass Anna sie eigenhändig und völlig freiwillig dem Feuer übergeben hatte. „Hattest du die Glanzleggings schon lange?“, fragte ich. „Erst diesen Sommer, aber die waren schon stark gebraucht, als ich sie bekommen hatte. Hab aber sehr gern getragen diesen Sommer.“, erwiderte Anna. „Hat ganz schön gekribbelt, als ich sie verbrannt habe!“, sagte Anna, als ahnte sie, was ich fragen wollte.
„Zwischen den Beinen ist der Lack weggerubbelt und am Popo war die Glanzschicht abgelöst. Die Oberschenkel vorn waren ganz rau und rissig und die Knie hatten schon Löcher.“, erklärte Anna, „Und ich hatte mir überlegt, ob sie vielleicht weiterverschenken sollte. Aber ich wollte es eben mal ausprobieren mit dem Verbrennen. Es hat echt Spaß gemacht!“
Ich freue mich insgeheim, dass Anna offenbar die gleiche Faszination empfand, wie ich damals, als ich meine rote Knautschlacklatzi im Garten der Großeltern verbrannt hatte. Es war ein ganz besonderer Moment gewesen, als ich damals meine rote Knautschlacklatzi ein allerletztes mal zart streichelte und dann in die Feuerstelle legte. Ich wusste, dass sich das nicht mehr rückgängig machen ließ und und ich die letzte war, die die Latzi berühren oder gar tragen würde. Und nun hatte vielleicht Anna ein ähnliches Empfinden.
„Hast du wirklich gedacht, ich verbrenne meine Lieblingslatzi?“, unterbrach Anna die Stille.
„Die kriegst du nicht!“, sagte Anna, und mir war nicht klar, ob sie mich oder rhetorisch das Feuer meinte. Schon stopfte sie ihre braune Kunstlederlatzi wieder in den Rucksack.
Anna lächelte, setzte sich wieder und ruckte näher ans Feuer. Auch ich blickte auf das kleine Feuer, das von dem großen Holzhaufen übrig geblieben war.
„Woher hattest du denn diese Granzlegging?“, fragte ich Anna und hoffte auf eine spannende Geschichte. Meine Hoffnung schien nicht enttäuscht zu werden, denn Anna antwortete: „Naja, eigentlich aus dem Müll.“ Ich dennoch etwas erstaunt über Annas Antwort und fragte weiter: „Hast du sie aus einer Mülltonne gezogen?“ „Nein!“, lächelte Anna, „die hatte ich vom Erlengrund.
(Der Erlengrund ist eine Müllhalde, die schon seit meinen Kindertagen existiert und auf der ich mit meinem Großvater manchmal brauchbarem Kram gesucht hatte. Oma hatte immer furchtbar geschimpft, wenn wir etwas zum Reparieren angeschleppt hatten.)
„Du warst im Erleggrund und hast nach Klamotten für dich gesucht?“, fragte ich zurück. Anna lächelte noch immer und erklärte mir geduldig, wie es dazu kam: „Letzten Sommer in den Ferien war ich mit einer Freundin dort. Ist ja nicht abgesperrt, also sind wir ein bisschen auf den Häufen herumgelaufen. Sind keine stinkenden Abfälle dort, sondern eigentlich nur alte Klamotten und Schuhe und alte Kinderwagen und Möbelteile. Meine Freundin wollte ihre zu kleinen Sneakers gegen größere „eintausachen“. Ich war nur aus Spaß mitgekommen, und dann fand ich so eine tolle Glanzlegging. Ich wollte ja schon immer so eine haben, und da lag sie vor mir und wurde vom Regen nass. Ich habe sie mit nach Hause genommen und mit in die Wäsche gelegt. Meine Mama hat nichts gesagt. Ich hab die Glanzlegging seitdem ganz oft getragen.“
„Und die Glanzlegging war noch gut?“, fragte ich weiter. „Ein bisschen war der Lack zwischen den Beinen schon ab, aber das hat mich nicht gestört. Aber dann vom Tragen ist die Glanzbeschichtung am Po und an den Knien rissig geworden und hat sich immer weiter abgerieben. Vielleicht kam das auch von der Waschmaschine. Jedes mal, wenn die Leggings aus der Wäsche kam, musste ich sehen, ob ich sie überhaupt noch anziehen konnte.“, berichtete Anna. Sie lächelte immer noch und es schien ihr überhaut nichts ausgemacht zu haben, ihre Glanzlegging heute Abend mit aufs Feuer zu werfen. Aber zu gerne hätte ich gewusst, was Anna dabei empfand.
Wir schauten noch eine Weile still ins Feuer, dann fragte ich Anna doch:
„Fandest du es nicht schade, deine Glanzlegging zu verbrennen?“ „Nur ein bisschen,“, antwortete Anna, „aber DU hattest mich ja erst auf den Gedanken gebracht.“ Ich fühlte mich irgendwie verunsichert. Anna redete weiter: „Du wolltest mir ja zeigen, wie das ist, ein eigenes Kleidungsstück zu verbrennen und dabei zuzusehen. Hattest du mir versprochen!“
Ich konnte mich an so ein Versprechen meinerseits an Anna gar nicht erinnern, auch wenn mir der Gedanke gefiel. Aber wahrscheinlich hatte Anna recht.
Sie redete weiter: „DU wolltest ja etwas von DIR verbrennen. Ich hatte deshalb auch etwas von mir mirgebracht.“
Meine Gedanken kreisten, aber mir fiel spontan kein Kleidungsstück von mir ein, was ich jetzt hätte verbrennen können, um mein Versprechen noch zu erfüllen.
„Wenigstens hattest du die Lederhose von UsedTex da.“, sagte Anna. „Ja, die hat schön gebrannt auf dem Lagerfeuer!“, ergänzte ich, aber Anna fiel mir ins Wort: „Aber von DIR war sie nicht! ICH habe ja etwas von mir getragenes fürs Feuer mitgebracht.“ Anna grinste verschmitzt. Sie durchschaute bestimmt, dass ich in Gedanken meinen Klamottenschrank durchging. Mir fiel nichts entbehrliches ein, und eine gute Jeans verbrennen wollte ich nicht. Viele von meinen aktuellen Klamotten hatte ich eh in meinem Zimmer im Studentenwohnheim. Vielleicht ein Paar Schuhe? Ich überlegte weiter… Das war wirklich eine verrückte Situation: da bot sich die perfekte Gelegenheit, ein Kleidungsstück ins Feuer zu verabschieden und das vor Annas Augen - und dann hatte ich nichts da, was für so einen Moment würdig gewesen wäre.
Zum Glück wechselte Anna das Thema, während sie zu mir heranruckte und fast flüsternd fragte: „Du hast fest gedacht, in dem Papierumschlag ist meine braune Latzi. Stimmts?“ Ich nickte, lächelte zu ihr zurück und fragte: „Und wie machst du weiter?“ Annas Stimme wurde ernster: „Ich weiß gar nicht, ob ich die Kunstlederlatzi überhaupt zum Abschied verbrennen sollte. Ich krieg das nicht übers Herz, ich hab sie doch so geliebt. Sie hat mich so viele Jahre begleitet, auch wenn sie schon lang nicht mehr passt.“
„Hör einfach auf dein Herz und mache, was sich für dich richtig anfühlt!“, sagte ich, um dem Eindruck entgegenzuwirken, ich wollte Anna zum Verbrennen ihrer Latzi drängen.
Anna ergänzte: „Meine Latzi war der Grund, warum ich und Kevin auseinander gegangen waren. Und sie war auch im Spiel, als wir das erste Mal wieder richtig zusammen gekommen sind. Sie muss mir selber zeigen, wie lang sie bei mir bleiben will oder welche Art Abschied sie möchte!“
Ich war beeindruckt von Annas Einstellung. Sie hatte ihre Latzi also einfach mitgebracht, um zu sehen, was von selbst mit ihr passiert.
Anna lächelte wieder zu mir herüber.
Plötzlich tauchte eine Person aus dem Dunkel auf. Anna und ich erschraken mächtig. Plötzlich erkannten wir im schwachen Feuerschein: Tia. Sie muss sich regelrecht angeschlichen haben, denn wir hatten sie beide nicht kommen gehört. Als Tia merkte, wie sehr wir erschrocken waren, lachte sie laut. Sie stand da in langer, ausgewaschener Jeans und in Hoodie. Tia trat näher und hielt mit ausgestreckten Armen Anna ihre kurze Lederhose hin. Anna war überrascht, aber sie zögerte nicht, ihre Hände auszustrecken und zuzufassen. Tia übergab die schwarze, kurze Hose mit beiden Händen, so wie man wohl einen wertvollen Schatz übergibt. Anna schien dies genau zu verstehen und übernahm die Hose mit beiden Händen von Tia. Eine kurze Zeit lang hielten beide die Hose fest.
Im Feuerschein konnte man sehen, wie schön glatt das Echtleder war. Ein matter Glanz, wie ihn nur Echtleder geben kann.
Falten vom Tragen hatten das Leder geformt und der Hose eine einzigartige Form mitgegeben. Die Po-Taschen behielten ihre zarte Rundung, auch wenn die Hose nicht angezogen war. Erst im nicht angezogenen Zustand konnte man sehen, dass die Hosenbeine nicht genau gleich abgeschnitten waren. Aber das hatte beim Tragen überhaupt nicht gestört.
Anna übernahm die kurze Lederhose und legte sie nahezu zärtlich auf ihre Beine. „Danke!“, sagte sie zu Tia. Dann stand sie auf und fiel Tia um den Hals. Obwohl Anna recht groß und schlank war, konnte ich gut sehen, dass Tia noch ein bisschen größer war, als Anna. Anna drückte Tia eine ganze Weile, und Tia lächelte dazu. Das war ein perfekter Match: Tia hatte mit ihrer Ledershorts ein für sie wertvolles Geschenk gemacht. Und Anna wusste Tias Hose genau so als wertvolles Geschenk zu schätzen.
„Pass gut auf sie auf!“, sagte Tia zu Anna und verschwand schon wieder aus dem Sichtkreis des Feuers. „Und pass gut auf DICH auf, Anna. Diese Kleine fängt Männer ein wie Fliegen!“, rief Tia noch hinterher. Schon war wieder das Klacken des Gartentores zu hören.
Anna setzte sich wieder ans Feuer. Dass Tia ihr die versprochene Ledershorts noch in der Nacht bringen würde, war echt eine Überraschung gewesen. Damit hatte auch ich nicht gerechnet.
So saßen Anna und ich noch eine ganze Weile wortlos und gedankenversunken da und wärmten uns an dem, was vom Lagerfeuer noch übrig war. Anna hatte die Ledershorts auf ihre Knie gelegt und strich fortwährend und langsam über das schwarze Leder. Immer wieder fühlte sie mit den Fingerkuppen zärtlich die Potaschen ab, dann die dicken Nähte an den Hosentaschen vorn, dann den festen Hosenbund, dann die nicht ganz glatten Kanten, wo die langen Hosenbeine abgeschnitten worden waren. Die Hose hatte viele Kratzer im Leder, die ich erst jetzt aus der Nähe entdeckte. Hinten war eine lange Kratzspur, bei der die glatte Lederoberfläche aufgekratzt war und der raue Untergrund zu sehen war. Weil auch das „Innere“ des Leders schwarz war, konnte man diese Stellen wirklich erst bei nahem Hinsehen und bei Stillhalten entdecken.
Anna nestelte mit ihren Fingern an den Doppelnähten an den Beinaußenseiten. Dort wo die Hosenbeine abgeschnitten worden waren, lösten sich die Außennähte etwas. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass die Nähte jemals weiter aufgehen würden. Die kurze Hose sah sehr stabil und haltbar aus, wenn auch deutlich getragen.
Immer wieder drehte Anna die kurze Lederhose um, mal mit dem Po nach oben, mal mit der Bauchseite oben. Und immer wieder strich die mit ihren Fingern über das schwarze Leder. Verträumt und gedankenversunken saß Anna neben mir und schien ihr neues Geschenk zu genießen. Damit hatte Tia Anna wirklich eine große Freude gemacht. Ich genoss es, Anna so zu sehen.
Nach einer Weile fragte ich Anna, ob es ihr recht wäre, wenn sie auf der Gästecouch in meinem Zimmer schlafen würde. Anne nickte zustimmend. Ich ging nach drinnen, um die Gästecouch aufzuklappen und schnell ein Kissen zu überziehen. Ich bat Anna, währenddessen noch im Garten zu bleiben und das Feuer im Auge zu behalten.
Ich räumte in aller Eile mein Zimmer etwas auf, machte die Couch frei und richtete die Schlafmöglichkeit für Anna her. Ich fand eine kleine Tüte Gummibären, die legte ich Anna aufs Kopfkissen. Ich freute mich, dass Anna bei mir übernachten durfte.
Dann ging ich wieder nach unten zu Anna, denn oben war nun alles bereit für sie zum Übernachten. Ich brachte noch etwas zu Trinken und etwas Süßes mit nach Draußen.
Anna saß noch immer am Feuer, neben ihr stand ihr kleiner Rucksack. Auf ihrem Schoß lag nicht mehr die schwarze Ledershorts, sondern ihre braune Kunstlederlatzi. Anna erschrak wohl leicht, denn sie hatte mich offensichtlich nicht kommen gehört. Schnell schob sie ihre braune Kunstlederlatzi beiseite und legte sie auf ihren Rucksack. Da sah ich, dass Anna Tias schwarze Ledershorty angezogen hatte - offensichtlich hatte sie sich schnell umgezogen, während ich oben im Haus war. Es war ein ungewohnter Anblick - Anna in Tias rockiger kurzer Lederhose. „Gefällt sie dir an mir?“, fragte Anna und stand auf, so dass ich die Ledershorts an ihr gut sehen konnte. Die war vielleicht ein bisschen groß, sah aber richtig gut aus an Anna. Anna drehte sich hin und her. Mit dieser abgeschnittenen Ledershorts sah Anna richtig rockig aus. Anna strich sich über das schwarze Leder und steckte ihre Hände in die Po-Taschen. Sie konnte ihr Grinsen nicht verbergen, sie fühlte sich ganz offensichtlich pudelwohl in ihrem Geschenk von Tia.
Dann setzte sich Anna wieder und ich setzte mich neben sie. Ich dachte daran, dass es Anna zu kühl sein könnte, da sie nun nur eine kurze Hose an hatte. Es war ja schon ziemlich spät am Abend und vom Lagerfeuer war nur noch ein Gluthaufen zu sehen. Ich rückte die Bank, auf der wir saßen, deshalb etwas näher an die Wärme. Doch Anna erschrak, als ich die Bank vorrückte, und ihr Rucksack, der neben ihr auf der Bank stand, kippte nach vorn. Noch ehe Anna reagieren konnte, lag er kopfüber auf dem Boden - in der Asche, nur wenige Zentimeter vor der Glut. Ich rief „Das wollte ich nicht!“ und Anna fasste ihn schnell und hob ihn hoch. Dabei fiel ihre Kunstlederlatzi heraus, die sie nur locker unter die Rucksackklappe gelegt hatte. An die Latzi hatte Anna in dem Moment gar nicht mehr gedacht. Noch ehe Anna den Rucksack beiseite stellen konnte, war die braune Kunstlederlatzi schon auf dem Boden in der Asche gelandet, teilweise sogar auf der Glut. Anna griff nach der Hose und rettete sie beherzt aus der Gefahr. Annas Augen waren weit aufgerissen. Sie hielt die Latzi hoch und besah sie von allen Seiten. Zum Glück war sie nicht angebrannt! Doch an der Rückseite der Hosenbeine waren deutlich stecknadelkopfgroße, schwarze Brandstellen zu erkennen. Fast so, als hätte jemand mit einer glimmenden Zigarette das Kunstleder berührt. Anna wollte mit den Fingern fühlen, was die heiße Glut mit dem Kunstleder gemacht hatte, doch sie zögerte und berührte die Glutstellen nicht. An den abgetretenen, ausgefransten Beinenden war die Hitzeeinwirkung am deutlichsten zu sehen: dort war das Kunstleder dunkelbraun geworden und die ausgefransten Textilfäden rauchten und glimmten noch leicht. Die schwarzen Spuren von der Berührung mit der heißen Glut waren auch am Po zu sehen.
„Das tut mir sehr leid, das wollte ich nicht!“, sagte ich zu Anna, die immer noch entsetzt auf ihre Kunstlederlatzi schaute. Nur konnte ich es leider nicht rückgängig machen. Das war ein seltsamer Anblick: Anna saß da in ihrer unglaublich coolen, schwarzen Ledershorts und hielt mit Tränen in den Augen ihre lädierte Kunstlederlatzi vor sich hoch. Da entdeckte ich erst, dass die Latzi im Schritt offen war. Die Schrittnaht war großzügig aufgeschnitten oder aufgetrennt. anna bemerkte, dass ich auf den offenen Schitt sah. „War das Kevin?“, fragte ich und hoffte, damit etwas von dem Schrecken ablenken zu können. Anna schien das peinlich zu sein, doch dann antwortete sie: „Ja! Wir haben uns wieder versöhnt und ich habe ihn so mit der Latzi im Bett überrascht.“ Ich lächelte und freute mich. „Hat ihm das gefallen?“, fragte ich weiter, obwohl mir die Antwort eigentlich klar war. Anna nickte: „Ich glaube, das hatte er sich schon immer gewünscht!“. „Hattest du damals nicht mit ihm Schluss gemacht, weil er heimlich an deine Latzi gegangen war?“ „Ja! Und nun habe ich sie extra für ihn aufgeschnitten. Ist schon verrückt.“ Ich lächelte verstehend und ließ mein Kopfkino laufen. Vielleicht hatte sie sich unter der Bettdecke verkrochen und Kevin spürte erst mit den Händen, dass Anna ihre viel zu kleine Kunstlederlatzi trug?
„Anziehen kann ich sie nicht mehr.“ sagte Anna. Ich wusste nicht, ob sie das wegen der kleinen Brandflecken an der Latzi oder wegen des offenen Schrittes gesagt hatte. Aber die Latzi sah wirklich viel zu klein für Anna aus, zumal sie nun die deutlich größere Ledershorts von Tia trug.
„Tut mir von Herzen leid wegen eben!“, sagte ich nochmals und hoffte, Anna würde mir nicht mehr böse sein. Das war schon verrückt: ich hätte beinahe ihr absolutes Lieblingsstück in den Feuertod geschickt.
„Anziehen ist eh nicht mehr.“, sagte Anna daraufhin. Anna steckte ihre Finger durch die aufgetrennte Schrittnaht. Dann zog sie sie ganz langsam auseinander und es war deutlich zu hören, wie die Hose weiter aufriss. Interessanterweise riss sie nicht an der Schrittnaht entzwei, sondern quer durch das Kunstleder. Das Kunstleder war zwischen den Beinen und am Po sehr abgerieben und der Unterstoff schaute durch. Aber dass es so leicht riss, hatte ich nicht gedacht. Anna zog immer weiter und der Riss lief neben der Mittelnaht den Po hinauf. Anna fasste nach und riss immer weiter. Der Po war nun völlig in zwei Hälften geteilt und der Riss erreichte den Rückenlatz. Hier schien das Kunstleder fester zu sein, denn Anna zog mit Kraft. Erst am Ende des Rückenlatzes, wo die Träger angenäht waren, stoppte Anna. ‚Den Arsch aufreißen‘ hatte Anna sehr wörtlich genommen. Anna fasste erneut an und riss die Schrittöffnung nun nach vorn weiter auf. Auch hier war die Mittelnaht deutlich stabiler als das Kunstleder daneben. Anna zog die Hose auseinander und der Riss teilte das braune Kunstleder den Bauch hinauf bis etwa auf Hüfthöhe, wo eine Quernaht den Riss stoppte. Anna schaute ihre ehemalige Lieblingslatzi an. Sie war fast völlig in zwei Hälften geteilt. Anna war richtig in Fahrt gekommen, offensichtlich fand sie das Zerreißen aufregend. Annas Blick fiel auf einen der beiden Schulterträger, der hatte wohl in der Glut gelegen und war am Ende dunkelbraun, fast schwarz. Anna schaute wie gebannt auf den angekokelten Träger. „Was machst du aus ihr?“, fragte ich. Anna antwortete: „Das hat meine Latzi selbst entschieden!“. Anna hielt die Latzi vor ihre Knie und warf das Ende des angekokelten Trägers mitten auf die Restglut. Es dauerte nur Sekunden und eine erste, kleine Flamme umzüngelte das Kunstleder, das auf der Glut lag. Anna sah zu, wie das obere Ende des Trägers dunkel wurde und anbrannte. Auch die Metallschnalle am Ende des Trägers mit der sie ihn in den Button am Latz einhängen konnte, lag im Feuer. Erst entstanden nur kleine Flammen an den Seiten des Trägers, doch schnell umschlossen sie das braune Kunstleder, das sich dunkel und schließlich schwarz färbte. Anna hob den Träger ihrer braunen Kunstlederlatzi hoch und aus der Glut heraus, doch der angebrannte Träger brannte weiter.
Ich konnte es kaum fassten: zuerst hatte Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi für Kevin geopfert und aufgeschnitten, dann hatte sie ihre Hose so weit aufgerissen, dass sie fast in zwei Hälften war und nun ließ sie in Seelenruhe den ersten Schulterträger ihrer Latzi brennen.
Ich beobachtete Anna, ihre Augen funkelten dabei.
Weil Anna ihre Latzi hoch hielt, war das brennende Ende des Trägers ganz unten. Die Flammen kletterten schnell der Träger hinauf. Das ging Anna wohl zu schnell und sie bekam kurz Angst, ihre Hände zu verbrennen. Erschrocken ließ sie die Lederhose los, und die fiel auf die Glut. Anna fasste sie an den Hosenbeinen, die außerhalb der Glut gelandet waren und zog die Latzi am Boden aus der Glut heraus. Als sie bemerkte, dass zwischenzeitlich der Brustlatz, der auf der Glut gelandet war, am Anbrennen war, zögerte Anna. Sie legte die Hose so ab, dass nur der Latz auf der Glut zu liegen kam. Po und Beine lagen außerhalb der Glut auf der Asche bzw auf dem Erdboden. Anna ließ die Hosenbeine los und wartete, was passieren würde. Das braune Kunstleder des Latzes wurde immer dunkler und weicher, es legte sich geschmeidig auf die glühenden Holzstückchen. Es wurde glänzig - und mit einem mal zündeten helle Flammen vom Rand über den gesamten Latz. Von einer Sekunde auf die andere brannte der Brustlatz komplett. Es wurde richtig hell. Die Metallbuttons, an denen die Träger eingehängt werden konnten waren ebenfalls schwarz geworden. Geduldig sah Anna zu, wie der Latz ihrer geliebten Kunstlederlatzi verbrannte. Die Kunstlederseite, die nach oben lag, war komplett schwarz und stumpf gebrannt. Das, was vom Kunstleder übrig war, war nur noch hauchdünn wie verbranntes Papier. Es bekam Löcher und zerfiel zusehens. Nur der umgenähnte Rand mit der Doppelnaht blieb erhalten und zeigte noch immer die Form des Brustlatzes. Die beiden Metallbuttons waren noch an ihrem Platz, umgegen vom schwarz gebrannten Kunstleder.
Es waren nur noch wenige, kleine Flammen zu sehen über dem, was einmal der Brustlatz war. Nur an der Hüftnaht, die auf gedachter Gürtelhöhe quer verlief, waren Flammen zu sehen. Sie brannten langsam aber unaufhaltsam weiter die Hüfte nach unten. Dort war das Kunstleder in der Mitte aufgerissen, vom Schritt bis zur Hüftnaht hinauf. Anna hatte ihre Latzi ja vom Schritt bis dahin aufgerissen.
Die aufgefasterten Rändern des Risses brannten besonders hell. Es dauerte nicht lang, hatten die Flammen alles Kunstleder bis zu den Beinansätzen erfasst. Im Vergleich zum orange-roten Schein der Holzglut brannte das Kunstleder von Annas Latzi sehr hell.
Anna fasste die Beinenden an und zog die Hosenbeine gerade. Die Latzi lag flach auf dem Boden. Die Flammen brannten sich nun unaufhaltsam die langen Hosenbeine hinunter. Anna sah zu, wie die dünn gewordenen und abgeriebenen Stellen an den Knien langsam von den Flammen erobert wurden und sich schwarz färbten. Unterhalb des Knies war ein Riss im Kunstleder, auf den setzte sich eine besonders helle Flamme. Anna wartete, bis auch die Beinenden vom Feuer erfasst waren. Die gesamte Vorderseite ihrer geliebten, braunen Latzi brannte nun hell. Anna sah gebannt zu, so als würde sie diese Bilder für immer speichern wollen. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Flammen weniger wurden. Vor Anna lag die schwarze Kontur ihrer ehmaligen Kunstlederlatzi. An den ausgefransten Beinenden und an dem Riss durch den Schritt glühten die Stofffasern, ansonsten war das Kunstleder matt uns schwarz. Bald waren keine Flammen mehr auf der Latzi zu sehen. Die Hose war zwar noch körperlich vorhanden, war aber nicht mehr existent. Ein eigenartiger Moment. Ich war auch ein wenig traurig, schließlich hatte Anna in der Latzi so viel Schönes erlebt. Zuletzt wohl auch mit Kevin, was der Hose die Öffnung in an der Schrittnaht einbrachte.
Anna holte sich einen Holzstecken und hob damit die quasi abgebrannte Hose etwas noch. Sie lag ja mit der Brustseite nach oben. Es sah tatsächlich so aus, als wäre ihre Rückseite, die auf dem Boden lag, unversehrt. Vielleicht lag das am kalten oder zu feuchten Erdboden, auf dem der größere Teil der Hose lag?
Anna schob den Holzstecken unten den Po und hob die Hose etwas an. Tatsächlich schaute unten noch das braune Kunstleder hervor. Anna schleuderte die Latz beherzt auf die Restglut. Die Po-Seite kam oben zu liegen, die bereits abgebrannte Vorderseite zerfiel in kleine Asche-Fetzen. Kaum war die Latzi auf dem Gluthaufen zu liegen gekommen, wurde es hell und das restliche braune Kunstleder brannte lichterloh. Es brauchte nur ein paar Augenblicke, und der Rückenlatz, der Po und die Bein-Rückseiten waren heftig am Abbrennen. Anna setzte sich wieder und beobachtete ihre Latzi. Bald war nicht viel mehr von ihr übrig, als eine schwarze, papierdünne Hülle. Die Form der Hose war noch gut zu erkennen, aber das Material dazwischen fiel zusehens auseinander. Da war sie nun endgültig dahin, Annas geliebte, braune Kunstlederlatzi.
Ich hatte Anna noch nie so lang still erlebt. Sie saß da, in ihrer rockigen kurzen Ledershorts, auf der Bank vor der wärmenden Lagerfeuerglut. Obenauf ihre nur noch schemenhaft erkennbare Latzi. Anna schaute in die Glut und sinnierte. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass sie intensiv nachdachte.
Schon für mich war dieser feurige Abschied sehr beeindruckend, für Anna sicher noch mehr.
In ihrer kurzen Lederhose, die ihr herrlich lange Beine zauberte, sah Anna viel erwachsener aus, als bisher. Der Wechsel von ihrer zu kleinen braunen Lieblingslatzi hin zu Tias schwarzer Leder-Hotpants war für Anna ganz augenscheinlich ein großer Schritt.
Ich fragte Anna, ob sie etwas zum Überziehen möchte, und Anna nickte. Ich ging ins Haus, um einen Pulli oder eine dünne Jacke für sie zu finden. Anna bat ich am Feuer zu bleiben.
Ich rannte ins Haus, die Treppe hinauf. Dabei stolperte ich und landet der Länge nach auf den Treppenstufen. Zum Glück auf dem Weg hinauf, da tat es nicht so weh. Ich muss über irgendetwas gestolpert sein. Ich schaute nach unten uns sah, das die Tür vom Schuhschrank offen stand. Einige Schuhe waren herauisgefallen und lagen vorm Schrank auf dem Boden. Über einen dieser Schuhe oder Stiefel muss ich gestolpert sein. Ich sah, dass auch ein Zwischenboden aus dem Schuhschrank herausgefallen war. Vielleicht war das ja der Grund, warum die Tür auf ging und die Schuhe überhaupt herausgerutscht waren. Die meisten von denen waren eh alte Schuhe, die eigentlich aussortiert und weggeschafft gehörten. Durekt vor der Treppe lag ein roter Miss Sixty Knautschlack-Winterstiefel. In dieses Paar konnte ich mich besonders gut erinnern, denn ich war damals vorrückt nach diesen Vintage-Stiefeln. Ich hatte meine Eltern damals so lange bekniet, bis sie mir endlich dieses Paar gebraucht kauften, für einen viel zu hohen Preis. Ich hatte sie dann nur einen Winter getragen, dann waren sie mir doch etwas zu gewagt.
Ich stand von der Treppe auf, ging nach oben in mein Zimmer und holte eine Sommerjacke für Anna aus dem Schrank. Sie war im Schnitt einer Jeansjacke gehalten, und ich dachte, die würde am besten zu Annas Optik passen.
Mit der Jacke über dem Arm ging ich wieder nach unten. Unten an der Treppe schaffte ich es gerade, nicht wieder auf den Miss Sixty Winterstiefel zu treten - denn dann wäre ich vielleicht mit dem Fuß umgeknickt. An den Stiefen im Weg hatte ich gar nicht mehr gefacht. Ich wich also gekonnt aus - und stolperte stattdessen beim nächsten Schritt über den anderen Stiefel. Ich konnte mich gut an der Haustür halten, aber ich ärgerte mich über meine Tolpatschigkeit.
Dann kamen mir Annas Worte über ihre geliebte Latzi: „Sie muss mir selber zeigen, wie lang sie bei mir bleiben will oder wann sie Abschied möchte!“
Die beiden hohen, roten Miss Sixty Stiefel hatten mit doch eben mehr als deutlich gezeigt, dass sie endlich Aufmerksamkeit möchten. Ich sammelte die beiden ein und brachte sie mit zu Anna und zur Restglut. Anna blickte mich erstaunt an. Ich gab ihr die Jacke zum überziehen und stellte die Stiefel auf den Boden. „Hast du doch noch etwas vor DIR zum Verfeuern gefunden?“, fragte sie. Ich erzählte ihr, dass sie sich mir zweimal in den Weg gelegt hatten und mir bestimmt zeigen wollten, dass sie aufs Feuer wollen. Anna grinste.
Schließlich überraschte mich Anna mit der Frage: „Gibts denn kein Stockbrot? Einen Stecken hab ich schon.“
Sie brachte mich schon wieder in Verlegenheit, denn ich wollte ihr den Wunsch natürlich nicht ausschlagen. Ich hatte keine Ahnung, was man genau dafür brauchte: Mehl, Wasser, Salz, vielleicht Öl oder Butter? Ich blickte grübelnd zum Haus. Und das alles jetzt spät am Abend zusammenrühren? Ich hatte wirklich keine Lust auf so etwas.
Plötzlich hörte ich Anna laut lachen: „So geht Stockbrot!“, rief sie. Ich dreht mich zu ihr um - und was ich sah, ließ mir fast den Atem stocken. Anna hatte den Holtstecken in einen der roten Miss Sixty Lacklederstiefel gesteckt und hielt den Stiefel über den Gluthaufen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann wurde es hell und die ersten Flammen umschlossen den Stiefelschaft. Ich konnte angesichts dieses Anblicks nichts sagen. Ich sah einfach zu und ließ Anna ihr Werk zuende bringen. Sie sxchwenkte den den lickterloh brennenden Stiefel über dem Feuer hin und her, wie ein Stockbrot eben. Dann ließ sie ihn mitten ins Feuer fallen und zog den Stecken heraus. Der lange Stiefelschaft, der wohl aus Kunstleder war, brannte hell und lichterloh, Fuß und Sohle dagegen fast gar nicht. Ich fasste Mut und stellte den zweiten Stiefen genau daneben auf die Glut. Auch hier dauerte es nicht lange und der Fuß des Stiefels verbog sich und zog sich zusammen. Der rote Schaft wurde braun und begann schließlich von unten her zu brennen. Schnell gingen die Flammen den Schaft bus nach oben und der ganze Stiefelschaft brannte hell und heftig. Aus dem rötlich-gelben Schimmern des Gluthäufchens war wieder ein helles Feuer geworden.
„So, das war MEIN Beitrag für diesen Abend. Diese Stiefel waren wirklich von mir. Ich hatte sie bestimmt genau so gerne getragen, wie du deine Latzi. Und sie haben ihren Abschied heute selbst gewählt!“, sagte ich grinsend zu Anna. Anna lachte und richtete ihre hellwachen Augen auf das Feuer. Nach nenigen Minuten waren sie Stiefelschäfte nicht mehr zu sehen, sie waren völlig abgebrannt. Nur die Fußteile und Sohlen brannten weiter.
„Diese Art von Stockbrot wolltes du gern sehen?“, frage ich Anna. „Ja, ich dachte, du hättest das verstanden…“, sagte Anna lachend zurück.
Wir saßen an den Abend bestimmt bis Mitternacht noch draußen am Feuer. Mit der Zeit wurde es empfindlich kühl. Anna hatte ja bloß eine kurze Hose an. Wir beschlossen, die restliche Glut mit Wasser mit den Gießkannen abzulöschen. Es dampfte und zischte, aber sicher war sicher.
Die Knabbereien und alles, was sonst noch draußen lag, holten wir herein in die Küche und gingen dann ins Haus. Der Rest des Abends ging sehr schnell: Ich zeigte Anna ihre Schlafstelle und bot ihr „Vorsprung“ zum Badezimme an. Es dauerte nicht lang, und Anna huschte aus dem Bad geradewegs aufs Schlafsofa. Die schwarze Ledershort, die sie an diesem Abend von Tia bekommen hatte, durfte mit unter die Bettdecke. ‚Da hat jemend ein treffendes Geschenk bekommen.‘, dachte ich bei mir.
Insgesamt war Anna ein wirklich dankbarer und angenehmer Gast.
Am nächsten Morgen hatten wir Frühstück in der großen Küche gemeinsam mit meinen Eltern, die ja auch im Haus wohnten. Anna trug wieder ihre normale Hose, mit der sich auch gekommen war. Ich war ganz froh darüber, denn meine Eltern hätten bestimmt sehr verwundert geschaut, wenn Anna früh in ihrer rockigen Leder-Hotpant aufgetaucht wäre.
Nach dem Frühstück packte Anna ihre Sachen in ihren Rucksack. Währenddessen stopfte ich all die Schule und Stiefel, noch auf dem Boden im Flur verstreut lagen, wieder in den Schuhschrank hinein und schloss die Tür. Ich dachte kurz darüber nach, was für ein Zufall das war, dass gestern meine alten Miss Sixty Stiefel sich mir so vor die Füße gelegt hatten, dass sie gleich danach auf dem Lagerfeuer ihre Reise in den Schuhhimmel angetreten haben.
Anna kam schließlich die Treppe herunter. Wir gingen zum Garten hinaus, um zu sehen, dass da nichts liegen geblieben war, was Anna gehörte.
In der Mitte der aufgestellten Sitzbänke war das Aschehäufchen zu sehen. Obenauf waren die Reste der beiden Stiefelsohlen noch zu sehen. Vom Leder oder von den hohen Schäften war nichts mehr zu erahnen.
Dann musste ich daran denken, dass Anna gestern ihre geliebte Latzi hier auf dem Feuer gelassen hatte. Diesen Abend am Lagerfeuer wird Anna hoffentlich nie vergessen, dachte ich bei mir. Für sie hatte sich ja einiges geändert am gestrigen Abend: sie hatte ihre Glanzlegging verbrannt, dann auch ihre Latzi, aber stattdessen hatte sie jetzt Tias schwarze Ledershort.
Auch Anna stand an dem Aschehäufchen. Ihre Aufmerksamkeit hatte ein hellbrauner Kunstleder-Schulterträger auf sich gezogen, der neben dem Aschehaufen lag. Er gehörte zu Annas ehemaliger Lieblingslatzi und war beinahe unversehrt. Auch die Metallspange zum Einhängen in den Brustlatz war noch intakt. Das andere Ende des Trägers reichte in den Aschehaufen hinein. Anna zog daran und sah bald, dass dieses Ende abgebrannt und schwarz war.
Es sah aus, als hatte Anna Tränen in den Augen. Anna fragte, ob sie das unbeschadete Stück Schulterträger als Andenken mitnehmen könnte. Also ging ich nochmal nach drinnen, holte eine Schere und gab sie Anna. Anna schnitt sich tatsächlich das Stück mit dem Einhängebügel vom Schulterträger ab und stecke es mit in ihren Rucksack.
„Deine geliebte Latzi hat gestern ihren Abschied genommen. Aber du sirst sie bestimmt niemals vergessen. Dafür hast du die schwarze Ledershort von Tia, und die passt jetzt noch viel besser zu dir!“, sagte ich zu Anna. „Und ich habe noch eine braune Echtlederlatzi von Kathrin. Die wird jetzt meine Lieblingslatzi!“, fügte Anna hinzu.
Dann fragte mich Anna, ob ich mit ihr auch einmal zum Erlengrund fahren würde. Ich versprach es ihr, und Annas Gesicht hellte sich auf.
Vielleicht war der Müllplatz ja immer noch frei zugänglich, und vielleicht würden wir ja etwas Schönes an Klamotten finden.
Ich konnte es tatsächlich kaum erwarten, mit Anna dort nach Klamotten-Schätzen Ausschau zu halten…
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
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Re: Anna
Hi, cool wäre ja wenn die Mädels mal gemeinsam Hosen und vorallem Sneaker auf der Müllhalde suchen würden. Neue Müll airmax oder Superstars wären doch perfekt für die Girls..oder vielleicht welche von der Textilverwertung? Wäre doch cool !
Re: Anna
Ich bin Eva und erzähle euch von meinen gemeinsamen Aktionen mit Anna.
Im Herbst, bevor mein Wintersemester im Textildesign-Studium wieder begann, war ich Anna ja öfters begegnet. Wir hatten sogar einen ziemlich unvergesslichen Abend am Lagerfeuer, bei dem Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi, die sie seit vielen Jahren begleitet hatte, auf ewig verabschiedet hatte. Dafür hatte Anna überraschend Tias schwarze Echtleder-Hotpants bekommen, in die sie so vernarrt war.
Während des Studiensemesters hatte ich nicht viele Gelegenheiten, nach Hause zu fahren. Erst zum Beginn der Weihnachtspause konnte ich Anna wieder treffen - und darauf hatte ich mich die ganze Zeit schon gefreut.
Im Herbst standen bei mir im Studium viele Projektarbeiten an. In fast allen Arbeiten ging es darum, aus mehreren vorhandenen Kleidungsstücken und deren verschiedenen Materialen ein neues zu entwerfen und zu nähen.
In unserer Textil-Design Fachschaft waren zuerst die Computer dicht umlagert wegen der Designprogramme, dann war hektisches Schaffen, Schneidern und Nähen angesagt.
Ich hatte acht Arbeiten zu entwerfen und abzugeben. Ich entwart unter anderem einen Overal, bei dem ich die verschiedenen vorgegebenen Materialien so einsetzte, dass es aussah, als wäre es eine Latzhose.
In einer anderen Arbeit verwendete ich eine klassische Damenlederjacke und eine Bluse aus sehr feinem, halbtransparenten Stoff. Der Lederjacke schnitt ich die Arme und den Bund ab und dekorierte sie mit Spikes und Nieten. So wurde aus der biederen Jacke eine heiße Lederweste mit ausgefranzten Säumen. Darunter nähte ich die langen Arme der Bluse. Dieser Materialmix hatte es wirklich in sich. Die rockige Lederweste im Kontrast zu den zarten, halbtransparenten Ärmeln. Wie gegensätzlich wie Schneewittchen auf Biker-Ausflug. Mit dieser Arbeit holte ich mir übrigens eine sehr gute Bewertung…
Mein persönlicher Favorit aus den Arbeiten war eine lange Damenhose unter dem Thema „Understatement“. Zu den vorgegebenen Kleidungsstücken zählte eine ausgeblichene, abgewetzte Jeans und eine schwarze Lacklederhose. Ich trennte beide auf und kombinierte sie so, dass die neue Hose von vorn aus schwarzem Lackleder und von hinten aus dem hellen Jeansstoff war. Die Hinterseite versah ich mit ein paar heißen Cuts, die Vorderseite mit Querrissen an den Knien. Ich fügte die beiden Hosenhälften nicht einfach an den vorgegebenen Seitennähten an den Beinaußenseiten zusammen, sondern ließ es aussehen, als sei die Lackhosen-Vorderseite auf die Jeans aufgenäht. Was entstand, war ein absolutes Unikat von Hose. Von vorn absolut partytauglich, von hinten casual und unaufgeregt - understatement eben. Für die Arbeiten waren imer auch Größen vorgegeben, leider fast immer viel zu klein, als dass ich sie hätte selbst einmal tragen können.
Kurz vor Weihnachten bekamen wir unsere Arbeiten mit Bewertung zurück. Ich hatte durchweg gute bis sehr gute Benotungen bekommen, was mich sehr freute. Unsere designten Kleidungsstücke durften wir mit nach Hause nehmen. Nicht alle Mitstudentinnen waren mit ihrer Benotung zufrieden, viele von ihnen ließen ihre Stücke in der Fachschaft einfach zurück.
Ich nahm zwar meine Stücke für die Weihnachtsferien mit nach Hause, aber wegen der viel zu knappen Maße passte mir kaum eines. Ich hatte sie alle mit Liebe hergestellt und sie waren viel zu schade, um nur in Kisten oder im Schrank zu liegen.
Da kam mir der Gedanke, einige Anna zu zeigen. Zumindest die Arbeiten mit kleiner Größe könnten ihr passen.
Zuhause schrieb ich Anna eine Nachricht und fragte sie, ob sie Lust hätte zu mir zu kommen, um ein paar Unikate anzusehen und vielleicht anzuprobieren. Anna hatte es ja nicht weit, sie wohnte im gleichen Wohngebiet. Es dauerte nicht lang und Anna sagte zu, sie war schon sehr gespannt, schrieb sie mir zurück. Weil es nur wenige Tage vor Weihnachten war, trafen wir uns schon bald. Anna stand plötzlich vor der Tür, in ihrer dunkelroten msgm-Lackleder-Joggerhose und mit einem hellen Hoodie darüber. Anna kam mit hoch in mein Zimmer, das nun aussah wie ein Klamottenladen. Ich hatte einige meiner Stücke den Puppen angezogen, die ich sonst fürs Studium nutzte. Anna blieb der Mund offen stehen, als sie das alles sah. Ich zeigte ihr, welche Stücke ihr vielleicht passen könnten. Als ich sie fragte, ob sie sie mal anprobieren möchte, war sie vor Freude fast außer sich.
Ich legte Anna die „Understatement“-Hose hin, die von hinten eine hübsch abgerockte Jeans, von vorn aber ein Blickfang von Lackhose war. Sie war schmal genug, um für Annas Größe gut zu passen. Als ich sah, dass Anna sie gern anprobieren wollte, verließ ich das Zimmer und ging kurz zur Küche hinunter. Als ich zurückkam stand Anna vor mir und mir blieb vor Staunen der Atem weg. In dieser langen, schmalen, schwarzen Lackhose und mit ihrem casual wirkenden Hoody darüber sah Anna wirklich umwerfernd aus. Anna drehte sich langsam, so dass ich auch ihre Rückseite zu sehen bekam. Von hinten machte ihr das Outfit einen komplett anderen, viel unauffälligeren Look. Anna drehte sich weiter, bis ich sie wieder von vorn sehen konnte. Ihr lächelndes Gesicht zeigte unmissverständlich, dass sich Anna in diesem Outfit sehr wohl fühlte.
Anna klatschte sich mit ihren Händen auf die Oberschenkel aus Lackleder und dann auf den Jeansstoff-Po. Offensichtlich war Anna von diesem hörbaren Unterschied so überrascht, dass sie diesen Vergleich mehrere Male wiederholte. Dann schaute sie mich mit tiefen Augen an. So intensiv hatte ich das noch nie erlebt und ich musste mich gefühlsmäßig sehr zusammenreißen.
Ich wollte Anna natürlich zuvorkommen und fragte sie, ob sie diese Hose gern behalten möchte. Anna lächelte, hüpfte und fiel mir um den Hals. Ich muss sagen, ich hatte mich noch nie so mit Anna gefreut.
„Darf ich sie noch ein bisschen anbehalten?“, fragte Anna. Ich nickte, und wir setzten uns auf das kleine Sofa in meinem Zimmer. Anna strich immer wieder mit ihren Händen über die lackschwarze Vorderseite ihrer Oberschenkel. „Gefällt sie dir? Diese Hose gibts nur 1 mal!“, fragte ich, und noch ehe ich ausgesprochen hatte, hüpfte Anna hoch und sagte: „Ja na klar, die Hose ist ja so toll!“
Anna musterte mit ihren Augen auch meine anderen Stücke. Eigentlich waren sie alle viel zu groß für sie.
„Hat jede bei euch so viele Sachen genäht?“, fragte Anna. Ich antwortete: „Ja, jede musste 8 Stücke als Aufgaben einreichen.“ „Also hat jede Studentin nun solche Designerstücke zu Hause?“, fragte Anna. „Nein,“ sagte ich: „einige haben sie einfach in der Hochschule zurückgelassen, weil sie sie nicht mehr möchten.“ „Was geschieht dort mit den schönen Sachen?“, fragte Anna weiter. „Nichts. Wahrscheinlich räumt sie jemand weg und sie werden dann entsorgt.“, antwortete ich nachdenklich. „Entsorgt?“, rief Anna erschrocken: „In den Müll etwa?“ Ich nickte und sagte: „Wahrscheinlich sind sie schon im Müll. Hinter unserem Fachschaftsgebäude stehen meistens Müllcontainer, weil bei uns ja immer viele Schnittabfälle entstehen.“
„Och, die schönen Sachen! Wo kommen die dann hin?“, bohrte Anna aufgewühlt weiter. „Vielelicht werden sie bei uns mit verheizt? Oder einfach nur entsorgt? Ich weiß es nicht.“, antwortete ich.
Anna machte der Gedanke, dass solche Einzelstücke vielleicht in die Heizung kamen, sichtlich unruhig. Sie fragte, was die anderen Mitstudentinnen genäht hatten. Ich erzählte ihr von einigen schönen Stücken, die ich noch in Erinnerung hatte. Dann fiel mein Blick auf meine Latzhosen-Overall-Arbeit, die ich ja auch mit nach Hause gebracht hatte. Das erinnerte mich an eine Arbeit, die mir aufgefallen war: „Eine Studentin hatte eine ähnliche Idee wie ich mit der Latzhose. Sie hatte eine Kunstleder- und eine Jeanslatzhose aus Material und sie kam auf die geniale Idee, die Kunstlederlatzi unter die Jeans-Latzi zu nähen. Nur von vorn konnte man sehen, dass unter dem halb heruntergelassenen Jeans-Latz noch ein Kunstlederlatz war. Zwei Latzis übereinander, das kann doch so nicht richtig sein!? Das war mein ersten Gedanke, und das war wohl genau das, was bezweckt war. Ich musste immer wieder zu ihrer Arbeit hinschauen. Die Kunstlederlatzi innen erinnerte mich ständig an meine rote Knautschlacklatzi, die ich ja einmal besaß und die ich so innig geliebt hatte.“
Anna folgte gebannt meinen Worten. „Wir müssen da unbedingt hin, bevor alle Sachen weg sind!“, sagte Anna aufgeregt: „Vielleicht ist ja auch diese Latzi noch da! Die möchte ich so gerne haben, bevor sie weggeworfen wird. Ich möchte probieren, ob sie mir passt.“
Ich versprach Anna, so bald wie möglich mit ihr zu meiner Hochschule zu fahren, um zu sehen, ob noch etwas zu ergattern ist. Eigentlich hatte ich keine Lust, während der Weihnachtsferien noch einmsl dahin zu fahren, aber Anna zuliebe wollte ich das tun.
Ich freute mich jedenfalls, dass Anna meine Lack-und Jeans-Hose sehr gefiel und sie sie gern haben wollte.
Wir saßen noch den ganzen Nachmittag auf dem kleinen Sofa in meinem Zimmer und erzählten. Anna löcherte mich zu dem Kleidungsstücken, die die anderen Studentinnen angefertigt hatten. Sie war sehr interessiert und ich musste jedes Detail efzähen, an das ich mich erinnern konnte. Mir wurde immer mehr klar, wie wichtig es für Anna war, dass wir die Stücke auf dem Hochschulgelände noch vorfinden, bevor sie tatsächlich entsorgt oder gar verheizt waren. „Wir fahren morgen oder übermorgen hoch zur Hochschule, auf jeden Fall noch vor Weinhachten!“, versprach ich Anna und konnte sehen, wie sich ihr besorgtes Gesicht aufhellte. „Und zum Erlengrund?“, fragte Anna. „Ja, zur Halde im Erlengrund fahren wir auch zusammen!“, versprach ich ihr weiter. So Klamottenbesessen wie Anna hatte ich noch keine erlebt.
Jedenfalls erzählten wir noch eine Weile, bevor Anna wieder nach Hause aufbrach. Ich versprach, ihr eine Nachricht zu schreiben, wann wir zur Hochschule fahren würden. Ich brachte Anna nach unten und verabschiedete sie. Sie hatte noch immer meine Studienarbeithose an, die ich ihr ja geschenkt hatte.
Ich überlegte mir, Anna gleich morgen zu schreiben und mit ihr zur Hochschule zu fahren. Ich erfreute mich an ihrer ansteckenden Begeisterung.
Ich ging wieder nach oben in mein Zimmer, räumte die Puppen beiseite und legte meine Studienarbeit-Kleidungsstücke zusammen. Dabei entdeckte ich die dunkelrote Lackleder- Joggerhose, die Anna gehörte. Anna hatte sie an, als sie kam. Und nun, als sie ging und meine Lack-Jeans-Hose trug, hatte sie ihre andere Hose bei mir vergessen.
Ich hatte Lust, die Hose anzuprobieren. Anna war total von ihr begeistert und ich wollte gern erleben, was genau Anna so an dieser Hose gefiel. Ich nahm die dunkelrote Hose hoch und fühlte über das Material. Es fühlte sich riffelig und gleichzeitig weich an, es hatte einen leichten Glanz und innen einen ziemlich dicken Baumwollstoff. Am Bund und an den Beinenden waren Gummibündchen im Lackleder, oben war noch eine weiße Kordelschnur zum Zubinden eingezogen. Vorn hatte die Hose zwei unauffällige Einstecktaschen, die mit einem dezenten Reißverschluss verschlossen waren.
Ich fühlte über die Hose, drückte sie sacht in meinen Händen zusammen. Mir gefiel, wie dick und soft das Material war. Ich konnte verstehen, dass Anna diese Hose liebte. Sie war als Joggerhose geschnitten und sah mit Annas Hoodie oder unter einer Jacke wirklich gut aus.
Innen war der weiße Baumwollstoff schon etwas aufgerieben, das machte ihn noch kuscheliger und weicher.
Ich genoss das Gefühl, mir den Fingerspitzen außen über das riffelige Lackleder zu streichen. Es war noch nirgends zerkratzt, Anna hatte sich sicher immer sehr in Acht genommen in dieser Hose. Dann spürte ich aber eine Unebenheit - und entdeckte einen kleinen Brandfleck am Oberschenkel. Ein Loch war es noch nicht, aber eine kleine, schwarze, angeschmolzene Stelle. Wie von einer unbeabsichtigten Berührung mit einer glimmenden Zigarette. Ich wusste, dass Anna nicht rauchte, vielleicht war das ja noch von der Vorbesitzerin. Anna hatte diese tolle Hose ja bei UsedTex entdeckt und mitnehmen dürfen.
Abgesehen von diesem kleinen Brandfleck war das Lackmaterial immer noch tadellos. Nicht einmal am Po war sie durchgesessen. Ich streichelte über das softe Material und stellte mir dabei vor, was Anna so oft machte: sie hatte schon oft vor mir gestanden und die Beine im Stand bewegt, so als würde sie auf der Stelle gehen. Dabei hatten die Beininnensteiten aneinander gerieben und dieses markante Raschelgeräusch gemacht, das mir immer fast den Verstand raubte. Ich konnte nun so gut verstehen, wie sehr Anna diese Joggerhose mochte.
Als ich über die Knie strich, spürte ich, dass das Lackmaterial da nicht mehr riffelig, sondern plattgedrückt war. Außerdem konnte ich kleine Risse fühlen. Vielleicht war mit der Hose einmal auf den Knien gerutscht worden?
Von normalem Abstand konnte man das aber nicht sehen.
Ich verspürte in mir eine stetig wachsende Begeisterung für diese tolle Hose. Sie gehörte Anna, aber war ihr eigentlich noch zu groß. Ob ich Annas Hose vielleicht einmal anprobieren könnte?
Ich dehne den Gummibund und schätze, dass ich vielleicht hineinpassen würde. Dann riefen mich meine Eltern von der Unteretage und ich legte die Hose beiseite und ging die Treppe hinunter. Sie hatten zum Abendessen gerufen. Wenn ich während der vorlesungsfreien Zeit zuhause war, hatte verwöhnten sie mich mit „Vollpension“.
Während des Abendessens ging mir Annas tolle Knautschlack-Joggerhose nicht aus dem Kopf. Ob ich so eine auch für mich irgendwo finden würde? Neu sind diese msgm Markensachen extrem teuer, aber vielleicht gebraucht? Wiese sollte ich nicht auch einmal so viel Glück haben wie Anna?
Als ich dem Abendessen wieder hoch in mein Zimmer kam, sah ich Annas Hose liegen. Ich nahm sie hoch und fasste mir den Mut, sie einmal anzuprobieren. Ich schlüpfte vorsichtig in sie hinein und zog behutsam den Bund hoch. Anna war die Hose eigentlich etwas zu groß, aber für mich war sie leider ein wenig knapp. An den Beinen saß sie nicht so locker wie bei Anna, und ich musste meinen Bauch schmal machen, um die Hose hoch zu bekommen. Zum Glück ließ sie sich dennoch gut hochziehen und spannte nicht. Ich war sehr vorsichtig, um Annas Hose nicht zu beschädigen.
Als ich sie angezogen hatte, strich ich mit den Händen über das Lackleder und genoss das großartige Feeling. Die Hose saß etwas zu straff, aber nicht unbequem. Innen war der Stoff so herrlich soft, dass er kaum zu fühlen war. Und außen dieses herrlich riffelige Material. Ich bewegte meine Beine und vernahm dieses Raschelgeräusch, wenn die Beininnenseiten sich berührten. Anna wusste, dass es mich fast verrückt machte, wenn sie das tat. Aber dabei diese tolle Hose selbst an zu haben, war noch viel intensiver für mich. Ich strich mit den Händen über das Lackleder und genoss das unglaubliche Feeling. Ich beugte mich etwas, um mit den Händen das plattgedrückte und ein leicht aufgeschrabbte Lackleder an den Knien zu fühlen. Ich spürte, dass ich vorsichtig sein musste mit meinen Bewegungen, um Annas schöne Hose nicht zu überdehnen. Ich setzte mich vorsichtig auf das kleine Sofa in meinem Zimmer, um in meinem Kalender nachzusehen, was die nächsten Tage geplant war. Ich wollte ja mit Anna zur Hochschule fahren, und das würde sicher einen ganzen Nachmittag in Anspruch nehmen. Ich wollte Anna von Herzen gern diesen Gefallen tun, denn es lag ihr wirklich viel daran, die Latzhose-Arbeit meiner Mitstudentin vor der endgültigen Entsorgung noch zu erwischen. Ich stellte mit vor, wie Anna sich mit begeisterten Augen durch die Klamottenberge wühlt und mehr tolle Sachen findet, als sie tragen kann…
Plötzlich riss mich ein Ruf meiner Eltern aud den Gedanken. Sie baten mich, kurz nach unten zu kommen und endlich meine frisch gewaschene Wäsche nach oben zu holen. Ich versuchte schnell, Annas Hose auszuziehen, aber ich bekam sie in der Eile nicht über die Beckenknochen. Komisch, beim Anziehen war das doch auch kein Problem. Ich zog den Gummibund auseinander, aber es klappte nicht. Hätte ich mehr an der Hose gezogen, hätte ich sie vielleicht beschädigt. Also zog ich stattdessen schnell meinen langen Bademantel über, der reichte fast bis zum Boden. So ging ich die Treppe hinunter und nahm meine frisch gewaschenen Sachen aus dem Wäschekorb, der unten im Flur stand. Es war nur ein kleiner Stapel von Anziehsachen, den ich nun mit einem Arm gegen meinen Körper presste, um nichts zu verlieren. So stieg ich schließlich wieder die Treppe hinauf zu meinem Zimmer. Irgendwie muss ich dabei eine Stufe verfehlt haben. Ich rutschte mit einem Fuß eine Treppenstufe nach unten, konnte mich aber gut am Treppengeländer festhalten. Der Klamottenstapel, den ich festgehalten hatte, fiel zu Boddn und ich beugte mich reflexartig nach vorn, um ihn aufzufangen. Bei dieser schnellen Bewegung spürte ich, wie die Lacklederhose, die ich unter dem Bademantel trug, hinten riss. Ich erschrak mächtig, aber ließ mir nichts anmerken. Ich sammelte die Wäschestücke wieder ein, stieg die restlichen Stufen der Treppe hinauf und flüchtete mich in mein Zimmer. Ich schloss die Tür und legte vorsichtig den Bademantel ab, um zu sehen, was mit Annas Hose geschehen war. Sehen konnte ich nichts, aber als ich mit der Hand hinten über das Lackleder strich, ertastete ich an einer Seite einen Riss an der Hinterseite - im Hosenbein, direkt unterhalb des Pos. Ich erschrak fürchterlich, denn es war Annas geliebte Hose, die ich beschädigt hatte. Ich hatte Anna ja noch nicht einmal gefragt, ob sie anprobieren durfte. Ich hatte sie einfach angezogen in dem Glauben, Anna würde das nicht merken. Aber nun - wie sollte ich Anna das nur erklären?
Wieder versuchte ich, die Hose auszuziehen und den Bund über die Beckenknochen zu bekommen. Erst jetzt dachte ich daran, dass eine weiße Korden eingezogen war, und die hatte ich beim Anziehen zugebunden. Ich löste die Schleife und lockerte die Kordel. Nun ließ sich die Hose auch problemlos nach unten ziehen. Ich war extrem vorsichtig beim Ausziehen, denn ich wollte Annas Hose auf keinen Fall noch weiter beschädigen.
Als ich die Hose ausgezogen hatte, drehte ich sie mit der Po-Seite nach oben und besah mir die gerissene Stelle. Ein Riss quer durch die Beinrückseite klaffte auf. Das knautige Lackleder war aufgerissen und die dicken, weißen Baumwollfasern vom Unterstoff schienen durch. Wie könnte ich das Anna nur erklären? Es war unmöglich, diesen Riss zu verstecken. Wie konnte ich das bei Anna nur wieder gut machen?
Nach einer kurzen Phase der Ratlosigkeit entschloss ich mich, Anna gleich am Abend noch eine Nachricht zu schreiben und ihr alles zu berichten.
Ich schrieb ihr, dass sie ihre rote Lackleder-Joggerhose bei mir zurückgelassen hatte und dass ich die Hose so toll fand, dass ich sie unbedingt einmal anprobieren wollte. Anna solle mir dafür nicht böse sein. Ich schrieb ihr erst einmal nur das. Kurz darauf kam auch schon Annas Antwort. Sie schrieb, dass sie mir keineswegs böse sei. Ich sollte ihre Hose ruhig einmal anprobieren.
Danach schrieb ich Anna, dass mir beim Anprobieren unbeabsichtigt ein Riss in die Hose gekommen ist. Ich schrieb, dass die Hose noch immer gut tragbar war und ich es reparieren könnte. Diesmal kostete es mich mehr Mut, auf „Nachricht senden“ zu drücken.
Noch mehr Mut brauchte es, Annas Antwortnachricht zu öffnen. Ich schielte mit einem Auge aufs Handy und hoffte, Anna würde nicht zu ausrasten.
Ich war erleichtert, als ich Annas Nachricht las: sie schrieb, dass sie mir nicht so richtig böse sein könnte, weil ich ihr doch meine „Designer-Hose“ geschenkt hatte. Sie meinte die Lackhose-Jeans-Kombination. Sie schrieb mir, dass ihre Lackleder-Joggerhose hinten unter dem Po schon einen kleinen Riss im Leder hatte.
Vielleicht, grübelte ich, hatte sich genau dieser kleine Riss bei meiner hektischen Bewegung nur vergrößert?
Anna fragte mich, wann wir zu meiner Hochschule fahren würden, um in den Studenten-Arbeiten (alles Kleidungsstücke) suchen zu können. Bei dieser Gelegenheit könnte ich ihr die rote Lackleder-Jogger zurück geben und sie könnte sich den Riss anschauen.
Ich schrieb Anna zurück, dass wir gleich morgen fahren könnten. Ich hoffte, damit mein Malheur ein bisschen wiedergutmachen zu können.
Am nächsten Tag holte ich Anna mit meinem Polo ab. Ich gab ihr noch im Auto ihre rote Joggerhose mit dem Riss zurück. Anna schaute sie sich an und fühlte über das riffelige Material. „Wo ist sie denn kaputt?“, fragte Anna, und ich zeigte ihr die Stelle mit dem Riss - direkt unterhalb vom Po. Anna drehte die Hose mit der Po-Seite nach oben und fühlte nach dem Riss. „Oh!“, sagte Anna laut, als sie den Riss quer unter dem Po entdeckte, „Der geht ja übers ganze Bein!“. Ich blickte etwas beschämt nach unten. Anna hatte recht, ich hatte das Hosenbein hinten quer aufgerissen. Aber es war doch unbeabsichtigt! „Wenn du einverstanden bist, kann ich vin innen etwas unternähen, dann ist es nicht mehr zu sehen.“, bot ich Anna an. Anna winkte ab: „Erst mal sehen, vielleicht sieht das angezogen ganz cool aus.“ „Kannst du mir das irgendwie verzeihen, Anna?“, fragte ich und fuhr langsam los. Anna schaute zu mir hoch und meinte: „Mach dir nicht solche Gedanken! Die Hose ist wahrscheinlich an genau der Stelle gerissen, wo vorher schon ein Riss war. Auf der anderen Seite ist auch so eine dünne Stelle hinten.“
Anna tastete mit den Fingern im Inneren der Hose. „Hier, siehst du?“, sagte Anna, „An der anderen Seite war hinten auch ein kleiner Riss.“ Ich konnte im Straßenverkehr nur kurz auf das schauen, was Anna mir zigen wollte. Aber immerhin konnte ich sehen, dass Anna ihre Fingerkuppe durch einen kleinen Riss im anderen Hosenbein gesteckt hatte. „Diese kleinen Risse waren vorgweg schon drin?“, fragte ich Anna. „Ja, die waren schon, als ich die Hose bei UsedTex gefunden hatte.“, antwortete Anna, „Brauchst dir also keine Gedanken machen.“
Anna fühlte mit ihren Händen weiter im Inneren ihrer tollen dunkelroten Lackleder-Joggerhose, die sie auf ihrem Schoß liegen hatte. „Siehst du, hier ist auch noch ein Loch!“, sagte Anna. Ihre Fingerkuppe schaute durch einen kleinen Riss im Lackleder am Knie. Dass die Knie außen schon etwas abgreschrabbt waren, war mir aufgefallen. Aber das kleine Loch hatte ich nicht entdeckt. Anna testete aus, wie viele Finger sie durch das kleine Loch hindurchstecken konnte. Bei drei ihrer dünnen Fingerkuppen war Schluß. Dann stich sie wieder mit ihren Händen über das riffelige, rote Lackleder.
Als ich endlich den dichten Verkehr im Wohngebiet und in der Vorstadt verlassen hatte und es auf der Landstraße stetig vorwärts ging, konnte ich wieder häufiger zu Anna herüber schauen.
„Du hast die Hose bloß mal anprobiert?“, fragte sie und blickte mich freundlich an. „Ja, das tut mir leid. Ich weiß, ich hätte dich vorher fragen sollen.“, antwortete ich. „Ist nicht weiter schlimm. Von mit aus hast du sie ruhig mal anprobieren können. Und wie hat sie dir gepasst?“, fragte Anna. „Sie war mir leider etwas zu knapp.“, antwortete ich. „Wie hat sie sich für dich angefühlt, hat sie dir gefallen?“, fragte Anna weiter. „Das ist eine tolle Hose, fühlt sich irre gut an!“, sagte ich und musste mir Mühe geben, meine Begeisterung nicht zu sehr durchscheinen zu lassen. In wirklichkeit hätte ich mich in diese tolle Hose sofort verliebt, wenn sie nicht zu eng gewesen wäre. Anna ließ ihre Fingernägel über das riffelige Lackleder gleiten. Das machte eben jenes betörende Geräusch, das beim Reiben zwischen den Beinen entsteht. Ich hatte zu tun, beim Fahren meine Konzentration zu bewahren. Anna kratzte immer wieder sanft über das Lackleder und schaute mir währenddessen ins Gesicht. Mir schien, sie wusste genau, was sie da tat - uns es machte mich innerlich verrückt.
„Wenn sie dir passen würde, hätte ich sie dir gern ausgeborgt!“, sagte Anna lächelnd. Ich lächelte zurück und sagte: „Danke!“ Anna fragte weiter: „Möchtest du sie nicht noch einmal anprobieren?“ „Nein, Anna, am Ende mache ich sie dir noch weiter kaputt.“, sagte ich freundlich.
Währenddessen hatte Anna wieder ihre Finger in das kleine Loch am Knie gesteckt. „Kaputt? So hier?“, fragte Anna provokativ und zog mit winem kleinen Ruck ihre Finger auseinander. Mit einem hörbaren „Ratz“ entstand ein Riss quer durch das Knie. Ich erschrak, als Anna den Riss in ihre rote Lackleder-Joggerhose machte, und Anna schaute mich mit frechem Blick und weit offenen Augen an. Ich sah, wie sie mühevoll ihr Lachen zu verbergen versuchte, doch schließlich brach es aus ihr heraus: Anna lachte lauthals. Hatte es ihr etwa so viel Spaß bereitet, einen Riss in ihre geliebte Hose zu reißen?
„So ein Cut-Out am Knie passt doch gut!“, meinte Anna und sagte schließlich in meine Richtung: „Dass dir der Riss hinten an der Hose passiert ist, ist überhaupt nicht schlimm. Irgendwann hätte ich eh’ solche Cuts gerissen.“ Anna gringste mich an. „Siehst du?“, ergänzte Anna, und schon hörte ich wieder dieses Gerräusch von reißendem Kunstleder. Anna hatte am Oberschenkel vorn auch ein unscheinbares Loch im Material gerunden, durch das sie ihren schmalen Finger gesteckt hatte und mit ihm ruckartig durch das Material pflügte. Das Geräusch vom Reißen ging mir durch Mark und Bein. Ich hatte mir solche Sorgen gemacht, als ich Annas Hose aus Versehen beschädigt hatte - und nun fand Anna gerade ihre Lust daran, eben diese Lackleder-Joggerhose absichtlich mit Rissen zu versehen.
Schon wieder hörte ich dieses „Ratzzz“ und Anna hatte dem anderen Hosenbein auf Oberschenkelhöse einen weiteren Querschlitz hinzugefügt. Es war vielleicht der fünfte Schlitz, den Anna während dieser Autofahrt in ihre Hose gerissen hatte. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie diese Hose wohl angezogen aussehen mag. Bestimmt so ähnlich, wie eine Jeans mit vielen Rissen und Cut-Outs. An Anna würde das bestimmt sehr gut aussehen, dachte ich mir.
„Willst du die Hose komplett kaputt reißen, oder willst du sie noch anziehen?“, fragte ich Anna provokativ.
„Wer weiß? Jetzt, wo es gerade Spaß macht? Wie willst du mich denn aufhalten?“, antwortete Anna. „Ich will dich nicht aufhalten. Ich dachte nur, es wäre dir zu schade um deine schöne Hose.“, sagte ich. „Ja, ich will sie ja auch weiter anziehen.“, erwiderte Anna und lächtelte. Ich lächelte zurück und blickte dann wieder auf die Fahrbahn.
Es dauerte nicht mehr sehr lang und wir kamen am Hochschulgelände an. Die Gebäude für Textildesign und Kunst waren separat, etwas außerhalb der Stadt auf einem Hügel. Da Weihnachtsferien waren, konnte ich direkt vor dem Tor parken. Er war niemand da außer uns.
Anna und ich stiegen aus dem Auto und wir gingen an das große Wirtschaftstor. Es war, wie der gesamte Zaun auch, aus hohen Eisenstangen gemacht, die zum Überklettern viel zu hoch waren, aber durch die wir den kleinen Innenhof zwischen den Gebäuden gut einsehen konnten. Nicht weit vom Metallzaun entfernt standen die beiden Container, die ein bisschen aussahen wie übergroße Müll-Tonnen. Die Deckel waren offen und über der Öffnung türmten sich Kleidungstücke. Es gab keinen Zweifen, das wwaren die studentischen Arbeiten, die die meisten Studentinnen nach der Benotung einfach zurückgelassen hatten. Jemand muss sie eingesammelt und in diese Tonnen gestopft haben.
Unsere Arme waren nicht lang genug, um vom Tor aus nach den Tonnen greifen zu können. Also gingen wir um das Gelände herum zum normalen Eingang. Dort mussten wir feststellen, dass abgesperrt war. Das hätte ich mir denken können - ich ärgerte mich, dass ich meinen Studenten-Schließdongle nicht mitgenommen hatte.
Also gingen wir zurück zum Wirtschaftstor, wo die beiden Klamotten-Tonnen standen. Wir versuchten, einen Stock oder etzwas anderes Langes aufzutreigen, um die Container näher ans Tor zu ziehen. Wir konnten nichts finden, was lang genug war. Auch der Regenschirm, den ich immer im Auto hatte, war zu kurz. Da kam mir die Idee, das Abschleppseil aus dem Auto zu fischen und es über die Tonne zu werfen, mit der Hoffnung, dass wir die Tonnen so heranziehen konnten. Ich musste mehrmals werfen, bis das Abschleppseil schließlich wie eine Schlinge über die erste Tonne flog. Vorsichtig zogen wir damit die Tonne näher an den Metallzaun heran, zum Glück hatten die Tonnen Rollen. Es war schwerer als gedacht, aber schließlich hatten wir die erste Tonne so han an uns heran gezogen, dass wir den Inhalt zu fassen bekamen. Nun endlich kam die ersehnte Stunde der Wahrheit: Anna zog Kleidungsstück um Kleidungsstück heraus und begutachtete es. Ich war mir sicher, dass Sachen dabei sein würden, die Annas passen würden, denn wir hatten auch recht schmale Studentinnen bei uns.
Anna sah sich alles genau an. Einige Teile ließ sie gleich auf den Boden fallen, die waren bestimmt dafür bestimmt, wieder zurück in die Tonne zu kommen. Einige andere Teile zug Anna gar nicht erst ganz heraus aus der Tonne. Aber es war hin und wieder etwas dabei, was Anna zu gefallen schien: eine sehr girly-hafte blaue Latzi mit überkreuzten Trägern und kurzen Beinen - und mit eingenähten Leggings. Die Leggingsbeine glänzten leicht, das schien Anna zu gefallen. Anders als bei ihrer gebrauchten Glanzlegging, die sie schon durchgerieben gefunden hatte, waren es hier alles handgeschneiderte, gute Sachen.
Anna fand einen halblangen Rock aus einer Art Kroko-Kunstleder, der offensichtlich aus einer langen Hose gemacht worden war. Die langen Hosenbeine waren wohl abgeschnitten, die Hose im Schritt aufgetrennt und der „Rocksaum“ hinten und vorn gerade geschnitten worden. Ich staunte, dass auf diese weise ein Rock entstanden war, der fast bis zu den Knien reichte, also nicht nur ein viel zu knapper Behelfs-Minirock… Am Rocksaum waren noch Fasernzu sehen, so als wäre das Material gerissen worden. Das machte das Erscheinungsbild des Rockes noch spannender. Anna hatte wirklich ein gutes Auge für ausgefallene, aber tragbare Stücke. Sie hielt den Rock an ihren Körper und lächelte mich an: Ja, der könnte ihr tatsächlich passen.
Als Anna etwa fünf schöne Teile für sich gefunden hatte, fiel ihr Blickauf die andere Tonne. Auch ihr Deckel klaffte auf, weil sich ein Berg von Kleidungsstücken darunter auftürmte. Erst jetzt entdeckten wir, dass fast ganz oben auf die Arbeit mit der langen Latzhose lag, von der ich Anna erzählt hatte. Das Stück bestand eigentlich aus zwei Latzhosen, die auf sehr dekorative Weise ineinander genäht waren. Die äußere aus Stoff, die innere aus Kunstleder - so ähnlich wie bei Annas Kunstlederlatzi damals. Die Enden der Hosenbeine sahen deshalb aus, wie angestückelt und verlängert, aber tatsächlich war die innere Kunstlederlatzhose so eingenäht, dass ihre Beine unten zwei Finger breit herausschauen sollten. Diese unscheinbaren, blauen Beine hingen aus der Tonne heraus - und wir hatten erst jetzt entdeckt, dass unten sie Kunstlederhosenbeine herausschauten. Auf der anderen Seite der Tonne war ein Kleines Stück vom Brustlatz zu erkennen. Er war schräg umgeschlagen angenäht, so dass ein Stück vom Kunstlederlatz darunter hervorschien. Leider konnten wir davon nur den Rand erkennen, denn es lagen andere Kleidungsstücke darüber.
Ich bemerkte, wie Annas Blick auf diese „Desiger“-Latzi fixiert war und fischte mir mein Abschleppseil unter der Tonne hervor. Ich wollte versuchen, über die zweite Tonne - die mit der Latzi obenauf - das Seil zu werfen, um auch diese Tonne heranziehen zu können.
Plätzlich hörten wir ein Auto den Hügel herauffahren. Wir konnten es nicht sehen, weil die Auffahrt auf der anderen Seite den Grundstücks lag. Aber durch den Innenhof schallte es verräterisch. Also stopften wir schnell Annas gerettete Klamotten in mein Auto, ich schnappte mir mein Abschleppseil, und schon saßen wir im Auto und fuhren los. Wir konnten nur hoffen, dass der Fahrer des kommenden Autos auf der anderen Seite um das Hochschulgelände fahren würde.
Wir hatten Glück - und begegneten niemandem. Nicht auszudenken, wenn uns der andere begegenet wäre und mich vielleicht erkannt hätte…
Jedenfalls machten wir uns schleunigst auf den Heimweg. Wir dachten daran, dass die eine Tonne noch immer halb gepfündert am Metalltor stand und viele Klamotten einfach auf dem Boden lagen. Wir hatten ja keine Zeit gehabt, unsere Spuren wegzuräumen. Ändern konnten wir daran nun nichts mehr. Wer auch immer nach uns den Hügel zur Hochschule hochgefahren kam, muss unsere Hinterlassenschaft unweigerlich gesehen haben.
Während der gasamten Rückfahrt lag mir Anna bittend und schwärmend in den Ohren, doch bitte gleich am nächsten Tag wieder hin zu fahren und diesmal sollte ich unbedingt den Schließdongle mitnehmen, damit wir problemlos ins Gelände kämen. Anna wollte die geheimnisvolle Latzi unbedingt ansehen und mitnehmen. Ich litt mit Anna und konnte gut nachempfinden, was sie fühlte.
Ich überlegte, ob es wirklich klug sei, so bald noch einmal an den „Tatort“ zurück zu kehren. Aber Anna ließ nicht locker. Schließlich willigte ich ein, denn Anna tat mir so leid. Außerdem war ich auch selbst neugierig, ob Anna die Doppellayer-Latzi gefallen und passen würde.
Die nächsten drei Tage klappte es leider nicht mit dem Fahren, an den Tagen war einfach schon zu viel zu tun. Doch dann fanden wir einen Nachmittag, an dem wir zum zweiten mal die Fahrt zur Hochschule antraten.
Während der Fahrt schwärmte mir Anna von den Kleidungsstücken, die sie beim vergangenen Mal mitgenommen hatte. Sie fand sie alle unglaublich schön. Kaum zu glauben. dass sie sonst weggeworfen worden wären.
Die Fahrt verging wie im Flug. Wieder fuhren wir den Hügel hinauf zum Hochschulgelände. Diesmal parkte ich nicht wieder am Wirtschaftstor, sondern am normalen Personeneingang. Den Schließdongle hatte ich mit, und so gingen wir zwei durch das kleine Tor hinein. Ich hatte mir bereits eine gute Ausrede zurecht gelegt, falls uns jemand begegnen sollte. Es war eigentlich überhaupt nicht abwegig, während der freien Tage noch einmal in die Fachschaft zu gehen und die Studienunterlagen oder Material zu holen.
Wir gingen nicht ins Gebäude, sondern an dessen Außenseite vorbei bis in den kleinen Wirtschaftshof, wo vor ein paar Tagen die beiden Tonnen gestanden hatten. Doch die Tonnen standen nicht mehr in der Nähe des Tores, sondern an einem Nebeneingang des Gebäudes, neben einem grußen Stapel kaputter Holzstühle und zerlegter Holzpaletten. Auf dem erdboden davor waren neben Sägespänen auch Textilschnipsel und Faserreste verstreut. Hatte hier jemans Klamossen zerrissen? Wir ahnten schlimmes...
Wir schlichen über den Hof bis zu den Tonnen. Vorsichtig hob ich den Deckel der ersten Tonne an - die Tonne war leer! Nur ein paar Stoff- und Pappreste waren zu sehen. Anna schaute mich erschrocken an - sie dachte vermutlich das Gleiche. Wir schauten in die zweite Tonne, aber auch sie war leer. Nur Reste lagen noch auf dem Boden der Tonnen. Die studentischen Arbeiten - all diese Unikate - waren nicht mehr da.
„War hatten zu lange gewartet!“, sagte Anna entsetzt mit zitternder Stimme. Sie bekam weiche Knie - und ich litt mit ihr.
„Haben sie sie alle entsorgt?“, fragte Anna. „Wahrscheinlich. Oder vielleicht verheizt, unser Hausmeister macht das auch manchmal.“
„Die besondere Latzi, die ich so gern haben wollte, ist nun irgendwo mitten im Müll?“, schluchtze Anna, „Und dann in die Müllverbrennung?“ Ihr standen Tränen in den Augen.
Vorsichtig probierte Anna, die Tür zu öffnen, neben der die Tonnen standen. Ich wusste nicht genau, wohin die alte Metalltür führen würde - vielleicht in eine Werkstatt des Hausmeisters oder vielleicht in den Heizraum? Anna klinkte und zog an der alten Metalltür, aber sie war verschlossen und rührte sich nicht. „Was willst du da drin?“, ragte ich Anna. „Nachsehen, ob die Sachen dort drinnen liegen, vielleicht sind sie ja noch nicht weg?“, schluchzte Anna. „Da kommen wir nicht rein. Komm mit, Anna, lass uns heimfahren.“, sagte ich traurig zu ihr.
Wortlos und mit traurigem Blick kam Anna mir hinterher und stieg in meinen Polo. Wir fuhren den Hügel hinunter und sagten nichts. Anna schaute traurig, und ich konnte sie nicht aus ihrem trüben Gedanken erlösen.
Die Rückfahrt mit dem Auto fühlte sich endlos an. Ich setzte Anna an ihrem Haus ab und überlegte, wie ich sie wieder fröhlich stimmen könnte. Da kam mir die Idee: „Wollen wir morgen in den Erlengrund auf die Halde?“, fragte ich Anna. Annas Blick hellte sich auf. „Morgen, ja?“, fragte sie. Ich versprach, sie abzuholen. Endlich blickte Anna wieder halbwegs fröhlich. Sie ging zu ihrem Haus, drehte sich kurz um und winkte mir. Ich winkte zurück - und Anna lächelte. Ich fuhr nach Hause und war schon voller Spannung, was uns am nächsten Tag auf der Müllhalde Erlengrund erwarten würde.
Am nächsten Tag schrieb mir Anna schon sehr früh eine Nachricht aufs Handy. Sie freute sich so, mit mir zum Erlengrund zu fahren…
Bald gehts zum Erlengrund, hoffentlich entdecken wie schöne Schätzchen für uns...
Im Herbst, bevor mein Wintersemester im Textildesign-Studium wieder begann, war ich Anna ja öfters begegnet. Wir hatten sogar einen ziemlich unvergesslichen Abend am Lagerfeuer, bei dem Anna ihre geliebte Kunstlederlatzi, die sie seit vielen Jahren begleitet hatte, auf ewig verabschiedet hatte. Dafür hatte Anna überraschend Tias schwarze Echtleder-Hotpants bekommen, in die sie so vernarrt war.
Während des Studiensemesters hatte ich nicht viele Gelegenheiten, nach Hause zu fahren. Erst zum Beginn der Weihnachtspause konnte ich Anna wieder treffen - und darauf hatte ich mich die ganze Zeit schon gefreut.
Im Herbst standen bei mir im Studium viele Projektarbeiten an. In fast allen Arbeiten ging es darum, aus mehreren vorhandenen Kleidungsstücken und deren verschiedenen Materialen ein neues zu entwerfen und zu nähen.
In unserer Textil-Design Fachschaft waren zuerst die Computer dicht umlagert wegen der Designprogramme, dann war hektisches Schaffen, Schneidern und Nähen angesagt.
Ich hatte acht Arbeiten zu entwerfen und abzugeben. Ich entwart unter anderem einen Overal, bei dem ich die verschiedenen vorgegebenen Materialien so einsetzte, dass es aussah, als wäre es eine Latzhose.
In einer anderen Arbeit verwendete ich eine klassische Damenlederjacke und eine Bluse aus sehr feinem, halbtransparenten Stoff. Der Lederjacke schnitt ich die Arme und den Bund ab und dekorierte sie mit Spikes und Nieten. So wurde aus der biederen Jacke eine heiße Lederweste mit ausgefranzten Säumen. Darunter nähte ich die langen Arme der Bluse. Dieser Materialmix hatte es wirklich in sich. Die rockige Lederweste im Kontrast zu den zarten, halbtransparenten Ärmeln. Wie gegensätzlich wie Schneewittchen auf Biker-Ausflug. Mit dieser Arbeit holte ich mir übrigens eine sehr gute Bewertung…
Mein persönlicher Favorit aus den Arbeiten war eine lange Damenhose unter dem Thema „Understatement“. Zu den vorgegebenen Kleidungsstücken zählte eine ausgeblichene, abgewetzte Jeans und eine schwarze Lacklederhose. Ich trennte beide auf und kombinierte sie so, dass die neue Hose von vorn aus schwarzem Lackleder und von hinten aus dem hellen Jeansstoff war. Die Hinterseite versah ich mit ein paar heißen Cuts, die Vorderseite mit Querrissen an den Knien. Ich fügte die beiden Hosenhälften nicht einfach an den vorgegebenen Seitennähten an den Beinaußenseiten zusammen, sondern ließ es aussehen, als sei die Lackhosen-Vorderseite auf die Jeans aufgenäht. Was entstand, war ein absolutes Unikat von Hose. Von vorn absolut partytauglich, von hinten casual und unaufgeregt - understatement eben. Für die Arbeiten waren imer auch Größen vorgegeben, leider fast immer viel zu klein, als dass ich sie hätte selbst einmal tragen können.
Kurz vor Weihnachten bekamen wir unsere Arbeiten mit Bewertung zurück. Ich hatte durchweg gute bis sehr gute Benotungen bekommen, was mich sehr freute. Unsere designten Kleidungsstücke durften wir mit nach Hause nehmen. Nicht alle Mitstudentinnen waren mit ihrer Benotung zufrieden, viele von ihnen ließen ihre Stücke in der Fachschaft einfach zurück.
Ich nahm zwar meine Stücke für die Weihnachtsferien mit nach Hause, aber wegen der viel zu knappen Maße passte mir kaum eines. Ich hatte sie alle mit Liebe hergestellt und sie waren viel zu schade, um nur in Kisten oder im Schrank zu liegen.
Da kam mir der Gedanke, einige Anna zu zeigen. Zumindest die Arbeiten mit kleiner Größe könnten ihr passen.
Zuhause schrieb ich Anna eine Nachricht und fragte sie, ob sie Lust hätte zu mir zu kommen, um ein paar Unikate anzusehen und vielleicht anzuprobieren. Anna hatte es ja nicht weit, sie wohnte im gleichen Wohngebiet. Es dauerte nicht lang und Anna sagte zu, sie war schon sehr gespannt, schrieb sie mir zurück. Weil es nur wenige Tage vor Weihnachten war, trafen wir uns schon bald. Anna stand plötzlich vor der Tür, in ihrer dunkelroten msgm-Lackleder-Joggerhose und mit einem hellen Hoodie darüber. Anna kam mit hoch in mein Zimmer, das nun aussah wie ein Klamottenladen. Ich hatte einige meiner Stücke den Puppen angezogen, die ich sonst fürs Studium nutzte. Anna blieb der Mund offen stehen, als sie das alles sah. Ich zeigte ihr, welche Stücke ihr vielleicht passen könnten. Als ich sie fragte, ob sie sie mal anprobieren möchte, war sie vor Freude fast außer sich.
Ich legte Anna die „Understatement“-Hose hin, die von hinten eine hübsch abgerockte Jeans, von vorn aber ein Blickfang von Lackhose war. Sie war schmal genug, um für Annas Größe gut zu passen. Als ich sah, dass Anna sie gern anprobieren wollte, verließ ich das Zimmer und ging kurz zur Küche hinunter. Als ich zurückkam stand Anna vor mir und mir blieb vor Staunen der Atem weg. In dieser langen, schmalen, schwarzen Lackhose und mit ihrem casual wirkenden Hoody darüber sah Anna wirklich umwerfernd aus. Anna drehte sich langsam, so dass ich auch ihre Rückseite zu sehen bekam. Von hinten machte ihr das Outfit einen komplett anderen, viel unauffälligeren Look. Anna drehte sich weiter, bis ich sie wieder von vorn sehen konnte. Ihr lächelndes Gesicht zeigte unmissverständlich, dass sich Anna in diesem Outfit sehr wohl fühlte.
Anna klatschte sich mit ihren Händen auf die Oberschenkel aus Lackleder und dann auf den Jeansstoff-Po. Offensichtlich war Anna von diesem hörbaren Unterschied so überrascht, dass sie diesen Vergleich mehrere Male wiederholte. Dann schaute sie mich mit tiefen Augen an. So intensiv hatte ich das noch nie erlebt und ich musste mich gefühlsmäßig sehr zusammenreißen.
Ich wollte Anna natürlich zuvorkommen und fragte sie, ob sie diese Hose gern behalten möchte. Anna lächelte, hüpfte und fiel mir um den Hals. Ich muss sagen, ich hatte mich noch nie so mit Anna gefreut.
„Darf ich sie noch ein bisschen anbehalten?“, fragte Anna. Ich nickte, und wir setzten uns auf das kleine Sofa in meinem Zimmer. Anna strich immer wieder mit ihren Händen über die lackschwarze Vorderseite ihrer Oberschenkel. „Gefällt sie dir? Diese Hose gibts nur 1 mal!“, fragte ich, und noch ehe ich ausgesprochen hatte, hüpfte Anna hoch und sagte: „Ja na klar, die Hose ist ja so toll!“
Anna musterte mit ihren Augen auch meine anderen Stücke. Eigentlich waren sie alle viel zu groß für sie.
„Hat jede bei euch so viele Sachen genäht?“, fragte Anna. Ich antwortete: „Ja, jede musste 8 Stücke als Aufgaben einreichen.“ „Also hat jede Studentin nun solche Designerstücke zu Hause?“, fragte Anna. „Nein,“ sagte ich: „einige haben sie einfach in der Hochschule zurückgelassen, weil sie sie nicht mehr möchten.“ „Was geschieht dort mit den schönen Sachen?“, fragte Anna weiter. „Nichts. Wahrscheinlich räumt sie jemand weg und sie werden dann entsorgt.“, antwortete ich nachdenklich. „Entsorgt?“, rief Anna erschrocken: „In den Müll etwa?“ Ich nickte und sagte: „Wahrscheinlich sind sie schon im Müll. Hinter unserem Fachschaftsgebäude stehen meistens Müllcontainer, weil bei uns ja immer viele Schnittabfälle entstehen.“
„Och, die schönen Sachen! Wo kommen die dann hin?“, bohrte Anna aufgewühlt weiter. „Vielelicht werden sie bei uns mit verheizt? Oder einfach nur entsorgt? Ich weiß es nicht.“, antwortete ich.
Anna machte der Gedanke, dass solche Einzelstücke vielleicht in die Heizung kamen, sichtlich unruhig. Sie fragte, was die anderen Mitstudentinnen genäht hatten. Ich erzählte ihr von einigen schönen Stücken, die ich noch in Erinnerung hatte. Dann fiel mein Blick auf meine Latzhosen-Overall-Arbeit, die ich ja auch mit nach Hause gebracht hatte. Das erinnerte mich an eine Arbeit, die mir aufgefallen war: „Eine Studentin hatte eine ähnliche Idee wie ich mit der Latzhose. Sie hatte eine Kunstleder- und eine Jeanslatzhose aus Material und sie kam auf die geniale Idee, die Kunstlederlatzi unter die Jeans-Latzi zu nähen. Nur von vorn konnte man sehen, dass unter dem halb heruntergelassenen Jeans-Latz noch ein Kunstlederlatz war. Zwei Latzis übereinander, das kann doch so nicht richtig sein!? Das war mein ersten Gedanke, und das war wohl genau das, was bezweckt war. Ich musste immer wieder zu ihrer Arbeit hinschauen. Die Kunstlederlatzi innen erinnerte mich ständig an meine rote Knautschlacklatzi, die ich ja einmal besaß und die ich so innig geliebt hatte.“
Anna folgte gebannt meinen Worten. „Wir müssen da unbedingt hin, bevor alle Sachen weg sind!“, sagte Anna aufgeregt: „Vielleicht ist ja auch diese Latzi noch da! Die möchte ich so gerne haben, bevor sie weggeworfen wird. Ich möchte probieren, ob sie mir passt.“
Ich versprach Anna, so bald wie möglich mit ihr zu meiner Hochschule zu fahren, um zu sehen, ob noch etwas zu ergattern ist. Eigentlich hatte ich keine Lust, während der Weihnachtsferien noch einmsl dahin zu fahren, aber Anna zuliebe wollte ich das tun.
Ich freute mich jedenfalls, dass Anna meine Lack-und Jeans-Hose sehr gefiel und sie sie gern haben wollte.
Wir saßen noch den ganzen Nachmittag auf dem kleinen Sofa in meinem Zimmer und erzählten. Anna löcherte mich zu dem Kleidungsstücken, die die anderen Studentinnen angefertigt hatten. Sie war sehr interessiert und ich musste jedes Detail efzähen, an das ich mich erinnern konnte. Mir wurde immer mehr klar, wie wichtig es für Anna war, dass wir die Stücke auf dem Hochschulgelände noch vorfinden, bevor sie tatsächlich entsorgt oder gar verheizt waren. „Wir fahren morgen oder übermorgen hoch zur Hochschule, auf jeden Fall noch vor Weinhachten!“, versprach ich Anna und konnte sehen, wie sich ihr besorgtes Gesicht aufhellte. „Und zum Erlengrund?“, fragte Anna. „Ja, zur Halde im Erlengrund fahren wir auch zusammen!“, versprach ich ihr weiter. So Klamottenbesessen wie Anna hatte ich noch keine erlebt.
Jedenfalls erzählten wir noch eine Weile, bevor Anna wieder nach Hause aufbrach. Ich versprach, ihr eine Nachricht zu schreiben, wann wir zur Hochschule fahren würden. Ich brachte Anna nach unten und verabschiedete sie. Sie hatte noch immer meine Studienarbeithose an, die ich ihr ja geschenkt hatte.
Ich überlegte mir, Anna gleich morgen zu schreiben und mit ihr zur Hochschule zu fahren. Ich erfreute mich an ihrer ansteckenden Begeisterung.
Ich ging wieder nach oben in mein Zimmer, räumte die Puppen beiseite und legte meine Studienarbeit-Kleidungsstücke zusammen. Dabei entdeckte ich die dunkelrote Lackleder- Joggerhose, die Anna gehörte. Anna hatte sie an, als sie kam. Und nun, als sie ging und meine Lack-Jeans-Hose trug, hatte sie ihre andere Hose bei mir vergessen.
Ich hatte Lust, die Hose anzuprobieren. Anna war total von ihr begeistert und ich wollte gern erleben, was genau Anna so an dieser Hose gefiel. Ich nahm die dunkelrote Hose hoch und fühlte über das Material. Es fühlte sich riffelig und gleichzeitig weich an, es hatte einen leichten Glanz und innen einen ziemlich dicken Baumwollstoff. Am Bund und an den Beinenden waren Gummibündchen im Lackleder, oben war noch eine weiße Kordelschnur zum Zubinden eingezogen. Vorn hatte die Hose zwei unauffällige Einstecktaschen, die mit einem dezenten Reißverschluss verschlossen waren.
Ich fühlte über die Hose, drückte sie sacht in meinen Händen zusammen. Mir gefiel, wie dick und soft das Material war. Ich konnte verstehen, dass Anna diese Hose liebte. Sie war als Joggerhose geschnitten und sah mit Annas Hoodie oder unter einer Jacke wirklich gut aus.
Innen war der weiße Baumwollstoff schon etwas aufgerieben, das machte ihn noch kuscheliger und weicher.
Ich genoss das Gefühl, mir den Fingerspitzen außen über das riffelige Lackleder zu streichen. Es war noch nirgends zerkratzt, Anna hatte sich sicher immer sehr in Acht genommen in dieser Hose. Dann spürte ich aber eine Unebenheit - und entdeckte einen kleinen Brandfleck am Oberschenkel. Ein Loch war es noch nicht, aber eine kleine, schwarze, angeschmolzene Stelle. Wie von einer unbeabsichtigten Berührung mit einer glimmenden Zigarette. Ich wusste, dass Anna nicht rauchte, vielleicht war das ja noch von der Vorbesitzerin. Anna hatte diese tolle Hose ja bei UsedTex entdeckt und mitnehmen dürfen.
Abgesehen von diesem kleinen Brandfleck war das Lackmaterial immer noch tadellos. Nicht einmal am Po war sie durchgesessen. Ich streichelte über das softe Material und stellte mir dabei vor, was Anna so oft machte: sie hatte schon oft vor mir gestanden und die Beine im Stand bewegt, so als würde sie auf der Stelle gehen. Dabei hatten die Beininnensteiten aneinander gerieben und dieses markante Raschelgeräusch gemacht, das mir immer fast den Verstand raubte. Ich konnte nun so gut verstehen, wie sehr Anna diese Joggerhose mochte.
Als ich über die Knie strich, spürte ich, dass das Lackmaterial da nicht mehr riffelig, sondern plattgedrückt war. Außerdem konnte ich kleine Risse fühlen. Vielleicht war mit der Hose einmal auf den Knien gerutscht worden?
Von normalem Abstand konnte man das aber nicht sehen.
Ich verspürte in mir eine stetig wachsende Begeisterung für diese tolle Hose. Sie gehörte Anna, aber war ihr eigentlich noch zu groß. Ob ich Annas Hose vielleicht einmal anprobieren könnte?
Ich dehne den Gummibund und schätze, dass ich vielleicht hineinpassen würde. Dann riefen mich meine Eltern von der Unteretage und ich legte die Hose beiseite und ging die Treppe hinunter. Sie hatten zum Abendessen gerufen. Wenn ich während der vorlesungsfreien Zeit zuhause war, hatte verwöhnten sie mich mit „Vollpension“.
Während des Abendessens ging mir Annas tolle Knautschlack-Joggerhose nicht aus dem Kopf. Ob ich so eine auch für mich irgendwo finden würde? Neu sind diese msgm Markensachen extrem teuer, aber vielleicht gebraucht? Wiese sollte ich nicht auch einmal so viel Glück haben wie Anna?
Als ich dem Abendessen wieder hoch in mein Zimmer kam, sah ich Annas Hose liegen. Ich nahm sie hoch und fasste mir den Mut, sie einmal anzuprobieren. Ich schlüpfte vorsichtig in sie hinein und zog behutsam den Bund hoch. Anna war die Hose eigentlich etwas zu groß, aber für mich war sie leider ein wenig knapp. An den Beinen saß sie nicht so locker wie bei Anna, und ich musste meinen Bauch schmal machen, um die Hose hoch zu bekommen. Zum Glück ließ sie sich dennoch gut hochziehen und spannte nicht. Ich war sehr vorsichtig, um Annas Hose nicht zu beschädigen.
Als ich sie angezogen hatte, strich ich mit den Händen über das Lackleder und genoss das großartige Feeling. Die Hose saß etwas zu straff, aber nicht unbequem. Innen war der Stoff so herrlich soft, dass er kaum zu fühlen war. Und außen dieses herrlich riffelige Material. Ich bewegte meine Beine und vernahm dieses Raschelgeräusch, wenn die Beininnenseiten sich berührten. Anna wusste, dass es mich fast verrückt machte, wenn sie das tat. Aber dabei diese tolle Hose selbst an zu haben, war noch viel intensiver für mich. Ich strich mit den Händen über das Lackleder und genoss das unglaubliche Feeling. Ich beugte mich etwas, um mit den Händen das plattgedrückte und ein leicht aufgeschrabbte Lackleder an den Knien zu fühlen. Ich spürte, dass ich vorsichtig sein musste mit meinen Bewegungen, um Annas schöne Hose nicht zu überdehnen. Ich setzte mich vorsichtig auf das kleine Sofa in meinem Zimmer, um in meinem Kalender nachzusehen, was die nächsten Tage geplant war. Ich wollte ja mit Anna zur Hochschule fahren, und das würde sicher einen ganzen Nachmittag in Anspruch nehmen. Ich wollte Anna von Herzen gern diesen Gefallen tun, denn es lag ihr wirklich viel daran, die Latzhose-Arbeit meiner Mitstudentin vor der endgültigen Entsorgung noch zu erwischen. Ich stellte mit vor, wie Anna sich mit begeisterten Augen durch die Klamottenberge wühlt und mehr tolle Sachen findet, als sie tragen kann…
Plötzlich riss mich ein Ruf meiner Eltern aud den Gedanken. Sie baten mich, kurz nach unten zu kommen und endlich meine frisch gewaschene Wäsche nach oben zu holen. Ich versuchte schnell, Annas Hose auszuziehen, aber ich bekam sie in der Eile nicht über die Beckenknochen. Komisch, beim Anziehen war das doch auch kein Problem. Ich zog den Gummibund auseinander, aber es klappte nicht. Hätte ich mehr an der Hose gezogen, hätte ich sie vielleicht beschädigt. Also zog ich stattdessen schnell meinen langen Bademantel über, der reichte fast bis zum Boden. So ging ich die Treppe hinunter und nahm meine frisch gewaschenen Sachen aus dem Wäschekorb, der unten im Flur stand. Es war nur ein kleiner Stapel von Anziehsachen, den ich nun mit einem Arm gegen meinen Körper presste, um nichts zu verlieren. So stieg ich schließlich wieder die Treppe hinauf zu meinem Zimmer. Irgendwie muss ich dabei eine Stufe verfehlt haben. Ich rutschte mit einem Fuß eine Treppenstufe nach unten, konnte mich aber gut am Treppengeländer festhalten. Der Klamottenstapel, den ich festgehalten hatte, fiel zu Boddn und ich beugte mich reflexartig nach vorn, um ihn aufzufangen. Bei dieser schnellen Bewegung spürte ich, wie die Lacklederhose, die ich unter dem Bademantel trug, hinten riss. Ich erschrak mächtig, aber ließ mir nichts anmerken. Ich sammelte die Wäschestücke wieder ein, stieg die restlichen Stufen der Treppe hinauf und flüchtete mich in mein Zimmer. Ich schloss die Tür und legte vorsichtig den Bademantel ab, um zu sehen, was mit Annas Hose geschehen war. Sehen konnte ich nichts, aber als ich mit der Hand hinten über das Lackleder strich, ertastete ich an einer Seite einen Riss an der Hinterseite - im Hosenbein, direkt unterhalb des Pos. Ich erschrak fürchterlich, denn es war Annas geliebte Hose, die ich beschädigt hatte. Ich hatte Anna ja noch nicht einmal gefragt, ob sie anprobieren durfte. Ich hatte sie einfach angezogen in dem Glauben, Anna würde das nicht merken. Aber nun - wie sollte ich Anna das nur erklären?
Wieder versuchte ich, die Hose auszuziehen und den Bund über die Beckenknochen zu bekommen. Erst jetzt dachte ich daran, dass eine weiße Korden eingezogen war, und die hatte ich beim Anziehen zugebunden. Ich löste die Schleife und lockerte die Kordel. Nun ließ sich die Hose auch problemlos nach unten ziehen. Ich war extrem vorsichtig beim Ausziehen, denn ich wollte Annas Hose auf keinen Fall noch weiter beschädigen.
Als ich die Hose ausgezogen hatte, drehte ich sie mit der Po-Seite nach oben und besah mir die gerissene Stelle. Ein Riss quer durch die Beinrückseite klaffte auf. Das knautige Lackleder war aufgerissen und die dicken, weißen Baumwollfasern vom Unterstoff schienen durch. Wie könnte ich das Anna nur erklären? Es war unmöglich, diesen Riss zu verstecken. Wie konnte ich das bei Anna nur wieder gut machen?
Nach einer kurzen Phase der Ratlosigkeit entschloss ich mich, Anna gleich am Abend noch eine Nachricht zu schreiben und ihr alles zu berichten.
Ich schrieb ihr, dass sie ihre rote Lackleder-Joggerhose bei mir zurückgelassen hatte und dass ich die Hose so toll fand, dass ich sie unbedingt einmal anprobieren wollte. Anna solle mir dafür nicht böse sein. Ich schrieb ihr erst einmal nur das. Kurz darauf kam auch schon Annas Antwort. Sie schrieb, dass sie mir keineswegs böse sei. Ich sollte ihre Hose ruhig einmal anprobieren.
Danach schrieb ich Anna, dass mir beim Anprobieren unbeabsichtigt ein Riss in die Hose gekommen ist. Ich schrieb, dass die Hose noch immer gut tragbar war und ich es reparieren könnte. Diesmal kostete es mich mehr Mut, auf „Nachricht senden“ zu drücken.
Noch mehr Mut brauchte es, Annas Antwortnachricht zu öffnen. Ich schielte mit einem Auge aufs Handy und hoffte, Anna würde nicht zu ausrasten.
Ich war erleichtert, als ich Annas Nachricht las: sie schrieb, dass sie mir nicht so richtig böse sein könnte, weil ich ihr doch meine „Designer-Hose“ geschenkt hatte. Sie meinte die Lackhose-Jeans-Kombination. Sie schrieb mir, dass ihre Lackleder-Joggerhose hinten unter dem Po schon einen kleinen Riss im Leder hatte.
Vielleicht, grübelte ich, hatte sich genau dieser kleine Riss bei meiner hektischen Bewegung nur vergrößert?
Anna fragte mich, wann wir zu meiner Hochschule fahren würden, um in den Studenten-Arbeiten (alles Kleidungsstücke) suchen zu können. Bei dieser Gelegenheit könnte ich ihr die rote Lackleder-Jogger zurück geben und sie könnte sich den Riss anschauen.
Ich schrieb Anna zurück, dass wir gleich morgen fahren könnten. Ich hoffte, damit mein Malheur ein bisschen wiedergutmachen zu können.
Am nächsten Tag holte ich Anna mit meinem Polo ab. Ich gab ihr noch im Auto ihre rote Joggerhose mit dem Riss zurück. Anna schaute sie sich an und fühlte über das riffelige Material. „Wo ist sie denn kaputt?“, fragte Anna, und ich zeigte ihr die Stelle mit dem Riss - direkt unterhalb vom Po. Anna drehte die Hose mit der Po-Seite nach oben und fühlte nach dem Riss. „Oh!“, sagte Anna laut, als sie den Riss quer unter dem Po entdeckte, „Der geht ja übers ganze Bein!“. Ich blickte etwas beschämt nach unten. Anna hatte recht, ich hatte das Hosenbein hinten quer aufgerissen. Aber es war doch unbeabsichtigt! „Wenn du einverstanden bist, kann ich vin innen etwas unternähen, dann ist es nicht mehr zu sehen.“, bot ich Anna an. Anna winkte ab: „Erst mal sehen, vielleicht sieht das angezogen ganz cool aus.“ „Kannst du mir das irgendwie verzeihen, Anna?“, fragte ich und fuhr langsam los. Anna schaute zu mir hoch und meinte: „Mach dir nicht solche Gedanken! Die Hose ist wahrscheinlich an genau der Stelle gerissen, wo vorher schon ein Riss war. Auf der anderen Seite ist auch so eine dünne Stelle hinten.“
Anna tastete mit den Fingern im Inneren der Hose. „Hier, siehst du?“, sagte Anna, „An der anderen Seite war hinten auch ein kleiner Riss.“ Ich konnte im Straßenverkehr nur kurz auf das schauen, was Anna mir zigen wollte. Aber immerhin konnte ich sehen, dass Anna ihre Fingerkuppe durch einen kleinen Riss im anderen Hosenbein gesteckt hatte. „Diese kleinen Risse waren vorgweg schon drin?“, fragte ich Anna. „Ja, die waren schon, als ich die Hose bei UsedTex gefunden hatte.“, antwortete Anna, „Brauchst dir also keine Gedanken machen.“
Anna fühlte mit ihren Händen weiter im Inneren ihrer tollen dunkelroten Lackleder-Joggerhose, die sie auf ihrem Schoß liegen hatte. „Siehst du, hier ist auch noch ein Loch!“, sagte Anna. Ihre Fingerkuppe schaute durch einen kleinen Riss im Lackleder am Knie. Dass die Knie außen schon etwas abgreschrabbt waren, war mir aufgefallen. Aber das kleine Loch hatte ich nicht entdeckt. Anna testete aus, wie viele Finger sie durch das kleine Loch hindurchstecken konnte. Bei drei ihrer dünnen Fingerkuppen war Schluß. Dann stich sie wieder mit ihren Händen über das riffelige, rote Lackleder.
Als ich endlich den dichten Verkehr im Wohngebiet und in der Vorstadt verlassen hatte und es auf der Landstraße stetig vorwärts ging, konnte ich wieder häufiger zu Anna herüber schauen.
„Du hast die Hose bloß mal anprobiert?“, fragte sie und blickte mich freundlich an. „Ja, das tut mir leid. Ich weiß, ich hätte dich vorher fragen sollen.“, antwortete ich. „Ist nicht weiter schlimm. Von mit aus hast du sie ruhig mal anprobieren können. Und wie hat sie dir gepasst?“, fragte Anna. „Sie war mir leider etwas zu knapp.“, antwortete ich. „Wie hat sie sich für dich angefühlt, hat sie dir gefallen?“, fragte Anna weiter. „Das ist eine tolle Hose, fühlt sich irre gut an!“, sagte ich und musste mir Mühe geben, meine Begeisterung nicht zu sehr durchscheinen zu lassen. In wirklichkeit hätte ich mich in diese tolle Hose sofort verliebt, wenn sie nicht zu eng gewesen wäre. Anna ließ ihre Fingernägel über das riffelige Lackleder gleiten. Das machte eben jenes betörende Geräusch, das beim Reiben zwischen den Beinen entsteht. Ich hatte zu tun, beim Fahren meine Konzentration zu bewahren. Anna kratzte immer wieder sanft über das Lackleder und schaute mir währenddessen ins Gesicht. Mir schien, sie wusste genau, was sie da tat - uns es machte mich innerlich verrückt.
„Wenn sie dir passen würde, hätte ich sie dir gern ausgeborgt!“, sagte Anna lächelnd. Ich lächelte zurück und sagte: „Danke!“ Anna fragte weiter: „Möchtest du sie nicht noch einmal anprobieren?“ „Nein, Anna, am Ende mache ich sie dir noch weiter kaputt.“, sagte ich freundlich.
Währenddessen hatte Anna wieder ihre Finger in das kleine Loch am Knie gesteckt. „Kaputt? So hier?“, fragte Anna provokativ und zog mit winem kleinen Ruck ihre Finger auseinander. Mit einem hörbaren „Ratz“ entstand ein Riss quer durch das Knie. Ich erschrak, als Anna den Riss in ihre rote Lackleder-Joggerhose machte, und Anna schaute mich mit frechem Blick und weit offenen Augen an. Ich sah, wie sie mühevoll ihr Lachen zu verbergen versuchte, doch schließlich brach es aus ihr heraus: Anna lachte lauthals. Hatte es ihr etwa so viel Spaß bereitet, einen Riss in ihre geliebte Hose zu reißen?
„So ein Cut-Out am Knie passt doch gut!“, meinte Anna und sagte schließlich in meine Richtung: „Dass dir der Riss hinten an der Hose passiert ist, ist überhaupt nicht schlimm. Irgendwann hätte ich eh’ solche Cuts gerissen.“ Anna gringste mich an. „Siehst du?“, ergänzte Anna, und schon hörte ich wieder dieses Gerräusch von reißendem Kunstleder. Anna hatte am Oberschenkel vorn auch ein unscheinbares Loch im Material gerunden, durch das sie ihren schmalen Finger gesteckt hatte und mit ihm ruckartig durch das Material pflügte. Das Geräusch vom Reißen ging mir durch Mark und Bein. Ich hatte mir solche Sorgen gemacht, als ich Annas Hose aus Versehen beschädigt hatte - und nun fand Anna gerade ihre Lust daran, eben diese Lackleder-Joggerhose absichtlich mit Rissen zu versehen.
Schon wieder hörte ich dieses „Ratzzz“ und Anna hatte dem anderen Hosenbein auf Oberschenkelhöse einen weiteren Querschlitz hinzugefügt. Es war vielleicht der fünfte Schlitz, den Anna während dieser Autofahrt in ihre Hose gerissen hatte. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie diese Hose wohl angezogen aussehen mag. Bestimmt so ähnlich, wie eine Jeans mit vielen Rissen und Cut-Outs. An Anna würde das bestimmt sehr gut aussehen, dachte ich mir.
„Willst du die Hose komplett kaputt reißen, oder willst du sie noch anziehen?“, fragte ich Anna provokativ.
„Wer weiß? Jetzt, wo es gerade Spaß macht? Wie willst du mich denn aufhalten?“, antwortete Anna. „Ich will dich nicht aufhalten. Ich dachte nur, es wäre dir zu schade um deine schöne Hose.“, sagte ich. „Ja, ich will sie ja auch weiter anziehen.“, erwiderte Anna und lächtelte. Ich lächelte zurück und blickte dann wieder auf die Fahrbahn.
Es dauerte nicht mehr sehr lang und wir kamen am Hochschulgelände an. Die Gebäude für Textildesign und Kunst waren separat, etwas außerhalb der Stadt auf einem Hügel. Da Weihnachtsferien waren, konnte ich direkt vor dem Tor parken. Er war niemand da außer uns.
Anna und ich stiegen aus dem Auto und wir gingen an das große Wirtschaftstor. Es war, wie der gesamte Zaun auch, aus hohen Eisenstangen gemacht, die zum Überklettern viel zu hoch waren, aber durch die wir den kleinen Innenhof zwischen den Gebäuden gut einsehen konnten. Nicht weit vom Metallzaun entfernt standen die beiden Container, die ein bisschen aussahen wie übergroße Müll-Tonnen. Die Deckel waren offen und über der Öffnung türmten sich Kleidungstücke. Es gab keinen Zweifen, das wwaren die studentischen Arbeiten, die die meisten Studentinnen nach der Benotung einfach zurückgelassen hatten. Jemand muss sie eingesammelt und in diese Tonnen gestopft haben.
Unsere Arme waren nicht lang genug, um vom Tor aus nach den Tonnen greifen zu können. Also gingen wir um das Gelände herum zum normalen Eingang. Dort mussten wir feststellen, dass abgesperrt war. Das hätte ich mir denken können - ich ärgerte mich, dass ich meinen Studenten-Schließdongle nicht mitgenommen hatte.
Also gingen wir zurück zum Wirtschaftstor, wo die beiden Klamotten-Tonnen standen. Wir versuchten, einen Stock oder etzwas anderes Langes aufzutreigen, um die Container näher ans Tor zu ziehen. Wir konnten nichts finden, was lang genug war. Auch der Regenschirm, den ich immer im Auto hatte, war zu kurz. Da kam mir die Idee, das Abschleppseil aus dem Auto zu fischen und es über die Tonne zu werfen, mit der Hoffnung, dass wir die Tonnen so heranziehen konnten. Ich musste mehrmals werfen, bis das Abschleppseil schließlich wie eine Schlinge über die erste Tonne flog. Vorsichtig zogen wir damit die Tonne näher an den Metallzaun heran, zum Glück hatten die Tonnen Rollen. Es war schwerer als gedacht, aber schließlich hatten wir die erste Tonne so han an uns heran gezogen, dass wir den Inhalt zu fassen bekamen. Nun endlich kam die ersehnte Stunde der Wahrheit: Anna zog Kleidungsstück um Kleidungsstück heraus und begutachtete es. Ich war mir sicher, dass Sachen dabei sein würden, die Annas passen würden, denn wir hatten auch recht schmale Studentinnen bei uns.
Anna sah sich alles genau an. Einige Teile ließ sie gleich auf den Boden fallen, die waren bestimmt dafür bestimmt, wieder zurück in die Tonne zu kommen. Einige andere Teile zug Anna gar nicht erst ganz heraus aus der Tonne. Aber es war hin und wieder etwas dabei, was Anna zu gefallen schien: eine sehr girly-hafte blaue Latzi mit überkreuzten Trägern und kurzen Beinen - und mit eingenähten Leggings. Die Leggingsbeine glänzten leicht, das schien Anna zu gefallen. Anders als bei ihrer gebrauchten Glanzlegging, die sie schon durchgerieben gefunden hatte, waren es hier alles handgeschneiderte, gute Sachen.
Anna fand einen halblangen Rock aus einer Art Kroko-Kunstleder, der offensichtlich aus einer langen Hose gemacht worden war. Die langen Hosenbeine waren wohl abgeschnitten, die Hose im Schritt aufgetrennt und der „Rocksaum“ hinten und vorn gerade geschnitten worden. Ich staunte, dass auf diese weise ein Rock entstanden war, der fast bis zu den Knien reichte, also nicht nur ein viel zu knapper Behelfs-Minirock… Am Rocksaum waren noch Fasernzu sehen, so als wäre das Material gerissen worden. Das machte das Erscheinungsbild des Rockes noch spannender. Anna hatte wirklich ein gutes Auge für ausgefallene, aber tragbare Stücke. Sie hielt den Rock an ihren Körper und lächelte mich an: Ja, der könnte ihr tatsächlich passen.
Als Anna etwa fünf schöne Teile für sich gefunden hatte, fiel ihr Blickauf die andere Tonne. Auch ihr Deckel klaffte auf, weil sich ein Berg von Kleidungsstücken darunter auftürmte. Erst jetzt entdeckten wir, dass fast ganz oben auf die Arbeit mit der langen Latzhose lag, von der ich Anna erzählt hatte. Das Stück bestand eigentlich aus zwei Latzhosen, die auf sehr dekorative Weise ineinander genäht waren. Die äußere aus Stoff, die innere aus Kunstleder - so ähnlich wie bei Annas Kunstlederlatzi damals. Die Enden der Hosenbeine sahen deshalb aus, wie angestückelt und verlängert, aber tatsächlich war die innere Kunstlederlatzhose so eingenäht, dass ihre Beine unten zwei Finger breit herausschauen sollten. Diese unscheinbaren, blauen Beine hingen aus der Tonne heraus - und wir hatten erst jetzt entdeckt, dass unten sie Kunstlederhosenbeine herausschauten. Auf der anderen Seite der Tonne war ein Kleines Stück vom Brustlatz zu erkennen. Er war schräg umgeschlagen angenäht, so dass ein Stück vom Kunstlederlatz darunter hervorschien. Leider konnten wir davon nur den Rand erkennen, denn es lagen andere Kleidungsstücke darüber.
Ich bemerkte, wie Annas Blick auf diese „Desiger“-Latzi fixiert war und fischte mir mein Abschleppseil unter der Tonne hervor. Ich wollte versuchen, über die zweite Tonne - die mit der Latzi obenauf - das Seil zu werfen, um auch diese Tonne heranziehen zu können.
Plätzlich hörten wir ein Auto den Hügel herauffahren. Wir konnten es nicht sehen, weil die Auffahrt auf der anderen Seite den Grundstücks lag. Aber durch den Innenhof schallte es verräterisch. Also stopften wir schnell Annas gerettete Klamotten in mein Auto, ich schnappte mir mein Abschleppseil, und schon saßen wir im Auto und fuhren los. Wir konnten nur hoffen, dass der Fahrer des kommenden Autos auf der anderen Seite um das Hochschulgelände fahren würde.
Wir hatten Glück - und begegneten niemandem. Nicht auszudenken, wenn uns der andere begegenet wäre und mich vielleicht erkannt hätte…
Jedenfalls machten wir uns schleunigst auf den Heimweg. Wir dachten daran, dass die eine Tonne noch immer halb gepfündert am Metalltor stand und viele Klamotten einfach auf dem Boden lagen. Wir hatten ja keine Zeit gehabt, unsere Spuren wegzuräumen. Ändern konnten wir daran nun nichts mehr. Wer auch immer nach uns den Hügel zur Hochschule hochgefahren kam, muss unsere Hinterlassenschaft unweigerlich gesehen haben.
Während der gasamten Rückfahrt lag mir Anna bittend und schwärmend in den Ohren, doch bitte gleich am nächsten Tag wieder hin zu fahren und diesmal sollte ich unbedingt den Schließdongle mitnehmen, damit wir problemlos ins Gelände kämen. Anna wollte die geheimnisvolle Latzi unbedingt ansehen und mitnehmen. Ich litt mit Anna und konnte gut nachempfinden, was sie fühlte.
Ich überlegte, ob es wirklich klug sei, so bald noch einmal an den „Tatort“ zurück zu kehren. Aber Anna ließ nicht locker. Schließlich willigte ich ein, denn Anna tat mir so leid. Außerdem war ich auch selbst neugierig, ob Anna die Doppellayer-Latzi gefallen und passen würde.
Die nächsten drei Tage klappte es leider nicht mit dem Fahren, an den Tagen war einfach schon zu viel zu tun. Doch dann fanden wir einen Nachmittag, an dem wir zum zweiten mal die Fahrt zur Hochschule antraten.
Während der Fahrt schwärmte mir Anna von den Kleidungsstücken, die sie beim vergangenen Mal mitgenommen hatte. Sie fand sie alle unglaublich schön. Kaum zu glauben. dass sie sonst weggeworfen worden wären.
Die Fahrt verging wie im Flug. Wieder fuhren wir den Hügel hinauf zum Hochschulgelände. Diesmal parkte ich nicht wieder am Wirtschaftstor, sondern am normalen Personeneingang. Den Schließdongle hatte ich mit, und so gingen wir zwei durch das kleine Tor hinein. Ich hatte mir bereits eine gute Ausrede zurecht gelegt, falls uns jemand begegnen sollte. Es war eigentlich überhaupt nicht abwegig, während der freien Tage noch einmal in die Fachschaft zu gehen und die Studienunterlagen oder Material zu holen.
Wir gingen nicht ins Gebäude, sondern an dessen Außenseite vorbei bis in den kleinen Wirtschaftshof, wo vor ein paar Tagen die beiden Tonnen gestanden hatten. Doch die Tonnen standen nicht mehr in der Nähe des Tores, sondern an einem Nebeneingang des Gebäudes, neben einem grußen Stapel kaputter Holzstühle und zerlegter Holzpaletten. Auf dem erdboden davor waren neben Sägespänen auch Textilschnipsel und Faserreste verstreut. Hatte hier jemans Klamossen zerrissen? Wir ahnten schlimmes...
Wir schlichen über den Hof bis zu den Tonnen. Vorsichtig hob ich den Deckel der ersten Tonne an - die Tonne war leer! Nur ein paar Stoff- und Pappreste waren zu sehen. Anna schaute mich erschrocken an - sie dachte vermutlich das Gleiche. Wir schauten in die zweite Tonne, aber auch sie war leer. Nur Reste lagen noch auf dem Boden der Tonnen. Die studentischen Arbeiten - all diese Unikate - waren nicht mehr da.
„War hatten zu lange gewartet!“, sagte Anna entsetzt mit zitternder Stimme. Sie bekam weiche Knie - und ich litt mit ihr.
„Haben sie sie alle entsorgt?“, fragte Anna. „Wahrscheinlich. Oder vielleicht verheizt, unser Hausmeister macht das auch manchmal.“
„Die besondere Latzi, die ich so gern haben wollte, ist nun irgendwo mitten im Müll?“, schluchtze Anna, „Und dann in die Müllverbrennung?“ Ihr standen Tränen in den Augen.
Vorsichtig probierte Anna, die Tür zu öffnen, neben der die Tonnen standen. Ich wusste nicht genau, wohin die alte Metalltür führen würde - vielleicht in eine Werkstatt des Hausmeisters oder vielleicht in den Heizraum? Anna klinkte und zog an der alten Metalltür, aber sie war verschlossen und rührte sich nicht. „Was willst du da drin?“, ragte ich Anna. „Nachsehen, ob die Sachen dort drinnen liegen, vielleicht sind sie ja noch nicht weg?“, schluchzte Anna. „Da kommen wir nicht rein. Komm mit, Anna, lass uns heimfahren.“, sagte ich traurig zu ihr.
Wortlos und mit traurigem Blick kam Anna mir hinterher und stieg in meinen Polo. Wir fuhren den Hügel hinunter und sagten nichts. Anna schaute traurig, und ich konnte sie nicht aus ihrem trüben Gedanken erlösen.
Die Rückfahrt mit dem Auto fühlte sich endlos an. Ich setzte Anna an ihrem Haus ab und überlegte, wie ich sie wieder fröhlich stimmen könnte. Da kam mir die Idee: „Wollen wir morgen in den Erlengrund auf die Halde?“, fragte ich Anna. Annas Blick hellte sich auf. „Morgen, ja?“, fragte sie. Ich versprach, sie abzuholen. Endlich blickte Anna wieder halbwegs fröhlich. Sie ging zu ihrem Haus, drehte sich kurz um und winkte mir. Ich winkte zurück - und Anna lächelte. Ich fuhr nach Hause und war schon voller Spannung, was uns am nächsten Tag auf der Müllhalde Erlengrund erwarten würde.
Am nächsten Tag schrieb mir Anna schon sehr früh eine Nachricht aufs Handy. Sie freute sich so, mit mir zum Erlengrund zu fahren…
Bald gehts zum Erlengrund, hoffentlich entdecken wie schöne Schätzchen für uns...
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.