Hallo Günni!
Ich hatte deinen Beitrag schon gelesen. Bildhaft geschrieben!
Nach Aussagen meiner Mutter hatte ich immer waschbare Stoffwindeln, was im Umkehrschluß bedeutete, daß für den riesigen Wäsche-Kochtopf auf dem Küchenherd immer sehr viele Schuhe dran glauben mußten ...
An mehr diesbezüglich kann ich mich selbst nicht erinnern, ich war relativ schnell "sauber". Aber unsere Kindheitserinnerungen haben uns doch vermutlich Alle irgendwie geprägt, denn die Geschichte mit den vielen alten "Westpaketschuhen" lief bei uns noch lange Jahre weiter, auch wenn in den etwas kleineren Töpfen später "nur" Essen gekocht wurde.
Ich hatte, soweit ich weiß, nie direkt beim Zusehen geheult, aber einige schöne Schuhe taten mir echt leid, wenn ich ihren Todeskampf im grausam fauchenden Herd beobachtete. Ich kann dich gut verstehen: Am Schlimmsten war es für mich, wenn ich in der Wanne saß und ich zusehen mußte, wie Mutter richtig geile lange Lederstiefel sorgfältig und langsam zusammenrollte und damit den Badeofen nachheizte. Ich hatte seinerzeit eine besondere Vorliebe für hellbraune Stiefel, vermutlich weil diese den größten Teil des "gesponsorten" Badeofenfutters ausmachten.
Wie du in meinem "Einsteiger" lesen kannst, bis zu dem Tag, als ich die ersten schwarzen Stiefel "gestohlen" hatte, wofür meine Mutter entgegen meiner schlimmsten Erwartungen vollstes Verständnis hatte. Ich hätte wohl eher mal "zugreifen" sollen ...
Ich hatte mir damals geschworen, niemals selbst Schuhe zu verbrennen, aber wie bereits beschrieben, die Notwendigkeit holte mich dann doch ein, bis es bei mir regelrecht zur "Sucht" wurde.
Ebenfalls eine große Überwindung für mich: Das gemeinsame "Sperrmüllen" und die darauf folgenden "Küchen-Sitzungen" bei meiner BF. Da muß ich mich immer richtig zusammenreißen, um nicht die "Kontrolle" zu verlieren ...
Das läuft in aller Regel so ab: Meistens, wenn mein Mann auf Schicht ist, fahren meine BF und ich mit dem Auto durch die umliegenden Städte. bis wir "sperrmüllfündig" geworden sind. Dann wird das Auto in einer Nebenstraße geparkt und wir ziehen los. Meist ist es ohnehin abends, oft ist es schon dunkel. Also greifen wir alle verfügbaren Schuhe (und evtl. auch andere interessante Kleidungsstücke) und stopfen sie ohne große Beachtung erst einmal in herumliegende Einkaufstüten. Gegebenenfalls wird auch ein komplett mit Schuhen gefüllter Sack ohne Auslese vor Ort mitgenommen. Das wird dann Alles in den Kofferraum geworfen und wiederholt sich so lange, bis der Müllbezirk "abgegrast" ist, oder wir einfach "genug" haben. Dann geht´s zu meiner Freundin nach Hause. Wir schleppen die Beute in ihre große Küche, wo dann ein nicht unansehnlicher Haufen Tüten und/oder Säcke liegt. Bei der Gelegenheit wird der Herd vorgeheizt, damit wir in gemütlicher Runde Tee oder Kaffee trinken können. Wir rücken die Stühle in die Mitte der Küche. Die erste Tüte wird ausgeschüttet und der Inhalt kontrolliert. Der erste unbrauchbare Ballerina oder Pumps wird dabei gleich unser Aschenbecher, und wir beginnen auch sofort, das Feuer im Herd zu füttern. Was schon von vornherein nicht erhaltungswürdig ist, fliegt mit Schwung vor den Herd, überlegenswerte Teile schieben wir erst einmal unter den Stuhl. Das wiederholt sich noch so lange, bis unsere Getränke fertig sind. Jetzt wird ein wenig "Ordnung" in der Küche geschaffen. Der Haufen vor dem Herd wird aufgelöst, Sandaletten, Ballerinas, Pumps und Sneakers kommen in die Kohleneimer, Schnürschuhe, Stiefel, Handtaschen, Jeans usw. stapeln wir ordentlich im Bad neben den Badeofen auf. Eine große Tüte wird mit den überzähligen Tüten, Gummischuhen und sonstigem "Beifang" gefüllt und kommt in die "gelbe Tonne". Dann beginnen wir mit der Begutachtung und Anprobe der vorsortierten Teile. Dazu rücken wir den Tisch und die Stühle in die Nähe des Herdes. Was trotz erfolgreicher Anprobe dann doch Keiner gefällt oder versteckte Mängel aufweist, ziehen wir uns dann gegenseitig wieder aus und stecken diese Schuhe meist sogleich direkt vom Fuß in den Herd. An manchen Tagen bleibt leider gar nichts Verwertbares übrig, manchmal kann ich aber auch einige Paare wirklich geiler Markenschuhe oder -jeans mit nach Hause zur Reinigung und Aufarbeitung nehmen.
Und all das geschieht nicht wegen ökonomischer Zwänge, sondern, weil ich im Besonderen getragene Kleidung liebe und meine BF vorwiegend auf der Suche nach hochwertigem Heizmaterial ist. Ich könnte mir jede gewünschte Kleidung neu kaufen, aber dabei fehlt mir der Reiz ("Jagd- und Spieltrieb" schreibt hier immer Einer so trefflich!).
Trotzdem: Mein "Erhaltungstrieb" schöner Schuhe und Stiefel ist größer, sodaß die wahrhaft edlen Teile bei mir trotz der ständigen bedrohlichen Nähe eines Ofens sicherer sind, als bei Anderen!
Liebe Grüße!