Hallo Leute und Leutinnen!
So, heute sind die Stiefel von meiner Mutti eingetroffen - und, wie Versprochen, gibt es die Bilder dazu.
Wie ihr wißt, hatten wir in den Siebzigern und Achtzigern mindestens zwei "Westpakete" pro Woche erhalten. Unsere Verwandten arbeiteten in einer städtischen Einrichtung (NRW) und hatten uns somit reichlich mit Kleidung Versorgen können. An erlesenen Lebensmitteln und Süßwaren hatten wir keinen Mangel, wie bereits gesagt, war Papa Offizier in der Roten Armee (eigentlich "Sowjetarmee"), sodaß sich die "Wessis" auf "Klamotten" beschränken konnten. (Gut, auch an wirklich exclusiver Leder-, Woll- und Pelz-Kleidung bestand in der Sowjetunion alles Andere als "Mangel", jedoch waren Diese nicht gerade "preiswert".)
Aber irgendwann hat Mutti Abgewunken, die Kleidung nahm über Hand, Vieles hatten wir schon allein aus Größengründen direkt in die Altstoffsäcke gegeben - schade um die Versandarbeit.
Mutti sagte, sie sollten uns lieber nur Schuhe schicken: Erstens - sie trug sie selbst gern ab; und Zweitens - bei mir war wegen meines "schnellen Wachstums" auch ein erhöhter Bedarf zu Erwarten. Denn, in der DDR gab es zwar wirklich sehr schöne, hochwertige Lederschuhe, aber im Bezug auf das Einkommen nicht gerade billig! Ein Paar Salamander-Pumps oder Bella- bzw. Roter-Stern-Stiefel kosteten ca. einen Wochenlohn!
So kamen ab etwa 1985 eben zwei 10 kg-Pakete voller Damen-Schuhe/Stiefel bei uns pro Woche an - unsortiert und in allen Größen.
Doch Mutti war keine "Schuhfetischistin", hat noch nicht einmal mehr Paare "gesammelt", als sie im üblichen Umlauf brauchte.
Typische "Hausschuhe" waren bei uns das Privileg des Mannes: "Frauen tragen keine Filzpantoffeln!" Mutti und mir war´s nur recht, zumal ich als "Halbrussin" (und Papa mochte keine "Halben Sachen"

) ohnehin das selbstverständliche "unfallfreie" Laufen auf Absätzen Beherrschen mußte.
Mutti suchte sich also stets die schönsten Spangenpumps (meist aus schwarzem oder weißem Lackleder) heraus und übers Jahr dazu noch etwa vier-fünf Paar, meist braune Lederstiefel, flach und mit Absatz. Doch die Pakete enthielten auch "häßliche" Schuhe, insbesondere Plateaus, Sandaletten und viele Paare zu Kleine. Diese kamen, wie bereits Beschrieben, zumeist am Wochenende in den Küchenherd - die Stiefel meist in den Badeofen. Da ja ständig Ersatz eintraf, pflegte Mutti ihre Hausschuhe nicht, auch die Stiefel wurden Abgetragen und ebenfalls gleich nach der Ausmusterung mit Verfeuert. Die Schuhe/Stiefel, die ich mir dann so nach und nach für mich "abfischte", blieben von dieser Prozedur vorerst verschont (ich berichtete bereits). Doch zurück zu Muttis Stiefeln.
Je nachdem, wie oft Getragen, hielten sie manchmal auch mehrere Jahre und Einige landeten evtl. doch noch als "Reserve" in temporärer "Sicherheit" auf dem Hausboden; mir waren sie ja ohnehin zu klein.
Nach der Wiedervereinigung hörte der "Westimport" auf und Mutti trug eben noch einen Teil ihrer "Reserven" ab, bis sie sich später bedarfsweise direkt selbst neue Schuhe/Stiefel kaufte.
Dieses Echt-Vintage-Paar hatte somit in einem Schrank auf dem Hausboden überlebt und wurde kürzlich von Mutti Wiedergefunden. Doch nun waren sie zum Verfeuern zu wertvoll.
OMG: Was haben die Stiefel vor 25...30 Jahren Alles gesehen und erlebt? Wie oft standen sie getragen vor dem Herd oder knieten vor dem Badeofen, verstaubt mit der Asche ihrer "Geschwister"? Wie oft traten sie Plateaustiefel auf Ofengröße zusammen? Lagen sie selbst schon mal im Kohleneimer?
Mir sind diese auf 39 "Ausgelatschten" 38er ja zu klein, aber bei der Nachbarstochter besteht Hoffnung, daß sie wieder "in Bewegung" kommen - nun bereits in dritter Generation!
Nun, ich möchte sie euch trotzdem nicht vorenthalten, viel Spaß mit den Bildern der seltenen Teile.
PS: Ein passender Witz zum Thema:
Walter Ulbricht besucht den Rostocker Hafen. An einem Kai liegen rechts zwei ältere kleinere Dampfer. Ulbricht fragt den ersten Kapitän: "Wo wart ihr und was hattet ihr geladen?" "LKWs, Traktoren und Maschinen für Mocambique." "Und womit kommt ihr zurück?" "Mit Bananen." Ulbricht fragt den zweiten Kapitän: "Wo wart ihr und was hattet ihr geladen?" "LKWs, Traktoren und Maschinen für Kuba." "Und womit kommt ihr zurück?." "Mit Apfelsinen." Links gegenüber am Kai liegt ein riesiges modernes DDR-Neubau-Schiff. Ulbricht fragt auch dessen Kapitän: "Wo fahrt ihr hin und was habt ihr geladen?" "Bananen und Apfelsinen für die Sowjetunion." "Und womit kommt ihr zurück?" "Mit dem Zug!"
szukajgedef